Contents
- 1 5. Teil: Die leidende und triumphierende Gemeinde, so wie das Gericht Gottes über Babylon, das Tier und den falschen Propheten
- 1.1 Einleitung zum 4. Teil
- 1.2 4.1 Die Frau mit der Sonne bekleidet und der feurige Drache
- 1.2.1 4.1.1 Die Frau mit der Sonne bekleidet – ihre Identität und Auftrag
- 1.2.2 4.1.2 Der feurige Drache, seine Identität und Plan
- 1.2.3 4.1.3 Wer ist das Kind?
- 1.2.4 4.1.4 Die Frau flieht in die Wüste
- 1.2.5 4.1.5 Der Drache wird aus dem himmlischen Bereich hinausgeworfen
- 1.2.6 4.1.6 Der Drache verfolgt die Frau
5. Teil: Die leidende und triumphierende Gemeinde, so wie das Gericht Gottes über Babylon, das Tier und den falschen Propheten

(Zeichnung von Joela SchüleDez. 2022 ).
Einleitung zum 4. Teil
Mit Kapitel zwölf beginnt die zweite Hälfte des Buches der Offenbarung. Damit beginnt auch unser 4. Teil bei dem wieder die gesamte Periode von der Geburt Jesu bis zum Gericht des Großen Tages Gottes bei seiner Wiederkunft in Macht und Herrlichkeit beschrieben wird, allerdings unter einer anderen Perspektive (Offb 12,1-20,15). Wunderbare und dramatische Bilder sieht Johannes, doch was bedeuten sie und wen oder was stellen sie dar? Dem Reich des Christus werden drei Machtgrößen gegenübergestellt – das Tier aus dem Meer, das Tier aus der Erde, das oder die große Babylon. Diese alle werden von dem Drachen gelenkt, der im Hintergrund agiert.
und bekommt mit, wie sein Reich und die Reiche dieser Welt von Christus zerstört werden.
- Nach Kapitel 12 ist er der Urheber alles Bösen und nach Kapitel 20 wird er als letzter in den Feuersee geworfen.
- Ähnlich verläuft die Entwicklung beim Tier und dem falschen Propheten. Nach Kapitel 13 treten diese auf und nach Kapitel 19 erleben sie das Gericht und werden ebenfalls in den Feuersee geworfen.
- In den Kapiteln 14 bis 18 dominiert das Thema Babylon sowie deren Gericht und Vernichtung
- Dazwischen treten die sieben Engel mit den sieben Schalen auf, welche die letzten Plagen beinhalten.
Und in jedem dieser Kapitel leuchtet die bedrängte, leidende aber auch triumphierende Gemeinde mit ihrem siegreichen Christus auf.
4.1 Die Frau mit der Sonne bekleidet und der feurige Drache
In dem gesamten zwölften Kapitel stehen sich die beiden zwei großen Visionen kontrastvoll gegenüber und doch sind sie in einander verwoben. Darum halten wir uns an die im Text vorgegebene Reihenfolge, auch wenn dabei einiges wiederholt werden wird.
4.1.1 Die Frau mit der Sonne bekleidet – ihre Identität und Auftrag
Und ein großes Zeichen erschien im Himmel: Eine Frau, bekleidet mit der Sonne, und der Mond war unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt ein Kranz von zwölf Sternen. Und sie ist schwanger und schreit in Geburtswehen und in Schmerzen und soll gebären. (Offb 12,1-2).
Was Johannes zu sehen bekommt ist sehr beeindruckend. Er sieht eine Frau die mit der Sonne umhüllt ist. Unter ihren Füßen reflektiert der Mond ihren Glanz. Auf ihrem Haupt trägt sie einen Kranz (gr. stefanos) aus zwölf Sternen. Diese Kombination aller drei Himmelskörper wird im Schöpfungsbericht zum ersten Mal erwähnt und ihre Bestimmung bekannt gegeben. So lesen wir in 1Mose 1,14-18: „Es seien Lichter an der Feste (Ausdehnung)des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht. Sie seien Zeichen für Zeiten, Tage und Jahre 15 und seien Lichter an der Feste des Himmels, dass sie scheinen auf die Erde. Und es geschah so. 16 Und Gott machte zwei große Lichter: ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch die Sterne. 17 Und Gott setzte sie an die Feste (Ausdehnung) des Himmels, dass sie schienen auf die Erde 18 und den Tag und die Nacht regieren.“ Sie werden auch in den Lobespsalmen und Propheten besungen (Ps 148,3; Jer 31,35). Betrachten wir sie etwas näher, denn von deren Bestimmung können einige Aspekte für die Vision in Offb 12,1-2 abgeleitet werden.
- Die Himmelskörper geben den Menschen Orientierung in Zeit und Raum.
- Die Himmelskörper geben den Menschen auch Zeichen (Hinweise) auf Gott den allmächtigen Schöpfer oder wie aus unserem Text hervorgeht, auf bestimmte geistliche Realitäten und deren Bedeutung.
- Wie die im Schöpfungsbericht genannten Himmelskörper auf die Erde ausgerichtet sind und das natürliche Leben für den Menschen ermöglichen, so offenbart Gott in diesem Zeichen am Himmel seinen Heisplan für diese gefallene Menschheit. Und wie wir sehen werden, umspann dieses Zeichen die gesamte Heilsgeschichte von 1Mose bis zur Offenbarung. Doch nun der Reihe nach.
In 1Mose 37,9-ff kommt das Bild der Himmelskörper auch in der Familie von Jakob vor. Dort lesen wir: „Und er (Josef) hatte noch einen zweiten Traum, den erzählte er seinen Brüdern und sprach: Ich habe noch einen Traum gehabt; siehe, die Sonne und der Mond und elf Sterne neigten sich vor mir. Und als er das seinem Vater und seinen Brüdern erzählte, schalt ihn sein Vater und sprach zu ihm: Was ist das für ein Traum, den du geträumt hast? Sollen denn ich und deine Mutter und deine Brüder kommen und vor dir niederfallen?“ In diesem Traumgesicht wird eine Familiengeschichte in prophetischen Vorausschau gezeigt. Es ist Israel in Kleinformat, welches einige Jahre später vor einer Hungersnot durch Josef Rettung erfährt. Dazu enthält sie einen typologischen Hinweis auf den verheißenen Messias Jesus, der (wie Josef), aus Israel kommend, allerdings als vollkommener Retter für sein Volk eingesetzt wird.
Betrachten wir nun das Zeichen aus Offenbarung 12,1-2 im Einzelnen.
Die Frau ist hier im Mittelpunkt, doch um sie zu identifizieren schauen wir zunächst womit sie umgeben ist.
- Sie ist mit der Sonne Bekleidet – Sonne wird in den Eigenschaften als Lichtquelle und Lebensquelle zunächst auf Gott den Herrn bezogen. So steht in Psalm 84,12: „Denn Gott der HERR ist Sonne und Schild; / der HERR gibt Gnade und Ehre.“ Ebenso auch auf Christus (Mal 3,20; Offb 1,16; Mt 17,2; Joh 8,12; Offb 21,23). Doch mit dem Lichtglanz der Sonne werden auch die Gerechten verglichen (Mt 5,14; 13,43). Gelegentlich wird der Lichtglanz der Sonne auch auf Engel bezogen (Offb 10,1).
- Der Mond befindet sich unter ihren Füßen. Es geht um die untergeordnete Position des Mondes gegenüber der Sonne. Denn wie dieser das Licht der Sonne reflektiert, so sollte der Mensch als das Ebenbild Gottes seinen Schöpfer reflektieren. Später sollte Israel im Besonderen in der Dunkelheit der Völkerwelt das Licht Gottes (und des noch verborgenen Christus) reflektieren (5Mose 4,6-8). Israel nach dem Fleisch (Jakob und seine Nachkommen) ist ein irdisches Abbild auf den Israel nach dem Geist, welcher ist Christus und seine Nachkommen (1Mose 32,29; 2Mose 4,22; Hos 11,1; Mt 2,15).
- Auch der 12 Sternen-Kranz auf ihrem Haupt erinnert zunächst an die 12 Stämme Israels (1Mose 49,1-28: 12 Repräsentanten des Israel nach dem Fleisch). Auffallend ist, dass es sowohl in Offb 7,4-8; und 21,12 nicht um die Namen der 12 Stammväter geht, sondern um die 12 Stämme (in Offb 7,4-8 fehlen sogar 2 Stammesnamen – Ephraim und Dan). Doch hatte Gott aus allen 12 Stämmen Israels solche, die ihm die Treue hielten, auch wenn diese in der Minderheit waren. Sie leuchteten in der Dunkelheit jener finsteren Welt und hielten die Hoffnung auf den kommenden Retter aufrecht. Doch dieser zwölf Sternenkranz weist auch auf die zwölf Apostel des Lammes hin, denn sie bilden die zwölf Grundsteine der Stadt, des Neuen Jerusalem, welches ist die Gemeinde (Offb 21,14; Mt 19,28; Lk 22,30). Damit sind sie die Repräsentanten des gesamten Volkes Gottes gemäß dem Neuen und damit dem ewigen Bund (Mt 10,2; 19,28; Apg 1,26; 2,14ff; Eph 2,19-21; Mt 26,26 mit Jer 31,31-34). Jesus drückt es so aus: „wie mir mein Vater das Reich bestimmt hat, so bestimme ich für euch, 30 dass ihr essen und trinken sollt an meinem Tisch in meinem Reich und sitzen auf Thronen und richten die zwölf Stämme Israels.“ (Lk 22,29-30). Damit erstreckt sich ihre Zuständigkeit auf das gesamte Volk Gottes aller Zeiten.
Diese Frau war schwanger und schrie in Geburtswehen, worauf weist es im Detail hin? Auch wenn der Höhepunkt der Erfüllung der Wahrheit dieses Zeichens in der Menschwerdung des Sohnes Gottes zu erkennen ist, hat dies offensichtlich eine Vorgeschichte, welche bis auf die Anfänge der Menschheit zurückgeht. Es erinnert uns zunächst an die erste Frau Eva, der gesagt wurde: „Ich will dir viel Mühsal schaffen, wenn du schwanger wirst; unter Mühen sollst du Kinder gebären.“ (1Mose 3,16). Diese Aussage machte Gott nach dem sie und ihr Mann durch Unglauben und Ungehorsam das geistliche Leben verloren haben und damit unter den Machtbereich des Bösen gerieten. Es erinnert aber auch an die Verheißung: der Geburt des Retters durch die `Frau`. Gott sprach zu der Schlange: „Und ich werde Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Samen und ihrem Samen; er wird dir den Kopf zermalmen, und du, du wirst ihm die Ferse zermalmen.“ (1Mose 3,15). Und so befand sich Eva sowohl in froher als auch schmerzlicher Erwartung. In 1Mose 4,1 lesen wir: „Und Adam erkannte seine Frau Eva, und sie ward schwanger und gebar den Kain und sprach: Ich habe einen Mann gewonnen (erworben) mithilfe des HERRN.“ Danach ward sie wieder schwanger und gebar Abel. (1Mose 4,2) Doch der physische Schmerz bei der Geburt dieser beiden Söhne war bald vergessen. Ein ganz anderer und andauernder Schmerz erwartete sie. Der Erstgeborene, auf den normalerweise die Eltern ihre Hoffnung setzten, entwickelte sich zu einem selbstsüchtigen, stolzen Mann zum Leidwesen seiner Eltern (1Joh 3,12). Der Brudermord wurde zu einer überaus schmerzlichen Erfahrung, konnten sie doch erahnen, dass sie bereits ernteten, was sie gesät haben. Sicher blieb es ihnen auch nicht verborgen, wer letztlich hinter dem allem steht Und weiteres Unheil stiftet. So verloren sie in gewissem Sinne ihre beiden Söhne an einem Tag – welch ein Schmerz!
Erst bei der Geburt von Set und dessen Sohn Enosch blühte die Hoffnung auf den kommenden Retter wieder auf (1Mose 4,25-26).
Doch wegen der Ausbreitung der Gesetzlosigkeit durch die Kainiten, gestaltete sich die Erwartung auf die Geburt des verheißenen Retters sehr schmerzlich (1Mose 4,17-24).
Über Enosch, Henoch, Noah, und Sem wurde die Hoffnung und Erwartung auf den Retter bis Abraham getragen. Doch durch ihre Ungeduld und voreilige Handlung hatte Sara sich selber viel Schmerzen eingehandelt (1Mose 16-17). In 1Mose 17,18ff lehnt Gott Abrahams Vorschlag in Bezug auf Ismael ab und gibt seine Pläne bekannt mit den Worten: „Nein, sondern Sara, deine Frau, wird dir einen Sohn gebären Und du sollst ihm den Namen Isaak geben! Und ich werde meinen Bund mit ihm aufrichten zu einem ewigen Bund für seine Nachkommen nach ihm.“ Merken wir, wie die Spur eingeengt wird? Jetzt soll der verheißene Nachkomme (Retter) über die Linie Sara-Isaak kommen. Dann Rebekka- Jakob und zwar mit viel Schmerzen nicht nur während der Schwangerschaft, sondern auch bei der Geburt und noch mehr danach (1Mose 25,21ff). In der nächsten Generation sollte der verheißene Retter durch Lea-Juda kommen und auch diesmal mit viel Schmerzen im Bereich der Beziehungen zwischen den konkurierenden Frauen (1Mose 29-30). Und immer wieder lässt sich die Wirksamkeit der Schlange und deren Nachkommen erkennen.
Doch trotz vieler Wirren in der Geschichte Israels, bleibt die Hoffnung und Erwartung auf den Nachkommen der Frau wach unter den Gläubigen im Volk.
Auffallend ist, was Gott dem König Ahas durch den Propheten Jesaja sagen lässt: „Darum wird der Herr selbst euch ein Zeichen geben: Siehe, die Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären und wird seinen Namen Immanuel nennen.“ (Jes 7,14). Bereits zwei Kapitel danach knüpft Gott an die Verheißung an seine Verheißung an David in 2Sam 7,11-13 an, indem er sagen lässt: „ein Kind ist uns geboren, ein Sohn uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und man nennt seinen Namen: Wunderbarer Ratgeber, starker Gott …“ Und dann wird es ganz konkret, der verheißene Retter wird durch den Engel Gabriel der Jungfrau Maria angekündigt. Und von den Ev. Matthäus und Lukas wird die Geburt des Messias durch die Jungfrau Maria aufgeschrieben (Mt 1,1-25; Lk 1,2634; 2,1-3,38). Die Stammbäume ergänzen einander: Während die Stammeslinie David – Salomo – Sealthiel – Serubbabel – Josef die königliche / also die juristische Rechtsmäßigkeit der Herkunft von Jesus hervorhebt, wird durch die Stammesliste bei Lukas die Herkunft Jesu nach dem Fleisch über die Linie Maria – Eli – Serubbabel – Schealthiel – Nathan – David – Abraham – Adam zurückgeführt. Damit erfüllte sich das Wort Gottes an Eva, wonach der Retter ein Nachkomme der Frau sein wird. Und. Dies bestätigt auch der Ap. Paulus: „als aber die Fülle der Zeit kam, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau.“ (Gal 4,4; dazu auch Röm 1,3). Deshalb ist das männliche Kind der Frau aus Offb 12,1-2 der Menschensohn und verheißene Retter und Nachkomme aus
dem gläubigen Menschengeschlecht und im engeren Sinne aus dem gläubigen Volk Israel hervorgegangen. Jesus sagte: ; „Das Heil (die Rettung) kommt aus den Juden“ ((Joh 4,22). Wenn die Rettung aus den Juden kommt, dann gilt es auch für den Retter selbst. Doch all die Beschwernisse auf dem Weg der Erfüllung der Verheißung (einschließlich Maria könnte als eine schmerzliche Geburt des Messias bezeichnet werden. So sagte der gottesfürchtige Simeon: „Und auch durch deine Seele wird ein Schwert dringen –, damit aus vielen Herzen die Gedanken offenbar werden.“ (Lk 2,35).
Aber das Zeichen der Frau in Offenbarung 12,1-2 umfasst auch die weitere Geschichte des Volkes Gottes, wie auch der Verlauf unseres Textes deutlich macht (Offb 12,3-17: Flucht in die Wüste, Verfolgung ihrer weiteren Nachkommen). Und weil das Symbol der Frau auch verwendet wird für die Gemeinde, die mit dem Bild der himmlischen Stadt Jerusalem verglichen wird, Dieser Gedanke, dieses Bild ist auch von Paulus gebraucht worden, so schreibt er: „Das Jerusalem droben aber ist frei, und das ist unsere Mutter.“ (Gal 4,22-26). Damit hat er an Sara angeknüpft, welche die freie und rechtmäßige Frau von Abraham war (vgl. dazu auch Offb 21,1ff).
4.1.2 Der feurige Drache, seine Identität und Plan
Und es erschien ein anderes Zeichen im Himmel: Und siehe, ein großer, feuerroter Drache, der sieben Köpfe und zehn Hörner und auf seinen Köpfen sieben Diademe hatte; und sein Schwanz zieht den dritten Teil der Sterne des Himmels fort, und er warf sie auf die Erde. (Offb 12,3-4).

Das nächste Zeichen erscheint am Himmel, es ist ein feuriges Ungeheuer mit einem Riesengroßen Schwanz. Die Bezeichnung `Drache`, gr. `δράκων – drakön – Ungeheuer`, kommt in der Bibel mehr als 20 Mal vor. Ursprünglich bezog sich diese Bezeichnung auf große Land- und Meeresungeheuer. So in Ps 74,13: „Du hast das Meer aufgewühlt durch deine Kraft, zerschmettert die Köpfe der Drachen über den Wassern.“ Oder: Jes 27,1: „Zu der Zeit wird der HERR heimsuchen mit seinem harten, großen und starken Schwert den Leviatan, die flüchtige Schlange, und den Leviatan, die gewundene Schlange, und wird den Drachen im Meer töten.“ (dazu auch Hiob 40,17).
Die Bezeichnung Drache wird auch auf bestimmte grausame Herrscher bezogen. So in: Jer 51,34: »Nebukadnezar, der König von Babel, hat mich gefressen und umgebracht, er hat aus mir ein leeres Gefäß gemacht. Er hat mich verschlungen wie ein Drache, er hat seinen Bauch gefüllt mit meinen Kostbarkeiten; er hat mich vertrieben.“ Oder: Hes 29,3: „Rede und sprich: So spricht Gott der HERR: Siehe, ich will an dich, Pharao, du König von Ägypten, du großer Drache, der in seinem Strom liegt und spricht: »Der Nil ist mein und ich habe ihn mir gemacht.« (dazu auch Hes 32,2).
Schon früh wird er als Sinnbild des Bösen verwendet. So in 5Mose 32,33: „ihr Wein ist Drachengift und verderbliches Gift der Ottern.“ (vgl. auch 1Mose 3,1ff). Oder: Jes 51,9: „Wach auf, wach auf, zieh Macht an, du Arm des HERRN! Wach auf, wie vor alters zu Anbeginn der Welt! Warst du es nicht, der Rahab zerhauen und den Drachen durchbohrt hat?“ Der Kampf gegen den Drachen, die Schlange begann seit Urzeiten und der Sieg über ihn ist vorausgesagt (1Mose 3,15). Und in Psalm 91,13 wird verheißen: „Über Löwen und Ottern wirst du gehen und junge Löwen und Drachen niedertreten.“ Wer sich zu Gott hält, bleibt bewahrt und unbeschadet (vgl. Lk 10,18-20).
In den Evangelien und den Briefen der Apostel kommt die Bezeichnung Drache nicht vor. Dort wird der Drache, die alte Schlange, direkt mit Teufel und Satan benannt (Mt 4,1-11; Lk 4,1-13; 10,18-20). Oder auch „Der Fürst dieser Welt“ (Joh 12,31; 16,11; „Der Gott dieser Welt“ 2Kor 4,4). Als Gottes Widersacher wird er auch mit einem brüllenden Löwen verglichen (1Petr 5,8). Er wird auch als Ankläger (gr. Kategoros) bezeichnet Offb 12,10).
Erst wieder im Buch der Offenbarung wird an die Bildersprache des AT angeknüpft (Offb 12,3.6.7.17; 13,2-4; 16,13; 20,2).
Die Darstellung mit sieben Köpfen und zehn Hörnern ist eine Anmaßung der Macht und Kraft (Dan 7,6; Offb 5,6 – das Lamm hat sieben Hörner, Zeichen der Vollmacht). Die Zahlen sieben und zehn weisen grundsätzlich auf Vollkommenheit und Vollständigkeit hin. Aber auch die sieben Diademe (königliche Insignien) auf seinen sieben Köpfen trägt er zur Schau. Er maßt sich etwas an, was er angestrebt hatte, aber nicht erreichen konnte. Im himmlischen Bereich trägt, außer dem Sohn Gottes, niemand Diademe (Offb 19,12).
Anmerkung: Im biblischen Kontext zeigt sich der Teufel selbst nicht als Drache, sondern eher als ein Engel des Lichts (2Kor 11,14-15). Doch Christus offenbart und entlarvt ihn als solchen, wie er in Wirklichkeit ist, bzw. Was er sich anmaßt zu sein, es jedoch vor den Menschen nicht offen zeigt.
Und er hatte in seiner Stellung großen Einfluss und riss mit sich den dritten Teil der Sternes des Himmels. Sterne stehen hier für gefallene Engel, die wegen Verlassen ihrer Stellung auch ihren Lichtglanz verloren haben . Von ihnen heißt es: „Jud 1,6: „Engel die ihren Herrschaftsbereich nicht bewahrt, sondern ihre eigene Behausung verlassen haben, hat er zum Gericht des großen Tages mit ewigen Fesseln unter Finsternis verwahrt“ Dieses Ereignis muss lange vorher gewesen sein. Es macht auch deutlich, dass die Initiative vom Satan selbst ausgegangen war. Erst danach wurde er verstoßen.
Und der Drache stand vor der Frau, die im Begriff war, zu gebären, um, wenn sie geboren hätte, ihr Kind zu verschlingen. (Offb 12,4b).
Es entsteht der Eindruck, dass der Satan seit dem Verlassen seiner Stellung darauf bedacht ist gegen den Christus zu kämpfen. Kommt uns da nicht die Geschichte der Geburt von Jesus in all ihren Details in den Sinn? (Mt 2). Doch wie wir bereits weiter oben gesehen haben, begann jener Kampf (Raubzug) schon viel früher und erstreckte sich auf die Verheißungsträger (vgl. dazu auch 1Mose 3,1ff; 3,15). Und er setzte seine Angriffe auch bei der nächsten Generation fort.

(Zeichnung von Joela Schüle Dezember 2022 )
Diese Angriffe können so begründet werden:
Der Erstgeborene Sohn von Eva, auf den sie ihre Hoffnung setzte, wird durch Irreführung der alten Schlange (Drachen) zum Mord an seinem Bruder Abel angestiftet. Damit disqualifiziert er sich als Träger der Verheißung des kommenden Retters zu sein. Der Drache verbucht voreilig einen Sieg für sich. Die Linie schein bereits in dieser Generation unterbrochen zu sein. Als Adam 130 Jahre war, heißt es, dass ihm ein Sohn geboren wurde, der ihm ähnlich war (1Mose 4,25). Dieser Sohn Seth sollte der weitere Träger der Verheißung werden. Er zeugte Enosch und nun begann man den Namen des Herrn anzurufen, was für ein geistlicher Durchbruch! (1Mose 4,26). Doch die Alte Schlange wütete weiter unter den Nachkommen Kains. Weitere Mordtaten folgten und dazu ein moralischer Zerfall (1Mose 4,17-24). Durch Vermischung dieser beiden Linien durch Heirat (1Mose 6,2ff), breitete sich sowohl die Gewalt als auch die Unmoral rasch aus. Wieder schien es, als ob der Drache siegen wird. Doch Gott bewahrte Henoch, Lamech und Noah. So gelangte die Verheißung über Sem bis Abraham.
Abraham wir durch seine Frau Sara (wegen ihrer Ungeduld) sich verleiten ließ, auf einem menschlichen Wege zu dem Nachkommen zu gelangen. In all diesen menschlich/ fleischlichen Handlungen bei Abraham und Sara lässt sich der Einfluss der Alten Schlange erkennen. Aber auch dort ging Gott nicht darauf ein, sondern blieb bei seinem Plan.
Auch in der Generation von Isaak und Rebekka verläuft die Weitergabe der Verheißung nicht reibungslos, denn auch hier lässt sich der Einfluss der Schlange erkennen (1Mose25,28ff ).
Nicht viel besser gestaltet sich es bei Jakob und seiner Familie (1Mose 29-30). Hinterlist, Intrigen, Eifersucht und Mißgunst legen ihren Abdruck auf die Beziehungen untereinander und sogar auf die Kinder. Es scheint, als ob die Alte Schlange in dieser Familie ungehindert Gift versprühen kann. Und doch weiß Gott Rat, diese Familie nach schweren Prüfungen wieder innerlich zusammenzubringen
Aber der Drache wütet weiter, er weiß nicht wann jener Nachkomme geboren wird und nutzt jede nur erdenkliche Gelegenheit, um Menschen umzubringen. Denken wir an die Anweisung des Pharao (der auch mit einem Drachen verglichen wird), alle männlichen Nachkommen unter den Israeliten zu ermorden (2Mose 1,22).
Gerade die Linie der Verheißungsträger stand unter den besonderen Angriffen. Und so gestaltete sich die Geburt und oft auch das Überleben des nächsten Verheißungsträgers schmerzlich. Zum Beispiel bei David aus Bethlehem. Er war der Jüngste und verrichtete die schwere und gefährliche Arbeit als Schafhirte. Dadurch kam er oft in Lebensgefahr durch reisende Tiere (1Sam 17,34). Später suchte und versuchte der König Saul ihn zu töten )1Sam 19,10; 23,14). Und bereits als König hätte sich David disqualifiziert, wenn er nicht durch Gottes Gnade umgekehrt wäre (Ps 32 und 51).
Und in noch größerem Maß Salomo, dessen Herz die vielen Frauen zur Einführung der Götzenheiligtümern in die Umgebung von Jerusalem verleitet haben. Dadurch wurde unter anderem die Voraussetzung geschaffen für die Reichsteilung in der nächsten Generation. Und wieder scheint es, dass der Drache einen weiteren Etappensieg für sich verbuchen könnte, nach dem Motto: „Teile und herrsche“. Und in der Tat weist sogar die Königslinie mehr gottlose als Gläubige Könige auf. Erinnern wir uns auch an den späteren anfänglich frommen König Joasch, der als Einziger aus seinen Brüdern überlebte, weil ihn der Priester Jojada vor der machtgierigen Königinmutter und Mörderin Atalija versteckte (2Kön 11,1-12,3; 2Chr 24,1-18). Und so blieb ein wichtiger Verheißungsträger am Leben. Doch neben der offiziellen Königslinie ließ Gott eine parallel verlaufende Linie ziehen, welche durch Nathan, den leiblichen Bruder von Salomo und weiter über Serubbabel bis zum Eli, dem Vater von Maria ununterbrochen verlief (Lk 3,23-38).
Denken wir auch an den Versuch des Haman alle Juden im Persischen Reich umzubringen (Ester 3,8ff). Sogar Josef wollte die Verlobung im Stillen auflösen, was Maria in große Gefahr gebracht hätte. Doch Gott griff ein und lenkte sein Herz, so dass er Gott vertraute und Maria in seinen Schutz nahm. Auch für die Geburt in Bethlehem mussten Josef und Maria mit Einschränkungen zurechtkommen (Lk 2,7). Immer wieder unternahm der Drache Angriffe auf die Verheißungsträger, um so Gottes Plan zu stören. Nicht zuletzt auch an die drakonische Gesinnung und mörderischen Absichten des Herodes. Doch auch hier war Gott wieder ein Schritt voraus (Mt 2). Und es wird dem Drachen, der alten Schlange auch nie gelingen die Gemeinde einzuholen oder zu zerstören (Mt 16,18).
4.1.3 Wer ist das Kind?
Wie sicher sind wir, dass unter dem Bild des männlichen Kindes von der Frau geboren, der Menschensohn und Christus gemeint ist? Von ihm heißt es:
Und sie gebar einen Sohn, ein männliches Kind, der alle Nationen hüten soll mit eisernem Stab; und ihr Kind wurde entrückt zu Gott und zu seinem Thron.“ (Offb 12,5).
Die Identität dieses Kindes lässt sich durch folgende Hinweise im Text ermitteln:
1. Durch die Beschreibung seiner richterlichen Tätigkeit. Das Symbol dafür ist der eiserne Stab oder Zepter. So lesen wir bereits in 1Mose 49,10 über den königlichen Nachkommen aus dem Stamm Juda: „Es wird das Zepter von Juda nicht weichen noch der Stab des Herrschers von seinen Füßen, bis dass der komme, dem es gehört, und ihm werden die Völker anhangen.“ Jahrhunderte später heißt es von den Messias/König: „»Ich aber habe meinen König eingesetzt auf meinem heiligen Berg Zion.« 7 Kundtun will ich den Ratschluss des HERRN. Er hat zu mir gesagt: »Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt. 8 Bitte mich, so will ich dir Völker zum Erbe geben und der Welt Enden zum Eigentum. 9 Du sollst sie mit einem eisernen Zepter zerschlagen, wie Töpfe sollst du sie zerschmeißen.« 10 So seid nun verständig, ihr Könige, und lasst euch warnen, ihr Richter auf Erden!“ (Ps 2,6-10). Jesus steht hier nicht auf dem irdischen Zionsberg, sondern auf einer geistlichen Zionshöhe (Jes 2,1-2; Hebr 12,22ff). Der Ausdruck: „Heute habe ich dich gezeugt“ bezieht sich auf seine Auferweckung aus den Toten, wie der Ap. Paulus in Apg 13,37 erklärt (Apg 13,33). Vgl. dazu auch Offb 19,15: „Und aus seinem Munde ging ein scharfes Schwert, dass er damit die Völker schlage; und er wird sie regieren mit eisernem Stabe.“). Und wenn Jesus den Überwindern in Offb 2,26-28 zusagt: „Und wer überwindet und meine Werke bewahrt bis ans Ende, dem will ich Macht geben über die Völker, 27 und er soll sie weiden mit eisernem Stabe – wie die tönernen Gefäße werden sie zerschmissen –, 28 wie auch ich Macht empfangen habe von meinem Vater; und ich will ihm geben den Morgenstern“, dann besitzt auch er selbst diese Vollmacht. Eine eindrucksvolle Aussage finden wir in Jes 9,5-6: „Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held (starker Gott), Ewig-Vater, Friede-Fürst; 6 auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass er’s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Solches wird tun der Eifer des HERRN Zebaoth.“ Damit wird klar, das Bild vom männlichen Kind weist auf den Messias hin.
2. In dieser Vision wird das Kind entrückt zu Gott und seinem Thron, das ist ein Hinweis auf die Erhöhung des Christus, wie sie bereits im Buch Daniel prophezeit wurde (Dan 7,13-14; vgl. dazu auch Mt 26,64; Hebr 1,3; 10,12; 12,2). In dem Text der Offenbarung werden allerdings keine Details aus dem Leben des Christus genannt. In diesem Text fällt noch das gr. Verb `¢rpasth¢ – wurde entrückt` auf. Dieser Ausdruck ist in der Bildersprache dieses Textes angemessen verwendet worden, weil hier nur vom Kind die Rede ist. Doch dieses `entrückt worden` wird bei dem Ereignis der Himmelfahrt mit den vielfachen Beschreibungen über die Erhöhung von Jesus näher erklärt (er wurde aufgenommen; er fuhr auf; er wurde emporgehoben; er stieg auf; eine Wolke nahm ihn vor ihren Augen weg). Viele Texte beschreiben seine Thronbesteigung, bzw. seine Erhöhung (Offb 3,21; 5,6; 7,17; Hebr 1,8; 8,2; 12,1). Und dort bleibt er solange, bis alles wiederhergestellt ist, was Gott verheißen hat. So sagte Petrus seinen Landsleuten: „Ihn (Jesus) muss der Himmel aufnehmen bis zu den Zeiten (chrönön), in denen alles wiederhergestellt wird, wovon Gott geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten von Anbeginn.“ (Apg 3,21).
4.1.4 Die Frau flieht in die Wüste
Und die Frau floh in die Wüste, wo sie eine von Gott bereitete Stätte hat, damit man sie dort ernähre 1 260 Tage. (Offb 12,6).
Oben haben wir festgestellt, dass unter dem Bild der Frau das Volk Gottes dargestellt wird. Wie soll nun die Flucht des Volkes Gottes in die Wüste gedeutet werden? Wir suchen zunächst nach Parallelen in der Geschichte Israels. Denn dort finden wir entsprechende Parallelen.
- Mose floh in die Wüste vor der drohenden Gefahr durch den Pharao;
- Das Volk Israel fand in der Wüste Schutz und wurde dort auf wundersame Weise versorgt.
- David floh in die Wüste vor der Verfolgung durch den König Saul;
- Elia musste dreieinhalb Jahre sich auf der Flucht befinden und trotzdem wurde er geschützt und versorgt. Und in dieser schwierigen Zeit hatte Gott 7000 Mann sich übriggelassen, welche ihre Knie vor dem Baal nicht gebeugt hatten.
- Später floh Elia in die Wüste vor der Drohung durch die gottlose Königin Isebel und wurde dort von Gott versorgt und sogar mit neuen Aufgaben betraut.
- Josef und Maria flohen mit dem Kind Jesus (durch die Wüste) nach Ägypten vor er drohenden Gefahr durch den König Herodes (Mt 2,). Dort waren sie sicher vor dem Zugriff des grausamen Herrschers.
- Auch Jesus wurde während seines Dienstes von seinem Vater geschützt, obwohl er immer wieder seinen Häschern ausweichen musste. Und Jesus empfahl seinen Jüngern: „Wenn ihr in einer Stadt verfolgt werdet, so flieht in eine andere“ (Mt 10,23). Oder: „dann flieht in die Berge …“ (Mt 24,16).
Die erste Gemeinde zerstreute sich bei der Verfolgung, welche sich nach dem Tod des Stefanus ausbreitete (Apg 8,1ff
). Der Apostel Paulus ging in die Wüste Arabiens (Gal 1,12).
So paradox es auch klingt, gerade in der „Wüste“ wird der Herr die Gemeinde ernähren, trotz der Versuche des Feindes sie dort aufzuspüren (Apg 8,1ff; 12,1ff). So ist auch die Gemeinde (durch das Bild der Frau in der Wüste) beschützt und versorgt. Dies ist aber nur eine Seite im Leben der Gemeinde. Ein anderer Aspekt der Erfahrung der Gemeinde ist, dass sie vom Drachen verfolgt wird. Dazu etwas später mehr (Offb 12,17).
Die Zahl 1260 Tage wurde bereits für die zwei Zeugen in Offb 11,3 verwendet. Diese Zeitangabe mit dieser Zahlenkombination wird nur für die verwendet, welche die Seite des Reiches Gottes vertreten, also nur für das Lager der Gläubigen. Für den Feindesbereich werden die Zahl 42 Monate gebraucht wie wir bereits weiter oben festgestellt haben. Und doch handelt es sich um den selben Zeitraum.
Da die Frau in die Wüste floh nach der Entrückung ihres Kindes, wäre als Beginn der Periode von 1260 Tagen bereits beim Anfang der Gemeindegeschichte anzusetzen.
Das Ende der zwei Zeugen endet mit deren Wiederbelebung und Erhöhung. Danach kommt die siebte Posaune und damit das Ende der Weltzeit und die Vollendung des Geheimnisses Gottes. Auch hier wäre der Hinweis gegeben, dass diese Zeitperiode sich auf die gesamte Zeit der neutestamentlichen Geschichte der Gemeinde erstreckt.
4.1.5 Der Drache wird aus dem himmlischen Bereich hinausgeworfen
Nun wird zurückgeblendet und im Detail beschrieben, wie dieser Drache und seine Engel aus dem Himmel hinausgeworfen wurden.
Und es entbrannte ein Kampf im Himmel: Michael und seine Engel kämpfte: „gegen den Drachen. Und der Drache kämpfte und seine Engel. Und es wurde hinausgeworfen der große Drache, die alte Schlange, die da heißt: Teufel und Satan, der die ganze Welt verführt. Er wurde auf die Erde geworfen, und seine Engel wurden mit ihm dahin geworfen. (Offb 12,7-).
Ein ungewöhnlicher Einblick in den himmlischen Bereich wird uns in dieser Vision gewährt. Der Engel Michael ist uns von anderen Texten in der Bibel bekannt als kämpfender Erzengel Hier einige Stellen:
- „Aber der Engelfürst des Königreichs Persien hat mir einundzwanzig Tage widerstanden; und siehe, Michael, einer der Ersten unter den Engelfürsten, kam mir zu Hilfe, und ihm überließ ich den Kampf mit dem Engelfürsten des Königreichs Persien“ (Dan 10,13). Michael wird vom Engel Gabriel als `einer der Engelfürsten` bezeichnet. Vielleicht zählt er zu der Siebenergruppe von Engeln zusammen mit Gabriel, welche vor Gott stehen. (Offb 8,2; Lk 1,19)
- Und Gabriel fährt fort: „Doch zuvor will ich dir kundtun, was geschrieben ist im Buch der Wahrheit. Und es ist keiner, der mir hilft gegen jene, außer eurem Engelfürsten Michael.“ (Dan 10,21).
- „Zu jener Zeit wird Michael auftreten, der große Engelfürst, der für dein Volk einsteht. Denn es wird eine Zeit so großer Trübsal sein, wie sie nie gewesen ist, seitdem es Völker gibt, bis zu jener Zeit. Aber zu jener Zeit wird dein Volk errettet werden, alle, die im Buch geschrieben stehen.“ (Dan 12,1). Hier wird er der große Engelfürst genannt.
Und Jakobus schreibt: „Als aber Michael, der Erzengel, mit dem Teufel stritt und mit ihm rechtete um den Leichnam des Mose, wagte er nicht, ihn für die Lästerung zu verurteilen, sondern sprach: Der Herr strafe (schelte) dich!“ (Jud 1,9). Hier wird Michael als der Erzengel (gr. archangelos) bezeichnet.
All diese Texte beschreiben den Status und die Funktion des Erzengels Michael, seinen Dienst im Auftrag Gottes. Laut dem Text der Offenbarung hat er den Auftrag zusammen mit einer himmlischen Heerschar gegen den Satan und dessen Anhänger zu Kämpfen und aus dem himmlischen Bereich hinauszuwerfen (Offb 12,7). Das Ergebnis war: „und sie bekamen nicht die Übermacht, und ihre Stätte wurde nicht mehr im Himmel gefunden“ (Offb 12,8). Dies bedeutet, dass sie für immer aus dem himmlischen Bereich verbannt wurden. „Und es wurde geworfen der große Drache, die alte Schlange, der Teufel und Satan genannt wird, der den ganzen Erdkreis verführt, geworfen wurde er auf die Erde, und seine Engel wurden mit ihm geworfen. (Offb 12,9).
Der Drache wird hier mit Satan (satanas)=Gegner und Teufel (diabolos)=Durcheinanderbringer bezeichnet. Dazu noch die alte Schlange, ein Hinweis auf seinen listigen Angriff im Garten Eden.
Er verführt die ganze Welt (die Menschen). Nun ist er mit seinen Engeln auf die Erde geworfen, was seinen Einflussbereich erheblich einschränkt. Jesus bezeichnet ihn als Gottes Feind (Mt 13,39). Er bezeichnet ihn auch als Menschenmörder und den Vater der Lüge (Joh 8,44). Was er für sich selbst anstrebte (aber nicht erreicht hatte), versucht er nun auf betrügerische Weise in das Bewusstsein des Menschen einzupflanzen (1Mose 3,1ff). Sein Ziel und Bestreben ist es, den Menschen von Gott abzubringen. Nun agiert er mit seine Dämonen im Erdbereich (auch im Luftraum (Eph 2,2). Die Veränderung seines Aufenthaltsortes und Tätigkeitsumfangs hat so große Einschränkung erfahren, Dies bedeutet aber keineswegs, dass er nun ganz untätig geworden wäre. Doch sein Angriffsziel ist nun das Volk Gottes die Gemeinde (Offb 2,10; 12,7-17; 1Petr 5,8).
Und ich hörte eine laute Stimme im Himmel sagen: Nun ist das Heil und die Kraft und das Reich unseres Gottes und die Macht seines Christus gekommen; denn ⟨hinab⟩geworfen ist der Verkläger unserer Brüder, der sie Tag und Nacht vor unserem Gott verklagte. (Offb 12,10).
Nun bricht Jubel im Himmel aus! Eine laute (starke) Stimme erschallt im Himmel und was gesagt wird gleicht einem Hymnus. Eine weitere und wichtige Etappe des Sieges Gottes ist errungen worden. Jesus sagte seinen Jüngern wenige Tage vor seinem Leiden, dass der Fürst dieser Welt nun (jetzt) nach draußen hinausgeworfen werde (Joh 12,29-31). Während der Fürst dieser Welt einen so gewaltigen Sturz erfährt, wird Jesus in den Himmel aufgehoben und erlebt so seine höchste Erhöhung (Phil 2,9-11). Erinnern wir uns auch an die gewaltige Aussage von Jesus kurz vor seinem Weggang in den Himmel: „Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf der Erde …“ (Mt 28,17-20). Oder an die Aussage des Petrus über Jesus: „welcher ist zur Rechten Gottes, aufgefahren gen Himmel, und es sind ihm untertan die Engel und die Gewalten und die Mächte.“ (1Petr 3,2). Bereits in Dan 7,13-14 wurde die Thronbesteigung und ewige Herrschaft des Messias vorausgesagt: „Und ich sah in diesem Gesicht in der Nacht, und siehe, es kam einer mit den Wolken des Himmels wie eines Menschen Sohn und gelangte zu dem, der uralt war, und wurde vor ihn gebracht. Ihm wurde gegeben Macht, Ehre und Reich, dass ihm alle Völker und Leute aus so vielen verschiedenen Sprachen dienen sollten. Seine Macht ist ewig und vergeht nicht, und sein Reich hat kein Ende“ (dazu auch Mt 26,64). In mehreren Etappen breitet Gott sein Reich, seine Königsherrschaft aus. Nun heißt es: „Er muss herrschen bis alle seine Feinde unter seine Füße gelegt sind“ (1Kor 15,25).
Der Teufel war der Ankläger der Gläubigen. Doch seit dem Erlösungswerk von Christus hat er keinen Grund mehr zur Anklage. Man denke dabei an die vielen gottesfürchtigen Menschen, die vor Christus lebten, aber auch gesündigt haben (Hiob 1,1ff). An Mose, Aaron, David, Daniel oder an Jeschua aus Sach 3,1: „Und er ließ mich sehen den Hohenpriester Jeschua, wie er vor dem Engel des HERRN stand, und der Satan stand zu seiner Rechten, um ihn zu verklagen.“ Nun ist er selber durch den Sieg von Jesus gerichtet worden(Joh 16,11; Kol 2,15). Von den Überwindern wird gesagt:
Und sie haben ihn überwunden wegen des Blutes des Lammes und wegen des Wortes ihres Zeugnisses, und sie haben ihr Leben nicht geliebt bis zum Tod! 12 Darum seid fröhlich, ihr Himmel und die ihr in ihnen wohnt! Wehe der Erde und dem Meer! Denn der Teufel ist zu euch hinabgekommen und hat große Wut, da er weiß, dass er wenig Zeit hat. (Offb 12,11-12).
Sie haben ihr Leben nicht geliebt, dies war ihr großer Sieg Nun sind sie als gerecht gesprochene aufgehoben und werden getröstet. Sie können die Freude im himmlischen Bereich erleben.
Der Teufel hat wenig Zeit (kairos) hier auf der Erde. Gemeint ist, dass er im Vergleich zu vorher nur wenig Möglichkeiten hat. Er ist stark eingeschränkt in seiner Wirksamkeit. Ist auch durch diese Aussage ein Hinweis gegeben auf seine Bindung mit der großen Kette? (Offb 20,1-3). Aber dies müssen wir später genauer untersuchen.
4.1.6 Der Drache verfolgt die Frau
Und als der Drache sah, dass er auf die Erde geworfen war, verfolgte er die Frau, die das männliche ⟨Kind⟩ geboren hatte. 14 Und es wurden der Frau die zwei Flügel des großen Adlers gegeben, damit sie in die Wüste flog, an ihre Stätte, wo sie ernährt wird eine Zeit und ⟨zwei⟩ Zeiten und eine halbe Zeit, fern vom Angesicht der Schlange.“ (Offb 12,13-14).
Da der Drache in seiner Wirksamkeit auf diese Erde beschränkt wurde und die bereits entschlafenen Seelen (Geister der Gerechten) nicht mehr verklagen konnte, verfolgte er nun die Frau. Es ist doch auffällig, dass er sich nicht dahinter macht, die Nationen dieser Erde zu sammeln. Dies scheint ihm untersagt zu sein bis kurz vor dem Ende (Offb 20,3.7). In Kapitel 13,1ff wird gezeigt, wie er seine Macht, seinen Thron an das Tier übergibt, sozusagen als seinen Stellvertreter um über die Reiche dieser Welt zu herrschen. Und er wird nicht mehr in Aktion erwähnt bis Kap. 16,13 bei der sechsten Zornesschale, also kurz vor dem Ende.
Die Frau wird mit Flügeln des großen Adlers ausgestattet und kann auf diese Weise dem Drachen, der alten Schlange entfliehen Es ist eine Anspielung auf Gottes wunderbare Rettung, Führung, Versorgung und Bewahrung seines Volkes Israel in der Wüste. In 2Mose 19,4 erinnert Gott daran: „Ihr habt gesehen, was ich an den Ägyptern getan habe und wie ich euch getragen habe auf Adlerflügeln und euch zu mir gebracht.“. Oder 5Mose 34,11: „Wie ein Adler ausführt seine Jungen und über ihnen schwebt, so breitete er seine Fittiche aus und nahm ihn und trug ihn auf seinen Flügeln“. Den Glaubenden und denen, welche auf den Herrn vertrauen wird verheißen: „Aber die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden“ (Jes 40,31). Hier ist ein Aspekt in der Gemeindeerfahrung bildhaft dargestellt. Und ähnlich wie auch das Volk Israel in der Wüste ernährt wurde aber doch nicht untätig blieb, so wird auch die Gemeinde des Neuen Bundes in und durch die Wüste des Lebens ihre Erfahrungen machen.
Die verschlüsselte zeitliche Umschreibung umfasst dieselbe Periode, welche mit der Zahl 1260 Tagen in 12,6 angegeben ist. Auch im Buch Daniel kommen diese Umschreibungen zweimal vor, in denen die Aktivitäten der Feinde Gottes beschrieben werden. Dan 7,25: „Er wird den Höchsten lästern und die Heiligen des Höchsten vernichten und wird sich unterstehen, Festzeiten und Gesetz zu ändern. Sie werden in seine Hand gegeben werden eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit (LXX: ἕως καιροῦ καὶ καιρῶν καὶ ἕως ἡμίσους καιροῦ – bis Zeit und Zeiten und bis halbe Zeit).“ Und Dan 12,7-9: „Und ich hörte den Mann in leinenen Kleidern, der über den Wassern des Stroms stand. Er hob seine rechte und linke Hand auf gen Himmel und schwor bei dem, der ewiglich lebt, dass es eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit währen soll (εἰς καιρὸν καὶ καιροὺς καὶ ἥμισυ καιροῦ – Zeit und Zeiten und halbe Zeit); und wenn der ein Ende hat, der die Macht des heiligen Volks zerschlägt, soll dies alles geschehen. 8 Und ich hörte es, aber ich verstand’s nicht und sprach: Mein Herr, was wird das Letzte davon sein? 9 Er aber sprach: Geh hin, Daniel; denn es ist verborgen und versiegelt bis auf die letzte Zeit.“
Diese Prophetie bezieht sich auf die gleiche Periode, welche in den Texten der Offenbarung genannt wird (Offb 12,14; 13,5). Diese Texte beschreiben den anderen Aspekt in der Gemeindegeschichte, nämlich: Die Gemeinde wird verfolgt werden vom Drachen, durch das Tier, den falschen Propheten und zwar im gleichen zeitlichen Rahmen.
Da diese Zeitangaben im Buch Daniel und Offb 12,14 mit dem griechischen Begriff ` καιρος – kairos` und nicht `χρονος – chronos` beschrieben werden, läge der Schwerpunkt eben nicht in einer genauen chronologischen Zeitspanne, sondern in einer von Gott zwar festgelegten und begrenzten Zeit, aber mit dem Schwerpunkt auf den Inhalt, auf dem WIE und WOMIT diese Periode sich auszeichnet. Weitere Beispiele dazu:
- Lk 21,24b: „bis zur Fülle (Vollendung) der `gr. καιροὶ – kairoi` (hier im Pl.) der Völker“ Hier wird bewusst nicht ein chronologischer Zeitpunkt genannt, sondern nach einer inhaltlichen Erfüllung (Vollendung) ein Punkt gesetzt. Und diesen kennt nur Gott.
- Offb 12,12: „er (der Teufel) weiß, dass er wenig Zeit (kairos) hat“. Das heißt: Seine Möglichkeiten sind eingeschränkt. Dem gegenüber steht in Offb 20,7 dass der Teufel kurze Zeit (mikros chronos) hat. Hier gegen Ende beim letzten großen Kampf wird dem Feind buchstäblich die chronologische Zeit seines Angriffes auf ein Minimum begrenzt.
Und die Schlange warf aus ihrem Mund Wasser wie einen Strom hinter der Frau her, um sie mit dem Strom fortzureißen. 16 Und die Erde half der Frau, und die Erde öffnete ihren Mund und verschlang den Strom, den der Drache aus seinem Mund warf.“ (Offb 12,16).
Dafür scheint es kein vergleichbares Bild oder Text in der Schrift zu geben, es sei denn, dass durch den Wasserstrom eine Art Verleumdung durch Lüge sinnbildlich dargestellt wird. Vielleicht handelt es sich um eine Methode der Verfolgung, bei der diese Aktion durch rein irdische, natürliche Umstände. verhindert wurde. Oder diese Aktion ins Leere gelaufen ist. Dafür gäbe es folgende Beispiele:
Durch den klugen Rat des Gamaliel, wurden die zwölf Apostel freigelassen und konnten weiter in relativer Freiheit das Evangelium verkündigen (Apg 5,).
Der Frontalangriff des Drachen durch die Wahrsagerin in Philippi gegen Paulus und Silas wurde schließlich in eine Art Legitimation der Gemeinde verwandelt(Apg 16,).
Die Anklage der Juden in Korinth gegen Paulus vor dem Prokonsul Gallion lief ins Leere, weil dieser sich nicht in die innerjüdischen Fragen einlassen wollte (Apg 18,).
Ähnlich verlief sich der Aufstand des Demetrius in Ephesus im Sand (Apg 19,).
Der Mordanschlag auf Paulus in Jerusalem wurde von den römischen Behörden vereitelt (Apg 22,).
Denken wir auch an die Geschichte des Judentums zur Zeit der Königin Ester, in der Haman das gesamte Judentum vernichten suchte (Ester 3,8 ).
Und der Drache wurde zornig über die Frau und ging hin, Krieg zu führen mit den Übrigen ihrer Nachkommenschaft, welche die Gebote Gottes halten und das Zeugnis Jesu haben.“ (Offb 12,17).
Bekannt ist, dass bei einem Misslungenem Angriff sich der Zorn, die Wut noch weiter steigert. Die Geschichte kennt dazu unzählige Beispiele. Es wird nach einer anderen Methode oder anderen Mitteln versucht. Zum Beispiel durch Versuchungen und Verführungen, wie im Falle Bileams. (4Mose 24-31).
Die Konstantinische Wende hat nicht nur die Verfolgungen der Christen weitgehend gestoppt, sondern auch zur Verweltlichung der Kirche mitbeigetragen.
Kurzer Exkurs in Daniel 9,24-27:
Der Hauptgrund für die noch in der Zukunft ausstehende (Offb 6-19) zweigeteilte siebzigste Jahrwoche wird von einigen Auslegern in Dan 9,27 gesehen.
Dort lesen wir: „Und er wird mit den Vielen einen festen Bund schließen eine Woche lang; und in der Mitte der Woche wird er Schlacht- und Speisopfer aufhören lassen, und neben dem Flügel werden Gräuel der Verwüstung aufgestellt, und zwar bis die fest beschlossene Vernichtung sich über den Verwüster ergießt.“ Allerdings müsste dann begründet werden, dass die fünf zeitlichen Bezeichnungen in der Offenbarung auch zwei unterschiedliche Jahrwochenhälften meinen. Oder, es müsste eine zweite Jahrwochenhälfte in der Offb nachgewiesen werden. Doch oben haben wir festgestellt, dass es sich in der Offenbarung immer um denselben Zeitraum von nur dreieinhalb Jahren handelt, so der Vergleich der Texte von Offb 11,1-3; 12,6-14; 13,5.
Weitere Begründungen:
Der Drache verfolgt die Frau, diese flieht in die Wüste, wo sie von Gott `1260 Tage`, bzw. `eine Zeit und Zeiten und halbe Zeit` versorgt wird (Offb 12,6-14).
Die beiden Texte in Daniel 7,25 und 12,7: „Eine Zeit und Zeiten und halbe Zeit“ bezogen auf feindliche Mächte, sind Wort für Wort gleich, wie auch in Offb 13,5 (bezogen auf das feindliche Lager) und auch in Offb 12,14 (hier bezogen auf die Frau). Es handelt sich dabei um den selben Zeitraum von dreieinhalb Jahren jedoch mit Symbolcharakter, was durch diese Umschreibung zusätzlich begründet werden kann.
Der Drache übergibt seine Kraft, seinen Thron und große Macht dem Tier aus dem Meer und zwar im globalen Umfang. Dieses Tier lästert Majestäten und führt Krieg gegen die Heiligen 42 Monate lang (Offb 13,5-6). Auch hier tut das Tier das Gleiche, wie auch in Dan 7,25; 12,7 und Offb 11,2 hier sind es die Nationen. Die Zusammenhänge scheinen offensichtlich zu sein und deuten auf denselben Zeitraum hin. Bis dahin lässt sich in der Offenbarung nur eine Jahrwochenhälfte nachweisen.
Doch was spricht dafür, dass diese (70. Jahrwoche) mit ihrem Inhalt sich nahtlos an die 69. Jahrwoche anschließt?
Hier zunächst der Text aus Dan 9,24-27 (nach der Schlachter Ü):
Über dein Volk und über deine heilige Stadt sind 70 Wochen bestimmt, um der Übertretung ein Ende zu machen und die Sünden abzutun, um die Missetat zu sühnen und eine ewige Gerechtigkeit herbeizuführen, um Gesicht und Weissagung zu versiegeln und ein Allerheiligstes zu salben. 25 So wisse und verstehe: Vom Erlass des Befehls zur Wiederherstellung und zum Aufbau Jerusalems bis zu dem Gesalbten, dem Fürsten, vergehen 7 Wochen und 62 Wochen; Straßen und Gräben werden wieder gebaut, und zwar in bedrängter Zeit. 26 Und nach den 62 Wochen wird der Gesalbte ausgerottet werden, und ihm wird nichts zuteilwerden; die Stadt aber samt dem Heiligtum wird das Volk des zukünftigen Fürsten zerstören, und sie geht unter in der überströmenden Flut; und bis ans Ende wird es Krieg geben, fest beschlossene Verwüstungen. 27 Und er wird mit den Vielen einen festen Bund schließen eine Woche lang; und in der Mitte der Woche wird er Schlacht- und Speisopfer aufhören lassen, und neben dem Flügel werden Gräuel der Verwüstung aufgestellt, und zwar bis die fest beschlossene Vernichtung sich über den Verwüster ergießt.
Folgende Überlegungen:
- Die 70 Jahrwochen bilden nach Dan 9, 24-27 eine in sich geschlossene Einheit, auch wenn diese Periode in drei Abschnitte aufgeteilt ist. Wenn der zweite Teil von 62 Jahrwochen sich nahtlos an den ersten Teil von 7 Jahrwochen anschließt, warum sollte dann der dritte Teil (einer Jahrwoche) von der 69. losgelöst und in die Zukunft verlegt werden?
- Das Ergebnis des Dienstes von dem Gesalbten wird durch sechs Inhalte beschrieben, welche eindeutig auf das Heilswerk von dem Messias hinweisen (Dan 9,24).
- In Dan 9,26 lesen wir: „Und nach den 62 Wochen (Siebener) wird (ein) Gesalbter ausgerottet werden und wird keine ⟨Hilfe⟩ finden. Und das Volk eines kommenden Fürsten wird die Stadt und das Heiligtum zerstören, und sein Ende ist in einer Überflutung; und bis zum Ende ist Krieg, fest beschlossene Verwüstungen.“ Die vorgenommenen mathematischen Berechnungen jener Ausleger für die sieben und zweiundsechzig Jahrwochen ergeben, dass sie am Tag des Einrittes von Jesus auf dem Eselfohlen nach Jerusalem, wenige Tage vor seinem Todespassa zum Abschluss kamen. Bekannt ist ja, dass Jesus etwa 5 Tage danach gekreuzigt wurde. So auch der Text in Dan 9,26 wonach der (Ein) Gesalbter nach 62 (bzw. 69) Jahrwochen nicht mehr sein wird (ausgerottet wird). Dies bedeutet, dass es bereits zu Beginn der 70. Jahrwoche geschehen ist. Es bedeutet auch, dass sich die siebzigste Jahrwoche der 69. Nahtlos anschließt. Und der weitere Verlauf der Ereignisse wird mit den Worten beschrieben: „Und das Volk eines kommenden Fürsten wird die Stadt und das Heiligtum zerstören, und sein Ende ist in einer Überflutung; und bis zum Ende ist Krieg, fest beschlossene Verwüstungen.“ Unter Kaiser Nero wurde der römische Feldherr Vespasian beauftragt mit der Niederschlagung des jüdischen Aufstandes im Jahre 66 n.Chr. Darauf wurde Jerusalem im Jahre 70 n.Chr. zerstört / verwüstet. Dass mit der Zerstörung des Tempels auch das tägliche Opfer aufgehoben wurde liegt auf der Hand. Im Text von Dan 9,26-27 finden wir keinen Hinweis darüber, dass das Heiligtum wieder aufgebaut wird. Im Gegenteil lesen wir: „und bis zum Ende (bis zur Vollendung) ist Krieg, fest beschlossene Verwüstungen“. Und auf der natürlichen Ebene kommt dieses Volk nicht wirklich zur Ruhe und Frieden, trotz der Rückkehr der Juden ins Land ihrer Väter im letzten Jahrhundert. Und die heilige Stätte (der Tempelberg) ist immer noch verwüstet, bzw. dort stehen mehrere islamische Heiligtümer. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass Gott für sein Volk auch den geistlichen Segen entzogen hätte. Im Gegenteil, mit dem Kommen des Messias regnete es auf das Volk Israel geistlichen Segen in unermesslicher Fülle und Intensität.
- dass jedoch zwischen der 69. und 70. Jahrwoche ein zeitlicher Zwischenraum von bald 2000 Jahren liegt, der Israel aus den Segnungen ausschließen soll, entbehrt einer neutestamentlichen Begründung und somit auch der geistlichen Logik. Die lange Unterbrechung auf der Ebene der Existenz Israels im Land ihrer Väter, ist zwar historisches Faktum, es bedeutet jedoch nicht, dass Gott mit diesem Volk auch seine Heilsgeschichte unterbrochen hätte, nur weil Jesus ( vorwiegend) von der Führung des Judentums abgelehnt wurde. Noch am Vorabend seines Leidens stiftete Jesus in Gegenwart seiner Jünger den Neuen Bund, welchen Gott dem Hause Israel und Juda verheißen hatte (Mt 26,26; Jer 31,31-34, den er mit seinem Tod besiegelte). Die Formulierung in Dan 9,27: „Und er wird mit den Vielen einen festen Bund schließen eine Woche lang; und in der Mitte der Woche wird er Schlacht- und Speisopfer aufhören lassen, und neben dem Flügel werden Gräuel der Verwüstung aufgestellt, und zwar bis die fest beschlossene Vernichtung sich über den Verwüster ergießt.“
- Und am Pfingsttag hat Gott seine Verheißung erfüllt und seinen Geist gesandt (Apg 2,1f; Joel 3,1ff). Und am gleichen Tag wurden etwa 3000 Aus Israel der von Christus gegründeten Gemeinde hinzugefügt. Und wenige Tage danach bezeugte Petrus in Apg 3,26: „Für euch zuerst hat Gott seinen Knecht erweckt und hat ihn gesandt, euch zu segnen, dass sich ein jeder abwende von seinen bösen Taten“. Nach weiteren Bezeugungen der Frohen Botschaft stieg die Zahl der Gläubigen auf etwa 5000 Seelen. Es wurden auch viele Priester dem Glauben gehorsam (Apg 6,7).
- Und noch im Jahre 58 n.Chr. schreibt der Völkerapostel, dass Gott sein Volk nicht verstoßen hat, sondern, dass Verstockung Israel zum Teil (teilweise) wiederfahren ist(Röm 11,1-33).
- Bereits um das Jahr 59 bezeugte Jakobus, dass die Zahl der Gläubigen an Jesus Christus unter den Juden in die vielen Myriaden – Zehntausende geht (Apg 21,20).
- Bis zum Jahre 70 n.Chr. sammelte Jesus den Rest seines Volkes besonders im Land (Jes 49,6). Und dass gerade durch die Vertreibung aus dem Land Israel die Botschaft vom Reich Gottes vermehrt in die Diaspora der Juden getragen wurde sollte nicht übersehen werden. Gott allein weiß, wie viele Menschen aus dem jüdischen Volk in den daraffolgenden Jahrhunderten zum Glauben an den Messias Jesus gekommen waren.
Nein, Gott hat keineswegs seinen Rettungsplan mit und durch Israel unterbrochen. Dass seit dem vorletzten Jahrhundert wieder vermehrt Menschen aus diesem Volk zu Gott durch die Annahme des Messias umkehren ist ein sehr ermutigendes Faktum.