Inhaltsverzeichnis
- 1 Lasst die Kinder zu mir kommen
- 1.1 Einleitung
- 1.2 1. Die Texte von der Segnung der Kinder durch Jesus
- 1.3 2. Der Kontext dieser Geschichte
- 1.4 3. Die Kinder stehen unter besonderer Beachtung von Jesus
- 1.5 4. Das Reich Gottes gehört den Kindern
- 1.6 5. Erwachsene müssen werden wie Kinder wenn sie in das Reich Gottes kommen wollen
- 1.7 6. Jesus freut sich an den Kindern
- 1.8 7. Beispiele für Segnungen
- 1.9 8. Schlussfolgerung
Lasst die Kinder zu mir kommen
Einleitung
Die Praxis der Kindersegnung in unserer Gemeinde geht zurück auf die Segnung der Kinder durch Jesus. Da wir zum segnen berufen sind, gilt dies auch in besonderer Weise den Kindern. In diesem Artikel wird sowohl auf die Bedeutung des Segnens von Kindern durch die Gemeinde als auch auf die Verantwortung der Eltern – ihre Kinder zu segnen – eingegangen. Weiterere Aspekte sind: Das Reich Gottes gehört den Kindern und was können und sollen Erwachsene von den Kindern lernen?
1. Die Texte von der Segnung der Kinder durch Jesus
Alle drei Evangelisten (Matthäus, Markus, Lukas) berichten von der Segnung der Kinder durch Jesus. Hier zunächst die Evangelientexte:
Matthäus 19,13 – 15
Darauf wurden Kinder (gr. παιδία – paidia) zu ihm gebracht, damit er ihnen die Hände auflege und bete, aber seine Jünger fuhren sie an. Aber Jesus sagte: „Lasst die Kinder und hindert sie nicht, zu mir zu kommen. Denn solchen gehört das Reich der Himmel. Und als er ihnen die Hände aufgelegt hatte, ging er weg von dort.
Der griechische Begriff ´παιδία – paidia´ bezeichnet Kinder im Alter bis etwa 12 Jahren. Er wird jedoch auch im übertragenen Sinne auf erwachsene Kinder Gottes angewendet.
Markus 10,13 – 16
Und sie brachten Kinder (gr. παιδία – paidia) zu ihm, damit er sie berühre; aber die Jünger fuhren sie an. Als Jesus aber dies hörte, wurde er unwillig und sagte zu ihnen: „Lasst die Kinder zu mir kommen und hindert sie nicht! Denn solchen gehört das Reich Gottes. Wahrlich, ich sage Euch: Wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein Kind (gr. παιδίon – paidion), der wird keinesfalls hineinkommen. Und er schloss sie in die Arme, legte ihnen die Hände auf und segnete sie.“
Lukas 18,15 – 17
Sie brachten aber auch zu ihm die Kinder (gr. βρέφη – bref¢),damit er sie berühre; als aber die Jünger dies sahen, fuhren sie sie an. Aber Jesus rief sie zu sich und sagte: „Lasst die Kinder zu mir kommen und hindert sie nicht! Denn solchen gehört das Reich Gottes. Wahrlich, ich sage Euch: Wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein Kind (gr. παιδίon – paidion), wird keinesfalls hineinkommen!“
Der griechische Begriff `βρέφη – bref¢` ist die Bezeichnung für einen Säugling und ein noch ungeborenes Kind im Mutterleib.
2. Der Kontext dieser Geschichte
- Diese Geschichte ereignete sich im Gebiet von Peräa, östlich des Jordan. Vorstellbar wäre die Gegend um den früheren Taufplatz bei Bethanien in der letzten Phase seines Dienstes, ungefähr drei Monate vor seiner Passion (ca. Januar 0033) (Mt 19,1; Mk 10,1; Joh 1,28; 10,40). Diese Gegend ist bekannt für mehrere heilsgeschichtliche Ereignisse.
- In der Regel waren es die Mütter, die ihre Kinder oder Säuglinge zu Jesus brachten.
- Es wurden mehrere Kinder und zwar in verschiedenem Alter zu Jesus gebracht.
- Jesus war immer umringt von seinen Jüngern und weiteren männlichen Zuhörern, so dass der direkte Zugang zu ihm versperrt war.
- Jesus befand sich im Gespräch oder Lehre über die Frage der Pharisäer zum Thema Ehe und Ehescheidung (Mt 19,2-12). Fällt uns der Kontrast auf – die frommen Männer bewegt die Möglichkeit einer Ehescheidung, die (Mütter) sorgen sich um ihre Kinder, damit diese von Jesus gesegnet werden.
- Nach dem Thema, welches die Männer interessierte, dachten die Mütter wohl, dass jetzt sie an der Reihe wären. Doch weit gefehlt, die Jünger sind fest entschlossen, die Mütter mit ihren Kindern und Säuglingen abzuweisen. Die Aussage: „Die Jünger aber fuhren sie an“, ist schwerwiegend, ja sogar bedrohend. Das Verb (ἐπετίμησαν – epetim¢san) wird auch gebraucht, wenn Jesus die Dämonen bedrohte und zum ausfahren zwang. Die Reaktion der Jünger macht also deutlich, wie wenig damals Kleinkinder besonders von Männern, in der Öffentlichkeit beachtet wurden.
3. Die Kinder stehen unter besonderer Beachtung von Jesus
Verwehrt den Kindern nicht den Weg zu Jesus! Er hat nicht nur Interesse an Kindern, sondern er nimmt sich auch Zeit für sie. Er ist sogar heftig unwillig über das Verhalten seiner Jünger und weist diese scharf zurecht. Alles andere und auch alle anderen müssen warten – jetzt sind die Kinder dran. Eine wichtige Lektion für die Erwachsenen damals und heute. Aussagen wie: „Geh weg, lass mich jetzt in Ruhe, stöhre mich nicht, beschäftige dich selbst“, rächen sich zu einem späteren Zeitpunkt und decken sich nicht mit der Einstellung und dem Verhalten von Jesus. Beachten wir, was Jesus hier alles tut:
- Er nimmt die Kinder (einzeln) in den Arm,
- Er drückt sie an sein Herz;
- Er legt ihnen die Hände auf:
- Er betet und segnet sie.
Das deutsche Wort `segnen` ist in kirchlichen Kreisen zwar sehr verbreitet, doch sagt es heute wenig Konkretes aus über seinen Inhalt. Da hilft uns wieder mal die griechische Sprache mit ihrem reichen Wortinhalt. Der griechische Begriff `ευλογία – eulogia`, wird von dem Wort `λόγος – logos` gebildet und die Vorsilbe `ευ – eu` hebt den positiven Sinn des Wortes oder der Aussage hervor. Dementsprechend liegt dem Wort `Segen` eine konkrete, in Worte gefasste Aussage zugrunde. Gut möglich, dass Jesus jedem Kind einen besonderen Segensspruch widmete.
Es konnte ein tröstender, ermutigender oder auch prophetischer Zuspruch gewesen sein. Jemand segnen kann man mit dem Zuspruch einer Verheißung oder eine in der Wunschform ausgesprochene Fürbitte an Gott für einen Menschen.
4. Das Reich Gottes gehört den Kindern
Jesus sagt: „Ihnen gehört das Reich der Himmel“. Bei Kindern, die noch nicht selbst zwischen Gut und Böse unterscheiden können und somit noch nicht für ihre Taten zur Verantwortung herangezogen werden können, die also selbst noch nicht fähig sind, ihre sündigen Neigungen zu erkennen, legt Jesus andere Maßstäbe an, als bei Erwachsenen (Jes 7,15-16; Joh 9,41; Röm 5,13). Demnach stehen Kinder unter der Gnade Gottes.
5. Erwachsene müssen werden wie Kinder wenn sie in das Reich Gottes kommen wollen
Kinder werden naturgemäß mit zunehmendem Alter wie Erwachsene. Jesus fordert die Erwachsenen auf gegen die menschliche Natur, wie Kinder zu werden. Sicher meint er dies nicht im physischen Sinne wenn er sagt: „Wer das Reich Gottes nicht annimmt, wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.“ Wer das Reich Gottes sucht, soll nicht altersmäßig wie die Kinder werden, sondern nach deren Art und Weise (vgl. dazu auch das Missverständnis des Nikodemus´ mit dessen falschem Denkansatz in Johannes 3,4: „Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er zum zweiten Mal in seiner Mutter Leib hineingehen, um geboren zu werden?“) Zu werden wie ein Kind, heißt also: So klein, so niedrig, so hilflos, so abhängig, so führungsbedürftig, so schutzbedürftig und so vertrauensvoll zu werden.
Der Erwachsene jedoch lebt gewöhnlich in der Einstellung, er wüsste alles, er könne alles, er wäre jemand, er käme allein zurecht und bräuchte keine Hilfe, er schaffe es allein. Zu werden wie ein Kind heißt: Sich selbst erniedrigen, es bedeutet einen Zerbruch des stolzen menschlichen Geistes und das Bekenntnis, es doch nicht allein zu schaffen, sich nicht selbst retten zu können. Letztlich geht es um eine eigene Bankrott – Erklärung vor Gott.
Übrigens ist die Mahnung zur Selbsterniedrigung anhand der Darstellung durch ein Kind von Jesus noch an einer anderen Stelle hervorgehoben. In Matthäus 18,1-4 geben die Jünger mit ihrer Frage `wer ist der Größte im Himmelreich` eine passende Vorlage zu einer Bildpredigt. Der Evangelist schreibt:
Zu derselben Stunde traten die Jünger zu Jesus und sprachen: Wer ist nun der Größte im Himmelreich? Und er rief ein Kind zu sich und stellte es mitten unter sie und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen. Wer nun sich selbst erniedrigt und wird wie dieses Kind, der ist der Größte im Himmelreich.
Die allgemein angewendete pädagogische Praxis ist: Kinder lernen von und durch die Erwachsenen. Jesus will diese wichtige Aufgabe und Verantwortung den Eltern keineswegs abnehmen. Doch durch das „Wahrlich ich sage euch“ macht Jesus seine Jünger auf Folgendes aufmerksam: Für den Eingang in das Reich Gottes sind Kinder als Anschauungssubjekte besser geeignet als die Erwachsenen. Und deswegen sollen Erwachsene von Kindern lernen. Kinder schauen von unten nach oben, sie wissen um ihr Kleinsein, um ihr Nidrigsein. Die Erwachsenen schauen von oben nach unten. Es fällt ihnen schwer das festsitzende Widerstreben zur Selbsterniedrigung überwinden. Doch dies ist laut den Worten von Jesus die unbedingte Voraussetzung für den Eingang in das Reich Gottes.
6. Jesus freut sich an den Kindern
Jesus nimmt die Kinder ernst, er freut sich über ihren Lobpreis im Tempel und rügt die Hartherzigkeit und den Stolz der Schriftgelehrten und Elite des Tempels. Der Evangelist Matthäus schreibt: „Als aber die Hohenpriester und Schriftgelehrten die Wunder sahen, die er tat, und die Kinder, die im Tempel schrien und sagten: Hosianna dem Sohn Davids!, entrüsteten sie sich und sprachen zu ihm: Hörst du auch, was diese sagen? Jesus sprach zu ihnen: Ja! Habt ihr nie gelesen (Psalm 8,3): »Aus dem Munde der Unmündigen und Säuglinge hast du dir Lob bereitet«?“ (Mt 21,15-16). Die Kinder erfüllten mit ihrem Singen und Rufen damals im Tempel, die Prophetie über Jesus und sollten vermehrt auch heute in den Gottesdiensten der Gemeinde mit einbezogen werden. Kinderchöre gehören in die Gottesdienste der Erwachsenen.
7. Beispiele für Segnungen
- 1Mose 1,28: Gott segnete Adam und Eva;
- 1Mose 27,27: Isaak segnete den Jakob;
- 4Mose 6,23-27: Der sogenannte Aaronitische Segen;
- 1Sam 1,17-20; 2,20: Eli segnete Hanna und Elkana;
- Lk 2,34: Simeon segnete Maria, Josef und das Kind Jesus;
- Lk 1,76ff: Zacharias segnete das Kind Johannes.
8. Schlussfolgerung
Wir praktizieren die Kindersegnung im Gottesdienst und auch zu Hause einfach deshalb, weil Jesus dies auch getan hat und weil wir zum Segnen berufen und beauftragt sind. Bei solchen Handlungen werden besonders die Eltern in die Pflicht genommen. Altlasten wie Beschwörungen durch Wahrsagerei, magische Heilungen u.ä. müssen bei und von den Eltern offengelegt werden, damit die Kinder unter den Segen und Schutz Gottes kommen können. In Hebräer 7,7 wird ein uraltes biblisches Prinzip für das Segnen deutlich gemacht: das/der Geringere wird von dem Höheren gesegnet.
- Melchisedek segnete Abraham,
- Die Priester sollten im Auftrag Gottes das Volk segnen,
- Die Eltern sollen die Kinder segnen.
- Die Ältesten der Gemeinde sollen die Gläubigen segnen
Wenn das gesamte Volk Gottes beauftragt wird, seine Feinde zu segnen, wieviel mehr gilt dies dann für die eigenen Hausgenossen!
In der Regel legt ein Stellvertreter aus der Leiterschaft der Ortsgemeinde im Auftrag der Eltern dem Kind/Säugling die Hände auf, betet und segnet das Kind im Namen von Jesus Christus. Auf Wunsch der Eltern werden auch Freunde der Familie, bzw. Vertrauenspersonen in das Segnungsgebet mit einbezogen.
Wir sehen die Praxis der Kindersegnung als eine in sich eigenständige und sowohl von der Bibel als auch durch das Handeln von Jesus gedeckte Vorgehensweise an. Die Kinder gläubiger Eltern haben bestimmte Vorteile (siehe 1Kor 7,14: „Der ungläubige Mann ist jedoch geheiligt durch die gläubige Frau und die ungläubige Frau ist geheiligt durch den Bruder, denn sonst wären ja Eure Kinder unrein, nun aber sind sie heilig.“) Was immer auch dieser Text genau aussagt und wie unterschiedlich er interpretiert werden kann, scheint eines sicher zu sein: In einer Ehe und Familie geht vom Gläubigen Reinheit, Heiligkeit, Licht, Wärme, Segen und göttliche Ausstrahlung aus. Das Gebet der Eltern, ihr Segen, ihr Vorbild und ihre Erziehung im Herrn sind wesentliche Elemente für den Schutz und das Gedeihen des Kindes (Eph 6,1-4; Kol 3,20-21).