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War der Apostel Paulus auf Thassos?
Thassos – die smaragdgrüne Insel in der Nordägäis
„War der Apostel Paulus auch auf der Insel Thassos?“ Diese Frage wurde mir bereits mehrmals gestellt. Dieser Frage gehen wir später nach, doch zunächst einige Einblicke und Beschreibungen dieser faszinierenden und wunderschönen Insel.
Über diese Insel kann man vieles aus den Reiseführern oder dem Internet erfahren. Wer aber zum fünfundzwanzigsten mal diese einzigartige griechische Insel besucht, spricht nicht nur über sie, sondern für sie. Doch wollen wir bescheiden bleiben, denn inzwischen leben viele Deutsche ganz oder zeitweise auf der Insel. Man kauft meist ein altes, renovierungsbedürftiges Häuschen (Bauruine), baut es aus, legt einen Garten an, genießt das milde, trockene Klima, knüpft Kontakte zu einheimischen Griechen oder sucht Gleichgesinnte Menschen, welche die gleiche Sprache sprechen. Man ärgert sich gelegentlich über die enorme Bürokratie bei den Behörden und darüber, dass vieles sehr langsamer geht als in der Heimat. Gleichzeitig genießt man das unkonventionelle Verhalten der Insulaner. Freundlich, sporadisch, hilfsbereit ist man zumindest dem Äußeren nach, ins Herz lässt ein Grieche sich nicht so schnell schauen. Doch ist auch Nüchternheit geboten, solange die Ausländer Geld ins Land bringen, Einkaufen, ist man beliebt., aber wie überall gibt es auch Menschen, die dem Anderen das Bessere Teil nicht gönnen. Letzteres Verhalten richtet sich aber gegen Jedermann.
Wer sich im Osten der Insel aufhält, sieht wunderschöne Sonnenaufgänge über dem Meer. Der Blick reicht bis zu den südöstlichen Ausläufern der Rodopen im Nordosten Griechenlands. Ebenso deutlich erkennbar das Delta des Wasserreichen Flusses Nestos, welcher im Rilagebirge (Bulgarien) seinen Ursprung nimmt und dort Mesta heißt.
Der Osten der Insel ist weniger besiedelt als der Norden und Westen, doch hat er andere Reize – wunderschöne Buchten, die zum Baden einladen, zum Beispiel die etwa drei Kilometer breite Bucht von Skala Potamia und Skala Panagia. Der feine Sandstrand Paradise, südlich des Dorfes Kinyra ist nicht nur an Wochenenden stark besucht.
Der Blick auf die vorgelagerte grüne Insel Kinyra.ist angenehm fürs Auge.
Wer jedoch im Westen der Insel wohnt, bekommt die unterschiedlichsten Sonnenuntergänge zu sehen, allerdings geht die Sonne nicht am Meereshorizont unter, sondern über dem Pangaiongebirge auf dem gegenüberliegenden Festland. Bei klarer Sich (meist nach einem Regentag) sieht man sogar die einzelnen weissen Häuser von Kavala. Ebeso das Festland bis zum östlichen Finger der Chalkidiki.Besonders der Nordwestliche Teil bietet mehrere Strände zum Baden, meist flachabfallend und daher auch gut für Kinder geeignet.
Die Nähe zum Thrakischen und Mazedonischen Festland begünstigt diese Insel in jeder Beziehung. Es gibt sehr gute Schiffsverbindungen vom Hafen in Keramoti nach Limenas sowie Kavala nach Skala Prinou. Der Flughafen für Thassos liegt glücklicherweise auf dem Festland zwischen Keramoti und Kavala, damit ist die Insel fast frei von Fluglärm.
Die Landwirtschaftlichen Produkte werden frisch vom Festland aus auf die Insel gebracht, wobei auch vieles hier angebaut wird und hervorragend wächst. Zu nennen wäre da der Olivenölreichtum, oder der spezifische Thassoshonig von Pinien und Blumen. Da der Olivenbaum die Haupteinnahmequelle aus der heimischen Landwirtschaft darstellt, wird diesem später ein besonderes Kapitel gewidmet. Wegen des Wasserreichtuns und trotz mehrerer Waldbrände, ist die Insel sehr grün und bietet genug Nahrung für die vielen Tausenden Schafe und Ziegen. Beliebt ist daher auch das Lamm- und Ziegenfleisch sowohl bei Einheimischen als auch bei den Gästen. Sonstige landwirtschaftliche Erzeugnisse von Obst und Gemüse werden nicht großflächig auf Plantagen, sondern eher in den Privatgärten angebaut.
Wie und wann kam das Evangelium auf die Insel Thassos?
Wer etwas erfahren will über die Ausbreitung des christlichen Glaubens auf der Insel Thassos, hat folgende Möglichkeiten.
- Die Kirchengeschichtsbücher studieren.
- Die antiken Reste der christlichen Gotteshäuser der Insel besichtigen.
Aus den Berichten der Reisen des Apostels Paulus lässt sich die Missionierung auf der Insel immerhin indirekt ableiten. Doch um welche Anhaltspunkte und welche Texte handelt es sich, die darüber berichten? Der Arzt, Hstoriker und Evangelist Lukas schreibt in seiner zweiten Schrift, `die Taten der Apostel`:
Und Paulus sah eine Erscheinung bei Nacht: Ein Mann aus Makedonien stand da und bat ihn: Komm herüber nach Makedonien und hilf uns! Als er aber die Erscheinung gesehen hatte, da suchten wir sogleich nach Makedonien zu reisen, gewiss, dass uns Gott dahin berufen hatte, ihnen das Evangelium zu predigen. Da fuhren wir von Troas ab und kamen geradewegs nach Samothrake, am nächsten Tag nach Neapolis und von da nach Philippi, das ist eine Stadt des ersten Bezirks von Makedonien, eine römische Kolonie. Wir blieben aber einige Tage in dieser Stadt. (Apg 16,9-12).
Es war etwa Spätsommer des Jahres 49 n. Chr. als der Apostel Paulus das Gesicht in Alexandrea Troas hatte. Hier wird der gleiche griechische Begriff `örama –orama` verwendet, wie bei Vision die Petrus gezeigt wurde (Apg 11,5). Es handelt sich also nicht um einen Traum, sondern eher um eine Vision, die ihm von Gott her gezeigt wurde. Im Deutschen gibt es das zusammengesetzte Wort `Schauinsland` gleich einem Pan-orama-blick. Hier zeigt Gott dem Apostel einen kleinen Ausschnitt aus der Gesamtperspektive der Weltmission. Überzeugt von dem Ruf Gottes nach Mazedonien zu kommen, suchten Paulus und seine Mitarbeiter Silas, Timotheus und Lukas nach der nächsten Gelegenheit, um mit dem Schiff nach Neapolis zu reisen. Die Route führte sie in einer Tagesetappe zunächst zur Insel Samothrake. In Paläopoli, der antiken Hafenstadt übernachteten sie.
Am darauffolgenden Tag stand ihnen eine Etappe von etwa 100 Kilometern in nordwestlicher Richtung bis Neapolis (heute Kavala) bevor. Es herrschten günstige Wetter- und Windverhältnisse, weil sie bereits am Abend in dem Hafen von Neapolis eintrafen. Auf ihrem Weg mussten sje die, nur etwa 4½ Kilometer breite Schiffspassage zwischen Thassos und Thassopoula durchfahren. Ob die Thassiten den Völkerapostel auf dem vorbeifahrenden Segelschiff sahen, ist unwahrscheinlich, aber der Apostel sah die Insel, die in der Antike eine berühmte und besondere Hafeneinfahrt besaß.
Was immer wir dem Apostel zuschreiben können ist, dass er ein Mann des Gebets war. Bei durchschnittlicher Sicht, hatte er diese Insel seit der Abfahrt von Samothrake im Blick. Von den Schiffsleuten, welche diese Routen regelmäßig befuhren, konnte er die Geschichte der Insel erfahren haben. Der schneeweise Marmor wurde bereits jahrunderte lang auf der Insel gebrochen, herausgesägt und exportiert. Ebenso war Thassos für seine Goldminen berühmt.
Zu beachten ist auch, dass der Apostel Paulus zwischen seinem ersten Mazedonienbesuch, wie in Apostelgeschichte 16 beschrieben und seinem letzten, wie in Apostelgeschichte 20 beschrieben (siehe weiter unten), noch einmal Mazedonien besuchte und zwar von Ephesus aus. Diese Reise ist in die Zeit der Asienmission und zwar in den Jahren 53-57 einzuordnen, so der Apostel in seimem ersten Brief an Timotheus: „Wie habe ich dich ermahnt, in Ephesus zu bleiben, als ich nach Makedonien zog, damit du einigen gebietest, dass sie nicht anders lehren,“ (1Tim 1,3). Im gleichen Brief schreibt der Apostel: „Dies schreibe ich dir und hoffe, bald zu dir zu kommen; wenn ich aber erst später komme, sollst du wissen, wie man sich verhalten soll im Hause Gottes, welches ist die Gemeinde des lebendigen Gottes, ein Pfeiler und eine Grundfeste der Wahrheit.“ (1Tim 3,14-15). Diese Texte aus dem Leben und dem Dienst des Apostels geben Anlass zur Annahme, dass er die Schiffsroute Alexandrea Troas – Neapolis nahm und entsprechend zum wiederholten Male an Thassos vorbeigefahren ist.
Ein weiterer Text des Evangelisten Lukas, der über Thassos etwas indirektes aussagt, ist in der Apostelgeschichte 20,1-6:
Als sich die Empörung gelegt hatte, rief Paulus die Jünger zu sich und tröstete sie, nahm Abschied und brach auf, um nach Makedonien zu reisen. Und als er diese Gegenden durchzogen und die Gemeinden mit vielen Worten ermahnt hatte, kam er nach Griechenland und blieb dort drei Monate. Da ihm aber die Juden nachstellten, als er zu Schiff nach Syrien fahren wollte, beschloss er, durch Makedonien zurückzukehren. Es zogen aber mit ihm Sopater aus Beröa, der Sohn des Pyrrhus, aus Thessalonich aber Aristarch und Sekundus und Gaius aus Derbe und Timotheus, aus der Provinz Asia aber Tychikus und Trophimus. Diese reisten voraus und warteten auf uns in Troas. Wir aber fuhren nach den Tagen der Ungesäuerten Brote mit dem Schiff von Philippi ab und kamen am fünften Tag zu ihnen nach Troas und blieben dort sieben Tage.
Aus diesem Text kann folgendes abgeleitet werden:
- Die Mission des Apostels in Ephesus geht dem Ende zu
- Diesmal lässt er nicht wie vorher seinen Mitarbeiter Timotheus in Ephesus zurück, sondern schickt ihn zusammen mit Erastus nach Mazedonien voruas, so der Text des Evangelisten Lukas in Apg 19,21-22: „Als das geschehen war, nahm sich Paulus im Geist vor, durch Makedonien und Achaia zu ziehen und nach Jerusalem zu reisen, und sprach: Wenn ich dort gewesen bin, muss ich auch Rom sehen. Und er sandte zwei, die ihm dienten, Timotheus und Erastus, nach Makedonien; er aber blieb noch eine Weile in der Provinz Asia.“
- Schließlich macht auch er sich auf den Weg nach Mazedonien. Aus dem 2Korintherbrief erfahren wir, dass er in Troas-Alexandrea Titus hoffte anzutreffen. „Als ich aber nach Troas kam, zu predigen das Evangelium Christi, und mir eine Tür aufgetan war in dem Herrn, da hatte ich keine Ruhe in meinem Geist, weil ich Titus, meinen Bruder, nicht fand; sondern ich nahm Abschied von ihnen und fuhr nach Makedonien.“ (2Kor 2,12-13).
Um von Troas (gemeint ist in allen Texten die Hafenstadt Alexandrea Troas) nach Mazedonien zu gelangen, eignet sich die Schiffahrt am besten. Unterwegs ist wieder die Insel Samothrake dann bis nach Neapolis. Von dort ging es über Land nach Philippi und weiter auf der Via Egnatia über Amphipolis und Apolonia nach Thessaloniki.
Die letzte Etappe der Schiffsreise ist uns bereits aus Apostelgeschichte 16,10-11 bekannt. Demnach wäre der Apostel bereits zum zweitenmal an Thassos vorbeigesegelt.
Ausdrücklich beschreibt der Evangelist Lukas die Schiffspassage von Philippi (vom Hafen Neapolis) nach Alexandrea Troas. Diese Passage interessiert uns besonders, da sie zu dieser Jahreszeit (kurz nach dem Passah) dafür fünf Tage benötigten. Dies gibt uns einen Einblick in die Wind- und Wetterverhältnisse während jener Fahrt. Wenn der Wind ungünstig, die See unruhig oder gar stürmisch war, mussten sie sich entweder:
- Mit kürzeren Tagesetappen zufrieden geben und die vorhandenen Häfen anfanhren
- oder vielleicht sogar einen Tagesaufenthalt in einem der unterwegs liegenden Häfen in Kauf nehmen.
Folgende Häfen lagen entlang der Route bis Samothrake:
- Thassos – etwa 30 Kilometer von Neapolis entfernt (bis Samothrake noch etwa 60 Kilometer),
- Abdyra – östlich vom Nestosdelta, etwa 50 Kilometer von Kavala entfernt (bis Samothrake etwa 50 Kilometer).
- Maroneia – etwa 80 Kilometer von Kavala entfernt (bis Samothrake etwa 40 Kilometer).
Obwohl diese Überlegungen sehr vage sind, ist ein kurzer Aufenthalt auf Thassos oder wenigstens eine Übernachtung im Hafen von Limenas möglich.
Zwar ist von einem direkten Missionsdienst des Paulus auf den in der Apostelgeschichte erwähnten Inseln (Rodos, Kos, Samos, Chios, Mitylene, Samothrake) nichts erwähnt, aber was ist von dem Apostel zu denken, der ununterbrochen die Verkündigung des Evangeliums unter den Völkern im Kopf und Herzen hatte. Gott hat verheißen, dass auch die Inseln von ihm erreicht werden, so in Jesaja 51,5: „Denn meine Gerechtigkeit ist nahe, mein Heil (Rettung) tritt hervor, und meine Arme werden die Völker richten. Die Inseln harren auf mich und warten auf meinen Arm.“
Demnach wäre der Gebetsdienst (die Fürbitte) des Apostels und seiner Mitarbeiter als Vorbereitung für die spätere Missionierung der Insel Thassos anzusehen. Wann und durch wen die Botschaft des Evangeliums auf Thassos verkündigt wurde ist nicht leicht festzustellen. Sicher ist: das Evangelium kam nach Thassos. Möglicherweise durch das Zeugnis der Gläubigen aus der Gemeinde in Philippi.
Die steinernen Zeugnisse
In den Jahrhunderten vor und nach der Zeitenwende erlebte Thassos seine Blütezeit. Die vielen und eindrucksvollen Funde der Archäologen können in hohem Maße im Stadtgebiet von Limenas besichtigt werden. Auch die teilweise erhaltene Stadtmauer und das Theater geben Zeugnis von der wirtschaftlichen und politischen Größe der Insel Thassos. Ebenso von großer Bedeutung war der antike Hafen. Von Bedeutung für unser Thema sind die vielen entdeckten christlichen Kirchen aus römischer und byzantinischer Zeit.
Abbildung 10 Die Apostelkirche wurde inmitten der Fundamente einer antiken christlichen Basilika erbaut (Foto: 26. August 2016).
Diese kleine aber weithin sichtbare Kapelle auf dem Kap Evraikastro, umgeben gut erhaltene Fundamente einer frühchristlichen Basilika aus dem 5/6. Jahrhundert. Die Apsis, nach Osten ausgerichtet, ist noch gut erhalten. Der Ort lädt zum Verweilen ein. Bei klarer Sicht ist die Insel Samothrake in südöstlicher Richtung gut erkennbar. Man sieht gut bis ins Nestosdelta rüber und sogar bis nach Abdyra.
Die Apsis ist gut erkennbar und mehrere Säulen und Säulenstümpfe sind erhalten. Ein in Stein gemeißeltes Kreuz bestätigt den sakralen Charakter des Gebäudes. Die frühesten offiziellen Hinweise auf das Christentum in Thassos ist die Erwähnung der Teilnahme des Bischofs von Thassos an dem Konzil von Nicäa 325 und von Chalcedon 451. Dies bedeutet aber auch, dass es schon lange vorher auf der Insel Christen gab. Auch wenn man feststellt, dass sich das Evangelium zuerst in den Provinzzentren ausbreitete, so kann doch angenommen werden, dass es nicht Jahrhunderte, sondern etliche Jahre oder vielleicht höchstens Jahrzehnte dauerte, bis es auch auf dem Land und eben auch bis auf die Inseln gelangte. Die Beobachtung des Apostels Paulus in seinem ersten Brief an die Gläubigen in Thessalonich: „Denn von euch aus ist erschollen das Wort des Herrn nicht allein in Makedonien und Achaia, sondern an allen Orten hat sich euer Glaube an Gott ausgebreitet, sodass es nicht nötig ist, dass wir darüber etwas sagen“ (1Thes 1,8) ässt den Schluß zu, dass es auch ähnlich von den Gläubigen in Philippi gesagt werden könnte. Denn die wirtschaftlichen Verbindungen zwischen Thassos und dem Festland waren offensichtlich, auch über den Philippi-Hafen Neapolis. Das Evangelium ist nicht nur auf direktem missionarischen Wegen ausgebreitet worden.
Heute gibt es auf der Insel in jedem Ort mindestens eine orthodoxe Kirche. In Strassennähe oder besonders in den Bergen, auf bestimmten Höhen, zw. Aussichtsplatformen stehen Kapellen, die einem der sogenannten Heiligen gewidmet sind. Ebenso gibt es auf der Insel 2 Klöster, von denen das dem Erzengel Michael gewidmete das bedeutendere ist. Damit wird die Jahrhunderte alte Tradition gepflegt.
In Limenas gibt es seit 2001 eine Versammlung von bekehrten Menschen, die sich zu Gottesdiensten, Bibel- und Gebetsstunden treffen. In zwei Orten findet auch jeweils ein Hauskreis statt. Im Ort Prinos versammeln sich etwa drei Familien und halten Versammlungen im Sinne einer Pfingstgemeinschaft. Die Evangelisierung unter Menschen, die in der festen Tradition der Landeskirche aufgewachsen sind, ist äußerst schwierig. Eine Abkehr von der Heiligenverehrung,
Marienkult und anderen Traditionen, die zum Teil heidnischen Ursprungs sind und eine Umkehr zu Christus, wird fast einem Verrat an der Kirche gleichgesetzt.
Fortsetzung folgt
Impressionen
Müde vom Tagesausflug nach Amphipolis, schlief ich auf einer Holzbank des oberen Decks bei der Überfahrt von Kavala nach Skala Prinou, als meine Frau mich weckte.
Während Sonnenauf- und Untergänge täglich zu sehen sind, kommt es nur jede 4 Woche vor, dass der Vollmond über dem Meer aufgeht und seine Absrahlung auf dem Wasser widerspiegelt wird. Das Auge kann sich nicht satt sehen und ein Schnappschluß reicht nicht, um die vielen sich veränderten Farbnuancen einzufangen. Was fü eine Kettenreaktion – die Sonne – der Mond – unser Auge – und was es in uns auslöst – Faszination und staunende Anbetung des Schöpfers.
In der Sommerzeit, wenn die Verdunstung des Meereswassers hoch ist, sind Tage mit klarer Sicht selten.
Meist nach einem Gewitter, oder starken Wind vom Norden, klart die Luft auf. An solchen Tagen sieht man schemenhaft die Häuser von Kavala am Festland. Es sind immerhin etwa 20 Kilometer Luftlinie bis dahin. Da sieht man nicht nur deutlich die vorgelagerte Bohrinsel, sondern jedes Schiff, auch die kleineren Boote sind von der Terrasse der `Prophitis Elias` Kirche in Sotiros zu erkennen.
Im Schatten der Pinienbäume schmecken Tiropita, Tomaten und Trauben besonders gut. Ein Ort der Ruhe und Entspannung. Man hat den Eindruck, dass die Orthodoxe Kirche für ihre Gotteshäuser die schönsten Plätze und Orte ausgesucht hat. Wenn man aber genauer hischaut, stehen diese Gebäude häufig auf Fundamenten älterer Gotteshäuser aus dem frühen Mittelalter oder gar aus der Spätantike. Jene fundamente lassen erkennen, dass hier in vorchristlicher Zeit heidnische Tempel gestanden haben. Das alles regt zum Nachdenken an.