3.2 Jesus auf einer Hochzeit – Freude in Fülle

3.2 Jesus auf einer Hochzeit – Freude in Fülle

(Bibeltext: Joh 2,1-12)

 

Auf dem Weg hinab nach Kapernaum besucht Jesus das Galiläische Kana. Aus folgenden Gründen ordnen wir den Bericht vom Besuch einer Hochzeit in Kana hier ein:

  • Es ist der Anfang der Zeichen, die Jesus tat (Joh 2,11).
  • Gleich danach geht er hinab nach Kapernaum (Joh 2,12; ähnlich in Mt 4,13).

Jesus ist mit seiner Mutter, seinen Brüdern und seinen Jüngern auch zur Hochzeit eingeladen. So berichtet der Evangelist Johannes:

Und am dritten Tage war eine Hochzeit zu Kana in Galiläa, und die Mutter Jesu war da. Jesus aber und seine Jünger waren auch zur Hochzeit geladen. Und als der Wein ausging, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. Jesus spricht zu ihr: Was habe ich mit dir zu schaffen, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut. Es standen aber dort sechs steinerne Wasserkrüge für die Reinigung nach jüdischer Sitte, und in jeden gingen zwei oder drei Maße. Jesus spricht zu ihnen: Füllt die Wasserkrüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis obenan. Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt’s dem Speisemeister! Und sie brachten’s ihm. Als aber der Speisemeister den Wein kostete, der Wasser gewesen war, und nicht wusste, woher er kam – die Diener aber wussten’s, die das Wasser geschöpft hatten –, ruft der Speisemeister den Bräutigam und spricht zu ihm: Jedermann gibt zuerst den guten Wein und, wenn sie trunken sind, den geringeren; du aber hast den guten Wein bis jetzt zurückgehalten. Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat. Es geschah zu Kana in Galiläa, und er offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn. Danach zog er hinab nach Kapernaum, er, seine Mutter, seine Brüder und seine Jünger, und sie blieben nur wenige Tage dort. (Joh 2,1-12 – LÜ 2017).

Es scheint mehrere Orte Namens Kana gegeben zu haben. Bereits bei der Landverteilung wird ein Ort Namens Kana erwähnt und zwar im Grenzgebiet des Stammes Asser (Jos 19,28). Jenes Kana liegt  etwa acht Kilometer südöstlich von Tyrus im heutigen Libanon. Seit der Kreuzfahrerzeit bis Ende des 16. Jh. wurde Chirbet Kana (Ruine Kana), 14 Kilometer nördlich von Nazaret, als das biblische Kana anerkannt. Es liegt auf einem Ruinenhügel am Nordende der Battof-Ebene (Asochis-Ebene). Grabungen/Vermessungen aus dem Jahre 1982 ergaben, dass der Ort bereits im 12. Jh. v. Chr. besiedelt war. Auf dem Ruinenhügel wurden 31 Wasserzisternen entdeckt.

Den Israelreisenden, die Nazaret besuchen, zeigt man heute mit Vorliebe das Dorf Namens Kafr Kenna, als den Ort des Weinwunders. Er liegt etwa acht Kilometer nordöstlich von Nazaret entfernt, auf dem Weg nach Tiberias. Seit die Franziskaner Ende des 19. Jh. in dem Ort eine Kirche errichteten (auszugsweise aus „Auf den Spuren Jesu“ Gerhard Kroll 1988, 79).

Dadurch wurde der Pilgerstrom hierher gelenkt. Unzählige Tonkrüge werden in diesem Dorf hergestellt und an Pilger und Touristen verkauft. Der Ruinenhügel Kana steht so gut wie nicht mehr in den Reiseangeboten der Anbieter für Israelreisen.

Das Wunderzeichen in Kana ist in einen besonderen Rahmen eingefasst. In Johannes 2,1 heißt es: „Aber am dritten Tag war eine Hochzeit zu Kana in Galiläa“. Wie schon oben erwähnt sind Zeitangaben im Johannesevangelium oft weiter zu fassen. So ist hier nicht der dritte Tag in Folge gemeint, sondern der dritte Tag der Woche.

Der übliche Wochentag für die Hochzeit war meist in der Wochenmitte – konkret eine Jungfrau heiratete man am Mittwoch, eine Witwe am Donnerstag (Edersheim 1979, 344).

Es war aber auch der Dienstag als Hochzeitstag beliebt, da Gott am dritten Schöpfungstag zweimal gesagt hatte: „Es ist gut“ (1Mose 1,10-12). Hochzeitsfeiern fanden spätestens am Sabbatbeginn (Freitagabend) ihr Ende.

Warum Jesus nach Kana kommt, könnte mehrere Begründungen haben:

  • Zum einen ist es sein ausgesprochener Plan in so vielen Städten und Dörfern Galiläas wie nur möglich zu predigen (Mk 1,38-39).
  • Zwei seiner Jünger kommen aus Kana: Nathanael (vgl. Joh 1,45 mit 21,2) und Simon der Eiferer (Mt 10,4; Lk 6,15). Es könnte sich also auch um eine Einladung von Nathanael gehandelt haben.
  • Jeder jüdische Rabbi hätte die Einladung zu einer Hochzeit angenommen.“ (Edersheim 1979, 355).
  • Noch ein Grund könnte eine vermutete Verwandtschaftsbeziehung Marias zur Hochzeitsfamilie gewesen sein, denn nicht nur Jesus, als bereits bekannter Rabbi, sondern die ganze Familie war eingeladen. Maria scheint bei der Familie des Gastgebers „zu Hause“ zu sein und ergreift darum später die Initiative.

Seit Beginn des öffentlichen Auftretens von Jesus (Taufe, Versuchung, erste Jünger am Jordan) wird Josef von den Evangelisten nicht mehr erwähnt, daher liegt die Vermutung nahe, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr lebte.

In Kana wirkte Jesus sein erstes Zeichen, wörtlich: „Dies ist der Anfang der Zeichen“. In Apostelgeschichte wird diese Reihenfolge bestätigt mit den Worten: „Zu tun und zu lehren“ (Apg 1,1f). Das Tun, die Tat ist vorangestellt. Jesus beginnt seinen Dienst mit einer Tat, mit einem Wunder. In der Beziehung von Jesus zu seiner Mutter Maria ist zu diesem Zeitpunkt eine Veränderung eingetreten. Nach der Taufe am Jordan und dem Verlassen seiner Familie in Nazaret unterstellt sich Jesus ausschließlich der Leitung seines himmlischen Vaters.

Aus der Sicht des Evangelisten Johannes ist dies auch nicht verwunderlich – bezeichnet sich Jesus selbst im übertragenen Sinn doch auch als Bräutigam  der Braut (Joh 3,29; Offb 19,7), das ist die Gemeinde.

Jesus macht im Laufe des Festes Wasser zu Wein. Wenn wir das nahe liegende Hohlmaß (μέτρητας metr¢tas = hebräisch: bath) der Stadt Sepphoris als Einheit zu Grunde legen, dann wird bis zu 660 Liter Wasser zu Wein. Man sollte aber auch bedenken, dass zu solchen Hochzeitsfesten meist sehr viele Menschen eingeladen wurden und die Feiern oft mehrere Tage andauerten.

Schon hier wird deutlich: der Vater im Himmel und Jesus wollen schon beim ersten Wunder reichlich geben. Trotz mancher Bedenken – Jesus gab den Wein zur Freude des Festes. Doch zu Recht dürfen wir hinter diesem ersten Wunder weitere Botschaften von Jesus suchen. Der Evangelist Johannes verwendet das Wort Zeichen `σημείον s¢meion` häufig. Die Zeichen sind Hinweise auf den Messias in seinen vielschichtigen Eigenschaften und Diensten. Jesus der reichlich im Bereich der irdischen Dinge gibt – wird sicher noch reichlicher im Bereich der geistlichen Dinge geben. Jesus, der aus irdischen Engpässen während einer Hochzeitsfeier heraushilft, wird sicher auch im Bereich der geistlichen Engpässe heraushelfen. Der Bedarf wird über die Maßen gedeckt.

Neben der Fülle und der Freude wird der tiefere Sinn dieses Wunders in der Bedeutung des Weines in der Bibel zu suchen sein. So ist Wein im Alten Testament u.a. positiv mit Freude verbunden (z.B. Ps 104,15; Pred 9.7) – allerdings genauso häufig steht er für Not und Gericht (z.B. Ps 75,9; Spr 20,1).

Der Weinstock, die Reben, der Traubensaft und der Wein spielen in der Heilsgeschichte eine besondere Rolle:

  • 1Mose 14,18-19 „Aber Melchisedek, der König von Salem, trug Brot und Wein heraus. Und er war ein Priester Gottes des Höchsten und segnete ihn (den Abraham).“
  • 1Mose 49,11-12 „Er wird seinen Esel an den Weinstock binden und seiner Eselin Füllen an die edle Rebe. Er wird sein Kleid in Wein waschen und seinen Mantel in Traubenblut.“
  • 2Mose 29,40 „Und zu dem einen Schaf einen Krug feinsten Mehls, vermengt mit einer viertel Kanne zerstoßener Oliven, und eine viertel Kanne Wein zum Trankopfer.“ Ähnlich auch in 4Mose 28,7.
  • Jes 5,1 „Wohlan, ich will meinem lieben Freunde singen, ein Lied von meinem Freund und seinem Weinberg. Mein Freund hatte einen Weinberg auf einer fetten Höhe.“
  • Joh 6,51-55 „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit. Und dieses Brot ist mein Fleisch, das ich geben werde für das Leben der Welt. Da stritten die Juden untereinander und sagten: Wie kann der uns sein Fleisch zu essen geben? Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht das Fleisch des Menschensohns esst und sein Blut trinkt, so habt ihr kein Leben in euch. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn am Jüngsten Tage auferwecken. Denn mein Fleisch ist die wahre Speise, und mein Blut ist der wahre Trank.“
  • Mt 26,26-29 „Als sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach’s und gab’s den Jüngern und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib. Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: Trinket alle daraus; das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden. Ich sage euch: Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, an dem ich von neuem davon trinken werde mit euch in meines Vaters Reich.“ (Vgl. auch Lk 22,18).

Neben der Teilnahme von Jesus an der menschlichen Freude einer Hochzeit und der Demonstration der Großzügigkeit, hat das Weinwunder in Kana eine geistliche Dimension. Es weist auf das Dienstende von Jesus hin – auf das letzte AT-Passah-Mahl und erste NT-Abendmahl das Jesus mit seinen Jüngern gehalten, bzw. eingeführt hat. Die Jünger scheinen den noch sehr verschlüsselten Hinweis auf den Messias zu verstehen, denn von ihnen heißt es: „Und seine Jünger glaubten an ihn“ – als den Messias! (Joh 2,11).

Die Anrede an seine Mutter: `γύναι gynai ` „Frau was [habe] ich mit dir [zu tun]“ (Joh 2,4) war in Bezug auf die Wortwahl „Frau“ in keiner Weise unhöflich (siehe Joh 19,26). Allerdings macht Jesus hier deutlich, dass Maria in Bezug auf Jesus nicht mehr nur in der Kategorie der Mutter-Sohn Beziehung denken darf, auch wenn dieser sich so lange Maria ganz normal unterordnete. Die eckigen Klammern im Zitat verdeutlichen die sehr knappen Worte, die Jesus hier aussprach. Die Aussage: „Meine Stunde ist noch nicht gekommen“ verdeutlicht, dass Jesus seine „Mission“ im Detail kennt. Seine Mutter versteht dieses sehr knappe Gespräch positiv und gibt darum entsprechende Anweisung an die Diener (hier Diakonoi): „Was er euch sagt, das tut“. Wie schön das Verhalten von Maria – sie lenkt die gesamte Aufmerksamkeit von sich weg und hin auf Jesus. Und Jesus gibt den Tischdienern eine sehr ungewöhnliche Anweisung. Diese ist zweiteilig:

  1. Füllt die Wasserkrüge mit Wasser“. Anscheinend ist nicht nur der Wein ausgegangen, sondern auch die vorhandenen Wasservorräte in den steinernen Krügen. Und sie füllten sie bis oben, also randvoll. Noch geschah nichts ungewöhnliches.
  2. Schöpft nun und bringt es dem Speisemeister“. Dieser war für das gesamte Fest verantwortlich, wie sein griechischer Titel `αρχιτρικλίνος architriklinos` deutlich macht, also der oberste Chef über den Bereich Versorgung. Die Diener schöpften und brachten es dem Speisemeister. Dieser kostet den Wein, nicht wissend, woher er ist und staunt nicht wenig über dessen hervorragende Qualität. Die Diener, selbst noch voller Staunen über dieses Wunder, scheinen ihrerseits auch noch Freude daran zu haben, ihrem Vorgesetzten die entsprechenden Informationen vorerst nicht mitzuteilen. Warum denn auch, sie werden doch gar nicht gefragt. Nachdem jedoch der Speisemeister den Bräutigam kontaktiert hatte, mussten wohl die Diener den Gesamten Vorgang erzählt haben. Jesus handelt sehr weise – er bezieht Menschen (die Diener, den Speisemeister, den Bräutigam) in das Heilsgeschehen mit ein. Er lässt sie teilhaben nicht nur an seinen Gaben, sondern auch an deren Austeilung.

Das wichtigste Ergebnis dieser Offenbarung des Messias durch sein schöpferisches Handeln an diesem Tag ist – „seine Jünger glaubten an ihn“. Es ist noch nicht das Vollmaß des Glaubens, aber der klare und eindeutige Beginn des Vertrauens in diesen Mann, den der Täufer Johannes so eindrücklich dem Volk am Ufer des Jordan als Messias bezeugt und vorgestellt hatte.

 

Von Kana aus zieht Jesus hinab nach Kapernaum. Schon seit der Abreise von Nazaret wird er von seiner Familie und seinen Jüngern begleitet, die mit ihm nun auch nach Kapernaum weiterwandern. In Kapernaum nimmt Jesus seinen Wohnsitz, wie oben beschrieben. Johannes macht hierzu eine Zeitangabe: „Danach zog Jesus hinab nach Kapernaum, er seine Brüder, seine Mutter und seine Jünger und blieb nicht viele Tage daselbst“ (Joh 2,13). Nicht viele Tage, kann heißen, etwa 10 Tage (vgl. Apg 1,5). Es fällt beim Evangelisten Johannes auf, dass er mit dem überleitenden Wort „danach“ nicht auf einen lückenlosen chronologischen Bericht hinweist, sondern einen weiteren Bericht oder Abschnitt einleitet (vgl. dazu den Übergang von 4,43 zu 5,1). So kann auch hier zwischen 2,12 und 2,13 ein längerer Zeitraum liegen – in diesem Fall die gesamte erste Wirkungsperiode in Galiläa mit regelmäßiger Rückkehr nach Kapernaum. Hier wird lediglich der erste kurze Aufenthalt in Kapernaum unterstrichen, welcher etwa 10 Tage dauerte. Während dieser Zeit wirkte Jesus die ersten der in den synoptischen Evangelien beschriebenen Wunder.

 

Fragen / Aufgaben:

  1. Forsche nach Informationen über die Stadt Kana?
  2. Beschreibe die Hochzeitsfeier im jüdisch-kulturellen Umfeld. Die freie Wahl auf Seiten des Mädchens war eher selten 1Mose 24,8. Liebeshochzeiten waren eher ungewöhnlich im AT – aber wir finden sie: 1Mose 29,20; 34,3; Ri 14,1.2; 1Sam 18,20).
  3. Wer war zu der Hochzeit eingeladen? Welche Stellung hat hier Maria? Wie war ihr Verhältnis zu Jesus?
  4. Ist das Eingreifen von Maria in die Notsituation und ihre vermittelnde Rolle in diesem Fall ausreichender Grund für ihre Stellung in manchen Kirchen als Vermittlerin?
  5. Warum wird dieses Wunder als Zeichen so hervorgehoben? Welche Ableitung dürfen wir für unsere Festbesuche wagen?
  6. Wie erklären wir die Reaktion der Jünger auf dieses Zeichen?

 

 

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