JERICHO – die Palmenstadt

JERICHO – die Palmenstadt

 

Als wir nach Jericho einfuhren, war es bereits dunkel geworden. In dieser Jahreszeit (25. Januar) wird es im Jordantal früh dunkel. Schnell versinkt die Sonne hinter dem Kamm der im Westen liegenden Berge von Juda und Benjamin. Unser arabischer Busfahrer Zacharias lenkte geschickt den Bus durch die von Autos überfüllten Strassen der heutigen Stadt. Von beiden Seiten der Strasse sehen wir kleine Läden, Obststände, Cafe`s und Restaurants, viele Menschen sind noch draußen. So konnten wir aus dem Bus heraus das abendliche Geschehen in Ruhe beobachten.

Unsere Unterkunft, am Nordrand der Stadt gelegen, entpuppte sich als ein 4* Hotel „Jericho Resort Village“. Wir waren nicht die einzige Reisegruppe an diesem Abend, kurz vor uns reiste eine christliche Gruppe aus Südostasien an und bevölkerte das Foyer.

Unsere Unterkunft, am Nordrand der Stadt gelegen, entpuppte sich als ein 4* Hotel „Jericho Resort Village“. Wir waren nicht die einzige Reisegruppe an diesem Abend, kurz vor uns reiste eine christliche Gruppe aus Südostasien an und bevölkerte das Foyer.

Abbildung 1: Jericho bei Nacht – es ist ein eigenartiges Gefühl in Jericho zu übernachten. Wie viele Geschichten spielten sich hier in dieser Gegend ab? Die Gedanken gehen weit zurück in der biblischen Offenbarung. (Foto: 25. Januar 2019).

Wir bezogen unser Doppelzimmer im dritten Stock und hatten von dort aus einen schönen Überblick über die gut beleuchtete Stadt Jericho. Ursprünglich war geplant, diese Nacht in Jerusalem zu verbringen, doch wir freuten uns sehr über diese für uns spontane Planänderung der Reiseleitung.

Ich kannte Jericho bis dahin nur vom Durchfahren, als wir 1986 mit einer Reisegruppe von Jordanien kommend, die Stadt durchquerten. Damals sahen wir den Rosenstrauch von Jericho, besichtigten den Ruinenhügel El es-Sultan, Reste des uralten Jericho und deckten uns am Strassenrand mit frischem Obst ein.

Abbildung 2: Das Schild beschreibt Jericho als die älteste Stadt der Welt, worauf die Einwohner sehr stolz sind (Foto: 26. Januar 2019).

Kein Reiseleiter lässt es sich entgehen zu betonen, dass Jericho die älteste Stadt der Welt ist und die Schätzungen der Archäologen reichen von etwa acht bis zehn Tausend Jahre zurück. Von Wissenschaftlern wird es jedoch nur eingeschränkt behauptet, da es sich bei Jericho über längere Zeit nur um eine Dorfbesiedlung gehandelt haben konnte. In 1Mose 10,8-10 wird Nimrod als erster Städtebauer erwähnt. Dort lesen wir: „Kusch aber zeugte Nimrod. Der war der Erste, der Gewalt übte auf Erden, und war ein gewaltiger Jäger vor dem HERRN. Daher spricht man: Das ist ein gewaltiger Jäger vor dem HERRN wie Nimrod. Und der Anfang seines Reichs war Babel, Erech, Akkad und Kalne im Lande Schinar.“ Land Schinear wird im Gebiet des sogenannten Zweistromlandes vermutet, also zwischen Euphrat und Tigris.

Abbildung 3: Jericho bei Tag – die heutige Stadt erstreckt sich zwischen dem Jordan im Osten, dem judäischen Berglang im Westen und nördlich des Toten Meeres. Abgesehen von einer längeren Unterbrechung war die Stadt seit Urzeiten bewohnt (Foto: 26. Januar 2019).

Allerdings ist Jericho die am tiefsten gelegene Stadt der Welt – etwa 250 Meter unter Meeresniveau.

In der Bibel wird Jericho 65 Mal erwähnt und steht damit an dritter Stelle nach Jerusalem und Hebron. Die erste Erwähnung von Jericho finden wir in 4Mose 22,1: „Danach zogen die Israeliten weiter und lagerten sich in den Steppen Moabs gegenüber Jericho.“ Die Stadt liegt etwa sieben Kilometer westwärts des Jordan und etwa 10 Kilometer nördlich des Toten Meeres. Als die Israeliten dann etwa Anfang/Mitte April den Jordan überquerten, hörte das Manna auf. So lesen wir in Josua 5,10-12: „Während nun die Kinder Israels sich in Gilgal lagerten, hielten sie das Passah am vierzehnten Tag des Monats, am Abend, in den Ebenen von Jericho. Und am Tag nach dem Passah aßen sie von dem Getreide des Landes, nämlich ungesäuertes Brot und geröstetes Korn, an ebendiesem Tag. Und das Manna hörte auf am folgenden Tag, als sie von dem Getreide des Landes aßen; und es gab für die Kinder Israels kein Manna mehr, sondern in jenem Jahr aßen sie vom Ertrag des Landes Kanaan.“ Die Gegend um Jericho muß damals sehr fruchtbar gewesen sein, denn die Israeliten aßen um die Zeit des Passah von dem frischen Getreide. Dies könnte als ein gewisser Hinweis bewertet werden, dass Jericho damals in einer Art Blütezeit gestanden hat.

Abbildung 4: Die Gegend um Jericho ist heute noch sehr fruchtbar. Gemüße und Obst gibt es in Fülle. (Foto: 26. Januar 2019).

Doch auch heute wird dort vieles angebaut. Zitrus- und Bananenplantagen, Dattelpalmen. Bereits im Januar aßen wir frische Kartoffeln, frisches Gemüße und verschiedenes Grünzeug. Viermal wird Jericho die Palmenstadt genannt (5Mose 34,3; Ri 1,16; 3,13; 2Chr 28,15). Es handelt sich dabei um eine Oase, die reichlich Grundwasser hatte und in der seit Urzeiten Dattelpalmen gediehen.

In der Geschichte Israels spielte die Stadt eine wichtige Rolle. Sie wurde nach tagelanger Belagerung durch  die Israeliten eingenommen, nach dem die Mauern der Stadt auf wundersame Weise einstürzten, möglicherweise durch ein Erdbeben. Doch Rahab und ihre Familienangehörigen wurden gerettet (Jos 2-6; Hebr 11,31; Jak 2,25).

Abbildung 5: Die Umgebung von Jericho vom Georgskloster aus gesehen (Foto: 13. Juni 2016).

Josua sprach einen Fluch aus über den, der die Stadt wieder aufbauen wird, so lesen wir in Josua 6,26: „Zu der Zeit ließ Josua schwören: Verflucht sei vor dem HERRN, wer sich aufmacht und diese Stadt Jericho wieder aufbaut! Wenn er ihren Grund legt, das koste ihn seinen erstgeborenen Sohn, und wenn er ihre Tore setzt, das koste ihn seinen jüngsten Sohn!.“ Daran dachte man in Israel noch lange. So lag die Stadt dann mehrere Jahrhunderte in Trümmern.

In https://de.wikipedia.org/wiki/Jericho können wir über Jericho folgendes nachlesen: „Die letzten Grabungen bestätigen, dass die zerstörten früheren Stadtmauern nicht wieder aufgebaut wurden und der Ort in dieser Epoche keine Stadtmauer besaß. Auch in den umliegenden Gebieten sind seit der Regierungszeit von Thutmosis III. kaum noch Befestigungsanlagen nachweisbar. Die Ursachen für diesen Befund dürften wohl mit dem politischen Herrschaftsbereich Ägyptens zusammenhängen.[Spätestens seit Beginn des 13. Jahrhunderts v. Chr. war Jericho nur noch ein unbewohnter Ruinenhügel. Die Gründe für die Aufgabe sind nicht bekannt. Ein Zerstörungshorizont ist nicht erkennbar. Im 11. oder 10. Jahrhundert v. Chr. sind neue Besiedlungsversuche festzustellen. Im Gegensatz zur früheren Ortsfläche lag jedoch eine geringere Bebauung mit Dorfcharakter vor. Die letzten Grabungen bestätigen, dass die zerstörten früheren Stadtmauern nicht wieder aufgebaut wurden und der Ort in dieser Epoche keine Stadtmauer besaß.“

In der Regierungszeit Ahabs des Königs im Nordreich Israel (871-852) baute Hiel aus Bethel Jericho wieder auf, so lesen wir in 1Könige 16,34: „Zu seiner Zeit baute Hiel von Bethel Jericho [wieder auf]. Es kostete ihn seinen erstgeborenen Sohn Abiram, als er seinen Grund legte, und seinen jüngsten Sohn Segub, als er seine Tore setzte, nach dem Wort des HERRN, das er durch Josua, den Sohn Nuns, geredet hatte.“ Die Jahrhundertelange Phase, in der Jericho ohne Stadtmauern nur spärlich besiedelt war, würde den biblischen Befund bestätigen, wenn man von der sogenannten Frühdatierung  des Auszugs der Kinder Israel aus Ägypten (etwa 1450) ausgeht (1Kön 6,1: 966+480=1446).

  • Die Propheten Elia und Elisa betraten die Stadt Jericho, bevor der große Prophet des Alten Testamentes von Gott ohne den Tod zu sehen, hinweggenommen wurde (2Kön 2,1-14).
  • Hier wohnten auch eine Anzahl der Prophetenjünger (2Kön 2,15-18).
  • Hier machte Élisa die bittere Quelle zu trinkbarem Wasser (2Kön 2,21-22).
  • Das Essen für die Prophetenjünger wieder essbar und speiste viele Menschen mit zwanzig Gerstenbroten (2Kön 4,38-43).

 

Im Neuen Testament wird Jericho gut fünfmal erwähnt. Von zwei besonderen Geschichten berichten uns die Evangelisten.

Abbildung 6: Die Sykomore in Jericho – es gibt viele Maulbeerbäume im Bereich Jericho und auch sonst im Lande. Sie können sehr groß werden und haben dichtes Laub (Foto: 26. Januar 2019).

Von dem Besuch Jesu bei dem Zöllner Zachäus, berichtet uns der Evangelist Lukas (Lk 19,1-10). „Und er kam nach Jericho hinein und zog hindurch. Und siehe, da war ein Mann, genannt Zachäus, ein Oberzöllner, und dieser war reich. Und er wollte gerne Jesus sehen, wer er sei, und konnte es nicht wegen der Volksmenge; denn er war von kleiner Gestalt. Da lief er voraus und stieg auf einen Maulbeerbaum, um ihn zu sehen; denn dort sollte er vorbeikommen. Und als Jesus an den Ort kam, blickte er auf und sah ihn und sprach zu ihm: Zachäus, steige schnell herab; denn heute muss ich in deinem Haus einkehren! Und er stieg schnell herab und nahm ihn auf mit Freuden. Als sie es aber sahen, murrten sie alle und sprachen: Er ist bei einem sündigen Mann eingekehrt, um Herberge zu nehmen! Zachäus aber trat hin und sprach zu dem Herrn: Siehe, Herr, die Hälfte meiner Güter gebe ich den Armen, und wenn ich jemand betrogen habe, so gebe ich es vierfältig zurück! Und Jesus sprach zu ihm: Heute ist diesem Haus Heil widerfahren, weil auch er ein Sohn Abrahams ist; denn der Sohn des Menschen ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.“

Abbildung 7: Dachdecker bei ihrer Arbeit in auf einem Haus Jericho (Foto: 26. Januar 2019).

Die zweite Geschichte handelt von der Heilung zweier Blinder (Mt 20,29-34). „Und als sie von Jericho auszogen, folgte ihm eine große Volksmenge nach. Und siehe, zwei Blinde saßen am Weg. Als sie hörten, dass Jesus vorüberziehe, riefen sie und sprachen: Herr, du Sohn Davids, erbarme dich über uns! Aber das Volk gebot ihnen, sie sollten schweigen. Sie aber riefen nur noch mehr und sprachen: Herr, du Sohn Davids, erbarme dich über uns! Und Jesus stand still, rief sie und sprach: Was wollt ihr, dass ich euch tun soll? Sie sagten zu ihm: Herr, dass unsere Augen geöffnet werden! Da erbarmte sich Jesus über sie und rührte ihre Augen an, und sogleich wurden ihre Augen wieder sehend, und sie folgten ihm nach.“

Dann zog Jesus in Begleitung einer großen Volksmenge weiter um hinauf nach Jerusalem zu gehen. Wir aber kommen wieder im Heute an und bei dem, was uns in Jericho noch positiv auffiel. Unser Hotelzimmer war sehr geräumig und sauber. Ausgestattet mit WLAN, Balkon, Klimaanlage, Badezimmer, Kühlschrank, Wasserkocher (es lagen sogar Tee- und Kaffeebeutel vor).

Abbildung 8: Der Pool im Garten der Hotelanlage ist in dieser Gegend ein Luxus, der hauptsächlich der ausländischen Gäste wegen angelegt ist. Doch bereits in herodianischer Zeit wurden in den Herrscherpalästen am Wadi Kelt in Nähe der Quellen große Badeanlagen geschaffen (Foto: 26. Januar 2019).

Auch der Speisesaal des Hotels ist weiträumig, das Büffet reichhaltig an Vorspeisen, Hauptgerichten sowie Nachspeisen. Es war eine sehr ruhige Nacht, wir schliefen bei offener Balkontür, zogen nur die Moskitonetztüre zu. In der gesamten Gegend um Jericho gibt es de facto keinen Winter. Wolkenkratzer sucht man ebenfalls vergeblich in der Stadt. Dafür überwiegen im Stadtbild zweistöckige Häuser mit Hof und Garten. Das Hundegebell aus den einzelnen Höfen macht deutlich, dass diese Haustiere zum Zwecke der Bewachung gehalten werden.

Die Sonne ging früh auf über dem Gebirge östlich des Jordan und es wurde zusehends hell. Nach dem reichhaltigen Frühstück fuhren wir wieder durch die Stadt in Richtung des von der Tradition festgelegten Berges der Versuchung von Jesus. In der Stadt, die etwa 22000 arabische Einwohner zählt, gibt es nicht nur Moscheen, sondern auch eine koptisch-christliche Kirche. Die koptischen Christen werden noch am ehesten von den arabischen Moslems anerkannt. Gerne wären wir länger in dieser Stadt geblieben, doch wenn man mit einer Gruppe unterwegs ist, müssen persönliche Wünsche hinten angestellt werden.

Abbildung 9: Der Ruinenhügel El es-Sultan liegt im Nordwesten der heutligen Stadt (Foto: 26. Januar 2019)..

Es handelt sich dabei um Reste der uralten Stadtmauer von Jericho. Die untersten Schichten der Mauer sind noch aus unbehauenen Steinen und weisen daher ein sehr hohes Alter auf.

Dass die Stadt Jericho zur Zeit des Neuen Testamentes in Blüte stand, ist außer Frage. Der Handel blühte und die Steuergelder flossen reichlich. Zachäus war Oberzöllner, es gab also noch viele unter seiner Leitung und alle machten ihre Geschäfte. Aus der Geschichte mit dem barmherzigen Samariter können wir uns vorstellen, dass die besagte Herberge-Karawanserei sich in unmittelbarer Nähe von Jericho befand (Lk 10) (Lk 10,34)..

Abbildung 10: Die Mauerreste von Altjericho Die unteren Mauerschichten sind zum Teil aus unbehauenen Steinen (Foto: April 1986).

Die Bewohner von Jericho lebten von Getreideanbau und Viehzucht. Da die Stadt an einer wichtigen Karawanenkreuzung lag, gab es auch viel Handel mit Syrien und Ägypten. So sind durch die archäologischen Funde sogar Handelswaren aus Zypern nachgewiesen worden.

Die Bibel bestätigt die Fruchtbarkeit dieser Gegend zur Zeit Abrahams mit den Worten: „Da hob Lot seine Augen auf und sah die ganze Gegend am Jordan, dass sie wasserreich war. Denn bevor der HERR Sodom und Gomorra vernichtete, war sie bis nach Zoar hin wie der Garten des HERRN, gleichwie Ägyptenland.“ (1Mose 13,10). Sehr verlockend war für den jungen Neffen Lot diese fruchtbare Gegend. Er suchte den materiellen Vorteil, welcher so offensichtlich war. Trotz dieser materialistischen Einstellung bewahrte er eine Frömmigkeit und Glauben an den einen wahren Gott, der Abraham bereits mehrmals erschienen war. Und im Neuen Testament wird er als ein Gerechter bezeichnet (2Petr 2,7)t.

Abbildung 11: Eine Schaf- und Ziegenherde am Rande von Jericho mit ihrem Hirten (Foto: 26. Januar 2019).

Wir staunten nicht wenig über der Schaf- und Ziegenherde, weil in dieser Region nur selten Regen fällt und daher auch die natürliche Vegetation sehr spärlich ist. Doch wo immer wir eine Senke erblickten, da wuchs auch viel grünes Gras in dieser Jahreszeit.

 

 

 

 

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Eine Antwort zu JERICHO – die Palmenstadt

  1. Regine Driehorst sagt:

    Vielen herzlichen Dank für den Bericht.
    Er beschreibt sehr treffend Vergangenheit und Gegenwart. Ich komme gerade vom Toten Meer zurück – mit Rosen von Jericho –
    Herzliche Grüße, ihr gesegneten Gottes
    von Regine

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