APOKALYPSIS: WARUM IST JOHANNES AUF PATMOS?

1.3  Warum ist Johannes auf Patmos?

Schon der Ort der Abfassung dieses letzten Buches des Neuen Testamentes ist ungewöhnlich. Der Verfasser der Offenbarung macht klare Angaben über sich selbst, den Ort und Grund seines Aufenthaltes auf der Insel Patmos. Johannes schreibt: „Ich, Johannes, euer Bruder und Mitteilhaber an der Bedrängnis und am Königreich und am Ausharren in Jesus, war auf der Insel, die Patmos genannt wird, um des Wortes Gottes und des Zeugnisses Jesu willen..“ (Offb 1,9).

Dies schrieb Johannes vermutlich in der Zeit der Herrschaft des römischen Kaisers Domitian (81-96 n. Chr.). Die Insel Patmos liegt etwa 90 km südwestlich von der damaligen Provinzhauptstadt Ephesus entfernt. Die Lage und Beschaffenheit der Insel eigneten sich gut als natürlicher Verbannungsort für Andersdenkende.

Abbildung 3 Insel Patmos mit dem heutigen Hafenort Skala, der am Ende einer tief eingeschnittener und daher auch geschützten Bucht liegt. Heute zählt die Insel etwa 3000 Einwohner, die vom Pilgertourismus, vom Fischfang und teilweise der Landwirtschaft leben. Dank der Offenbarung wurde diese von der Lage her unbedeutende Ägäische Insel weltbekannt (Foto: 10. Mai 2015).

Wegen des Wortes Gottes und des Zeugnisses von Jesus wurde Johannes auf diese unwirtliche Insel verbannt. Dies setzt eine offensichtliche evangelistische Tätigkeit im Raum Ephesus voraus. Unter dem Kaiser Domitian dem auch in Ephesus eine Kultstätte eingerichtet wurde, fand eine systematische Verfolgung der Christen statt. Es erfüllte sich, was Jesus seinen Jüngern beim Abschied aufgetragen hatte (Apg 1,8: „Ihr werdet meine Zeugen sein …“). Johannes bezeichnet sich als `euer Bruder und Teilhaber`

  • an der Bedrängnis“. Es ist ein indirekter Hinweis für eine Verfolgung in der Provinz  Asia. Jesus hat Bedrängnis vorausgesagt: „In der Welt habt ihr Bedrängnis …“ ((Joh 16,30).
  • und dem Reich“ (Königreich). Das Mitregieren mit Christus in dieser Welt orientiert sich am Beispiel von Jesus während seines irdischen Lebens. Doch „das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist.“ (Röm 14,17).
  • und dem Ausharren in Jesus“. Das gr. Wort `ὑπομονῇ ypomon¢ ` bedeutet wörtlich: darunter bleiben, unter der Belastung (dem Joch des Christus) bleiben, nicht ausbrechen, durchhalten. Zu diesem standhaften Durchhalten werden die Gläubigen immer wieder ermutigt (Offb 13,10; 14,12). Man bedenke, dass  Johannes zu der Zeit (vermutlich) der letzte noch lebende Apostel war und doch keine Spur von Überheblichkeit zeigte, er ist Bruder und Mitknecht. Welch ein Kontrast zu der Überheblichkeit, Machtstreben und sogar Machtmissbrauch des Diotrephes (1Joh 1,9-10) oder der späteren Kirchenfürsten.

Was auch immer die römischen Behörden mit der Verbannung des Johannes bezwecken wollten, Gott hatte für ihn noch einen wichtigen Auftrag an die Gemeinden. Es war seine Wüste, aus der er den Gemeinden damals und für alle Zeiten eine Botschaft des auferstandenen und erhöhten Christus mitteilen sollte.

Die Aussage „ich war“ auf der Insel Patmos, könnte den Eindruck erwecken, dass Johannes nicht mehr dort ist und die Offenbarung erst nach Verlassen der Insel aufgeschrienen hatte. Nun, es ist gut möglich, dass er nach dem Tod des Kaisers Domitian im Jahre 96 wieder frei kam und Patmos verlassen konnte. Aber warum hält sich die Überzeugung fest, dass die Offenbarung auf der Insel verfasst wurde?

Abbildung 4 Insel Patmos, Blick von Chora aus über die Küstenregion. Die Insel ist sehr hügelig und teilweise bewaldet. Da die höchste Erhebung nur etwa 260 Meter hoch ist, verfügt sie über nur wenig Wasserquellen. (Foto am 11. Mai 2015).

Das gr. Verb `ἐγενόμηνegenom¢n`, wird meistens einfach mit `ich war` übersetzt. An einigen Stellen wäre es treffender mit `ich ward`, `ich wurde` oder mit, `ich bin geworden` zu übersetzen. In der Offenbarung kommt es noch an folgenden Stellen vor:

  • Offb 1,10 und 4,2: „ich war im Geist“, dies schreibt Johannes natürlich im Rückblick. Ein Erlebnis, das in der Vergangenheit liegt und abgeschlossen ist. An ihm vollzog sich etwas und er wurde in einen Zustand versetzt, bei dem er die göttlich-geistlichen Visionen imstande ist zu schauen.
  • Offb 1,18: „ich war tot“, ein Zustand in den Jesus hineinging und den er durchlitt und durchlief. An ihm vollzog sich das Tot sein, er ward tot (Phil 2,8).

Weitere Stellen: Apg 20,18: „wie ich bei euch die ganze Zeit war (im Sinne: mich bei euch verhalten habe)“; Apg 26,19: „ich war (ich ward) nicht ungehorsam“; Röm 10,20: „Ich war (ich bin) erschienen“; 1Kor 2,3: „ich war (wurde) bei euch“; 1Kor 9,20: „den Juden war (wurde) ich…“; 1Kor 9,22: „den Schwachen war (wurde) ich …“; Kol 1,23: „.dessen Diener ich, Paulus wurde, geworden bin“ (Kol 1,25).

In all diesen Texten wird das Verb `ἐγενόμηνegenom¢n  – ich war` unverändert geschrieben. Die Endung `m¢n` weist immer auf die 1. Person hin. Das `e` am Anfang drückt die Vergangenheitsform aus  Die Wortwurzel `gen` drückt aus, dass etwas geworden war (an, mit oder durch) Jesus, Johannes oder Paulus. Der Verlauf dieses Geschehens kann sich über einen Zeitraum hinziehen (bei Jesus 3 Tage im Tot sein, bei Paulus 3 Jahre Wirksamkeit in Ephesus, bei Johannes eine unbestimmte Zeit im Geist und ein Aufenthalt auf der Insel. Ein Aufenthalt, der möglicherweise noch anhielt, nachdem er das Buch schon geschrieben hatte.

Fortsetzung folgt

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