Die Begegnung mit dem Auferstandenen am See von Tiberias

11.4 Die Begegnung mit dem Auferstandenen am See von Tiberias

(Bibeltexte: Joh 21,1-30)

11.4.1 Jesus lädt seine Jünger zum Frühstück ein

Es ist auffallend, wie Johannes diesen Offenbarungsbericht beginnt: „Danach offenbarte sich Jesus wieder seinen Jüngern am See von Tiberias, er offenbarte sich aber so“ (Joh 21,1).

Abbildung 50 Der See Genezaret, auch See von Tiberias genannt. Im Vordergrund der Uferstreifen um Kapernaum (Foto: Juli 1994).

Nach der Zählweise von Johannes ist dies die dritte Begegnung (als Jüngergruppe): „Das ist nun das dritte Mal, dass Jesus den Jüngern offenbart wurde, nachdem er von den Toten auferstanden war“ (Joh 21,14).

Wie kommen die Jünger an den See, der hier von Johannes `See von Tiberias` genannt wird? Hat Jesus sie nicht auf einen Berg in Galiläa bestellt, wo er ihnen begegnen wollte (Mt 28,16)?  Ja, aber jene Begegnung folgt nach dieser und sie wird auch noch nicht die letzte sein. Folgende Jünger waren diesmal zusammen:

  • Simon Petrus,
  • Thomas, der Zwilling genannt wird,
  • Nathanael aus dem Galiläischen Kana,
  • Die Söhne des Zebedäus,- Jakobus und Johannes,
  • Weitere zwei nicht namentlich genannten Jünger.

Bei all den Begegnungen ist Jesus der Iniziator, er sucht seine Jünger und Brüder auf. Er stellt die Beziehung, welche durch Verleugnung, Zweifel, Unglaube oder Feigheit gelitten hat, wieder her indem er an seinen Jüngern Seelsorge übt. Vorher war es Thomas der Zwilling, der seinen Unglauben aufgab, diesmal wird es Simon Petrus sein, mit dem der Meister ein sehr persönliches Gespräch führen wird. Natürlich werden die anderen Jünger auch miteinbezogen.

Nach den Begegnungen in Jerusalem, gehen die Jünger wieder zurück nach Galiläa. Was ist naheliegender, als dass sie in die Stadt zurückkehren, von wo sie mit ihrem Meister ausgezogen waren und woher die meisten der Jünger kommen – es ist Kapernaum. Petrus und Andreas sind hier zu Hause bei ihren Familien, auch die Zebedäiden wohnen mit ihren Familien hier. Die Ereignisse der letzten zwei Wochen in Jerusalem sind wohl das Gesprächsthema unter den Verwandten und Freunden in der Heimatstadt Kapernaum.

Petrus hat immer noch hier am Ufer sein Fischerboot liegen. Und er tut, genau das Richtige, denn solange es von Jesus keine weiteren Anweisungen gibt, tut er das Naheliegende, das was seinem Beruf entspricht. Und so sagt er zu seinen Mitjüngern: „Ich will fischen gehen. Sie sprechen zu ihm: So wollen wir mit dir gehen. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot, und in dieser Nacht fingen sie nichts“ (Joh 21,3). Dass sie gerade in dieser Nacht nichts fingen, kann objektiv gesehen als eine Gottesvorsehung gewertet werden, so ähnlich wie bei der ersten Berufung (Lk 5,1-11). Doch für diese Fischer-Fachleute, die sich für die Versorgung ihrer Familien verantwortlich wussten,  muss der Misserfolg schon sehr deprimierend gewesen sein. Verschiedene Gedanken werden sie bewegt haben.

  • Wie werden die Kollegen am Ufer reagieren?
  • Mit welchen enttäuschten Gesichtern begegnen ihnen ihre Familienangehörigen?
  • Was ist mit dem Selbstbewustsein der Fachmänner?
  • Haben sie voreilig und eigenwillig gehandelt?

Doch das sind unnötige Sorgen, denn was sie nicht wussten und woran sie nicht dachten –

Jesus beobachtete sie die ganze Nacht, der Herr war dabei, er konnte jetzt überall gegenwärtig sein und selbst unbeobachtet bleiben. Natürlich können wir nicht mit Sicherheit sagen, was in den Jüngern in jener Nacht vor sich ging, wie sie (besonders aber Petrus als Initiator) ihren Misserfolg bewerteten und verarbeiteten. Doch ihr Meister ist ein MEISTER in Fragen des Misserfolges. Gerade in der Schwachheit des Menschen (dazu zählen auch die Misserfolge von Fachleuten) erweißt Gott seine Macht und Herrlichkeit. „Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer, aber die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. Spricht Jesus zu ihnen: Kinder, habt ihr nichts zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. Er aber sprach zu ihnen: Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden. Da warfen sie es aus und konnten’s nicht mehr ziehen wegen der Menge der Fische“ (Joh 21,4-6). Nicht neugierige Blicke der Frühaufsteher, nicht die Familienangehörigen der Fischer, sondern Jesus, ihr treuer Meister erwartet sie mit ihrem Misserfolg am Ufer. Und auch hier beginnt er das Gespräch, er holt sie dort ab, wo sie gerade sich befinden – beim NICHTS gefangen. „Kinder, habt ihr nichts zu essen“? Nein, lautete die Antwort. Das Gespräch entsteht, die Kommunikation ist hergestellt. Die Frage des Meisters soll nicht demütigen, sondern aufblicken lassen. Sie werden erwartet, das Frühstück ist schon vorbereitet. Es wird nicht nur heller durch die aufgehende Sonne über dem See, sondern auch in ihren Herzen wird es wieder Licht. Auf Geheiß des Mannes, der am Ufer steht lassen sie ihr Netz zur Rechten des Bootes hinab ins Wasser und spüren wie es sich mit Fischen füllt. „Da spricht der Jünger, den Jesus lieb hatte, zu Petrus: Es ist der Herr“ (Joh 21,7)! Woran erkannte dieser Jünger Jesus? Warum ist er so überzeugt? Ist es eine Offenbarung oder hat er sich schon umgestellt auf die neue Beziehung mit Jesus und erkennt die Stimme des guten Hirten? „Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr war, gürtete er sich das Obergewand um, denn er war nackt, und warf sich ins Wasser“ (Joh 21,7). Welch ein Kontrast zwischen diesen beiden Jüngern? Johannes bleibt im Boot, er bewahrt die Ruhe und kann warten. Petrus lässt den Fischfang seinen Kollegen, die Fische, der plötzliche Erfolg sind jetzt zweitrangig, dem Herrn als erster zu begegnen ist für ihn ALLES!

Die andern Jünger aber kamen mit dem Boot, denn sie waren nicht fern vom Land, nur etwa zweihundert Ellen, und zogen das Netz mit den Fischen“ (Joh 21,8). Das sind die Pragmatiker, die sachlich Denkenden, die besonnenen, die ihre Emotionen zügeln können. Wie gut, dass nicht alle wie Petrus sind.

Als sie nun ans Land stiegen, sahen sie ein Kohlenfeuer und Fische darauf und Brot. Spricht Jesus zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt! Simon Petrus stieg hinein und zog das Netz an Land, voll großer Fische, hundertdreiundfünfzig. Und obwohl es so viele waren, zerriss doch das Netz nicht“ (9-11). Die Jünger sind überrascht, das Frühstück ist für sie schon bereit. Ihr Meister erwartet sie, er ist immer noch im Dienst (Diakonia). Doch Jesus bezieht sie ein wenn er sagt: „Bringt von den Fischen die ihr jetzt gefangen habt“. Woher hat Petrus die Kraft, das volle Netz ans Land zu ziehen? Vorbei ist die Enttäuschung über den nächtlichen Mißerfolg, die volle Lebensfreude ist zurückgekehrt und damit auch neue Kraft, denn Jesus ist da!

Spricht Jesus zu ihnen: Kommt und haltet das Mahl. (ELB „Kommt her, frühstückt!“) Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war. Da kommt Jesus und nimmt das Brot und gibt’s ihnen, desgleichen auch die Fische(Joh 21,12-13).

Die Aufforderung von Jesus: kommt und „haltet das Mahl“, nehmt Teil an der Mahlzeit, ist im Griechischen mit: `αριστήσατε – aristesate – mahlzeitet` wiedergegeben. Die zwei Mahlzeit-Bezeichnungen: `ariston` und `deipnon`in Lukas 14,12 werden dort mit Mittag- bzw. Abendmahl übersetzt. Sinnvoll wäre dabei nicht nur der zeitliche Aspekt (Mittag/Abend) sondern auch der inhaltliche (Dankesmahl/Festmahl).

Mit der Bezeichnung `deipnon` wird mit Recht die Mahlzeit am Abend beschrieben, auch während des letzten Passahmahls (Joh 13,2).

Abbildung 52 Sonnenaufgang über dem See Genezaret (Foto: Juli 1994).

Mit `ariston`, bzw. dem auffordernden Verb `aristesate` lädt Jesus seine Jünger ein eine Mahlzeit zu halten, die ganz offensichtlich bei Anbruch des Tages stattgefunden hatte (Joh 21,4 – in der Frühe, also morgens). Die Jünger sind die von Jesus Geladenen, aber nicht einfach nur Gäste, nein, sie sind Kinder (Joh 21,5). Das Tischgebet: „Komm Herr Jesus, sei unser Gast und segne, was du uns bescheret hast“, passt so gar nicht in diese Situation, denn der eigentliche Gastgeber ist Jesus. Er ist es, der einlädt, das Brot bricht und die Fische unter die Jünger verteilt. Das ist eins seiner Erkennungsmerkmale (Mt 14,19; Joh 6,11;  Mt 15,36; Lk 24, 30. 35). Tischgemeinschaft ist etwas Göttliches wenn Jesus dabei ist !  

 

Fragen / Aufgaben:

  1. Wie viele Tage zeigte sich Jesus seinen Jüngern nach seiner Auferstehung?
  2. Welche und wie viele Offenbarungsberichte haben uns die neutestamentlichen Autoren überliefert?
  3. Welche Jünger waren bei der Begegnung am See von Tiberias dabei?
  4. Wo fand diese Begegnung statt und welche Jünger stehen bei dieser Begegnung besonders im Mittelpunkt und warum?

5- Warum geht Petrus wieder zu seinem Boot und seinen Netzen, wie bewertest du diese Tätigkeit in diesem neuen Kontext? War es richtig, dass er fischen ging, oder hätte er dies nicht tun sollen?

  1. Woran erinnert uns das Wunder des Fischfangs auf das Geheiß von Jesus?
  2. Woran erkannte der Jünger, welchen Jesus liebte, dass der Mann am Ufer Jesus ist?
  3. Wer lädt wen zum Frühstück ein?
  4. Welche Seelsorgerlichen Aspekte erkennst du aus dieser Begegnung mit Jesus?
  5. Welches Ziel verfolgt Jesus und wie erreicht er es?

 

11.4.2 Jesus stellt die Beziehung des Petrus zu sich wieder her

(Bibeltext: Joh 21,15-23)

 

Nach dem Frühstück beginnt die Klärung der Beziehung mit Simon Petrus und dies in Gegenwart der Anwesenden Jüngern.

Abbildung 53 Der vermutete Ort westlich von Kapernaum, an dem Jesus mit seinen Jüngern frühstückte und das nachfolgende Gespräch mit Petrus führte. Ein Ort der Ruhe, der noch heute zur Andacht und Zwiegesprächen einlädt (Foto: April 1986).

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Wie Jesus hier vorgeht, ist höchst beeindruckend, Nach einer anstrengenden wie auch  erfolglosen Nachtschicht auf See, sind die Jünger physisch und emotional am Ende ihrer Kräfte. In solcher Verfassung seelsorgerliche Themen anzusprechen, wäre nicht effektiv. Jesus ist auch nach seiner Auferstehung immer noch der seinen Jüngern zugewandte Menschensohn. Der Einstieg in das Gespräch über die Beziehung braucht einen Vorhof. Ausdrücklich wird im Text betont: „Als sie nun gefrühstückt hatten“. Der Stellenwert der Tischgemeinschaft ist nicht zu unterschätzen, hebt doch Jesus selbst durch die Vorbereitung der Mahlzeit, deren Bedeutung hervor. Das Gespräch mit Petrus  führt Jesus vor allen anderen Jüngern, denn auch die anderen haben ihm vor der Festnahme die Treue geschworen und als es ernst wurde, sind sie geflohen (Mt 26,35). Ein öffentlicher Treueschwur gefolgt von einer öffentlichen Verleugnung erfordert auch eine öffentliches Klärung. Nach einem öffentlichen Bekenntnis, folgt ein öffentlicher Auftrag. „Als sie nun gefrühstückt hatten, spricht Jesus zu Simon Petrus:

  1. Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich (αγαπας με – agapas me) mehr als diese? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe (φιλω σε – philo se). Spricht er zu ihm: Weide (βοσκε boske) meine Lämmer! Wieder spricht er zum zweiten Mal zu ihm:
  2. Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich (αγαπας με – agapas me)? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe (φιλω σε – philo se). Spricht er zu ihm: Hüte (ποιμαινε – poimaine) meine Schafe! Er spricht zum dritten Mal zu ihm:
  3. Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb (φιλεις με – phileis me)? Petrus wurde traurig, dass er zum dritten Mal zu ihm sagte: Hast du mich lieb (φιλεις με – phileis me)? und sprach zu ihm: Herr, du weißt alles; du erkennst, dass ich dich lieb hebe (φιλω σε – philo se). Jesus spricht zu ihm: Weide (βοσκε – boske) meine Schafe!“ (Joh 21,15-17). Das Verhalten des Petrus im Vorfeld der Festnahme Jesu warf seine Schatten auf sein ganzes vorhergehendes Leben. Mit der Absage von Jesus riss er sozusagen all das nieder, was in mehreren Jahren mühevoll aufgebaut wurde. Um das wiederherzustellen musste nach Einsicht und Reue (Mt 26,75) nun auch ein öffentliches Bekenntnis folgen. Diese Gelegenheit gab ihm Jesus in einem geschützten Rahmen. Betrachten wir folgende Details aus dem Gespräch mit Petrus.
  • Jesus geht mit Petrus zurück in die Anfänge – „Simon, Sohn des Johannes“. Die Anrede mit dem Vaternamen ist nicht willkürlich, erinnert sie doch an die erste Begegnung am Jordan: „Als Jesus ihn sah, sprach er: Du bist Simon, der Sohn des Johannes; Du sollst Kephas heißen, das heißt übersetzt: Fels“ (gr. Petros – Joh 1,42). Es ist nicht Jesu Absicht, den Petrus das Versagen zu erinnern, denn, was Gott einem Menschen aufgrund von Reue und Buße vergeben hat, daran erinnert er nicht mehr (Jer 31,31-34; Hebr 8,10-12). Vielmehr geht es Jesus darum, dem Petrus bewusst zu machen: denke an die erste Begegnung am Jordan, denke an deine erste Berufung am Ufer des Sees vor Kapernaum, das alles gilt noch, verzage nicht, denn was im Glauben getan wurde, bleibt bestehen. Fasse neuen Mut deine Berufung zum Petrus wieder anzunehmen.
  • Die dreimalige herausfordernde Frage: „liebst du mich“, ist ebenso bemerkenswert. Die zwei Verben: `agapo` und `philo` – welche hier jedes Mal mit `ich liebe` übersetzt sind, werden von Jesus an dieser Stelle als Synonyme verwendet. In diesem Textzusammenhang drücken sie die lückenlose Liebes- und freundschaftsbeziehung aus. Es geht dabei um die vollkommen geordnete, angstfreie Beziehung des Schülers zum Meister. Eine Beziehung, in welcher der Schüler dem Meister zugewandt und auf ihn ganz ausgerichtet ist. Eine Beziehung des Vertrauens und der Hingabe. Eine Beziehung, welche den Eigennutz, die Ichsucht  und die Überheblichkeit überwunden hat.
  • Weniger bekannt ist die Bedeutung, bzw. der Unterschied zwischen den Begriffen `weide meine Lämmer`,  `hüte meine Schafe`,  `weide meine Schafe`. Das gr. `boske – weide` steht mehr für die Versorgung der Lämmer und Schafen mit den nötigsten Nahrungsmitteln. Das gr. Verb `poimaine – hüte` ist in seinem Wortlaut dem Substantiv `poimen (os) – Hirte` ähnlich und steht für hüten, bewachen, schützen, leiten, verarzten. Im Auftrag Jesu an Petrus liegt umfassende Verantwortung für seine Mithünger, Anfänger und Fortgeschrittene.  Mit dieser Verantwortung ging er später auch sorgfältig um (1Petr 5,1-4).

Nun folgt eine Voraussage (spezielle Prophetie) an Petrus: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und gingst, wohin du wolltest; wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und hinbringen, wohin du nicht willst. Dies aber sagte er, um anzudeuten, mit welchem Tod er Gott verherrlichen sollte. Und als er dies gesagt hatte, spricht er zu ihm: Folge mir nach“ (Joh 21,18-19)! Was Petrus vor der Festnahme Jesu in überheblicher, eigenwilliger Selbstüberschätzung bereit war zu tun: „Herr, ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen“ (Lk 22,33), das erwartete ihn tatsächlich nach den Worten und dem Willen von Jesus gegen Ende seines Lebens. So konnte er später die Mitchristen ermutigen: „wenn er aber als Christ leidet, schäme er sich nicht, sondern verherrliche Gott in diesem Namen“ (1Petr 4,16)! Ob die Tradition recht hat, nach der Petrus den Kreuzestod erlitt? Auf jeden Fall war er nun darauf vorbereitet.

Das „folge mir nach“ an Petrus ist sowohl Erneuerung der Berufung, als auch Ermahnung/Ermutigung, nicht mehr in eigener Regie Jesus vorauszueilen.

Petrus wandte sich um und sieht den Jünger nachfolgen, den Jesus liebte, der sich auch bei dem Abendessen an seine Brust gelehnt und gesagt hatte: Herr, wer ist es, der dich überliefert? Als nun Petrus diesen sah, spricht er zu Jesus: Herr, was soll aber dieser?

22 Jesus spricht zu ihm: Wenn ich will, dass er bleibe, bis ich komme, was geht es dich an? Folge du mir nach! Es ging nun dieses Wort hinaus unter die Brüder: Jener Jünger stirbt nicht. Aber Jesus sprach nicht zu ihm, dass er nicht sterbe, sondern: Wenn ich will, dass er bleibe, bis ich komme, was geht es dich an“ (Joh 21,20-23)? Die Frage des Petrus in Bezug auf den nachfolgenden Johannes (wörtlich: „dieser aber was“) ist nicht ganz leicht zu verstehen. Mögliche Übersetzungen: „was soll aber dieser“ oder „was wird aber mit diesem“? Im Zusammenhang der Erneuerten Beziehung des Petrus zu Jesus und ebenso dessen freundschaftlicher und vertrauensvoller Beziehung zu Johannes, scheint die Frage des Petrus in sich einen positiven, sogar fürsorglichen Aspekt zu bergen. Für Petrus ist nun in Bezug auf seine Zukunft eine Andeutung gemacht worden. Wenn er seinen Mithjünger Johannes schätzt, wird er sich nun auch um ihn kümmern und sich für dessen Zukunft fragend einsetzen. Auch die positive, wenn auch rätselhafte Antwort Jesu „wenn ich will, dass er bleibe“ verstärkt diesen Aspekt. Übrigens ist das Verb `gr. μενειν – menein – bleiben` hat im Johannesevangelium häufig das mit Jesus geistlich gesehen untrennbar verbunden sein (Joh 6,56; 15,4. 5. 6. 7. 10). Diese Episode mit der etwas rätselhaften Redeweise von Jesus war für die Jünger Anlass zu einer diesseits bezogenen Deutung und so entstand und verbreitete sich eine Rede, die Johannes zur Zeit der Abfassung seines Evangelienberichtes korrigieren musste. Durch die Antwort Jesu an Petrus „was geht es dich an“, die scheinbar hartem Vorwurf gleicht, konnte Petrus seine Motivation prüfen. Zeigt er aufrichtiges Interesse an seinem Mithünger, ist er einfach neugierig, oder gar fürsorglich? Doch Petrus muß erkennen, er ist nicht für alle und alles zuständig, die eigentliche Pezugsperson ist Jesus, der Meister und Herr. Darum: „folge du mir nach“!

 

Parallelen zur ersten Berufung:

  • Der Ort des Geschehens – am Seeufer, Nähe Kapernaum.
  • Der Misserfolg beim nächtlichen Fischfang (sie fingen gar nichts).
  • Der über die Maßen große Fischfang auf das Wort Jesu hin.
  • Der Aufruf: „Folge mir nach“.
  • Die Berufung: „Ich will dich zum Menschenfischer machen“ und „Weide, hüte meine Lämmer und Schafe“.

 

Fragen / Aufgaben:

  1. Stelle die Verbindung zwischen der Tischgemeinschaft und der Wiederherstellung der Beziehung des Petrus zu Jesus her?
  2. Welche Rolle spielt der Zeitfaktor bei Klärungen von Beziehungsfragen?
  3. Warum klärt Jesus die Beziehung des Petrus zu sich vor den anderen Jüngern und nicht unter vier Augen?
  4. Wie spricht er ihn an, bedeutet es etwas?
  5. Warum und wann ist öffentliches Bekenntnis und öffentliche Korrektur angebracht?
  6. Warum fragt Jesus dreimal das Gleiche? Oder gibt es Unterschiede in der jeweiligen Frage? Was bedeuten die Begriffe `agape und philia`?
  7. Welche Prinzipien lassen sich von Jesu vorgehen für unsere heutige Seelsorge ableiten?
  8. Warum deutet Jesus dem Petrus an mit welchem Tod er Gott verherrlichen würde?
  9. Warum beruft Jesus erneut den Petrus in seine Nachfolge und was bedeutet es für uns?
  10. Dürfen wir jemand hervorheben? Sind nicht alle Jünger gleich?
  11. Warum fragt Petrus wegen Johannes? Wie gehen wir mit Mitjüngern um, die in unserer Umgebung oder unserm Umfeöld tätig sind oder sein wollen?
  12. Die Jünger haben Jesus wieder mal missverstanden. Liegt es an Jesus, oder an der Überlegungsfähigkeit der Jünger? Warum räumte Jesus dieses Missverständnis nicht sofort aus?
  13. Wie lassen sich Verantwortung und Kompetenzen eines Leiters sinnvoll eingrenzen?

Fortsetzung folg

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