10,13 Wessen Sohn ist der Messias/Christus?
(Bibeltexte: Mt 22,41-44; Mk 12,35-37; Ps 110,1; Lk 20,41-44)
Jesus befindet sich, wie der Evangelist Markus betont immer noch auf dem Tempelgelände. Nun ist er dran den Pharisäern eine Frage zu stellen und zwar in Gegenwart des Volkes. So schreibt der Evangelist Markus:
Und während Jesus im Tempel lehrte, hob er an und sagte: Wieso sagen die Schriftgelehrten, daß der Christus Davids Sohn ist? Er selbst, David, hat im Heiligen Geist gesagt: (Lukas ergänzt: „im Buch der Psalmen): „Der HERR hat gesagt zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde unter deine Füße lege!“ Er selbst David, nennt ihn Herr, und woher ist er sein Sohn? Und die zahlreiche Menge hörte ihn gern. (Mk 12,35-37).
Nach Markus wendet sich Jesus ganz allgemein an die zahlreiche Menschenmenge, die im Tempel versammelt war und ihn gerne hörte. Dabei zitiert er die Schriftgelehrten in deren Auslegung über die Herkunft und Identität des Messias.
Der Evangelist Matthäus ergänzt: „Als aber die Pharisäer versammelt waren, fragte sie Jesus und sagte: Was meint ihr über den Christus? Wessen Sohn ist er?“ Gezielt stellt Jesus die Frage an die Pharisäer, aus deren Reihen haptsächlich die Schriftgelehrten kommen. Er fordert sie zum Nachdenken heraus. Anstatt nachzudenken und ganz neu zu überlegen, antworten sie prompt mit der Standartaussage ihrer Schriftgelehrten. „Sie sagten zu ihm: – Davids.“ Dabei stützte man sich wohl auf folgende Aussagen:
- 2Samuel 7,12-14a: „Wenn nun deine Zeit um ist und du dich zu deinen Vätern legst, will ich dir einen Nachkommen erwecken, der von deinem Leibe kommen wird; dem will ich sein Königtum bestätigen. Der soll meinem Namen ein Haus bauen, und ich will seinen Königsthron bestätigen ewiglich. Ich will sein Vater sein, und er soll mein Sohn sein.“
- Jeremia 23,5: „Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, dass ich dem David einen gerechten Spross erwecken will. Der soll ein König sein, der wohl regieren und Recht und Gerechtigkeit im Lande üben wird.“ (ähnlich auch Jer 33,15).
Wenn sie sich auf diese Aussagen stüzten, dann dachten sie auch nicht falsch, sogar der Engel Gabriel zitiert (wenn auch nur auszugsweise) die Verheißung aus 2Samuel 7,12-14 im Gespräch mit Maria (Lk 1,31ff). Doch bestimmte Schriftaussagen blieben den Schriftgelehrten in ihrer tiefen Bedeutung verborgen. Und darin offenbart sich die Weisheit Gottes in seinem Sohn, weil nur er imstande ist die göttlichen Gedanken Gottes, die unter der Oberfläche des Buchstabens verborgen lagen, ans Licht zu bringen (Mt 11,27). Dies trifft auch auf den von Jesus zitierten Psalm 110,1 zu. „Er sagte zu ihnen: Wie nennt ihn denn David im Geist (Mk: „im Heiligen Geist“) Herr, wenn er sagt: „Der HERR sprach zu meinem Herrn: / »Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel unter deine Füße lege.« Wenn nun David ihn Herr nennt, wie ist er denn sein Sohn?“ (Mt 22,44-45). Des Rätsels Lösung ist für die Pharisäer nicht möglich, weil sie den Messias nur als einen irdischen, menschlichen Erlöser ansahen. Da Jesus sich bereits mehrmals als Sohn Gottes zu erkennen gab (Joh 5,17-19; 10,30-36), tut er es an dieser Stelle nur indirekt. Sie sollen selber darüber nachdenken und wenn nötig ihn konkret fragen. Doch niemand stellt ihm weitere Fragen.
An dieser Stelle ist es dran über die Bedeutung und Inhalt der beiden Begriffe `HERR, bzw, Herr` aus Psalm 110,1 nachzudenken. Im griechischen Text des Neuen Testamentes steht an der Stelle, wo Psalm 110,1 zitiert wird: „είπεν ο κύριος τώ κυριώ μου – eipen o kyrios tö kyriö mou – es sagte der Herr zu meinem Herrn“. Im hebräischen Text des Alten Testamentes stehen die Begriffe `נאם יהוה לאדני – spricht Jachwe zu Adonai `. Wie auch immer heute im Judentum `Adonai` verwendet wird, die Übersetzer des hebräischen Alten Testamentes (der LXX) übersetzten `Adonai` aus (Ps 110,1) mit `kyriö mou – meinem Herrn`. Diese Übersetzung haben auch die neutestamentlichen Autoren übernommen (Mt 22,44; Mk 12,36; Lk 20,42; Apg 2,34). Da man es im Judentum vermied den Namen Gottes `JHWH` auszusprechen, verwendete man dafür die Anrede `Adonai`. So wundert es nicht, dass man im griechischen Alten Testament beide Anredeformen (יהוה – JHWH – und אדני – Adonai) mit `kyrios – Herr` übernahm und sie damit in Bezug auf Gott gleichstellte. Sie werden also auch als Synonyme verwendet. Hier einige Beispiele als Begründung.
- 1Mose 15,2+8: „Abram sprach aber: „Herr HERR, (Adonai JHWH) was willst du mir geben?“ Oder: „Abram aber sprach: Herr HERR (Adonai JHWH), woran soll ich merken, dass ich’s besitzen werde?“ Zuerst kommt die ehrerbietende Anrede `mein Herr` und dann nennt er den Eigennahmen `JJHWH`, dabei handelt es sich um dieselbe Person.
- 1Mose 18,1: „Und der HERR (JHWH) erschien ihm bei den Terebinthen von Mamre“. 1Mose 18,2-3: „sobald er sie sah, lief er ihnen vom Eingang des Zeltes entgegen und verneigte sich zur Erde und sagte: Herr (Adonai), wenn ich denn Gunst gefunden habe in deinen Augen, so geh doch nicht an deinem Knecht vorüber!“ JHWH besucht Abraham im Hain Mamre (bei Hebron) in Begleitung zweier Boten. Abraham redet `JHWH` in Vers 3 mit `Adonai` an. Im folgenden Verlauf des Gesprächs (Verse 13,17.20.22.33) ist die von Abraham in Vers 3 angeredete Person immer `JHWH`. Es handelt sich hier um dieselbe Person. Jesus bestätigt, dass der Messias von Abraham gesehen wurde. In Johannes 8,53-59 steht: „Bist du etwa größer als unser Vater Abraham, der gestorben ist? Und die Propheten sind gestorben. Was machst du aus dir selbst? Jesus antwortete: Wenn ich mich selbst ehre, so ist meine Ehre nichts; mein Vater ist es, der mich ehrt, von dem ihr sagt: Er ist unser Gott. Und ihr habt ihn nicht erkannt, ich aber kenne ihn; und wenn ich sagte: Ich kenne ihn nicht, so würde ich euch gleich sein: ein Lügner. Aber ich kenne ihn, und ich bewahre sein Wort. Abraham, euer Vater, jubelte, dass er meinen Tag sehen sollte, und er sah ihn und freute sich. Da sprachen die Juden zu ihm: Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt und hast Abraham gesehen? Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe Abraham war (wurde), bin ich.“
- Jesaja 6,1: „Im Todesjahr des Königs Usija, da sah ich den Herrn (hebr.: אדני – Adonai) sitzen auf hohem und erhabenem Thron,“ Jesaja 6,3: „Und einer rief dem andern zu und sprach: Heilig, heilig, heilig ist der HERR (hebr.: יהוה – JHWH) der Heerscharen!“ Jesaja 6,5: „Da sprach ich: Wehe mir, denn ich bin verloren. Denn ein Mann mit unreinen Lippen bin ich, und mitten in einem Volk mit unreinen Lippen wohne ich. Denn meine Augen haben den König, den HERRN (hebr.: יהוה – JHWH) der Heerscharen, gesehen.“ Jesaja 6,8: „Und ich hörte die Stimme des Herrn (hebr.: אדני – Adonai), der sprach: Wen soll ich senden, und wer wird für uns Bote sein.“ Zweimal wird dieselbe Person auf dem erhabenen Thron bei seinem Eigennamen (JHWH) genannt oder angerufen und zweimal einfach nur mit der ehrenvollen Anrede `Adonai`. In Johannes 12,39-41 bestätigt Jesus, dass Jesaja den Messias gesehen hat: „Darum konnten sie nicht glauben, weil Jesaja wieder gesagt hat: „Er hat ihre Augen verblendet und ihr Herz verstockt, dass sie nicht mit den Augen sehen und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren und ich sie heile.“ Dies sprach Jesaja, weil er seine Herrlichkeit sah und von ihm redete.“ (Jes 6,9-10).
- Psalm 8,1+9: „Dem Chorleiter. Nach der Gittit. Ein Psalm. Von David. HERR (JHWH), unser Herr (Adonai), wie herrlich ist dein Name auf der ganzen Erde, der du deine Hoheit gelegt hast auf den Himmel! Aus dem Munde der Kinder und Säuglinge hast du Macht gegründet wegen deiner Bedränger, um zum Schweigen zu bringen den Feind und den Rachgierigen. Wenn ich anschaue deinen Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast: Was ist der Mensch, dass du sein gedenkst, und des Menschen Sohn, dass du dich um ihn kümmerst? Denn du hast ihn wenig geringer gemacht als Engel (hebr.: Elohim-Gott), mit Herrlichkeit und Pracht krönst du ihn. Du machst ihn zum Herrscher über die Werke deiner Hände; alles hast du unter seine Füße gestellt: Schafe und Rinder allesamt und auch die Tiere des Feldes, Vögel des Himmels und Fische des Meeres, was die Pfade der Meere durchzieht. HERR (JHWH), unser Herr (Adonai), wie herrlich ist dein Name auf der ganzen Erde!“ (in Hebr 2,5-10 wird dieser Psalm auszugsweise zitiert und auf Jesus den Menschensohn gedeutet).
Natürlich wird die Bezeichnung `Adonai/Herr` auch allgemein für geachtete oder höhergestellte Personen, Könige, Statthalter Götter Engel verwendet.
- 1Mose 18,12: Sara nennt ihren Mann Abraham `Adonai – mein Herr`;
- 1.Mose 19,2: Lot redet die beiden Männer (Engelboten), mit `Adonai – meine Herren` an;
- 1Mose 23,6-15: Efron, der Hetiter redet Abraham mit `Adonai – mein Herr` an, ebenso Abraham den Efron;
- 1Mose 24,14; Elieser der Knecht spricht von Abraham als `Adonai – seinem Herrn`;
- 24,18: Rebekka nennt sogar Elieser den Knecht Abrahams mit `Adonai – mein Herr`;
- 1Mose 31,35: Rahel nennt ihren Vater `Adonai – mein Herr`;
- 2Mose 32,22: Aaron nennt seinen Bruder Mose `Adonai – mein Herr`.
Doch erst aus dem Kontext ist ersichtlich wer die mit `Adonai – mein Herr` angeredete Person gemeint ist. In seinem Status als souveräner König, hatte David außer Gott niemanden als höhere Autorität über sich, die er als `Adonai – mein Herr` bezeichnen brauchte. Gerade in diesem Fall wird Davids Anrede: `Adonai – meinem Herrn` in der göttlichen Würdigung gerecht. Doch darauf ist keiner der Schriftgelehrten gekommen, es bedurfte des Hinweises von Jesus, dass man sich über diese tiefe Bedeutung erstmals Gedanken machte.
Und damit niemand auf die Idee käme, den `Adonai` aus Psalm 110,1 auf einen der höchsten Engelfürsten zu beziehen, schreibt der Autor des Hebräerbriefes: „Denn zu welchem Engel hat Gott jemals gesagt (Psalm 2,7): »Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt«? Und wiederum (2. Samuel 7,14): »Ich werde sein Vater sein und er wird mein Sohn sein«? Und abermals, wenn er den Erstgeborenen einführt in die Welt, spricht er (Psalm 97,7): »Und es sollen ihn alle Engel Gottes anbeten.« Von den Engeln spricht er zwar (Psalm 104,4): »Er macht seine Engel zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen«, aber von dem Sohn (Psalm 45,7-8): »Gott, dein Thron währt von Ewigkeit zu Ewigkeit, und das Zepter der Gerechtigkeit ist das Zepter deines Reiches. Du hast geliebt die Gerechtigkeit und gehasst die Ungerechtigkeit; darum hat dich, Gott, dein Gott gesalbt mit Freudenöl wie keinen deiner Gefährten.« Und (Psalm 102,26-28): »Du, Herr, hast am Anfang die Erde gegründet, und die Himmel sind deiner Hände Werk. Sie werden vergehen, du aber bleibst. Und sie werden alle veralten wie ein Gewand; und wie einen Mantel wirst du sie zusammenrollen, wie ein Gewand werden sie gewechselt werden. Du aber bist derselbe, und deine Jahre werden nicht aufhören.« Zu welchem Engel aber hat er jemals gesagt (Psalm 110,1): »Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel unter deine Füße lege«? Sind sie nicht allesamt dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit?“ (Hebr 1,5-14).
AM;ERKUNG: Damit der Bibelleser erkennen kann, an welcher Stelle in der hebräischen Bibel `JHWH` steht, schreiben einige deutsche Übersetzungen `HERR` mit Großbuchstaben, wo `Adonai` steht, mit `Herr` kleingeschrieben.
In dieser Gleichwertstellung ist auch die doppelte Bezeichnung `HERR, Herr` in Psalm 110,1 zu erkennen. Auffällig ist auch, dass die Pharisäer zwischen diesen Hoheitsbezeichnungen (Titel und Name) keinen Wertunterschied machten, sondern diese auf den einen Gott und König bezogen haben.
Mit dieser Fragestellung will Jesus keinesfalls seine irdische Herkunft schmälern oder gar verleugnen, da dies gar nicht zur Debatte stand oder angezweifelt wurde. Doch ihm war wichtig, dass die Juden die himmlische und göttliche Herkunft des Messias erkennen und anerkennen. Denn von dieser Anerkennung im Glauben hing ihre Erlösung ab. „Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit ihm selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung.“ (2Kor 5,19).
Bibeltexte, nach welchen die Würde des Vaters auch dem Sohn zukommt.
- 5Mose 10,17: „Denn der HERR, euer Gott, ist der Gott aller Götter und der Herr über alle Herren,“
- 1Timotheus 6,15: „welche uns zeigen wird zu seiner Zeit der Selige und allein Gewaltige, der König aller Könige und Herr aller Herren,“
- Offenbarung 17,14: „Die werden gegen das Lamm kämpfen, und das Lamm wird sie überwinden, denn es ist der Herr aller Herren und der König aller Könige, und die mit ihm sind, sind die Berufenen und Auserwählten und Gläubigen.“
- Offenbarung 19,16: „und trägt einen Namen geschrieben auf seinem Gewand und auf seiner Hüfte: König aller Könige und Herr aller Herren.“
Fragen / Aufgaben:
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- Welche Vorstellungen hatten die Juden über den Messias?
- Warum war die Frage nach der Herkunft des Messias so wichtig?
- Wie begründet Jesus seine göttliche Herkunft?
- Haben die ‚Pharisäer Jesus verstanden? Warum konnten sie nichts dagegen sagen?
- Warum ist es notwendig, dass wir Jesus sowohl als Menschensohn, als auch Gottesohn anerkennen?
- Die Frage nach der Identität des von den Juden erwarteten Messias, war die zentralste im Judentum. Was hing davon alles ab?
Die Pharisäer
Johannes 8
Schriftgelehrte und Pharisäer bringen eine Frau, die beim Ehebruch ergriffen worden war, um ihn zu versuchen, damit sie etwas hätten, um ihn anzuklagen. Jesus aber bückt sich nieder und schreibt mit dem Finger auf die Erde.
Jeremia 17, 13 Hoffnung Israels, HERR! Alle, die dich verlassen, werden zuschanden werden. – Und die von mir abweichen, werden in die Erde geschrieben werden; denn sie haben den HERRN, die Quelle lebendigen Wassers, verlassen.
Jeremia 17 sagt aus, dass diese Pharisäer Gott verlassen haben, trotz Frömmigkeit und Gesetz. Sie waren nicht mehr in der Lage, richtig zu denken; sie konnten nicht mehr ehrlich zu sein zu sich und zu anderen. Ihr Zustand ist der des frommen Sünders, des uneinsichtigen Gelehrten, des unbarmherzigen Priesters, des hochmütigen Richters, des sich selbst erhöhenden Menschen, der den Zugang zu Gott für andere versperrt
und Ehre von Menschen annimmt. Jesus hat alle Zeichen des Messias getan z.B. Heilung eines Blindgeborenen (Joh 9) und das haben sie nicht anerkannt. Der Tod Jesu und seine Auferstehung aber sprechen ganz gewaltig gegen die Pharisäer. Sie sind somit in allen Punkten überführt als Blinde. Wir können uns auch heute wehren gegen die Pharisäer. „Wir haben Wehr und Waffen in jedem Kampf und Streit.
Wir haben eine Wolke von Gottes Herrlichkeit.“.