Contents
- 1 3.Teil: Das Lamm öffnet die ersten sechs Siegel – die Weltgeschichte im Überblick
- 1.0.1 3.1 Das Lamm öffnet das erste von den sieben Siegeln – Das weiße Pferd und sein Reiter
- 1.0.2 3.1.1 Die weiße Farbe des Pferdes
- 1.0.3 3.1.2 Der Bogen (in der Hand des Reiters)
- 1.0.4 3.1.4 Der siegende Reiter und wen stellt er dar?
- 1.0.5 3.2 Das Lamm öffnet das zweite Siegel – Das feuerrote Pferd und sein Reiter
- 1.1 3.3 Das Lamm öffnet das dritte Siegel – Das schwarze Pferd und sein Reiter
- 1.2 3.4 Das Lamm öffnet das vierte Siegel – Das fahle Pferd und sein Reiter
- 1.3 3.5 Das Lamm öffnet das fünfte Siegel – Die Seelen der Zeugen unter dem Altar
- 1.4 3.7 Die 144000 Versiegelten und die unzählbare Schar der Erlösten vor dem Thron Gottes
3.Teil: Das Lamm öffnet die ersten sechs Siegel – die Weltgeschichte im Überblick
Nach dem Einblick in den himmlischen Bereich (Kap. 4-5), bekommt Johannes gezeigt, was auf Erden geschieht, bzw. geschehen wird. Der Textteil in Kap. 6,1-8 enthält die Öffnung der ersten vier Siegel. Unter ihnen erscheinen die so genannten vier apokalyptischen Reiter. Unter dem fünften Siegel (Offb 6,9-11) bekommt Johannes einen Einblick in das himmlische Heiligtum zu den Seelen der Zeugen Jesu. Da unter dem sechsten Siegel (Offb 6,12-17) bereits der Beginn des Weltgerichts und die Auflösung der materiellen Schöpfung gezeigt und beschrieben wird, kann der gesamte Abschnitt in Kapitel 6 als die Weltgeschichte im Überblick überschrieben werden.
Es sind markante, parallel verlaufende, zum Teil ineinander verwobene Grundlinien von Ereignissen in der Entfaltung der Geschichte zu erkennen. Vom Kontext der Offenbarung beginnen die geschilderten Ereignisse seit der Machtübergabe an den Sohn Gottes Jesus Christus (Mt 28,17-20) und seiner Thronbesteigung (Lk 24,51; Apg 1,9-11). Da jedoch viel von dem Bildmaterial aus der vorchristlichen Zeit stammt, gibt es offensichtliche Parallelen zu Ereignissen aus der Frühgeschichte.
Einleitung zu den ersten vier Pferden mit ihren Reitern
Das Bild des ersten Reiters bietet Raum für verschiedene Interpretationen. Bei den anderen drei Reitern überwiegen die Übereinstimmungen im Verständnis. Es ist hier nicht die Absicht die unterschiedlichen Sichtweisen nebeneinander oder gar gegeneinander aufzustellen.
Bei den vier Rossen mit ihren Reitern besteht eine Ähnlichkeit zu den Bildern aus Sacharia 1,8-11 und 6,1-7. Dort geht es um Gespanne mit Angabe von Farben, Herkunft und Bestimmung.
- Die Reihenfolge in Offb 6,1-8: Weißes, feuriges, schwarzes, grünes
- Die Reihenfolge in Sacharia 6,3-7 ist: Feurige, schwarze, weiße, scheckige.
- In Sacharia 1,8: Feurige, hellrote, braune, weiße (bei dem zweiten und dritten Gespann sind die Farben nicht eindeutig).
Anscheinend wechselt die Reihenfolge. Diese vier Gespanne sind dem Herrn der ganzen Erde unterstellt und führen seine Befehle aus (Sach 1,10-11). Sie werden mit den vier Winden des Himmels verglichen, was auch eine Verbindung zu Offb 7,1-2 erkennen lässt. Allerdings sind es hier die vier Winde der Erde (vgl. dazu Jer 49,36; Dan 7,2; 11,4; Sach 2,10).
Trotz der Ähnlichkeiten mit den Pferden in Offb 6,1-8 gibt es auch Unterschiede:
- In Sacharia sind es vier Gespanne, in Offb vier einzelne Rosse und zwar mit Reitern.
- In Sacharia ist das vierte Gespann scheckkig, in Offb ist das vierte Pferd grün.
- In Sacharia ziehen die Gespanne zum Teil in die verschiedene Himmelsrichtungen aus, In Offb wirken die vier Pferde mit Reitern global umfassend.
- In Sacharia stehen die vier Gespanne für die vier Winde des Himmels, in Offb 6,1-6 fehlt diese Zuordnung.
Die Aktionen der Gespanne müssen zunächst in jenem zeitgeschichtlichen Kontext gedeutet werden. Diese Visionen wurden in nachexilischer Zeit Sacharia gegeben, sie sprechen von dem Wiederaufbau des Tempels (522-516) und der Verheißung der Wiederherstellung Jerusalems. In neutestamentlicher Zeit kommt die Errichtung des Reiches Gottes hinzu, welches durch das Evangelium von Jesus Christus verkündigt wird (Mt 4,23; 9,35). Ansonsten gibt es im AT wenig positives Anschaungsmaterial durch Pferde, die den Text aus Offb 6,1-8 erhellen könnten. In den Evangelien und den Briefen der Apostel kommen Pferde (außer in Jak 3,5) gar nicht vor.
Das Bild des Pferdes mit seinem Reiter und der ihm nachfolgenden Heere aus Offb 19,11-15 ist somit die naheliegendste Quelle für das Verständnis des Bildes unter dem ersten Siegel.
3.1 Das Lamm öffnet das erste von den sieben Siegeln – Das weiße Pferd und sein Reiter
Und ich sah, als das Lamm eins von den sieben Siegeln öffnete, und hörte eins von den vier lebendigen Wesen wie mit einer Donnerstimme sagen: Komm! Und ich sah: Und siehe, ein weißes Pferd, und der darauf saß, hatte einen Bogen; und ihm wurde ein Siegeskranz gegeben, und er zog aus, siegend und um zu siegen. (Offb 6,1-2).
Das erste Siegel wird mit der Grundzahl `EINS` beziffert und die anderen sechs Siegel sind mit den Ordnungszahlen (zweites, drittes, … siebtes) versehen. Dies führt uns zum Schöpfungsbericht in 1Mose 1,5. Dort steht: „Und es wurde Abend und es wurde Morgen, Tag EINS“ (als Grundzahl)“. Alle anderen Tage sind mit Ordnungszahlen (zweiter, dritter… siebter) versehen. Das gleiche Muster ist auch in anderen Texten erkennbar, in denen Wochentage genannt werden. So wird der erste Tag der Woche immer mit der Grundzahl EINS beziffert (Mt 28,1;Mk 16,2; Lk 24,1; Joh 20,1; Apg 20,7; 1Kor 16,2). Die anderen Wochentage werden mit Ordnungszahlen beschrieben (am dritten Tag: 1Mose 22,4; 2Mose 19,1.6; Hos 6,2; Mt 16,21; Joh 2,1; am siebten Tag: 2Mose 20,11; Hebr 4,4). Somit hat der Tag EINS der Woche eine besondere Grundausstattung, sowohl bei der ersten Schöpfung (1Mose 1,1-5) als auch bei dem Beginn der zweiten Schöpfung durch die Auferstehung von Jesus Christus (2Tim 1,10). Im Tag `EINS` ist natürlich `erster Tag` impliziert. Wird damit auch dem Reiter auf dem weißen Pferd unter dem Siegel EINS eine besondere Stellung einberaumt, eine Grundausstattung, dieeinen Neubeginn darstellt? Spricht bereits diese Beobachtung für eine positive Deutung des Bildes unter dem ersten Siegel?
Weil in allen himmlischen Wesen der eine Geist Gottes wirkt, weiß jeder was er zu tun oder zu sagen hat. Die Stimme, welche Johannes hört ist nicht zu überhören. Der Ruf kommt von einem (ebenfalls Grundzahl) das heißt vom `ersten` der vier lebendigen Wesen, die in unmittelbarer Nähe um den Thron stehen. Die vier lebendigen Wesen, als Repräsentanten der gesamten Schöpfung treten hier in Aktion. Die Stimme hört sich an wie die Stimme / Ton des Donners: „Komm“. Doch wem gilt der Ruf? Da Johannes bereits da ist, gilt der Ruf dem Reiter, durch den die von Gott vorgesehenen Ereignisse bildhaft dargestellt werden. Neben Offb 6,1.3.5.7 kommt das gr. Verb `ἔρχου – erchou` noch in Mt 8,9; Lk 7,8; Offb 22,17+20 vor. Auch dort ist das „komm“ als Rufform verwendet, es schwingt aber auch der Akzent des Befehls mit. Auf jeden Fall aber ist der Ruf oder die Aufforderung stark betont. Daraufhin sieht Johannes das Bild von einem weißen Pferd `ἵππος λευκός – ippos leukos` mit seinem Reiter, wie im Text beschrieben. Bei diesem Bild dachten damals die Leser und Hörer an einen Herrscher oder Heerführer, der als Sieger von einem Kampf zurückkehrt. In den biblischen Geschichten werden Pferde als Kampfrosse eingesetzt. Wir betrachten Texte in denen Bilder von weißen Pferden (Rossen), von Bogen (Pfeilen) und von Siegeskränzen vorkommen. Erst danach versuchen wir die Identität und den Auftrag des Reiters zu deuten.

Abbildung 14 Der Reiter auf dem weißen Pferd. Bewusst ist das Gesicht des Reiters unkenntlich. Doch die gesamte Haltung strahlt Siegesgewissheit aus. (Zeichnung von J.S. 28. März 2021).
3.1.1 Die weiße Farbe des Pferdes
Wir halten uns an das Auslegungsprinzip – die Schrift wird mit der Schrift ausgelegt. Und die unklaren Stellen werden im Licht der eindeutig klaren Stellen gedeutet. Zuerst schauen wir Texte im Buch der Offenbarung an. Danach in den übrigen Schriften.
In Kapitel 19,11-15 ist das weiße Pferd (Kampfross) dem gerechten Richter der Welt zugeordnet. Der erste positive Eindruck wird noch verstärkt durch das Bild der ihm nachfolgenden himmlischen Heere, die ebenfalls auf weißen Rossen sitzen. Dort lesen wir: „Und ich sah den Himmel aufgetan; und siehe, ein weißes Pferd. Und der darauf saß, hieß: Treu und Wahrhaftig, und er richtet und kämpft mit Gerechtigkeit. Und seine Augen sind wie eine Feuerflamme, und auf seinem Haupt sind viele Kronen (Diademe); und er trug einen Namen geschrieben, den niemand kannte als er selbst. Und er war angetan mit einem Gewand, das in Blut getaucht war, und sein Name ist: Das Wort Gottes. Und ihm folgten die Heere im Himmel auf weißen Pferden, angetan mit weißer, reiner Seide. Und aus seinem Munde ging ein scharfes Schwert, dass er damit die Völker schlage.“ In den Bildern aus Kap. 19 und Kap. 6 gibt es neben den Übereinstimmungen auch Unterschiede.
- Die eindeutigste optische Übereinstimmung ist die weiße Farbe des Pferdes, bzw. der Pferde. Das `weiß` des Pferdes aus Kap. 19 steht in Übereinstimmung mit dem, der auf dem Pferd als gerechter Richter der Welt sitzt. (Offb 19,8; 20,11; Ps 45,5-7; Jes 42,1-2; 48,1; Dan 7,9; Joh 5,27; 2Kor 6,7). Das weiß, die weiße Farbe wird in der Schrift überwiegend mit etwas Positivem in Verbindung gebracht: mit Reinheit (Offb 1,14; 3,18; 6,11; 7,13; 19,14), mit wahrer Identität (Offb 2,17; Mt 17,2; Mk 9,3) oder mit Herrlichkeit (Offb 14,14; 20,11; Mt 25,31; 17,2; Mk 9,3). Dies spricht dafür, dass der Reiter auf dem weißen Pferd in Offb 6,1-2 mit Gerechtigkeit und Wahrheit auszieht. Die jeweilige Farbe der Pferde weist auf die Bestimmung des Reiters hin.
- Aus dem Munde des Weltrichters geht ein zweischneidiges Schwert hervor, es ist das lebendige aber auch richtende Wort Gottes (1Kor 1,18; 1Petr 1,23; Hebr 4,12; Joh 3,16-19; 12,48). In Offb 6,2 hat der Reiter einen Bogen (als Waffe), doch wie dieser eingesetzt wird, ist auf den ersten Blick noch nicht erkennbar. Da es im NT dafür keine bildhafte Entsprechung gibt, sind wir auf das AT angewiesen. Später mehr dazu unter dem Stichwort `der Bogen`.
- Der Richter der Welt trägt auf seinem Haupt viele Kronen (Diademe), königliche und priesterliche Insignien (2Mose 29,6; 39,30; 2Sam 1,10; Jes 62,3; Sach 9,16). Dem Reiter auf dem weißen Pferd in Kap 6,2 wird ein Siegeskranz (Stefanos) gegeben. Ein Unterschied auf den zu achten ist. Doch beides sind herrliche und ehrenvolle Insignien sowohl der Macht als auch des Sieges. Dieser Aspekt spricht ebenfalls für eine positive Bestimmung des Reiters auf dem weißen Pferd.
- Der Richter der Welt kämpft, bzw. richtet mit Gerechtigkeit und siegt, der Reiter auf dem weißen Pferd zieht aus siegreich (kämpfend) und um zu siegen. Eine Niederlage ist bei beiden ausgeschlossen. Auch dieser Vergleich spricht für eine positive Bestimmung bei dem Reiter auf dem weißen Pferd.
Die Parallelen in diesen beiden Bildern und Texten sind zwar offensichtlich, aber für eine eindeutige Identifizierung des Reiters auf dem weißen Pferd mit Christus selbst scheinen sie noch nicht auszureichen. Da wundert es nicht, dass es gerade bei diesem Bild die kontrastvollsten Auslegungen gibt.
Weiße Pferde kommen nur noch in den Visionen des Propheten Sacharia vor. Inwieweit können diese Visionen unseren Text erhellen? Dort lesen wir: „Und ich hob meine Augen abermals auf und sah, und siehe, da waren vier Wagen, die kamen zwischen den zwei Bergen hervor; die Berge aber waren aus Kupfer. Am ersten Wagen waren rote (feurige) Rosse, am zweiten Wagen waren schwarze Rosse, am dritten Wagen waren weiße Rosse, am vierten Wagen waren scheckige Rosse, allesamt stark. Und ich hob an und sprach zum Engel, der mit mir redete: Mein Herr, wer sind diese? Der Engel antwortete und sprach zu mir: Es sind die vier Winde des Himmels, die hervorkommen, nachdem sie gestanden haben vor dem Herrscher der ganzen Erde. Die schwarzen Rosse zogen in das Land des Nordens, die weißen zogen hinter ihnen her, und die scheckigen zogen in das Land des Südens. Diese starken Rosse also zogen aus und wollten sich aufmachen, um die Lande zu durchziehen. Und er sprach: Geht hin und durchzieht die Lande! Und sie durchzogen die Lande. Und er rief mich an und redete mit mir und sprach: Sieh, die in das Land des Nordens ziehen, lassen meinen Geist ruhen (andere Üs: lassen meinen Zorn nieder) im Lande des Nordens.“ (Sach 6,1-8; vgl. auch mit Sach 1,8-11).
Es gibt Ähnlichkeiten zu den Texten aus Offb 6,1-8. Doch diese Visionen müssen zunächst im Gesamtkontext der göttlichen Offenbarung gesehen werden, dann aber auch im Kontext der heilsgeschichtlichen Periode jener Zeit gedeutet werden. Darin kann man folgendes erkennen:
- Diese vier Gespanne symbolisieren die vier Winde des Himmels (vgl. dazu Hebr 1,7; Ps 104,4 Engel / Geistwesen oder Gruppen von Geistwesen). In Offb 6,1-8 deutet nichts darauf hin, dass es sich bei den Reitern auf den Pferden um Geistwesen handeln würde.
- Die Gespanne aus Sacharia haben zunächst den Auftrag die Lande zu durchziehen, um eine Bestandsaufnahme zu machen. Dann aber auch auf Befehl des Herrn in die Machtbereiche der Herrscher dieser Welt einzugreifen (Sach 1,8-11; 6,8). Dies geschah auch in der Zeit vor, während und nach dem babylonischem Exil (Visionen des Sacharia etwa 520-516 v.u.Z). Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der Wiederherstellung Israels, wie folgender Text deutlich macht. „Da hob der Engel des HERRN an und sprach: HERR Zebaoth, wie lange noch willst du dich nicht erbarmen über Jerusalem und über die Städte Judas, über die du zornig gewesen bist diese siebzig Jahre? Und der HERR antwortete dem Engel, der mit mir redete, freundliche Worte und tröstliche Worte. Und der Engel, der mit mir redete, sprach zu mir: Predige und sprich: So spricht der HERR Zebaoth: Ich eifere für Jerusalem und Zion mit großem Eifer.“ (Sach 1,12-14). Wenn wir die Symbole aus Sacharia für das Verständnis über Offb 6 heranziehen, dann dürfen wir das zentrale Thema Gottes, die Gemeinde, nicht aus dem Blickfeld verlieren. Gott ist auf Gerechtigkeit bedacht und er begann mit seinem Gericht damals an seinem Volk und seinem Haus um sie zur Umkehr zu bewegen. Dadurch sollte der Rest gerettet werden (Hes 28,25-26; Sach 3,8; 8,11-12; 12,8-9). Danach wendet er sich mit seinen Gerichten den Völkern zu. Weil sie ihre Macht missbraucht haben, wird er sie zur Rechenschaft ziehen (Sach 2,10-13).
- Auf dem Hintergrund der Bestimmung des Gespanns mit den weißen Rossen (Sach 6,6), die eindeutig im Dienst des Herrn stehen, würde auch dem Reiter auf dem weißen Pferd (Offb 6,2) eine positive Funktion zukommen. Das könnte bedeuten, dass Gott sein Gericht (in Gerechtigkeit und Wahrheit) unter die Nationen bringt und zwar in neutestamentlicher Zeit durch das Evangelium von dem Reich Gottes (Sach 9,9ff; vgl. dazu auch Jes 42,1ff mit Mt 12,18-20; 24,14; 28,19-20; Apg 1,6-8). Trotz der Ähnlichkeiten stellen fest, dass sich die Visionen mit den Pferdegespannen aus Sacharia nicht eins zu eins auf Offb 6,1-8 übertragen lassen. Daher benötigen wir auch andere Texte aus dem Gesetz und den Propheten Mehr dazu unter den folgenden Siegeln.
3.1.2 Der Bogen (in der Hand des Reiters)
Der Reiter auf dem weißen Pferd hatte einen Bogen. Pfeil und Köcher werden in diesem kurzen Text nicht erwähnt. Natürlich sollte ihr Fehlen nicht unbeachtet gelassen werden, denn Bogen als Waffe ohne Pfeil wäre wirkungslos, es sei denn es würde auf friedliche Zeiten hinweisen. Doch der Hinweis, dass der Reiter auszieht um zu siegen, setzt Kampf voraus. Dazu gibt es viele Textstellen in denen der Bogen als Waffe genannt ist ohne dass der Pfeil erwähnt wurde (Jes 13,18; Sach 10,3-6; Neh 4,7). Und oft ist von Pfeilen die Rede, ohne dass der Bogen erwähnt wird (Ps 45,6; Jes 49,2). Im NT kommt der Bogen als Waffe nur in Offb 6,2 vor, die Pfeile einmal und zwar als „feurigen Pfeile des Bösen“ (Eph 6,16). Von den mehr als 70 Stellen im AT in denen der Bogen erwähnt wird (Pfeil mehr als 60 Mal), beschreiben viele von ihnen physische Kampfhandlungen. Doch schauen wir uns einige Stellen an, in denen der Bogen und Pfeil auch in einem anderen Sinne eingesetzt wird. Zunächst jedoch zum Begriff selbst. Im Griechischen wird für Bogen das Wort `τόξον – toxon` verwendet, auch für den Regenbogen (1Mose 9,13-17). In der Offenbarung wird der Regenbogen jedoch mit dem Begriff `ἶρις – iris` beschrieben (vgl. Hes 1,28; mit Offb 4,3; 10,1). Zu erklären ist der Unterschied damit, dass von unserer Perspektive aus der Regenbogen immer nur als Halbkreis zu sehen ist. Aus der himmlischen Perspektive gesehen ist er ein Vollkreis, so die Beobachtung aus dem Flugzeug über den Regenwolken. Im Gegensatz zu Offb 4,3 und 10,1 handelt es sich in Offb 6,2 um den Bogen als Waffe.
Ursprünglich wurde mit Pfeil und Bogen Wild gejagt (1Mose 21,20: Ismael; 27,3; Esau). Doch wie bereits erwähnt, wurde Bogen und Pfeil für Kampfhandlungen eingesetzt (Jer 51,11; Sach 9,10). Es gibt jedoch auch mehrere Texte, in denen diese Waffe im Dienst Gottes steht, allerdings sinnbildlich.
- So sagt der Herr durch den Propheten Sacharia: „Denn ich habe mir Juda zum Bogen gespannt und Ephraim darauf gelegt und will deine Söhne, Zion, aufbieten gegen deine Söhne, Griechenland, und will dich zum Schwert eines Helden machen.“ (Sach 9,13). Da werden von Gott Bogen, Pfeil und Schwert genannt, die er verwenden wird in Einbeziehung seines Volkes und zwar im Kontext einer bestimmte Zeitepoche.
- In Jesaja 49,2 spricht der Messias von Gott in der 3. Person: „Er hat meinen Mund wie ein scharfes Schwert gemacht, mit dem Schatten seiner Hand hat er mich bedeckt. Er hat mich zum spitzen (auserlesenem) Pfeil gemacht und mich in seinem Köcher verwahrt.“ (Jes 49,2). Hier kann die bildhafte Anwendung des Schwertes und Pfeils im Köcher (mit Bogen) durch den Messias gesehen werden.
- Ähnlich auch in dem messianischen Text aus Psalm 45,5-8: „Scharf sind deine Pfeile, dass Völker vor dir fallen; sie dringen ins Herz der Feinde des Königs. Gott, dein Thron bleibt immer und ewig; das Zepter deines Reichs ist ein gerechtes Zepter. Du liebst Gerechtigkeit und hassest Frevel; darum hat dich Gott, dein Gott, gesalbt mit Freudenöl wie keinen deiner Gefährten.“ (vgl. mit Hebr 1,8 wo diese Prophetie auf den Sohn Gottes bezogen wird).
- Im Propheten Habakuk wird von Gott gesagt: „Du ziehst deinen Bogen hervor, legst die Pfeile auf deine Sehne. Sela. Du spaltest das Land, dass Ströme fließen,“ (Hab 2,8-12).
- Weitere Stellen von Bogen und Pfeilen, die von Gott ausgehen: 5Mose 32,23; 2Sam 22,15; Ps 18,15; 21,13; 64,8; 146,6.
Auf der anderen Seite sagt Gott Entwaffnung voraus: „Denn ich will die Wagen vernichten in Ephraim und die Rosse in Jerusalem, und der Kriegsbogen soll zerbrochen werden. Denn er wird Frieden gebieten den Völkern, und seine Herrschaft wird sein von einem Meer bis zum andern und vom Strom bis an die Enden der Erde.“ (Sach 9,10; auch Ps 46,10; Hes 39,3; Hos 1,5). Dabei geht es um die Waffen, welche Menschen zur Menschenvernichtung angefertigt haben. Denn nur in der Hand des Herrn (und seiner auserwählten Zeugen) werden die genannten Waffen richtig und zweckmäßig eingesetzt (Mk 3,5; Joh 18,4-6: „als Jesus sagte: ich bin`s, fielen sie zu Boden“; Apg 2,37a: „es stach sie ins Herz und sie sprachen: Männer Brüder, was sollen wir tun?“; Apg 5,4-10; 5,33; 7,54; 8,23; 9,3-4; 12,23; 13,10; 22,7; 24,25).
Darum kann in Offb 6,2 der Bogen als geistliche Waffe gesehen werden, ähnlich wie das Bild vom scharfen Schwert (Jes 49,2). Es bedeutet, dass dieser Bogen niemals zerbrechen wird und seine Pfeile treffsicher sind, sie verfehlen nie das Ziel.
Anmerkung: Auffallend ist der Vergleich der Pfeile mit Blitzen (plötzlich, unerwartet, schnell), so in 2Sam 22,15: „Er schoss seine Pfeile und zerstreute die Feinde, er sandte Blitze und erschreckte sie.“; (ähnlich auch Ps 77,18; Sach 9,14; 5Mose 32,23). Dies lenkt unsere Aufmerksamkeit auf die Aussagen in der Offenbarung, in denen Blitze von Gottes Thron ausgehen und Gerichte ankündigen (Offb 4,5; 8,5; 11,19; 16,18). Gott wendet diese Waffen auf seine Weise an.
Aufgrund dieser Textaussagen lässt sich bei dem Bild des Reiters mit dem Bogen der Einsatz im Auftrag Gottes begründen. Es bedeutet Rettung für die, welche mit Umkehr darauf reagieren und Gericht für die, welche sich seinem Wirken widersetzen.
3.1.3 Der Kranz (Siegeskranz) auf dem Haupt des Reiters
Dem Reiter wurde ein Kranz (auf sein Haupt) gegeben. In der Offenbarung wird zwischen Krone – Diadem und Kranz – Stefanos unterschieden. In diesem Text wird der Begriff `στέφανος – stefanos – Kranz` verwendet. Der Kranz war seit Urzeiten bekannt (Hiob 31,36; Spr 1,9; 4,9; Jes 28,5 ). Der erste, der im NT einen Kranz trägt ist Jesus. Der Ap. Paulus entnahm das Bild vom Kranz aus dem Sportkampf der Athleten im Stadion. An die Korinther schreibt er: „Wisst ihr nicht: Die im Stadion laufen, die laufen alle, aber nur einer empfängt den Siegespreis? Lauft so, dass ihr ihn erlangt. Jeder aber, der kämpft, enthält sich aller Dinge; jene nun, damit sie einen vergänglichen Kranz (Siegeskranz) empfangen, wir aber einen unvergänglichen.“ (1Kor 9,24-25).
In den Texten des NT wird der Kranz meistens mit einem Zusatz versehen. Beispiele:
- `Kranz aus Dornen` also `Dornenkranz` (Mk 15,17; Mt 27,29; Joh 19,2-5). Dieser wurde ihm zur Verspottung und Entwürdigung aufgesetzt. Jesus wurde zum größten Sieger aller Zeiten, denn er gab den Kampf nicht auf bis in den Tod und siegte dadurch. Er legte den Grund für den wahren und unvergänglichen Siegeskranz für alle, die ihm vertrauen.
- Als `Kranz des Sieges` (1Kor 9,24-25; 2Tim 2,5; Offb 3,11; 6,2).
- Als `Kranz der Gerechtigkeit` (2Tim 4,8). Dieser ist bereitet allen, die wie Paulus den guten Kampf bis zum Ende kämpfen.
- Als `Kranz des Lebens` (Offb 2,10; Jak 1,12). Der Kranz des Lebens ist das geistliche Leben aus Gott durch den Glauben an Jesus Christus (Joh 5,24-25).
- Als `goldene Kränze` (Offb 4,4.10) die 24 Älteste tragen sie; ebenso der himmlische Bote, gleich einem Menschensohn (Offb 14,14).
- Als `unvergänglicher Kranz der Herrlichkeit` (1Petr 5,4; verheißen den treuen Hirten).
- Als `Ruhmeskranz` (1Thes 2,19; Phil 4,1).
- Als `Kranz aus 12 Sternen` (Offb 12,1). Die Frau mit der Sonne bekleidet trägt diesen Ehrenkranz.
Siegeskranz (Kränze) werden in der Schrift mindestens 20 Mal erwähnt. Und nur 1 Mal ausdrücklich bezogen auf ein feindliches Heer, allerdings mit dem Zusatz `wie`. Zitat: „und auf ihren Köpfen (war es) wie Siegeskränze dem Gold gleich (ähnlich), …“ (Offb 9,7). Diese Siegeskränze sind eine Fälschung, sie täuschen durch ihre äußere Erscheinung. Bei den 18 anderen Textstellen geht es um rechtsmäßig verliehene Kränze. Daher handelt es sich in Offb 6,2 um einen echten und von Gott verliehenen Siegeskranz.
3.1.4 Der siegende Reiter und wen stellt er dar?
Von diesem Reiter wird gesagt, dass er auszog „siegend und um zu siegen“. Da ihm auch noch der Siegeskranz gegeben wurde, ist eine Niederlage ausgeschlossen. Nicht vorstellbar, dass Gott solch einen Siegeszug dem Feindeslager zubilligen würde. Doch mit wem oder womit lässt sich dieser Sieger identifizieren? Unter den Auslegern sind die Positionen zum Teil gegensätzlich. Die Sichtweisen reichen von Christus bis zum Antichristen, dazu noch verschiedene Zwischenvarianten.
Seit dem Sündenfall scheint das Böse sich immer wieder durchzusetzen. Der Stärkere besiegt den Schwächeren (1Mose 4; 6; 10-11; 14; 19). Die Lügenpropheten hatten und haben in allen Kulturen und Epochen Hochkonjunktur. Die Gesetzlosigkeit nimmt hier und da immer mehr zu. Ja, der Drache, das Tier, der falsche Prophet erringen scheinbar immer mehr Siege. So lesen wir in Offb 13,7-8: „Und es wurde ihm (dem Tier) gegeben, mit den Heiligen Krieg zu führen und sie zu überwinden (besiegen); und es wurde ihm Macht gegeben über jeden Stamm und jedes Volk und jede Sprache und jede Nation. Und alle, die auf der Erde wohnen, werden ihn anbeten, (jeder) dessen Name nicht geschrieben ist im Buch des Lebens des geschlachteten Lammes von Grundlegung der Welt.“ (ähnlich auch Offb 11,7). Aber ist das schon eine Begründung für den Sieg des Tieres und aller finsterer Mächte an allen Fronten? Dem scheinbaren Sieg der Mächte der Finsternis steht der Sieg des Christus gegenüber, beginnend in der Verheißung (1Mose 3,15) und abschließend im Endgericht (Offb 19,11-15; 20,10-15).
In dem Bild des Reiters auf dem weißen Pferd (Offb.6,1-2; 19,11-15) wird der siegreiche Beginn, die Entfaltung und Vollendung des Reiches Gottes mit Jesus Christus als König und Herr dargestellt. In Daniel 7,9-14 wird dieses Reich und die Herrschaft dem Menschensohn übergeben. „Ihm wurde gegeben Macht, Ehre und Reich, dass ihm alle Völker und Leute aus so vielen verschiedenen Sprachen dienen sollten. Seine Macht ist ewig und vergeht nicht, und sein Reich hat kein Ende.“ Und Dan 7,27: „Aber das Reich und die Macht und die Gewalt über die Königreiche unter dem ganzen Himmel wird dem Volk der Heiligen des Höchsten gegeben werden, dessen Reich ewig ist, und alle Mächte werden ihm dienen und gehorchen.“ Dieses Reich Gottes kam in diese Welt durch und in der Person von Jesus Christus, dem Mensch gewordenem Gottessohn (Joh 18,36-37). Demnach ist Jesus, der Retter, bereits als König und Herr geboren worden. So verkündigte der Engel Gabriel Maria: „Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben.“ (Lk 1,33). Jesus macht klar: „Das Gesetz und die Propheten reichen bis zu Johannes. Von da an wird das Evangelium vom Reich Gottes gepredigt,“ (Lk 16,16; dazu auch Mt 4,23; 9,35; 24,14). Während seines Dienstes sagte Jesus zu seinen Gegnern: „Wenn ich aber die Dämonen durch den Geist Gottes austreibe, so ist das Reich Gottes zu euch gekommen“ (Mt 12,28; ähnlich auch Mk 3,27; Lk 10,18-20; Kol 2,15).
Anders als in Offb 19,11-15 wo Jesus als Weltrichter für alle sichtbar einherzieht, scheint er sich in Offb 6,1-2 nicht so offensichtlich zu erkennen geben. Das ist auch verständlich, regiert er doch von seinem Thron aus, doch hier auf Erden hat er sein Volk, das geleitet und ausgestattet ist mit dem Heiligen Geist (Joh 14-16; Apg 1,5.8; 2,1-4; 2Kor 10,4-5). Jesus legte die Grundlage für diesen siegreichen Kampf. Er sagte seinen Jüngern: „Dies habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Bedrängnis; aber seid getrost, ich habe die Welt besiegt.“ (Joh 16,33). Und in Offb 5,5 sagt einer der Ältesten zu Johannes: „Weine nicht! Siehe, es hat überwunden (gesiegt) der Löwe aus dem Stamm Juda“.
Das Bild des Reiters auf dem weißen Pferd symbolisiert auch den Siegeszug des Evangeliums (Mt 24,14; 28,17-20; Lk 24,47; Apg 1,8; 2-12; 13-28; Röm 1,17; 15,19). Für die Glaubenden dient es zur Rettung, für die, welche es ablehnen, zum Gericht. „Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, denn er hat nicht geglaubt an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes. Das ist aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke waren böse.“ (Joh 3,18-19).
Der Reiter auf dem weißen Pferd ist damit auch ein Bild für alle, die durch den Glauben an Jesus Christus und durch die Kraft des Heiligen Geistes siegend voranschreiten im Kampf gegen Sünde und die finsteren Mächte des Satans. „Denn unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Gewalten, gegen die Mächte, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die geistigen Mächte der Bosheit in der Himmelswelt.“ (Eph 6,12). Johannes schreibt: „Denn alles, was aus Gott geboren ist, überwindet (besiegt) die Welt; und dies ist der Sieg, der die Welt überwunden hat: unser Glaube.“ (1Joh 5,4). Oder: „Wer aber ist es, der die Welt überwindet, wenn nicht der, der glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist?“ (1Joh 5,5). Und in 1Kor 15,57 schreibt Paulus::„Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus!“ Und in Röm 8,37 steht: „Aber in diesem allen sind wir mehr als Überwinder durch den, der uns geliebt hat.“ (dazu auch 2Kor 2,14).
Seit Beginn des Kampfes zwischen Gott und dem Feind, dem Satan, dem Drachen, der alten Schlange (1Mose 3,15) steht der Sieg durch den Retter, König und Richter Jesus Christus fest. Und mit ihm siegen die Gläubigen aller Zeiten Zu diesen zählen auch alle Überwinder und Blutzeugen seit Abel (Lk 11,51). Es ist die Überwinderschar, deren Namen im Buch des Lebens stehen und die das Tier nicht angebetet haben. „Und sie haben ihn (den Drachen) überwunden (besiegt) wegen des Blutes des Lammes und wegen des Wortes ihres Zeugnisses, und sie haben ihr Leben nicht geliebt bis zum Tod!“ (Offb 12,11). Ja, die Verfolgungen und das Märtyrertum der Gläubigen ist in diesem Kampf und geistlichen Siegeszug eingeschlossen (Mt 5,11; 10,23; 23,34; Lk 21,12; Apg 8,1; 11,19; Offb 2,10; 3,10; 20,7-9). „Und ich sah, wie sich ein gläsernes Meer mit Feuer vermengte, und die den Sieg behalten hatten über das Tier und sein Bild und über die Zahl seines Namens, die standen an (auf) dem gläsernen Meer und hatten Gottes Harfen.“ (Offb 15,2).
Ja, der Kampf ist zwar noch nicht zu Ende, doch der Siegende (die Siegenden) stehen bereits fest: „und das Lamm wird sie überwinden (besiegen); denn es ist Herr der Herren und König der Könige, und die mit ihm sind, sind Berufene und Auserwählte und Treue.“ (Offb 17,14; ebenso 19,11-15). Somit ist die gesamte Heilsgeschichte von zwei sehr ähnlichen Bildern (Offb 6,1-2 und 19,11-15)), die einen Siegeszug darstellen eingerahmt.
3.2 Das Lamm öffnet das zweite Siegel – Das feuerrote Pferd und sein Reiter
„Und als es das zweite Siegel auftat, hörte ich das zweite Lebewesen sagen: Komm! Und es kam heraus ein zweites Pferd, das war feuerrot. Und dem, der darauf saß, wurde Macht gegeben, den Frieden von der Erde zu nehmen, dass sie sich untereinander umbrächten, und ihm wurde ein großes Schwert gegeben.“ (Offb 6,3-4).
Nach der Öffnung des zweiten Siegels durch das Lamm, tritt das zweite lebendige Wesen in Aktion und ruft: „Komm“. Und sogleich sieht Johannes ein zweites Pferd. Während das erste (weiße) Pferd durch eine eindeutige Farbbezeichnung beschrieben wird, wird das zweite Pferd als feuerrot (genauer als feurig) beschrieben. Die farbliche Komponente `rot, gr. kokkino` kommt hier im Text nicht vor. Im griechischen steht dafür `πυρρός – pyrros`, (Adj.) abgeleitet von `pyr` für Feuer. Beispiele für `feurig`: Offb 9,17: feurige Panzer; 12,3: feuriger Drache; 19,20 und 20,14: feuriger See; 4Mose 14,14: feurige Säule; 21,6 und 5Mose 8,15: feurige Schlangen; 2Kön 2,11: feuriger Wagen; 2Kön 6,17: feurige Rosse: Sach 1,8: feuriges Pferd: 2,9: feurige Mauer.

Abbildung 15 Der Reiter auf dem feurigen Pferd, mit einem großen Schwert in der Hand (Zeichnung von J.S. am 25. April 2021).
Das Pferd ist nicht feurig im Sinne, dass es lodernd brannte, aber es steht für etwas Bedrohliches, Verzehrendes und Vernichtendes wenn es sich auf den buchstäblichen physischen Bereich bezieht. Feuer steht aber auch für Gericht. Mit Feuer wurden Häuser, Städte und Getreidefelder verbrannt (1Mose 19,24; 2Mose 9,23; Ri 15,5; 18,27; Jes 1,7; Mt 22,7). Feuer kommt in der Bibel mehr als 400 Mal vor und zwar in verschiedenen Zusammenhängen.
Diesem Reiter „wurde Macht gegeben, den Frieden von der Erde zu nehmen, dass sie sich untereinander umbrächten.“ Die Formulierung: „ihm wurde Macht gegeben“ erinnert an Jesus, der Pilatus sagte: „Du hättest keine Macht über mich, wenn es dir nicht von oben gegeben wäre.“ (Joh 19,11). Gott verleiht Macht, doch er ist nicht der Urheber und Förderer der Ungerechtigkeit (vergleiche dazu auch: Hiob 1,8ff; 2,3ff; Dan 2,21; 7,25; Lk 22,53; Jak 1,13). Der Frieden wurde von der Erde genommen, die Ursachen dafür liegen in der verdorbenen Natur des Menschen (Jak 4,1). Habgier führt zum Streit und weil keiner nachgibt, kommt es zum Streit und Krieg. Und dies geschah unter anderem durch den Einsatz der kriegerischen Waffe `Schwert ` (gr. (μάχαιρα – machaira). Betont wird, dass dem Reiter ein Großes Schwert gegeben wurde. Es gab verschiedene Arten, Formen und Größen dieser Waffenart. Hier einige Stellen in denen diese Waffe im buchstäblichen Sinne gemeint ist: Offb 13,10.14; Hebr 11,34.37; Röm 13,4; 8,35; Apg 16,27; 12,1-2; Lk 22,36-38. 49-52; Mt 26,47.51-55. Doch diese Waffe wird auch im übertragenen Sinne gebraucht (Mt 10,34; Hebr 4,12; Eph 6,17). Für die Waffe Schwert gibt es auch eine andere Bezeichnung `ῥομφαία – romfaia`, welches auch im übertragenen Sinne verwendet wird (Offb 1,16; 2,16; 19,15.21; Lk 2,35). Doch auch diese Schwertart ist ursprünglich als Waffe zum physischen töten geschaffen worden wie der Vergleich von Offb 6,4 mit 6,8 nahelegt. Hier wird noch mal deutlich wie wichtig es ist, den Kontext zu beachten. Und wie gefährlich es werden kann, wenn die Schrift nur buchstäblich ausgelegt wird.
Die gr. Formulierung `ἀλλήλους σφάξουσιν – allelous sfaxousin` heißt eigentlich `einander schlachteten, abschlachteten. Das gr. Verb `sfaxousin ` wird häufig im liturgischen Bereich (schlachten der Opfertiere) verwendet (2Mose 12,6 u.a.m.), auch bezogen auf das Lamm Gottes (Offb 5,6.12; 13,8; Jes 53,7; Apg 8,32). Der Begriff wird auch für das Abschlachten der Zeugen von Jesus verwendet (Offb 6,9). Der Tötungsbegriff `schlachten` wird auch bei Kriegshandlungen mit dem Einsatz von Schwert verwendet (Hes 21,15.20.33). In 2Sam 11,25 und Jer 12,12 wird vom Schwert gesagt, dass es frisst (gr. fagetai), es handelt sich um die gleiche Wortwurzel wie auch in den oben genannten Stellen von Offb 6,4. Dazu heißt es, dass sie einander schlachteten, man kann sogar sagen, einander (mit dem Schwert) auffraßen (vgl. dazu Sach 8,10). Das dieses Verb sogar im Wort `sarkofagos – Fleischfresser` seinen Niederschlag fand, zeigt seine breite Verwendung.
Im Bild vom Reiter auf dem feurigen Pferd geht es um Kriege und Zerstörung aller Art, wie sie seit Kain gab und wie sie Jesus vorausgesagt hat in seiner Ölbergrede (Mt 24,7-9; Mk 13; Lk 21) Damit geht einher, dass der Frieden genommen wird sowohl im lokalen als auch im globalen Umfang. Dass die Gläubigen an Jesus unter diesen Umständen oft genauso leiden wie alle anderen Menschen liegt auf der Hand. Doch um des Reiches Gottes willen und der Verbreitung des Evangeliums, erleben Gläubige auch besonderen Schutz. Beispiele: Durch die rechtzeitige Flucht aus Jerusalem und Judäa, entgingen viele Christen der notvollen Belagerung durch die Römer in den Jahren 68-70 n.Chr., der Hungersnot, dem physischen Tod oder der Gefangenschaft. Selbst Jesus mied in der Regel Gefahrenzonen (Joh 7,1). Ebenso seine Nachfolger (Apg 12: 16; 17: 20). Obwohl durch dieses Bild eindeutig zerstörerische, also negative Geschehnisse dargestellt werden, geschieht es unter der Zulassung und Kontrolle dessen, der auf dem Thron ist.
Das Reiterheer aus Offb 9,7 ist ebenfalls eine feindliche Macht, doch durch sie wird uns eine andere Perspektive gezeigt. Daher wenden wir uns wieder an den Propheten Sacharia (Kapitel 1 und 6) und schauen ob und welche Parallelen darin zu erkennen sind. „Ich sah in dieser Nacht, und siehe, ein Mann saß auf einem roten (feurigen) Pferde, und er hielt zwischen den Myrten in der Tiefe, und hinter ihm waren rote (feurige), braune und weiße Pferde.“ (Sach 1,8 ähnlich auch in 6,2; feurige Pferde). Wie bereits in dem Abschnitt 3.1 beschrieben, handelt es sich um die vier Winde (Geistwesen), die vor dem Herrn der Erde stehen und in seinem Auftrag ausziehen. Der genaue Auftrag für das Pferdegespann mit den feurigen Rossen ist nicht erkennbar. Auch der Reiter auf dem einzelnen feurigen Pferd (Sach 1,8) hat eine andere Funktion als der aus Offb 6,3-4. Trotz einiger Ähnlichkeiten zu Sacharia 1 und 6 ist die Wirksamkeit des Reiters auf dem feurigen Pferd aus Offb 6,3-4 konkreter beschrieben. Vom Gesamtkonzept des Buches Sacharia ist ersichtlich, dass der Herr durch Gericht und Gnade die Wiederherstellung Israels (Jerusalem, Tempel) im Auge hat. Gleichzeitig aber die Völker durch Gericht zur Rechenschaft ziehen wird, um auch diese zur Umkehr zu rufen (Sach 1,13-17; 2,1-17; 8,20-22).
Doch auch die Texte aus den Büchern Jeremia und Hesekiel werfen Licht auf die Bilder aus Offb 6,3-8.
Noch in der Zeit vor dem babylonischen Exil war der Tenor der von Gott berufenem Propheten Jeremia und Hesekiel, dass das Gericht über Jerusalem durch Schwert, Hunger und Pest bevorsteht. Mehr als 20 Mal werden diese Gerichts Geiseln allein durch diese beiden Propheten für Juda und Jerusalem angekündigt ((Zum Beispiel: Jer 14,11-17; 16,4; 21,6-9; 24,10; 27,8-10; 29,18; 32,24.36; 34,17; 38,2; 42,17.22; 44,13; Hes 5,12.17; 6,11-12; 7,15; 12,16; 14,21). Dadurch wird klar, die Plage durch Schwert war damals gegen das sündige Israel gerichtet. Und es entspricht dem Reiter auf dem feurigen Pferd, der mit dem Schwert ausgerüstet ist und es handelt sich um Gericht wegen der Sünde der Völker. Danach und zu seiner Zeit wird der Herr die Völker zur Rechenschaft ziehen (Jer 25,29). Es ist geradezu auffallend, dass Jesus gleiches sagt wie die früheren Propheten wenn er über Jerusalem Krieg und Zerstörung voraussagt (Mt 24,15; Lk 21,20-22). Und ebenso im globalen Ausmaß. „Ihr werdet hören von Kriegen und Kriegsgeschrei; seht zu und erschreckt nicht. Denn es muss geschehen. Aber es ist noch nicht das Ende. Denn es wird sich ein Volk gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere.“ (Mt 24,6-7). Bereits hier erkennen wir eine Kontinuität, indem Gott aufgrund seiner Heiligkeit und Gerechtigkeit in die Geschichte seines Volkes und der Nationen eingreift. Sein Zorn äußert sich in der Rache, das heißt in gerechter Vergeltung. Damit wird eindeutig auch der Entfaltung des Bösen Einhalt geboten. Folgende Texte erhellen diesen Sachverhalt: 1Mose 6,1ff: Gericht durch die Sintflut; 1Mose 15,14ff: Gericht über Ägypten; 3Mose 26,33; 5Mose 4,27; 7,15; 28,60-64; 32,35: Androhung des Gerichtes; ebenso Hab 1,5-8; Jes 45,7; 46,11. Dabei kann man sehen, dass Gott in der Regel zunächst an seinem Volk handelt, danach an den übrigen Völkern (Jer 25,29; 1Petr 4,17: denn das Gericht beginnt am Hause Gottes). Dabei steht immer die Reinigung und Heiligung seines Volkes im Vordergrund. Doch diese Gerichte Gottes werden auf unterschiedliche Weise durchgeführt:
- Gott greift direkt ein (1Mose 6,1ff: Sintflut über die ganze Welt, 1Mose 19: Feuer und Schwefel über Sodom und Gomorra, Adama und Zeboim);
- Durch seine Engel (2Mose 12,23.29; 2Kön 19,35);
- Durch Weltherrscher (Jes 46,11; Jer 25,9: Nebukadnezar; Jes 44,28: Kyrus);
- Durch jemand, der nicht direkt von Gott gerufen wurde, aber Gott gewähren ließ (Dan 9,26; Mt 24,15; Lk 21,20-22). Wenn Gott seine Gegenwart zurückzieht, ist ein Volk der Bosheit von Menschen ausgeliefert. Dies gilt auch für den einzelnen Menschen.
Mit dem Kommen des Reiches Gottes in diese Welt durch Jesus Christus kommt noch eine weitere Ebene des Gerichtes hinzu (Dan 7,13-14.27; Lk 1,31-33 mit 2Sam 7,11-13). Gegen dieses neue Reich Gottes stellen sich nicht nur die Könige der Erde, sondern auch die Führung Israels. (Ps 2,1ff mit Apg 4,24ff). In der Person von Jesus kam dieses himmlische Gottesreich auf die Erde. Bereits die Predigt des Evangeliums war Gericht für die Menschen (Joh 3,17-19; 5,22-24.27; Jes 42,1ff).
Jesus ist demnach der Richter der Welt, der seine richterliche Funktion ausübt. 1Petr 3,22: „welcher ist zur Rechten Gottes, aufgefahren gen Himmel, und es sind ihm untertan die Engel und die Gewalten und die Mächte.“ Dabei beginnt er in seiner Gemeinde (1Petr 4,17). Beispiele: Offb 2,16: Tue nun Buße; wenn aber nicht, so werde ich bald über dich kommen und gegen sie streiten mit dem Schwert meines Mundes.“ (Offb 19,11-15).
Im Reich der Finsternis und des Satans sind alle Mittel recht und geistliche Dunkelheit liegt über den Völkern. „… unter dem Mächtigen, der in der Luft herrscht, nämlich dem Geist, der zu dieser Zeit am Werk ist in den Kindern des Ungehorsams.“ (Eph 2,2b). Doch Gottes übergeordnetes Ziel ist jedoch durch seine globalen Gerichte auch die Völker zur Umkehr zu bewegen. Dies ist auch einer der Grundtöne in der Offenbarung und wird bestätigt durch das Evangelium von Jesus Christus.
3.3 Das Lamm öffnet das dritte Siegel – Das schwarze Pferd und sein Reiter
(Bibeltext: Offb 6,5-6)
Und als es das dritte Siegel öffnete, hörte ich das dritte lebendige Wesen sagen: Komm! Und ich sah: Und siehe, ein schwarzes Pferd, und der darauf saß, hatte eine Waage in seiner Hand. Und ich hörte etwas wie eine Stimme inmitten der vier lebendigen Wesen, die sagte: Ein Maß Weizen für einen Denar und drei Maß Gerste für einen Denar! Und dem Öl und dem Wein füge keinen Schaden zu! (Ofb 6,5-6).
Das Lamm auf dem Thron öffnet das dritte Siegel und gibt damit einen weiteren Einblick in den Verlauf der Menschheitsgeschichte. Nun kommt das dritte lebendige Wesen (dessen Antlitz wie ein Mensch aussah) zum Einsatz und ruft „komm“. Da erscheint vor den Augen des Johannes ein schwarzes Pferd. Und der darauf saß hatte eine Waage in seiner Hand.
3.3.1 Das schwarze Pferd
Die gr. Bezeichnung für die Farbe schwarz ist `μέλας – melas` In einigen Texten ist die Farbe schwarz neutral, stellt also nichts Negatives dar.
- So in 1Mose 30,33-35: schwarzhaarige Schafe oder Ziegen;
- In 3Mose 13,31.37: schwarzes Haar als Zeichen der Genesung;
- In Hl 5,11 und Mt 5,36: schwarzes Haar;
- In 2Joh 1,12: schwarze (gemeint ist Tinte).

Abbildung 16: Schwarzes Pferd und sein Reiter mit der Waage in der Hand. (Zeichnung: J.S. 24. Oktober 2021).
In anderen Texten weist das schwarze auf etwas Unheilbringendes hin:
- So in Sacharia 6,2.6: „Am ersten Wagen waren rote Rosse, am zweiten Wagen waren schwarze Rosse, 3 am dritten Wagen waren weiße Rosse, am vierten Wagen waren scheckige Rosse, allesamt stark. 4 Und ich hob an und sprach zum Engel, der mit mir redete: Mein Herr, wer sind diese? 5 Der Engel antwortete und sprach zu mir: Es sind die vier Winde des Himmels, die hervorkommen, nachdem sie gestanden haben vor dem Herrscher der ganzen Erde. 6 Die schwarzen Rosse zogen in das Land des Nordens, die weißen zogen hinter ihnen her, und die scheckigen zogen in das Land des Südens. 7 Diese starken Rosse also zogen aus und wollten sich aufmachen, um die Lande zu durchziehen. Und er sprach: Geht hin und durchzieht die Lande! Und sie durchzogen die Lande. 8 Und er rief mich an und redete mit mir und sprach: Sieh, die in das Land des Nordens ziehen, lassen meinen Geist ruhen (Schlachter Üs.: lassen meinen Zorn nieder) im Lande des Nordens.“ Der Bezug zu Offb 6,5 ist wegen der Unterschiede nicht eindeutig, doch es ist neben Sach 1,8-11 der einzige Text, er von schwarzen Rossen spricht.
- Offb 6,12: Sonne wurde schwarz wie ein härener Sack;
- Joel 2,1ff: finsterer, dunkler Tag;
- . Der eindrucksvollste Text stammt der Feder des Propheten Jeremia (bzw. Baruch). „Nun aber ist ihre Gestalt so dunkel vor Schwärze, dass man sie auf den Gassen nicht erkennt; ihre Haut hängt an den Knochen, und sie sind so dürr wie ein Holzscheit.“ (Klag 4,8). Um diese Beschreibung im Zusammenhang unseres Themas zu verstehen müssen wir den gesamten Text von Klag 4,1-10 lesen. Denn dort wird die Dramatik der Hungersnot in der belagerten Stadt Jerusalem in aller Schwärze beschrieben.
3.3.2 Der Reiter mit der Waage
Der Reiter hat eine Waage in seiner Hand. Die gr. Bezeichnung dafür ist ` ζυγὸν – zygon` (Akk.). Dieses Wort kommt im Substantiv ungefähr 78 Mal vor, 19 Mal als Waage und 58 Mal als Joch.
- Als Waage: 1Mose 23,16; 3Mose 19,36: Jes 46,6; Jer 32,9-10: „Und ich schrieb einen Kaufbrief und versiegelte ihn und nahm Zeugen dazu und wog das Geld dar auf der Waage.“
- Als Joch: 1Mose 27,40; 4Mose 19,2). In den Texten des NT jedoch wird der Begriff (außer von Offb 6,5) durchweg mit Joch übersetzt: Mt 11,29+30; Apg 15,10; Gal 5,1; 2Kor 6,14; 1Tim 6,1.
Dass den beiden Gegenständen dasselbe griechische Wort zugrunde liegt, hat wohl mit deren Beschaffenheit und Bestimmung zu tun. Wie bei einer Waage das Gewicht bestimmt wird, so kann auch bei einem Joch die Last gleich verteilt werden. Im jeweiligen Kontext wird klar, was gemeint ist. Da es in Offenbarung 6,5-6 um Verkauf und Kauf von Nahrungsmitteln geht (Weizen und Gerste) ist es verständlich, dass `zygon` mit Waage übersetzt wird.
Anscheinend wurde im Altertum nicht das Getreide, sondern nur das Geld (Gold, Silber, Kupfer) mit der Waage abgewogen (1Mose 23,16; Jes 46,6; Jer 32,10). Das Getreide jedoch wurde mit einem Hohlmaß gemessen. Der Verkauf von alltäglichen, notwendigen Lebensmitteln zum hohen Preis (1 Maß Weizen und 3 Maß Gerste = 1 Denar = Tageslohn) ist ein Hinweis für Mangel an diesen wichtigen Grundnahrungsmitteln. Der Begriff für die Maßeinheit im Text ist `χοῖνιξ – choinix`, er kommt nur an dieser Stelle des NT vor. Dieses Holmaß variiert je nach Landschaft und Periode. Das (kleinste) Choinix = etwa 1 Liter, wäre ein realistischer Anhaltspunkt. Einige Ausleger nehmen an, dass es sich dabei um eine achtfache (oder mehr) Verteuerung dieser Grundnahrungsmittel handeln könnte.
Die Geschichte aus 2Kön 7,1 bei der man für einen Scheckel etwa 7 (13) Liter Holmaß (gr. metron) feinstes Weizenmehl kaufen konnte spricht dagegen für Überfluss.
Die äußeren Ursachen für den Mangel an den genannten Grindnahrungsmitteln sind Kriege, Dürre, Heuschreckenplagen, Hagel, Feuerbrände oder auch Erdbeben (1Mose 12,10; 26,1; 41-47; 2Mose 9,25; 2Sam 21,1; 1Kön 18,2; 2Kön 6,25; Hes 14,13; Apg 11,28). Aber die eigentlichen Gründe für Hunger liegen tiefer, wie folgende Textstellen nahe legen (Ri 6,1-6; 1Chr 21,12; Jer 12,9; 14,11-17; 16,4; 21,6-9; 24,10; 27,8-10; 29,18; 32,24.36; 34,17; 38,2; 42,17.22; 44,13; Hes 2,14; 4,16-17; 5,12.17; 6,11-12; 7,15; 12,16; 14,14.21; 33,27; 34,28).
Mit dem Begriff `λιμοὶ – limoi` (Pl.) sagt Jesus in seinen Endzeitreden Hungersnöte voraus ((Mt 24,7; Mk 13,8; Lk 21,11). Unter dem Kaiser Klaudius (41-54 n.Chr.) traf eine große Hungersnot ein (Apg 11,28). Diese traf auch die Gläubigen in Judäa und Jerusalem. Wie Jesus, so ermutigt auch der Ap. Paulus zur Furchtlosigkeit in solchen Zeiten (Röm 8,35).
Dem Öl und dem Wein soll kein Schaden zugefügt werden. Diese sind davon ausgespart. Diese beiden Produkte wurden unter anderem auch im medizinischem Bereicht verwendet. Einige Ausleger sehen in ihnen Luxusprodukte, welche in erster Linie den Reichen zugänglich waren. Doch Ölbäume und die Reben wachsen auch ohne besondere Pflege, sie sind auch nicht derart auf das Wetter (Frühregen und Spätregen) angewiesen. Auch in den Dürreperioden tragen sie Früchte. Was das bedeuten kann? Gott nimmt nicht alles weg. Bis zum Endgericht ist in den Zwischengerichten immer auch noch die Barmherzigkeit Gottes erkennbar. Sein Ziel ist, dass die Menschen sich ihm zuwenden. Dass die Gläubigen vor solchen Notzeiten verschont bleiben, hat Jesus nicht versprochen. Doch sie lernen dabei mit anderen zu teilen (Mt 25,35; Apg 11,28; 2Kor 9-10). Wo geschieht dies auch in unserer Zeit.
Welche Hungersnöte sind uns aus den letzten 2 Jahrhunderten bekannt und welche Ursachen waren dafür verantwortlich? Wie schätzen wir die gegenwärtige Situation was die Hungersnöte betrifft in der Welt ein?
3.4 Das Lamm öffnet das vierte Siegel – Das fahle Pferd und sein Reiter
(Bibeltext: Offb 6,7-8)
Und als es das vierte Siegel öffnete, hörte ich die Stimme des vierten lebendigen Wesens sagen: Komm! Und ich sah: Und siehe, ein fahles Pferd, und der darauf saß, dessen Name ist Tod; und der Hades folgte ihm. Und ihnen wurde Macht gegeben über den vierten Teil der Erde, zu töten mit dem Schwert und mit Hunger und mit Tod und durch die wilden Tiere der Erde.“ (Offb 6,7-8).
Das fahle Pferd
Der Wortlaut zum Einstieg in die vierte Szene ist der gleiche wie auch bei den drei vorhergehenden, nur dass der Ruf `komm` jetzt vom vierten lebendigen Wesen erschallt. Auch hier wird unsere Aufmerksamkeit zunächst auf das Pferd gelenkt. Das vierte Pferd wird in den meisten Übersetzungen als fahl bezeichnet, Der gr. Begriff im Text ist `χλωρός – chloros – grün`. Nach Wikipedia ist das Chlorophyll die grüne Substanz im Gras und `chloros` wird mit `gelblich-grün` übersetzt. Nach Offb 8,7; 9,4 und Mk 6,39; 1Mose 1,30; 2Mose 10,15 wird `chloros` mit grün übersetzt und zwar im Zusammenhang mit Gras. In Ps 37,2 werden die Gottlosen (Menschen) mit der Kurzlebigkeit des grünen Grases verglichen. „Denn wie das Gras werden sie bald (schnell) verdorren, und wie das grüne Kraut werden sie verwelken.“ (ähnlich auch 2Kön 19,26; Jes 37,27; Jer 14,6; und allgemein für die Vergänglichkeit des Menschen: Mt 6,30; Jak 1,11; 1Petr 1,24). Damit würde durch die optische Erscheinung des Pferdes die Kurzlebigkeit und Vergänglichkeit des Menschen zum Ausdruck gebracht. Dies passt zu seinem Reiter, dem Tod und Feind des Lebens. Er reitet sozusagen auf dem kurzem und vergänglichem Leben des Menschen.
Nahezu 300 Mal kommt der Begriff `Tod` in der Bibel vor, Er ist keine Person, kein Wesen, er ist sozusagen eine Machtgröße.(Offb 2,10.11.23; 6,8; 9,6; 18,8; 20,6.13.14; 21,4.8; 1Kor 15,21.26,54). Sein Name ist Tod, doch über sein Aussehen wird nichts gesagt, nur das ihm der Hades (Totenreich) wie im Schlepptau folgte. Während es bei den ersten zwei Reitern heißt: „ihm wurde gegeben“ (Singular), steht hier: „ihnen wurde gegeben“ (im Plural). Bezieht sich das ihnen auf alle vier Reiter oder auf den zweiten, dritten und vierten oder nur auf den letzten, dem der Hades folgte? Wäre der Tod und Hades nicht direkt davor im Doppelpack genannt worden, würde das „ihnen“ die vorhergehenden Reiter mit einschließen. Der Satzbau legt es jedoch nahe, dass sich das „ihnen“ auf den Tod und den ihm nachfolgenden Hades bezieht. Auch in Offb 1,18; und 20,13-14 werden Tod und Hades im Gespann als zwei Machtgrößen genannt (vgl. dazu auch Röm 5,14; Mt 16,18). Doch ihre Macht ist begrenzt und auch eingeschränkt, eben nur über den vierten Teil der Erde (vgl. auch mit Offb 9,17-20).
Vier so genannte Plagen (Waffen) werden durch sie zum töten eingesetzt:
- Schwert (Kriege, Aufstände, Hinrichtungen aller Art, auch die der Zeugen Jesu)
- Hunger (Hungersnöte, Mangel an Nahrung durch Missernten oder Zerstörung derselben durch Kriege oder Feuer)
- Todespest (Seuchen aller Art, tödliche Krankheiten)
- Wilde Tiere der Erde (durchaus auch kleinerer giftiger Tiere oder Insekten).
Anmerkung: Nach einer Auslegungsvariante werden die `wilden Tiere` dem Bild des ersten Reiters zugeordnet und zwar im übertragenen Sinne als Verführer (2Kor 11,14; Mt 24,4-5). In der Tat vergleicht Jesus Verführer mit reisenden Wölfen (Mt 7,15). Auch bei Paulus finden wir diese Vergleiche (Apg 20,29). Diesen Vergleich gab es auch schon in Israel (Hes 22,27). Doch ist dieser Vergleich auch für Offb 6,2 und 6,8 anwendbar? Oder anders gefragt, kann man ohne weiteres die wilden Tiere aus Offb 6,8 mit dem weißen Pferd aus Vers 6,2 gleichsetzen?
- Pferde, Rosse oder Gespanne kommen in biblischen Texten etwa 167 Mal vor. Und sie werden zu verschiedenen Zwecken eingesetzt aber nirgendwo als Symbole für Verführungen.
- Da jedoch im Text das Schwert, Hunger und tödliche Pest ausdrücklich zum physischen töten eingesetzt werden, warum nicht auch buchstäblich durch wilde Tiere? Auch die wilden Tiere sind für Menschen eine lebensbedrohliche Gefahr. In der Natur ist dies zu beobachten und die biblische Geschichte bestätigt es. Hier einige Beispiele:
- 1Mose 9,4-5: wilde Tiere stellen eine reale Gefahr für den Menschen dar, daher die Schutzmaßnahme Gottes.
- 2Mose 23,29: wilde Tiere bilden eine reale Gefahr für den Menschen bei spärlicher Besiedelung.
Neben den realen Gefahren durch wilde Tiere, werden in der Geschichte Israels auch noch weitere drei Plagen genannt, welche in engem Zusammenhang unseres Textes stehen.:
- Hes 5,12-17: Pest, Hunger, Schwert; böse Tiere.
- Hes14,14-21: „Denn so spricht Gott der HERR: Wenn ich meine vier schweren Strafen, Schwert, Hunger, wilde Tiere und Pest, über Jerusalem schicken werde, um darin auszurotten Menschen und Vieh.“ Dies sind genau die vier Plagen, die auch in Offb 6,8 eingesetzt werden. Hier jedoch den 4. Teil aller Bewohner der Erde betreffend. (vgl. dazu auch 3Mose 26,22).
In anderen Texten werden diese Plagen im einzelnen genannt oder zum Teil unterschiedlich kombiniert. Hier eine Auflistung:
- 2Mose 9,15: tödliche Pest gegen Pharao in Ägypten und sein Volk.
- 4Mose 21,6: Plage durch Schlangen, welche das murrende Volk bissen.;
- 5Mose 32,25: Angedrohte Plagen durch das Schwert und Feuer bei Ungehorsam.
- 1Kön 8,37ff: Hungersnot, Getreidebrand, Krankheit, Heuschrecken;
- 1Chr 21,12: 7 Jahre Hunger oder drei Monate Schwert oder 3 Tage Pest. David wählte 3 Tage Pest, obwohl diese Plage die schlimmste war, denn er sagte: lieber in die Hände Gottes fallen als in die Hände der Feinde.
- Jer 14,15-16: Schwert, Hunger; Jer 16,4: böse Krankheiten, Schwert, Hunger; Jer 21,6-9: Pest, Schwert, Hunger; Jer 24,10: Schwert, Hunger, Pest; Jer 27,8-10: Schwert, Hunger, Pest; Jer 29,18: Schwert, Hunger, Pest; Jer 32,24.36: Schwert, Hunger, Pest; Jer 34,17: Schwert, Pest, Hunger; Jer 38,2: Schwert, Hunger, Pest; Jer 42,17.22: Schwert, Hunger, Pest; Jer 44,13: Schwert, Hunger, Pest.
- Hes 6,11-12: Schwert, Hunger, Pest; Hes 7,15: Schwert, Hunger, Pest; Hes 12,16: Schwert, Hunger, Pest.
- Hes Hes 33,27: Wilde Tiere, Schwer, Pest. Hier bezogen auf Völker, welche gegen Gott sündigen.
Auch Jesus hat Plagen für diese Welt vorausgesagt:
- Schwert (Kriege), Hungersnöte, Erdbeben.
- Lk 21,9-11: Schwert (Kriege, Aufstände), große Erdbeben, Hungersnöte, Seuchen.
- Lk 21,20-22: Große Not, Schwert, Gefangenschaft.
Unübersehbar scheinen diese Aussagen die Texte von Offb 6,3-8 erhellen. Dem gegenüber steht das weiße Pferd dazu in einem starken positivem Kontrast.
Der Tod und das Totenreich machen reiche Beute durch die verschiedenen Werkzeuge, auch Menschen sind dabei beteiligt. Diese Texte geben Einblick in das aktive, aber auch in das zulassende Handeln Gottes. Sein Ziel war es damals das Volk Israel durch Gerichte zur Umkehr zu bewegen und gleichzeitig seine Gerechtigkeit unter den Völkern zu offenbaren. Gott allein weiß genau, wie viele Menschen (auch Unschuldige und Zeugen Jesu) täglich, jährlich und im Laufe der Jahrtausende eines unnatürlichen, oft sehr frühen Todes gestorben sind, bzw. umgebracht wurden. Dabei handelt es sich um den vierten Teil (1Mose 4,1-13).
Durch diese vier Pferde mit ihren Reitern bekamen wir einen ersten Überblick über die Weltgeschichte bis kurz vor der Wiederkunft Jesu und dem damit verbundenem Gerichtstag.
3.5 Das Lamm öffnet das fünfte Siegel – Die Seelen der Zeugen unter dem Altar
(Bibeltext: Offb 6,9-11)
„Und als es das fünfte Siegel öffnete, sah ich unter dem Altar die Seelen derer, die geschlachtet worden waren um des Wortes Gottes und um des Zeugnisses willen, das sie hatten. Und sie riefen mit lauter Stimme und sprachen: Bis wann, heiliger und wahrhaftiger Herrscher, richtest und rächst du nicht unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen? Und es wurde ihnen einem jeden ein weißes Gewand gegeben; und es wurde ihnen gesagt, dass sie noch eine kurze Zeit abwarten sollten, bis auch ihre Mitknechte und ihre Brüder vollendet seien, die ebenso wie sie getötet werden sollten.“ (Offb 6,9-11).
Nach der Öffnung des fünften Siegels sieht Johannes ein ungewöhnliches Bild. Es wird eine Szene gezeigt, die sich im Himmel in unmittelbarer Nähe Gottes abspielt. Was er sieht sind die Seelen derer, die um des Wortes Gottes und des Zeugnisses willen das sie hatten, umgebracht worden sind. Dieser Text stellt an uns mehrere Fragen, die wir nacheinander versuchen zu beantworten.
- Frage: Wie ist die Bezeichnung Seelen zu verstehen?
Die deutsche Bezeichnung `Seele` ist nicht ganz einfach zu definieren. Der Grund liegt darin, dass im griechischen Wort ` psych¢ ` mehrere Aspekte des Lebens enthalten sind.
- Mit `psych¢ – Seele` wird ein (lebendiges) Wesen, eine lebendige Person beschrieben (1Mose 2,7: der Mensch wurde zu einem lebendigen Wesen; 5Mose 10,22: „Siebzig Seelen gleich siebzig (lebendige) Menschen oder Personen; Apg 2,41: dreitausend Seelen, gemeint sind ,Menschen, Personen.
- Mit `psych¢ – Seele` wird auch (physisches) Leben des Menschen beschrieben (1Mose 9,3f; und 3Mose 17,11: „denn im Blut ist das Leben“; Joh 10,11: „der gute Hirte gibt sein Leben hin“ (Joh 10,.17); Apg 20,24: ich achte mein Leben nicht wert“; Offb 12,11: „und haben ihr Leben nicht geliebt bis in den Tod“). Damit sind mit `τὰς ψυχὰς – tas psychas – die Seelen` Menschen / Personen bezeichnet, denen Ihr physisches Leben auf der Erde genommen wurde und deren Geist beim Herrn ist (Lk 23,46: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist“ (Ps 31,6); Apg 7,59: „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf“; Hebr 12,23: „wir sind gekommen zu den Geistern der vollendeten Gerechten“;).
- Die Seelen unter dem Altar sind eben auch die Geister der vollendeten Gerechten. Jesus sagte: „Wer sein Leben lieb hat, der verliert es; und wer sein Leben auf dieser Welt hasst, der wird’s bewahren zum ewigen Leben.“ Auf das physische und damit vergängliche Leben des Gläubigen folgt das geistliche, eben das ewige Leben.
- Frage: Wie endete ihr physisches Leben auf Erden?
Von diesen Seelen heißt es, dass sie geschlachtet wurden. Die Tötungsbezeichnung: `τῶν ἐσφαγμένων – t÷n erfagmen÷n` (Pl.) ist die gleiche wie sie auch für Jesus, das Lamm Gottes verwendet wird (Offb 5,6.8; 13,8; Jes 53,7; Apg 8,32). Allerdings wird der Tötungsbegriff `schlachten` auch bei Kriegshandlungen mit dem Einsatz von Schwert verwendet (Hes 21,15.20.33). In 2Sam 11,25 und Jer 12,12 wird vom Schwert gesagt, dass es frisst (gr. fagetai), es handelt sich um die gleiche Wortwurzel wie auch in den oben genannten Stellen von Offb 6,4. Dazu heißt es, dass sie einander schlachteten, man kann sogar sagen einander (mit dem Schwert) auffraßen (vgl. dazu Sach 8,10). Das dieses Verb sogar im Wort `sarkofagos – Fleischfresser` seinen Niederschlag fand, zeigt seine breite Verwendung (Daher kommt auch das deutsche Wort Schlachtfeld). Auch hier entscheidet der Kontext über die Verwendung dieses Begriffes. Doch nach den Worten von Jesus werden nicht alle seine Nachfolger buchstäblich getötet. Denn das Martyrium kann auch andere Formen haben.
- Frage: Wo und in welchem Zustand befinden sich diese Seelen? Welcher Altar ist im Text gemeint
Von diesen Seelen wird gesagt, dass sie sich unter dem Altar befinden. Der Altar kommt in der Bibel mehr als 300 Mal vor, davon sieben Mal in der Offenbarung. In Kapitel 8,3-5 werden Details genannt, die eindeutig auf den goldenen Räucheraltar hinweisen. Dort heißt es: „Und ein anderer Engel kam und trat an den Altar und hatte ein goldenes Räuchergefäß; und ihm wurde viel Räucherwerk gegeben, dass er es darbringe mit den Gebeten aller Heiligen auf dem goldenen Altar vor dem Thron. Und der Rauch des Räucherwerks mit den Gebeten der Heiligen stieg von der Hand des Engels hinauf vor Gott. Und der Engel nahm das Räuchergefäß und füllte es mit Feuer vom Altar und schüttete es auf die Erde.“ Auch in Offb 9,13 heißt es: „ich hörte eine Stimme aus den vier Ecken des goldenen Altars vor Gottes Thron“.Auch in Offb 14,18; 16,7 ist aufgrund des Textzusammenhangs derselbe Altar gemeint. Ebenso weist das Räucherwerk aus Offb 5,8 auf diesen Altar hin). Weitere Stellen zu dem goldenen Räucheraltar; Hebr 9,3: das Räuchergefäß; Lk 1,10-11: Räucheraltar; 2Mose 30,1.27; 31,8; 35,15; 37,24; 40,5; 3Mose 4,7). Der große kupferne Brandopferaltar wird zum jetzigen Zeitpunkt im (bzw. außerhalb des) himmlischen Heiligtums nicht erwähnt, denn Jesus hat durch sein einmaliges Opfer am Kreuz alle Sünden gesühnt ( Offb 1,5; 5,9; Hebr 10,10; 13,10).
Die Verortung der Seelen `unter` dem Räucheraltar, gr. `ὑποκάτω – ypokatö –darunter`, ist nicht einfach nur eine räumliche, sondern eine dem jetzigen Zustand der Seelen entsprechende Beschreibung. Sie dürfen sich ausruhen von ihren physischen Leiden. Das gr. Verb `ἀναπαύσονται – anapausontai – sie sollen ausruhen`, ist das gleiche wie auch in Offb 14,13: „sie ruhen aus von ihren Mühen“. Diese Art von Ruhe verspricht Jesus denen, die bereits hier zu ihm kommen (Mt 11,28-30). Dieses Ruhen ist jedoch kein unbewusster Zustand, denn sie nehmen wahr, was geschieht, bzw. was noch nicht geschieht. Jesus, der am besten Bescheid wusste sagte: „Gott aber ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden; denn ihm leben sie alle“ (Lk 20,38).
- Frage: An wen wenden sie sich und wonach fragen sie? Ist ihr Ruf nach Rache berechtigt? Was bekommen sie zugeteilt und was wird ihnen zugesagt?
Sie rufen (schreien) mit lauter Stimme indem sie sich an den wenden, der auf dem Thron ist und nennen ihn Herrscher gr. `δεσπότης – despot¢s ` „du Heiliger und Wahrhaftiger, bis wann richtest du nicht und rächst unser Blut an denen die auf Erden sind?“ Zunächst fällt uns die ungewöhnliche Anrede ` despot¢s ` auf, weil er so negativ besetzt ist. Dieser Herrscherbegriff wird noch an folgenden Stellen verwendet und meistens auf Gott und auch den Herrn Jesus angewandt (Judas 1,4: „Herrn und Herrscher Jesus Christus“; 2Petr 2,1: „und verleugnen den Herrn, der sie losgekauft hat“; 2Tim 2,21: „der wird ein Gefäß sein zu ehrenvollem Gebrauch, geheiligt, für den Hausherrn brauchbar und zu allem guten Werk bereitet.“; Apg 4,24: „Herr, du hast Himmel und Erde gemacht“; Lk 2,29: „Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast“. Diese Herrschaftsbezeichnung wird aber auch auf Herren dieser Welt in ihrer Stellung gegenüber ihren Sklaven verwendet: 1Petr 2,18: „Ihr Sklaven, ordnet euch in aller Furcht den Herren unter“, so auch Tit 2,9; 1Tim 6,1-2). Diese Hoheitsbezeichnung unterstreicht auf besondere Weise den Stand des Herrschers gegeüber seinen Knechten / Sklaven), was in der Offenbarung deutlich zum Ausdruck kommt. Mit höchster Ehrerbietung und doch völlig angstfrei und vertrauensvoll wenden sich diese Seelen an ihren Herrn und Gebieter mit den Worten: „Bis wann, heiliger und wahrhaftiger Herrscher, richtest und rächst du nicht unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen?“
Auf die Formulierung: „die auf der Erde wohnen“ gehen wir im 4. Teil näher ein. Und dies ist die Antwort aus dem Thron: „Und jedem von ihnen wurde ein weißes Kleid gegeben.“ Die weiße `στολὴ – stol¢ ` ist ein sehr wertvolles, langes Festgewand, Festbekleidung (Lk 15,22; Mk 16,5). Das bedeutet doch, dass ihre durch den Glauben an Jesus Christus zugesprochene Gerechtigkeit bestätigt wurde (Offb 7,13; Offb 19,8).
Sie sollten ruhen eine kleine Zeit (mikron chronon). Anscheinend empfanden sie keine Zeit mehr, als ob die Zeit still steht. Nur Gott hat ein absolutes Bewusstsein für Zeitspannen, Zeiträume und deren Inhalte, bzw. Abläufe.
Immer wieder wird die Frage gestellt, ob der Ruf nach Vergeltung berechtigt ist? Man denkt dabei an die Grundaussage Gottes aus 5Mose 32,35 und die Zitate der Apostel: „Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben (5. Mose 32,35): »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.« (Röm 12,19; so auch Hebr 10,30; ebenso Jesus in Mt 5,39).
Jene Gläubigen (Seelen) rächten sich nicht als sie auf Erden waren, genauso wie Jesus stellten sie es dem anheim „der da recht richtet“(1Petr 2,23). Weiter schreibt Paulus: „Alexander, der Schmied, hat mir viel Böses angetan; der Herr wird ihm vergelten nach seinen Werken.“ (2Tim 4,14). Das Unrecht kann und soll genannt werden, doch Selbstjustiz kommt für Kinder Gottes nicht in Frage. Genaus dies taten auch die Seelen unter dem Altar, eben nur in Form einer Frage. Der Ruf nach Vergeltung der Seelen war nichts Unrechtes. Denken wir an die Ermordung Abels. Gott sagte zu Kain: „Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde.“ (1Mose 4,10). So als ob Abel sich auch unter dem Altar befand. Und Jesus sagte voraus: „auf dass über euch komme all das gerechte Blut, das vergossen ist auf Erden, vom Blut Abels, des Gerechten, bis zum Blut Secharjas, des Sohnes Berechjas, den ihr getötet habt zwischen Tempel und Altar.“ (Mt 23,35). Das Gott jedoch sein Gericht zurückhält spricht für seine Weisheit und Langmut, die alles menschliche bei weitem übertrifft (2Petr 3,9).
Die Aussage: „die auch noch getötet werden sollen“ ist wahrscheinlich im allgemeinen Sinne gemeint, denn Jesus selbst sagte: „und etliche werden sie töten“, das heißt alle werden leiden müssen auf verschiedene Weise. Denn oft ist ein Leben in ständiger Verfolgung genauso ein Martyrium wie ein gewaltsamer aber schneller Tod.
- Frage: Welche indirekte Botschaft wird den Gläubigen auf der Erde vermittelt?
Die Gläubigen hier auf Erden sollen sich auf eine von Leiden gezeichnete Existenz einstellen. Sie aber: „stärkten die Seelen der Jünger und ermahnten sie, im Glauben zu bleiben, und sagten: Wir müssen durch viele Bedrängnisse in das Reich Gottes eingehen.“ (Apg 14,22). Kinder Gottes sind nach ihrem physischem tod in Gottes Umgebung in Sicherheit und werden getröstet )(Lk 16,25).
- Frage: Was meint Gott mit `noch eine kleine Zeit`?
Die Zeitangabe: `χρόνον μικρόν, ἕως – chronos mikron eös– Zeit kleine bis` wird begründet mit der Aussage: „bis die anderen hinzugekommen sind, welche auch noch getötet werden sollen.“ Damit erübricht sich der Versuch einer zeitlichen Berechnung. Auf jeden Fall ist das Zeitempfinden in der Sphäre Gottes ein anderes als bei denen hier auf der Erde.
3.6 Das Lamm öffnet das sechste Siegel – Die erste Beschreibung des Weltgerichts
(Bibeltext: Offb 6,12-17)
„Und ich sah, als es das sechste Siegel öffnete: Und es geschah ein großes Erdbeben; und die Sonne wurde schwarz wie ein härener Sack, und der ganze Mond wurde wie Blut, und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde, wie ein Feigenbaum, geschüttelt von einem starken Wind, seine Feigen abwirft. Und der Himmel schwand dahin wie ein Buch (Schriftrolle), das zusammengerollt wird, und jeder Berg und jede Insel wurden von ihren Stellen gerückt. Und die Könige der Erde und die Großen und die Obersten und die Reichen und die Mächtigen und jeder Sklave und Freie verbargen sich in die Höhlen und in die Felsen der Berge; und sie sagen zu den Bergen und zu den Felsen: Fallt auf uns und verbergt uns vor dem Angesicht dessen, der auf dem Thron sitzt, und vor dem Zorn des Lammes! Denn gekommen ist der große Tag ihres Zorns. Und wer vermag zu bestehen?“ (Offb 6,12-17).
Johannes sieht wie das Lamm das sechste Siegel öffnet. Was ihm jetzt gezeigt wird, weist auf das Endgericht hin. Diese Details sind uns bereits aus anderen Texten vertraut, insbesondere werden wir dabei an die Endzeitreden von Jesus erinnert, die er an seine Jünger auf dem Ölberg gehalten hat (Mt 24,24-33; Lk 21,25-28; 34-36; Mk 13,24-32). Wir werden sehen, dass im Buch der Offenbarung noch an weiteren Stellen das Endgericht beschrieben wird und dabei auch weitere Aspekte dazukommen (Offb 11,15-19; 14,16ff; 16,19; 19,11-21; 20,10-15). Und nun die einzelnen Details aus diesem Textabschnitt.
Zeichen auf der Erde: Ein großes Erdbeben
Und es geschah ein großes Erdbeben
Das Erste was Johannes wahrnimmt ist ein großes Erdbeben. Wir dürfen uns durchaus vorstellen, dass die gewaltigen Naturereignisse Johannes in einer Art Audio-Videoformat gezeigt wurden. Die griechische Bezeichnung für Erdbeben ist `σεισμὸς – seismos`, daher das Fachwort Seismologie. In den biblischen Berichten werden Erdbeben mehr als zwanzig Mal erwähnt (1Kön 19,11-12; Hes 3,12-13; 38,19; Am 1,1; Sach 14,5; Mt 27, 51.54; 28,2; Mk 13,8; Apg 16,26). Und Jesus hat weitere Erdbeben vorausgesagt (Mt 24,7; Mk 13,8; Lk 21,11). Dieses Naturphänomen hat Menschen seit je her in Angst und Schrecken versetzt (Ps 68,9; 77,19; Mt 27,51,54). Viele Bauwerke und ganze Städte sind durch Erdbeben zerstört worden. Von 1900 bis 2015 sind mehr als 2 Millionen Menschen durch Erdbeben ums Leben gekommen. Im Buch der Offenbarung sind Erdbeben Begleiterscheinungen sowohl der vorläufigen Gerichte Gottes als auch des Endgerichtes (Jes 13,13; Offb 6,12; 8,5; 11,13.19; 16,18). Im Text wird betont, dass es ein großes (starkes) Erdbeben war mit globalen Auswirkungen. In unserer Zeit werden jährlich Hunderttausende kleinere und größere Erdbeben registriert. Häufig sind Erdbeben mit Vulkanausbrüchen verbunden. So faszinierend diese aus der Ferne aussehen, so verheerende Auswirkungen haben sie in ihrer unmittelbaren Umgebung. Sie machen die Ohnmacht des Menschen offensichtlich. Eines Tages wird die Neugier der Schaulustigen ein Ende haben. So lesen wir in Hebr 12,26-27: „Seine Stimme hat zu jener Zeit die Erde erschüttert, jetzt aber verheißt er und spricht (Haggai 2,6): »Noch einmal will ich erschüttern nicht allein die Erde, sondern auch den Himmel.« 27 Dieses »Noch einmal« aber zeigt an, dass das, was erschüttert wird, weil es geschaffen ist, verwandelt werden soll, auf dass bleibe, was nicht erschüttert wird.“
Zeichen am Himmel: An Sonne, Mond und Sternen
und die Sonne wurde schwarz wie ein härener Sack, und der ganze Mond wurde wie Blut und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde, wie ein Feigenbaum, geschüttelt von einem starken Wind, seine Feigen abwirft, (Offb 6,12-13).
Diese Beschreibungen wecken in uns Erinnerungen an Geschichten aus der biblischen Offenbarung. Sie erinnern auch an Voraussagen in Bezug auf dramatische Phänomene an Himmelskörpern (Joel 3,1ff; Jes 13,10). Zunächst jedoch zu der einmaligen Formulierung „schwarz, wie ein härener Sack“. Bekannt ist, dass Teppiche für das Zelt des Zeugnisses aus Ziegenhaar hergestellt wurden (2Mose 31,20). Sehr wahrscheinlich wurden auch Mäntel und Säcke daraus gewoben (2Kön 1,8; Sach 13,4). Bis heute sind schwarzhaarige Ziegenherden im Orient ein häufiges Bild (1Mose 30,32-35). In solch grobes, aber auch stabiles Sacktuch hüllte man sich zum Zeichen der Trauer. Häufig setzte man sich dabei in Asche zum Zeichen der Demütigung und auch der Buße vor Gott (Est 4,1; Dan 9,3; Jona 3,6; 2Kön 19,1; 2Sam 3,31; Mt 11,21; Lk 10,13). Demnach wäre der Ausdruck: „schwarz, wie ein härener Sack“ ein passender Vergleich für die Verdunkelung der Sonne. Die Reaktion wird sein, große Trauer und Entsetzen, vorbei mit dem Leben in Luxus (Amos 8,10; Offb 18,10.17.19). Der Vergleich „und der ganze Mond wurde wie Blut“ kommt auch in anderen Texten vor und steht immer im Zusammenhang mit den Veränderungen an der Sonne.
Die erste Erwähnung einer partiellen Sonnenfinsternis während drei Tagen in Ägypten wirft zwar Fragen für die Astronomen auf, nicht aber für die Glaubenden an den Schöpfer Gott (2Mose 10,21-23). Auch während der letzten drei Lebenstunden von Jesus wurde es finster über dem ganzen Land, so alle drei synoptischen Evangelisten ((Mt 27,45; Mk 15,33; Lk 23,44-45). Die Aussagen der Propheten über Verdunkelung der Sonne und des Mondes sind zahlreich. In der Regel werden Sonne, Mond und Sterne als die von Gott geschaffenen Lichter zusammen genannt.
- In Hiob 9,7 steht: „Er gebietet der Sonne, und sie geht nicht auf; er verschließt die Sterne mit einem Siegel.“
- Und in Jesaja 13,10 steht:: „Ja, die Sterne des Himmels und seine Sternbilder werden nicht mehr glänzen; die Sonne wird sich bei ihrem Aufgang verfinstern und der Mond sein Licht nicht leuchten lassen.“ Der Kontext weist auf das Gericht Gottes hin und zwar über den Erdkreis (Jes 13,11).
- Jesaja 24,23: „Da wird der Mond erröten und die Sonne schamrot werden; denn der HERR der Heerscharen herrscht dann als König auf dem Berg Zion und in Jerusalem, und vor seinen Ältesten ist Herrlichkeit.“ Auch hier ist im Kontext vom Gericht über diese Erde die Rede und zwar mit dem Ausblick auf die neue Schöpfung (Jes 24,20ff).
- Joel 3,4: „die Sonne soll verwandelt werden in Finsternis und der Mond in Blut, ehe der große und schreckliche Tag des HERRN kommt.“ (so auch Joel 4,15; Apg 2,20; ähnlich auch Amos 8,9).
- Und Jesus sagte voraus: „Bald aber nach der Drangsal jener Tage wird die Sonne verfinstert werden, und der Mond wird seinen Schein nicht geben, und die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels erschüttert werden.“ (Mt 24,29;:Mk 13,24).
Die Zusammenhänge zwischen den partiellen Naturereignissen mit der Sonne in der Geschichte als vorläufige Hinweise, dann auch die Voraussagen der Propheten und des Herrn Jesus Christus in Bezug auf das Endgericht, sind offensichtlich.
Der Himmel entschwand wie eine Buchrolle
Und der Himmel schwand dahin wie ein Buch (Buchrolle), das zusammengerollt wird. (Offb 6,13).
Auch dafür gibt es bereits im Alten Testament Voraussagen:
- Jes 51,6: „Erhebt eure Augen zum Himmel und schaut auf die Erde drunten; denn die Himmel werden vergehen wie ein Rauch, und die Erde wird wie ein Kleid zerfallen, und ihre Einwohner werden auf dieselbe Weise umkommen; aber mein Heil wird ewig bleiben und meine Gerechtigkeit nicht zugrunde gehen.“
- Jes 34,4: „Und alles Heer des Himmels wird dahinschwinden, und der Himmel wird zusammengerollt werden wie eine Buchrolle, und all sein Heer wird hinwelken, wie ein Blatt verwelkt am Weinstock und wie ein dürres Blatt am Feigenbaum.“; (Ps 102,26-27; Hebr 1,10-11).
- Jesus bestätigte: „Himmel und Erde werden vergehen“ (Mt 24,35; Mk 13,31; Lk 21,33).
- Lk 21,26: „und die Menschen werden vergehen vor Furcht und in Erwartung der Dinge, die kommen sollen über die ganze Erde; denn die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen.“
- Und Ap. Petrus präzisiert, wie sie vergehen werden: „Es wird aber des Herrn Tag kommen wie ein Dieb; dann werden die Himmel zergehen mit großem Krachen; die Elemente aber werden vor Hitze schmelzen, und die Erde und die Werke, die darauf sind, werden nicht mehr zu finden sein. 11 Wenn nun das alles so zergehen wird, wie müsst ihr dann dastehen in heiligem Wandel und frommem Wesen, 12 die ihr das Kommen des Tages Gottes erwartet und ihm entgegeneilt, wenn die Himmel vom Feuer zergehen und die Elemente vor Hitze zerschmelzen. 13 Wir warten aber auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt.“ (2Petr 3,10-13; Jes 65,17).
- Was sieht Johannes bei der letzten Beschreibung des Gerichtes in Offb 20,11: „Und ich sah einen großen, weißen Thron und den, der darauf saß; vor seinem Angesicht flohen die Erde und der Himmel, und es wurde keine Stätte für sie gefunden.“ (lies dazu auch Offb 21,1).
Dies bedeutet die vollständige Auflösung des Universums, der materiellen Schöpfung und die Schaffung einer neuen Wohnstätte (Himmel und Erde vereint) in denen Gerechtigkeit wohnt.
Der Schrei nach Hilfe: Ihr Berge verbergt uns
und alle Berge und Inseln wurden wegbewegt von ihren Orten. Und die Könige der Erde und die Großen und die Obersten und die Reichen und die Mächtigen und jeder Sklave und Freie verbargen sich in die Höhlen und in die Felsen der Berge; 16 und sie sagen zu den Bergen und zu den Felsen: Fallt auf uns und verbergt uns vor dem Angesicht dessen, der auf dem Thron sitzt, und vor dem Zorn des Lammes! 17 Denn gekommen ist der große Tag ihres Zorns.“ (Offb 6,15-17).
Das Schreien nach Hilfe geht ins Leere, weil es den Schutz der Berge nicht mehr gibt. Über diesen Ruf in der Verzweiflung gibt es auch Aussagen in den Propheten und von Jesus.
- Hosea 10,8: „Die Höhen des Frevels werden verwüstet, auf denen sich Israel versündigte; Dornen und Disteln wachsen auf ihren Altären. Dann werden sie sagen zu den Bergen: Bedeckt uns!, und zu den Hügeln: Fallt über uns!“ (vgl. dazu auch Jes 2,10.19.21).
- „Jesus aber wandte sich um zu ihnen und sprach: Ihr Töchter von Jerusalem, weint nicht über mich, sondern weint über euch selbst und über eure Kinder. Denn siehe, es wird die Zeit kommen, in der man sagen wird: Selig sind die Unfruchtbaren und die Leiber, die nicht geboren haben, und die Brüste, die nicht genährt haben! Dann werden sie anfangen zu sagen zu den Bergen: Fallt über uns!, und zu den Hügeln: Bedeckt uns! Denn wenn man das tut am grünen (feuchten) Holz, was wird am dürren werden?“ (Lk 23,28-31).
In dieser ersten Darstellung des Gerichtstages wird nur die Situation und das Schicksal der Ungläubigen beschrieben. Was mit den Erlösten geschieht, wird in anderen Visionen beschrieben. Bereits im 1. Kapitel Vers 7 lesen wir: „Siehe, er kommt mit den Wolken, und es werden ihn sehen alle Augen und alle, die ihn durchbohrt haben, und es werden wehklagen um seinetwillen alle Stämme der Erde. Ja, Amen.“ (lies dazu auch Mt 24,30).
Der Tag des Zornes Gottes
Dieses Thema und diese Realität werden oft ausgeblendet in der Verkündigung. Was wäre aber, wenn es keine gerechte Vergeltung geben würde? Der gr. Begriff `ὀργῆ – org¢ – Zorn` kommt in der Bibel mehr als dreihundert Mal vor, sowohl vom Menschen ausgehend als auch von Gott. Was für viele ungewöhnlich erscheint ist, dass auch der Sohn Gottes als das Lamm Gottes Zorn empfindet und entsprechend reagiert. Während seiner Dienstzeit zeigte Jesus nur ein Mal seinen Zorn, wobei er jedoch nicht mit Vergeltung reagierte (Mk 3,5). Doch nur Gott der Vater und der Sohn Gottes Jesus Christus sind imstande ihr Gerechtigkeitsempfinden angemessen anzuwenden. Mit anderen Worten, der Zorn Gottes und des Lammes äußert sich in der gerechten Vergeltung an denen, die Unrecht tun.
- Zef 2,2: „ehe denn das Urteil ergeht – wie Spreu verfliegt der Tag –, ehe denn des HERRN grimmiger Zorn über euch kommt, ehe der Tag des Zorns des HERRN über euch kommt!“
- Lk 3,7: „Da sprach Johannes zu der Menge, die hinausging, um sich von ihm taufen zu lassen: Ihr Otterngezücht, wer hat euch gewiss gemacht, dass ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet“
- Röm 1,18: „Denn Gottes Zorn wird vom Himmel her offenbart über alles gottlose Leben und alle Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten.“
- Röm 2,5: „Du aber, mit deinem verstockten und unbußfertigen Herzen, häufst dir selbst Zorn an für den Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes,“
- 1Thes 1,10: „und zu warten auf seinen Sohn vom Himmel, den er auferweckt hat von den Toten, Jesus, der uns errettet von dem zukünftigen Zorn.“ (Weitere Stellen: Offb 14,10; 15,1; 16, 19; 18,25; 19,15).
Dies ist die erste visionäre Beschreibung des großen Tages Gottes, der als großer Tag des Zorns, d.h. der Vergeltung beschrieben wird. Das ist auch der Tag des Gerichtes Gottes durch den Menschensohn Jesus Christus.
Es folgen noch weitere 3 ausführliche Beschreibungen dieses Tages in den Kapiteln 11;19 und 20. Dort werden einige Aspekte bezüglich des Gerichtstages wiederholt und weitere kommen hinzu. In der Wiederholung dieser Thematik erkennen wir auch die Konzeption des Buches, bei der die gesamte Entwicklung der Geschichte mehrmals aus verschiedenen Perspektiven gezeigt wird.
Wer kann bestehen vor dem Zorn des Lammes?
Kapitel 6 endet mit der Frage: „Wer kann bestehen?“ Diese Frage wird in Offb 7,1-17 beantwortet. Da bekommt Johannes einen erneuten Einblick in den himmlischen Bereich. Solch ein Ausblick ist eine Ermutigung für die leidende Gemeinde auf Erden, sich in dieser Vision als das versiegelte und damit auch erlöste Volk Gottes bereits am Endziel zu sehen.
3.7 Die 144000 Versiegelten und die unzählbare Schar der Erlösten vor dem Thron Gottes
(Bibeltext: Offb 7,1-17)
Dieses Kapitel enthält zwei herrliche Visionen, in denen die Antwort gegeben wird auf die vorher gestellte Frage „und wer vermag zu bestehen?“.
3.7.1 Die Zurückhaltung des Gerichtes bis zur Versiegelung der Knechte Gottes
Die Einleitung zu der Vision von den 144000 Versiegelten ist in den ersten drei Versen des 7. Kapitels beschrieben. Dort steht geschrieben:
Nach diesem sah ich vier Engel auf den vier Ecken der Erde stehen; die hielten die vier Winde der Erde fest, damit kein Wind wehe auf der Erde noch auf dem Meer noch über irgendeinen Baum. Und ich sah einen anderen Engel von Sonnenaufgang heraufsteigen, der das Siegel des lebendigen Gottes hatte; und er rief mit lauter Stimme den vier Engeln zu, denen gegeben worden war, der Erde und dem Meer Schaden zuzufügen, und sagte: Schadet nicht der Erde noch dem Meer noch den Bäumen, bis wir die Knechte unseres Gottes an ihren Stirnen versiegelt haben. (Offb 7,1-3).
Johannes beginnt mit den Worten: „Nach diesem sah ich“. Diese einleitenden Worte kommen mehrmals in den Visionen der Offenbarung vor (Offb 4,1; 7,1; 7,9; 15,5; 18,1). Natürlich sieht Johannes diese Visionen in einer chronologischen Reihenfolge, doch dies bedeutet nicht zwingend, dass sich das Geschaute immer auf das vorhergehende aufbaut. Feststellen lässt sich dies immer nur im Kontext. Die Ereignisse in der Vision aus Kapitel 7,1-8 können nicht chronologisch nach dem Gericht stattfinden, welches bereits in Kapitel 6,12-17 geschaut wurde. Anders verhält es sich mit der Vision aus Kapitel 7,9-17. Diese baut in der Tat auf die vorhergehende Vision in (Offb 7,1-8 auf.
Trotzdem sind beide Vision aus Kapitel 7 Teil des sechsten Siegels und in ihr wird in symbolischen Zahlen zusammengefasst wer und wie viele Menschen im Laufe der Geschichte als Gottes Volk hier auf Erden versiegelt sein werden. Demnach wird diese Versiegelung bis zum Endgericht abgeschlossen sein. Bis dahin gilt die Anweisung an die vier Engel: „schadet der Erde und dem Meer nicht“. In Kapitel 7,9-17 sieht Johannes aus himmlischer Perspektive das gesamte Volk Gottes bereits in seinem vollendeten Zustand als am Ziel angekommen. Was für eine Ermutigung für die bedrängte und verfolgte Gemeinde in dieser Welt.
Doch nun zu den Details dieser ersten Vision. Wer sind die vier Engel, welche an den vier Ecken der Erde stehen? In Hebräer 1,7 lesen wir etwas Grundsätzliches über die Engel: „Und von den Engeln zwar spricht er: „Der seine Engel zu Winden macht und seine Diener zu einer Feuerflamme“. (vgl. mit Ps 104,4; Hebr 1,14). In Sacharia 1,8-11 und 6,1-7 stehen die vier Gespanne symbolisch für die vier Winde des Himmels. Sie sind ausgesandt für bestimmte Dienste, nachdem sie vor dem Herrn der ganzen Erde gestanden haben. Es besteht eine Ähnlichkeit zu den vier Engeln, welche an den vier Ecken der Erde stehen und ebenfalls für Winde zuständig sind. Ob es nun dieselben Engel sind oder andere, sicher wirken auch diese im Auftrag Gottes.
Die Aussage „vier Enden (Ecken) der Erde“ kommt noch in Offenbarung 20,8 vor. An anderen Stellen der Bibel werden diese mit den jeweiligen Himmelsrichtungen beschrieben, so zum Beispiel in 1Mose 28,14, 4Mose 35,5; 5Mose 3,27; 1Chr 9,24; Ps 107,3; Jes 11,12; Lk 13,29. Diese vier Engel sind ausgestattet mit der Macht über Erde, Meer und Vegetation. Auffallend bei diesen Engeln ist, obwohl sie bereit sind, handelt keiner von ihnen eigenmächtig.
Und nun tritt ein anderer Engel vom Sonnenaufgang her auf, ausgestattet mit dem Siegel des lebendigen Gottes. Sonnenaufgang steht für den Tagesbeginn. Er zeigt aber auch eine segensvolle Zuwendung Gottes an (Mal 3,16-20). Die Anweisung an die vier Engel lautet: Die Erde, das Meer und die Bäume nicht zu beschädigen „bis wir versiegelt haben die Knechte unseres Gottes an ihren Stirnen.“ Mit dem „wir “ wird hervorgehoben, der Engel ist nicht allein bei der Ausführung der Versiegelung. Die Bezeichnung „Knechte Gottes“ für die Gläubigen ist typisch im Buch der Offenbarung (Offb 1,1; 2,20; 6,11; 10,7; 11,18; 19,2.5; 22,3.6). Seine Aussage erinnert uns auch:
- An eine ähnliche Handlung die in Hesekiel 9,3-6 beschrieben wird. „Und die Herrlichkeit des Gottes Israels erhob sich von dem Cherub, über dem sie war, zu der Schwelle des Tempels, und er rief dem, der das leinene Gewand anhatte und das Schreibzeug an seiner Seite. Und der HERR sprach zu ihm: Geh durch die Stadt Jerusalem und zeichne mit einem Zeichen an der Stirn die Leute, die da seufzen und jammern über alle Gräuel, die darin geschehen. Zu den andern Männern aber sprach er, sodass ich es hörte: Geht ihm nach durch die Stadt und schlagt drein; eure Augen sollen ohne Mitleid blicken und nicht verschonen. “ Die Gerechten werden bewahrt bleiben und fallen nicht unter das Gericht zur Verdammnis.
- Aufschlussreich ist auch die Aussage von Jesus in Matthäus 13,27-30: „Da traten die Knechte des Hausherrn hinzu und sprachen zu ihm: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher hat er denn das Unkraut? Er sprach zu ihnen: Das hat ein Feind getan. Da sprachen die Knechte: Willst du also, dass wir hingehen und es ausjäten? Er sprach: Nein, auf dass ihr nicht zugleich den Weizen mit ausrauft, wenn ihr das Unkraut ausjätet. Lasst beides miteinander wachsen bis zur Ernte; und um die Erntezeit will ich zu den Schnittern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, damit man es verbrenne; aber den Weizen sammelt in meine Scheune.“
Weitere Stellen, welche von der Zurückhaltung des Gerichtes sprechen: Mk 13,27; Mt 28,14; Röm 11,25; 2Petr 3,7-9; Offb 6,11.
Das Zeichen an der Stirn und Hand im Alten Testament
Die Stirn des Menschen wird gelegentlich mit seinem Herzen in Verbindung gebracht. Harte Stirn gleich verstocktes Herz (Hes 3,7; Jes 48,4). Hand steht in der Regel für das Handeln des Menschen, aber auch für das Handeln Gottes (1Mose 5,29; Ps 102,26; 128,2; 1Kor 4,12). Im AT finden wir einige Hinweise zu einem Zeichen an Hand und Stirn:
- 2Mose 39,30: „Sie machten auch das Stirnblatt, den heiligen Kronreif, aus feinem Gold und schrieben darauf wie in ein Siegel geschnitten: »Heilig dem HERRN«.“ Dem Herrn geweiht, den Herrn gehörend.
- 2Mose 13,9: „Darum soll es dir wie ein Zeichen sein auf deiner Hand und wie ein Merkzeichen zwischen deinen Augen, damit des HERRN Gesetz in deinem Munde sei; denn der HERR hat dich mit mächtiger Hand aus Ägypten geführt.“ (2Mose 13,16).
- 5Mose 6,4-8: „Höre, Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR ist einer. 5 Und du sollst den HERRN, deinen Gott, lieb haben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft. 6 Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du zu Herzen nehmen 7 und sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Hause sitzt oder unterwegs bist, wenn du dich niederlegst oder aufstehst. 8 Und du sollst sie binden zum Zeichen auf deine Hand, und sie sollen dir ein Merkzeichen zwischen deinen Augen sein,“
- 5Mose 11,18: „So nehmt nun diese Worte zu Herzen und in eure Seele und bindet sie zum Zeichen auf eure Hand und macht sie zum Merkzeichen zwischen euren Augen.“
Bedeutungen solcher Merkzeichen:
- Als Gedächtnisstütze zur Erinnerung an den EINEN wahren Gott.
- Erinnerung an das erste und höchste Gebot.
- Erinnerung an die wunderbare Rettung und Erlösung aus ägyptischer Sklaverei.
- Als Bekenntnis der Zugehörigkeit zu Gott.
- Als Zeichen und Zeugnis für die Kinder.
Dabei ist dieses äußere Zeichen nur ein Hilfsmittel um Gottes Wort im Herzen zu bewahren und bewegen = Stirn und anzuwenden = Hand.
Doch wenn diese äußeren Zeichen bei den Israeliten auch eingehalten wurden, so sind sie doch mit ihrem Herzen immer wieder von Gott abgefallen und anderen Götzen nachgelaufen. Zur Zeit des Propheten Hesekiel griff Gott hart durch. Er brachte Gericht über die Bewohner Jerusalems und die Priesterschaft (Hes 9,5-6). Doch einen gläubigen Rest verschonte er. So lesen wir: „Und der HERR sprach zu ihm: Geh durch die Stadt Jerusalem und zeichne mit einem Zeichen an der Stirn die Leute, die da seufzen und jammern über alle Gräuel, die darin geschehen.“ (Hes 9,4).
Aber in jener Zeit verhieß Gott sein Gesetz in die Herzen zu schreiben. Dazu versprach er ein neues Herz und einen neuen Geist. „und ich will reines Wasser über euch sprengen, dass ihr rein werdet; von all eurer Unreinheit und von allen euren Götzen will ich euch reinigen. Und ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben und will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Ich will meinen Geist in euch geben und will solche Leute aus euch machen, die in meinen Geboten wandeln und meine Rechte halten und danach tun.“ (Hes 36,25-27). Und durch den Propheten Jeremia verhieß Gott einen Neuen Bund (Jer 31,31-34). Dieser wurde von Jesus gestiftet (Mt 26,26ff). Spätestens jetzt wird klar, dass mit der Stirn der unsichtbare, innere und doch so reale Geist des Menschen gemeint ist. Die Stirn, dahinter das Gehirn, als physisch materielles Werkzeug für den Geist. Das Herz, nicht als Blutpumpe, sondern als Schaltzentrale unseres Empfindens , Denkens und Willens.
Das Zeichen der Versiegelung im Neuen Testament
Jesus und die Apostel verwendeten die äußeren Zeichen an Stirn und Hand nicht, doch sie predigten Umkehr im Denken und Handeln (Mt 4,17; Lk 8,15; Apg 2,37-38; 3,19; Röm 12,1-2; Phil 2,5).
Es gibt einige Hinweise im Neuen Testament zur Versiegelung durch den Heiligen Geist. Bereits Johannes der Täufer sagte von dem Messias: „der wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen“ (Mt 3,11). Jesus verhieß den Heiligen Geist seinen Jüngern (Joh 14-16). Und vor seiner Himmelfahrt sagte Jesus: „denn Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber werdet mit dem Heiligen Geist getauft werden“ (Apg 1,5). Das erlebten die Jünger auch am Pfingsttag in Jerusalem und zwar in einem Privathaus. Damit begann die Versiegelung der Gläubigen im Rahmen des Neuen Bundes. Und nach ihnen auch etwa 3000 Menschen jüdischer Herkunft (Apg 2,1-18; 37-41). Doch auch Menschen aus den Nationen wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und damit versiegelt (Apg 8: in Samaria; Apg 10-11: in Hause des Kornelius in Cesarea; Apg;19:_in Ephesus; Gal 3,1-14: in Antiochien, Ikonium, Lystra und Derbe). Der Apostel Paulus schreibt an die Gläubigen in Ephesus, einer Gemeinde, die sich aus Juden und Nichtjuden zusammensetzte: „In ihm seid auch ihr, die ihr das Wort der Wahrheit gehört habt, nämlich das Evangelium von eurer Rettung – in ihm seid auch ihr, als ihr gläubig wurdet, versiegelt worden mit dem Heiligen Geist, der verheißen ist,“ (Eph 1,13). Oder: „Und betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes, mit dem ihr versiegelt seid für den Tag der Erlösung.“ (Eph 4,30; In Römer 8,16 schreibt er_ „Der Heilige Geist bezeugt unserem Geist, dass wir Gottes Kinder sind.“ Es ist also auch ein Merkmal der Zugehörigkeit zu Gottes Familie. Übrigens ist auch den Gläubigen des AT ihre Zugehörigkeit zu Gott bezeugt worden (Hebr 11,1.4.39). Dies entspricht der Versiegelung der Knechte Gottes in Offenbarung 7,1-8. Diese Versiegelung wird an jedem Menschen vollzogen, der durch den Glauben an Jesus Christus Vergebung seiner Sünden empfängt, erlöst wird und dadurch die Wiedergeburt erlebt (Joh 3,3-7; 2Kor 3,3; Tit 3,5). Sie wird abgeschlossen sein, wenn das Evangelium vom Reich Gottes allen Völkern verkündigt sein wird (Mt 24,14; Mk 13,13). Weitere Stellen zu der Versiegelung und den Versiegelten:
- Offb 9,4: „Und es wurde ihnen gesagt, sie sollten nicht Schaden tun dem Gras auf Erden noch allem Grünen noch irgendeinem Baum, sondern allein den Menschen, die nicht das Siegel Gottes haben an ihren Stirnen.“ Doch die Versiegelten stehen unter Gottes Schutz.
- Offb 14,1: „Und ich sah, und siehe, das Lamm stand auf dem Berg Zion und mit ihm hundertvierundvierzigtausend, die hatten seinen Namen und den Namen seines Vaters geschrieben auf ihrer Stirn.“
- Offb 3,12: „Wer überwindet, den will ich machen zum Pfeiler in dem Tempel meines Gottes, und er soll nicht mehr hinausgehen, und ich will auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen der Stadt meines Gottes, des neuen Jerusalem, das vom Himmel herniederkommt von meinem Gott, und meinen Namen, den neuen.“ Offb 22,4: „und sein Angesicht sehen, und sein Name wird an ihren Stirnen sein.“ Was für eine Auszeichnung und Aussicht!
- Der Ap. Paulus ermutigt seinen Mitarbeiter Timotheus: „Dieses kostbare Gut, das dir anvertraut ist, bewahre durch den Heiligen Geist, der in uns wohnt.“ (2Tim 1,14).
3.7.2 Die Aufzählung der Versiegelten aus den 12 Stämmen der Kinder Israels
(Bibeltext: Offb 7,4-8)
Und ich hörte die Zahl der Versiegelten: 144 000 Versiegelte, aus jedem Stamm der Söhne Israels. Aus dem Stamm Juda 12 000 Versiegelte, aus dem Stamm Ruben 12 000, aus dem Stamm Gad 12 000, aus dem Stamm Asser 12 000, aus dem Stamm Naftali 12000, aus dem Stamm Manasse 12 000, aus dem Stamm Simeon 12 000, aus dem Stamm Levi 12 000, aus dem Stamm Issaschar 12 000, aus dem Stamm Sebulon 12 000, aus dem Stamm Josef 12 000, aus dem Stamm Benjamin 12 000 Versiegelte.“ (Offb 7,4-8).
Nun hört Johannes die Zahl der Versiegelten. Während die erste Vision (1-3) eine Video / Audio Botschaft war, ist diese zweite nur eine Audiobotschaft. Wir gehen davon aus, dass es sich bei diesen Zahlen um symbolische Zahlen handelt, denn jede Deutung im matematisch / buchstäblichen Sinne, scheint weder logisch noch sinnvoll zu sein. Bei der Zahl 12 handelt es sich zunächst um die zwölf Stämme (nicht um die Stammväter als einzelne Personen) der Kinder Israel, aber auch um die zwölf Apostel des Lammes. Die Zahl Tausend kommt sehr oft in der Bibel vor und an einigen Stellen geht es einfach um eine nicht buchstäblich zu nehmende große Zahl (5Mose 7,9; 1Chr 16,15; Ps 50,10; 105,8; Jes 60,22; Dan 7,10).
Die vorhandenen Namenslisten der Söhne Jakobs zeigen Unterschiede auf, die keineswegs willkürlich sind. Nach menschlichen Kriterien hatte der Erstgeborene, aber auch der Erstgenannte in der Regel Vorrang. Die Kinder der rechtsmäßigen Frauen von Jakob hatten auch Vorrang vor den Kindern der Nebenfrauen. Anders ist es bei Gott, der nach seinen eigenen Kriterien bewertet, beurteilt und festlegt (siehe die 5. Spalte in der Tabelle).
1.Mose 29-30 1.Mose 49 2.Mose 1 1. Chronik 2 Offenbarung 7,4-8
- Ruben (Lea) 1. Ruben 1. Ruben 1. Ruben 1. Juda (Lea)
- Simeon (Lea) 2. Simeon 2. Simeon 2. Simeon 2. Ruben (Lea)
- Levi (Lea) 3. Levi 3. Levi 3. Levi 3. Gad (Silpa)
- Juda (Lea) 4. Juda 4. Juda 4. Juda 4. Asser (Silpa)
- Dan (Bilha) 5. Dan 5. Isaschar 5. Isaschar 5. Naftali (Bilha)
- Naftali (Bilha) 6. Naftali 6. Sebulon 6. Sebulon 6. Manasse (Asenat)
- Isaschar (Lea) 7. Isaschar 7. Benjamin 7. Dan 7. Simeon (Lea)
- Sebulon (Lea) 8. Sebulon 8. Dan 8. Josef 8. Levi (Lea)
- Josef (Rahel) 9. Josef 9. Naftali 9. Benjamin 9. Isaschar (Lea)
- Gad (Silpa) 10. Gad 10. Gad 10. Naftali 10. Sebulon (Lea)
- Asser (Silpa) 11. Asser 11. Asser 11. Gad 11. Josef (Rahel)
- Benjamin (Rahel) 12. Benjamin Josef ist in 12. Asser 12. Benjamin (Rahel) Ägypten
Einige Beobachtungen zu den Stammeslisten und mögliche Schlussfolgerungen.
- Nicht Ruben der Erstgeborene, sondern Juda führt in Offenbarung 7,4-8 die Stammesliste an. Dies wurde bereits von Jakob in seiner Segnung vorausgesagt (1Mose 49,1-4; 8-12). Diese führende Aufgabe des Stammes Juda zeigte sich bereits während der Wüstenwanderung, ebenso bei der Landverteilung (4Mose 2,3; Jos 15). Aus dem Stamm Juda kam der König David von dem Gott sagte: „er soll meinen Willen tun“ (1Sam13,14) Diese führende Rolle des Stammes Juda mündet letztlich in der Person von Jesus als Messias / König (Mt 1; Lk 3; Hebr 7,14; Offb 5,5). In Betracht kommt noch der besondere Einsatz von Juda als Bürge für den jüngsten Sohn Benjamin. Auch Jesus ist Bürge geworden, allerdings bezahlte er mit seinem Leben für die Schuld aller Menschen (vgl. 1Mose 43,9; 44,32 mit Hebr 7,22).
- Der Stamm Ruben rückt auf den zweiten Platz. Wegen seiner gräulichen Tat wurde ihm die Führende Aufgabe in Israel entzogen (1Mose 49,1-3). So spielte dieser Stamm in der Geschichte Israels keine besondere Rolle.
- Die Stämme Gad und Asser, geboren von Silpa, Leas Magd, rücken in der letzten Liste nach oben (1Mose 49,19-20; 5Mose 33,20). Die Magd musste herhalten für den Ergeiz von Lea. Gott erhöht die Niedrigen. Auch ist der Stamm Asser im NT im Zusammenhang mit der Prophetin Hanna genannt (Lk 2,36).
- Es folgt der Stamm Naftali, geboren von Bilha, Rahels Magd. Auch er wird in der letzten Liste den leiblichen Söhnen Rahels vorgezogen (1Mose 49,21; Jes 8,23; Mt 4,15).
- Manasse ist der erstgeborene Sohn von Josef. Seine Mutter Asenat ist Priestertochter in Ägypten (1Mose 41,51; 48,5.15.20; Jos 17,7ff).
- Es folgen die beiden Söhne von Lea, Simeon und Levi (1Mose 34,25-30; 49,5-7). Simeon bekam sein Erbteil im südlichen Teil des Stammesgebietes von Juda (Jos 19,1; 21,4). Er war aber auch zerstreut in Israel (2Chr 15,9). Der Stamm Levi hatte in Israel kein Erbteil bekommen. Er sollte am Heiligtum Dienst versehen, anstelle aller Erstgeborener in Israel (1Mose 49,4-7; 5Mose 10,8; 18,1; 4Mose 3,12). Doch im Reiche Gottes bekommt er sein Erbteil. Auch er ist im NT im Hebräerbrief genannt (Hebr 7,14). Barnabas war Mitarbeiter des Paulus aus dem Stamm Levi (Apg 4,36).
- Isaschar und Sebulon, ebenfalls Söhne von Lea (1Mose 49,13-15; Jes 8,23; Mt 4,15).
- Die Liste wird von Josef und Benjamin, zwei Söhne von Rahel, der Lieblingsfrau von Jakob abgeschlossen (1Mose 49,22-26;. 27). Josef, dessen Leben viele Parallelen zu Jesus aufweist. Auch er ist im NT erwähnt (Apg 7,9-22). Benjamin an letzter Stelle in den meisten Listen. Doch auch im NT ist der Stamm Benjamin in der Person des Ap. Paulus erwähnt (Phil 3,5). So wird diese in der Offenbarung von Jesus festgelegte Reihenfolge von den Stämmen Juda und Benjamin flankiert. Beide Stämme hatten ihre Stammesgebiete nebeneinander, Jerusalem und der Zionsberg verbanden die beiden miteinander.
Bei genauerem Hinsehen stellen wir fest, dass zwei Stämme fehlen. Efraim, der jüngere Sohn von Josef, wurde doch bei der Segnung durch Jakob seinem älterem Bruder Manasse vorgezogen (1Mose 48,18-19). Und warum fehlt er in der Liste in Offenbarung, was könnten die Gründe dafür sein? Ist es weil Gott gesagt hat: „Denn das Haupt von Aram ist Damaskus, und das Haupt von Damaskus ist Rezin – und in fünfundsechzig Jahren soll es mit Ephraim aus sein, dass sie nicht mehr ein Volk seien“ (Jes 7,8)? Lag es an Jerobeam, der als erster König des Nordreiches den Götzendienst eingeführt hatte (1Kön 11-14)? Doch bereits in der Richterzeit wurde in diesem Stamm der Götzendienst eingeführt (Richter 17). Aber auch der König Salomo hat zum Götzendienst in Israel beigetragen (Neh 13,26; 1Kön 11,1ff).
Und warum fehlt der Stamm Dan, des Sohnes von Bilha, Rahels Magd? Hat es damit zu tun, wie Rahel zu diesem Sohn kam, was ging dem voraus (1Mose 30,1ff)? Was bekam er von Jakob mit auf seinen Lebensweg? Jakob sagte seinem Sohn Dan nichts Gutes voraus (1Mose 49,16-18). Als der Stamm Dan sein Erbteil ganz im Norden des Landes in Besitz nahm, führte er zeitgleich den Götzendienst ein (Richter 18,1-30). Dies bedeutet jedoch nicht, dass es in diesen beiden Stämmen niemand gab, der Gott die Treue gehalten hätte (2Mose 31,6; 35,34; Ri 13,2; 1Kön 18,4; Röm 11,4).
Doch wir erkennen, dass das Verhalten der Väter und Mütter Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen hatte. Sicher bezieht Gott alle diese menschlichen Schwachpunkte mit ein. Doch letztlich handelt er nicht nach Verdienst der Werke, sondern nach der Gnade dessen der beruft (2Tim 1,9). Unter diesen Gesichtspunkten kann die Stammesliste in Offb 7,4-8 gesehen werden. Sicher ist, dass die Versiegelten nicht nach menschlichen Kriterien (Fleisch und Blut) zu der auserwählten Schar gehören. Ebenso ist die Zahl nicht buchstäblich, sondern symbolisch zu deuten. Hatte doch Gott zu jeder Zeit seine 7000, welche ihre Knie nicht gebeugt hatten vor dem Baal. So klärt Gott den Propheten Elia darüber auf. Und der Ap. Paulus zitiert Gottes Worte in Röm 11,2-6: „Gott hat sein Volk nicht verstoßen, das er zuvor erwählt hat. Oder wisst ihr nicht, was die Schrift sagt von Elia, wie er vor Gott tritt gegen Israel und spricht (1. Könige 19,10): 3 »Herr, sie haben deine Propheten getötet, deine Altäre haben sie niedergerissen. Ich bin allein übrig geblieben, und sie trachten mir nach dem Leben«? 4 Aber was sagt ihm die göttliche Antwort? (1. Könige 19,18): »Ich habe mir übrig gelassen siebentausend Mann, die ihre Knie nicht gebeugt haben vor Baal.« 5 So geht es auch jetzt zu dieser Zeit: Ein Rest ist geblieben, der erwählt ist aus Gnade. 6 Ist’s aber aus Gnade, so ist’s nicht aufgrund von Werken; sonst wäre Gnade nicht Gnade.“
Schlussfolgerungen
- Abraham ist Vater aller Glaubenden“ (Röm 4,1-17). Nach Röm 11,17-27 werden die Gläubigen aus den Nationen in den jüdischen Ölbaum eingepfropft und bilden am Ende zusammen mit den Gläubigen aus den Juden das ganze Israel (Röm 11,25). Vergleiche dazu auch Eph 2,11-21: „Christus hat aus zwei eins gemacht“; Eph 3,6: „ihr seid miteinverleibt und Teilhaber der Verheißung“; Gal 3,26-29: „da ist weder Jude noch Grieche …, sondern ihr seid einer in Christus. … Gehört ihr aber Christus an, so seid ihr ja Abrahams Nachkommen und nach der Verheißung Erben.“; Auch Petrus erinnert an Gottes Plan mit seinem Volk indem er aus 2Mose 19,6 zitiert: „Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, das heilige Volk, das Volk des Eigentums“ ; (1Petr 2,9). Denken wir daran, was Jesus in Johannes 10,16 gesagt hat: „Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden.“ Auf diese Weise wird erfüllt, was Gott durch seinen Messias verheißen hat (Jes 49,6: „er spricht: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern ich habe dich auch zum Licht der Völker gemacht, dass mein Heil reiche bis an die Enden der Erde.“ Und in Mt 8,10-12 sagt Jesus: „Als das Jesus hörte, wunderte er sich und sprach zu denen, die ihm nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch: Solchen Glauben habe ich in Israel bei keinem gefunden! 11 Aber ich sage euch: Viele werden kommen von Osten und von Westen und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen; 12 aber die Kinder des Reichs werden hinausgestoßen in die äußerste Finsternis; da wird sein Heulen und Zähneklappern.“
- Das Bild in Offb 14,1-5 zeigt die gleiche Schar der Versiegelten, wie auch in Kap. 7,3-8. Hier aber bereits vor dem Thron Gottes: „144000 auf dem Berg Zion, die erkauft sind von den Menschen“). Demnach steht die Zahl 144000 für die Vollständigkeit und Vollzähligkeit der Erlösten aus Israel und allen Nationen. Denn wenn es ein Israel nach dem Fleisch gibt, dann gibt es auch ein Israel nach dem Geist (Gal 6,16; Röm 3-4; 11,25).
- Schauen wir noch die Bilder an, welche diese Gemeinde in der Neuen Schöpfung aus Offb 21,10-17 zeigen. Die heilige Stadt, das neue Jerusalem ist die Braut des Lammes. Sie besitzt höchste Qualität und hat bestimmte Maße. In ihr sind sowohl die 12 Stämme Israels (Tore) als auch die 12 Apostel des Lammes (Grundsteine) integriert. (Eph 2,19-21; Hebr 11,14-16).
So wie es ein klares Zeichen der Zugehörigkeit zu Gott gibt, so gibt es auch ein deutlich erkennbares Zeichen bei denen, die auf der Seite des Tieres und des falschen Propheten stehen. Dazu detailliert im Abschnitt das Malzeichen des Tieres im 5. Teil.
3.7.3.Die unzählbare Schar der Erlösten vor dem Thron Gottes und des Lammes
(Bibeltext: Offb 7,9-17)
Johannes schreibt: „Nach diesem sah ich: Und siehe, eine große Volksmenge, die niemand zählen konnte, aus jeder Nation und aus Stämmen und Völkern und Sprachen, stand vor dem Thron und vor dem Lamm, bekleidet mit weißen Gewändern und Palmen in ihren Händen.“ (Offb 7,9).
Die einleitenden Worte: „Nach diesem sah ich“ sind uns bereits bekannt. Während die Versiegelung der Knechte Gottes hier auf Erden vollzogen wird, bekommt Johannes Einblick in den himmlischen Bereich und darf die erlöste Schar in ihrer Vollendung voraussehen. Diese Schar wird wie folgt beschrieben:
- Aus allen Nationen, Stämmen, Völkern und Sprachen. Diese Aufteilung ist typisch im Buch der Offenbarung, wenn auch die Reihenfolge variiert (Offb 5,9; 7,9; 11,9; 13,7; 17,15).
- Sie ist unzählbar, auch diese Beschreibung für das Volk Gottes ist bereits vorausgesagt worden (1Mose 15,5; 22,17-18; 26,4; 2Mose 32,13; 5Mose 10,22; Jes 40,26; Mt 8,11; Lk 13,29; Hebr 11,12).
- Sie standen (im Kreis) vor dem Thron und vor dem Lamm (Offb 14,1-5; 15,2-4).
- Sie waren bekleidet mit weißen Gewändern (Offb 7,13; 3,4.18). Die Bedeutung dieser Bekleidung wird in Offb 19,8 mit „die Gerechtigkeiten der Heiligen“ beschrieben (Jes 61,10; Röm 4,11ff; 5,1).
- In ihren Händen hielten sie Palmzweige. Auch dieses Bild ist bekannt als Verzierung im Heiligtum (4Mose 33,9; 3Mose 33,40; 1Kön 6,29; Hes 41,18). Dass Jesus als der König Israels beim Einzug in Jerusalem ebenfalls mit Palmwedeln begrüßt wurde, erklärt zusätzlich die Freude der Erlösten über ihren König und Erlöser (Joh 12,13; 1Petr 1,8).
Was macht diese unzählbare Schar?
„Und sie rufen mit lauter Stimme und sagen: Das Heil (die Rettung ist bei) unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm!“ Das ist das Bekenntnis der erlösten Schar, denn sie haben diese Rettung erlebt.
Danach stimmen die um den Thron stehenden Engel ihren Hymnus der Anbetung Gottes an. „Und alle Engel standen rings um den Thron und die Ältesten und die vier lebendigen Wesen, und sie fielen vor dem Thron auf ihre Angesichter und beteten Gott an und sagten: Amen Den Lobpreis und die Herrlichkeit und die Weisheit und die Danksagung und die Ehre und die Macht und die Stärke unserem Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit[ Amen.“ Diesen Hymnus mit seinen sieben Strophen sprechen die Engel in einer demütigen und ehrerbietenden Haltung aus.
- Die Lobpreisung, das gr. Wort `ἡ εὐλογία – ¢ eulogia`. Von Gott ausgesprochen ist es eine Segnung, von Menschen Gott zugerufen, ist es ein Lobpreis
- Die Herrlichkeit `ἡ δόξα – ¢ döxa` die Doxologie, eine konkrete Aussage oder Hymnus zur Verherrlichung Gottes.
- die Weisheit, `ἡ σοφία – ¢ sofia` Durch diesen Zuruf wird deutlich, dass wahrgenommen wird, wie Gott alles wunderbar durchdacht und geschaffen hat
- die Danksagung, `ἡ εὐχαριστία – ¢ eucharistia` Es ist ein Ausruf mit Bewunderung. Es ist eine Beschreibung oder Wertung, `die gute Gnadengabe`.
- die Ehre, `ἡ τιμὴ – ¢ tim¢`. Den Blick auf Gott gerichtet, das Gelingen, den Erfolg Gott zuschreiben.
- die Kraft,ὶ `ἡ δύναμις – ¢ dynamis`. In diesem Wort liegt Dynamik,die Kraft, das Vermögen, welche nicht versiegt, nicht erlahmt. das unbegrenzte Ausmaß der Möglichkeiten.
- die Stärke, `ἡ ἰσχὺς – ischys`. Die unbegrenzte Kraft, die Gott zur Verfügung steht.
Alle sieben Attribute sind jeweils mit dem `und` verbunden und enden in der Zuordnung zu Gott. Er hat sie, er ist so und dies wird von den Engeln wahrgenommen und öffentlich anerkannt und ihm zugerufen (ähnlich auch in Kapitel 5,11-12). Welch eine himmlische Vorausschau für Johannes.
Doch nun wird er einbezogen durch die zwei Fragen eines der Ältesten. „Und einer von den Ältesten begann und sprach zu mir: Diese, die mit weißen Gewändern bekleidet sind – wer sind sie, und woher sind sie gekommen? Die Antwort des Johannes erstaunt einerseits, doch bereits vor ihm haben andere Propheten Engelboten auf diese Weise angeredet (Sach 1,9). „Und ich sprach zu ihm: Mein Herr, du weißt es. Und er sprach zu mir: Diese sind es, die aus der großen Bedrängnis kommen, und sie haben ihre Gewänder gewaschen und sie weiß gemacht im Blut des Lammes.“
Was ist mit der großen Bedrängnis gemeint?
Doch zunächst zum Begriff selbst. Der gr. Begriff `θλίψεως – thlypse÷s`, wird in den deutschen Übersetzungen mit Trübsal, Drangsal oder Bedrängnis wiedergegeben. Es handelt sich dabei um Druck von außen, der ganz unterschiedliche Formen hat. Sehr viele Texte sprechen von Bedrängnis, doch für die Antwort auf unsere Frage suchen wir zunächst nach Texten, welche wörtlich und inhaltlich von großer Bedrängnis des Volkes Gottes sprechen.
- In Daniel 12,1-2 wird gesagt: „Zu jener Zeit wird Michael auftreten, der große Engelfürst, der für dein Volk einsteht. Denn es wird eine Zeit so großer Trübsal sein, wie sie nie gewesen ist, seitdem es Völker gibt, bis zu jener Zeit. Aber zu jener Zeit wird dein Volk errettet werden, alle, die im Buch geschrieben stehen. 2 Und viele, die im Staub der Erde schlafen, werden aufwachen, die einen zum ewigen Leben, die andern zu ewiger Schmach und Schande.“ Es stimmt überein mit den Aussagen von Jesus in Johannes 5,28-29. Diese Prophezeiung deutet auf das Ende hin, auf eine Bedrängnis, die die letzte noch lebende Generation treffen wird.
- Und in Matthäus 24,21 lesen wir von Jesus: „Denn es wird dann eine große Bedrängnis sein, wie sie nicht gewesen ist vom Anfang der Welt bis jetzt und auch nicht wieder werden wird. 22 Und wenn jene Tage nicht verkürzt würden, so würde kein Mensch gerettet werden; aber um der Auserwählten willen werden diese Tage verkürzt.“ Die Ähnlichkeit mit Daniel 12,1-2 scheint hier offensichtlich zu sein (so auch in Mk 13,19-24). Allerdings wird dort zunächst von der großen ‚Bedrängnis gesagt, die im Zusammenhang der Zerstörung Jerusalems beschrieben wird. Lukas beschreibt dies mit „große Not und Zorn über dies Volk`“. Die Ergänzungen bei Lukas machen deutlich, dass diese große Bedrängnis sich zunächst auf die jüdischen Menschen in Jerusalem bezieht. Dass Jesus diese Bedrängnis auch mit der Bedrängnis vor seinem Kommen verbindet ist auffällig: „Aber in jenen Tagen, nach jener Bedrängnis, wird die Sonne sich verfinstern und der Mond seinen Schein verlieren,“ Handelt es sich nun um zwei Bedrängnisse oder wird sich jene Bedrängnis bis zu seinem Wiederkommen hinziehen?,
Doch Jesus scheint zu unterscheiden zwischen Bedrängnissen, welche seine Nachfolger in der Zwischenzeit treffen werden und der oben genannten großen Bedrängnis, welche über Israel gehen wird und am Ende der Zeit das gesamte Volk Gottes treffen wird.
Die große Bedrängnis in Offenbarung 7,13 müsste demnach alle gläubigen aller Zeiten einschließen.
Nun schauen wir nach Texten, die von Bedrängnissen sprechen, welche Gottes Volk in der gesamten Zeit treffen werden::
- Mt 5,10-11: “Glückselig die um Gerechtihkeit willen verfolgt werden“.
- Mt 10,22: „Und ihr werdet von allen gehasst werden um meines Namens willen.“
- Mt 24,9: „Dann werden sie euch in Bedrängnis überliefern und euch töten; und ihr werdet von allen Nationen gehasst werden um meines Namens willen.“ (Mk 13,13; Lk 21,12).
- Joh 15,20-21: „Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen;““
- Joh 16,2: „Sie werden euch aus der Synagoge ausschließen; es kommt sogar die Stunde, dass jeder, der euch tötet, meinen wird, Gott einen Dienst zu tun.“
- Joh 16,33: „In der Welt habt ihr Bedrängnis, aber seid guten Mutes ich habe die Welt besiegt.“
- Apg 8,1: „An jenem Tag entstand aber eine große Verfolgung gegen die Gemeinde[1] in Jerusalem“ (dazu auch 11,19).
- Röm 5,3: „Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch in den Bedrängnissen, da wir wissen, dass die Bedrängnis Ausharren bewirkt,“ (dazu auch Röm 8,35; 12,12).
- 2Kor 1,4: „der uns tröstet in all unserer Bedrängnis, damit wir die trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind.“ (2Kor 2,4; 4,17; 6,4).
- 2Thes 1,4-6: „sodass wir selbst uns euer rühmen in den Gemeinden Gottes wegen eures Ausharrens und Glaubens in allen euren Verfolgungen und Bedrängnissen, die ihr erduldet; 5 ⟨sie sind⟩ ein Anzeichen des gerechten Gerichts Gottes, dass ihr des Reiches Gottes gewürdigt werdet.“
- Offb 1,9: „Ich, Johannes, euer Bruder und Mitteilhaber an der Bedrängnis und am Königtum und am Ausharren in Jesus, war auf der Insel, die Patmos genannt wird, um des Wortes Gottes und des Zeugnisses Jesu willen.“ (dazu auch Offb 6,9-11; 12,11; 20,4-6; 20,7-9).
Dies kann bedeuten, dass alle Gläubigen zu ihrer Zeit ein von Gott zugemessenes und begrenztes Maß an Bedrängnis erleiden werden.
Sie haben ihre Gewänder hell gemacht im Blut des Lammes
Für diese Bekleidung steht im Griechischen das Wort `Stolas` (Offb 6,11; 7,9.13.14; 22,14). Eine Stola ist ein langes Festgewand. Auffallend ist die Wirkung des Blutes, es macht weiß.
So schreibt Johannes in seinem 1. Brief: „Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander, und das Blut Jesu, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde.“ (1Joh 1,7). Weitere Stellen: Hebr 10,19; Eph 2,13; Hebr 9,13-14; 10,19; 13,12; Offb 1,6; 1Petr 1,2.
„Darum sind sie vor dem Thron Gottes und dienen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel“ Eigentlich gibt es dort keinen Tag / Nachtwechsel. Der Dienst wird ununterbrochen ausgeübt. „und der auf dem Thron sitzt, wird über ihnen wohnen (zelten). 16 Sie werden nicht mehr hungern, auch werden sie nicht mehr dürsten, noch wird die Sonne auf sie fallen noch irgendeine Glut; 17 denn das Lamm, das in der Mitte des Thrones ist, wird sie hüten und sie leiten zu Wasserquellen des Lebens, und Gott wird jede Träne von ihren Augen abwischen.“
Was erwartet dort die Überwinder und was gibt es dort nicht mehr?
- Tränen: Jes 25,8: „Er wird den Tod verschlingen auf ewig. Und Gott der HERR wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen und wird aufheben die Schmach seines Volks in allen Landen; denn der HERR hat’s gesagt“ (dazu auch Ps 126,5; Jes 25,8; Lk 7,38.4;.Apg 20,19; Hebr 5,7.
- Wasserquellen: Jes 49,10: „Sie werden weder hungern noch dürsten, sie wird weder Hitze noch Sonne stechen; denn ihr Erbarmer wird sie führen und sie an die Wasserquellen leiten.“ (Ps 23,1ff; Offb 21,6; 22,1.17).
- Manna: „Unsre Väter haben Manna gegessen in der Wüste, wie geschrieben steht (Psalm 78,24): »Brot vom Himmel gab er ihnen zu essen.« 32 Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel.“ (Ps 17,15; Offb 2,17).
- Keine Hitze: Jes 49,10: „Sie werden weder hungern noch dürsten, sie wird weder Hitze noch Sonne stechen; denn ihr Erbarmer wird sie führen und sie an die Wasserquellen leiten.“ Jes 35,10: „Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen.“ (dazu auch Jes 4,6; Jer 17,8).
Welch eine Ermutigung für die bedrängte Gemeinde hier auf Erden!