Inhaltsverzeichnis
- 1 Seele – Psyche
- 1.1 1. Der Status des Menschen bei seiner Erschaffung
- 1.2 2. Der Zustand des Menschen nach ihrem Ungehorsam
- 1.3 3. Der Begriff `Psych¢` steht für den ganzen Menschen
- 1.4 4. Psych¢ beschreibt das physische Leben des Menschen (aber auch der Tiere)
- 1.5 5. „Wer sein Leben liebt, wird es verlieren…“ – was meint Jesus damit?
Seele – Psyche
In dieser Begriffstudie wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, was versteht die Bibel unter der im Deutschen so geläufigen Bezeichnung `Seele`? Es stellen sich Fragen wie:
- Ist Seele eines der drei Bestandteile der Persönlichkeit des Menschen – Leib, Seele, Geist? Wenn ja, wo ist dann der Sitz der Seele?
- In welcher Beziehung steht sie zum Leib und Geist?
- Werden die Begriffe Seele und Geist auch als Synonyme, also austauschbar gebraucht?
- Ist Seele wie auch der Geist, im Gegensatz zum Körper, unsterblich?
- Haben Tiere auch eine Seele?
- Meint Seele etwa das lebendige Wesen des Menschen, sein pulsierendes Leben?
Beeilen wir uns nicht Behauptungen aufzustellen und voreilige Schlüsse zu ziehen, indem wir eine dieser Fragen mit ja oder nein beantworten, sondern machen wir uns auf den mühsamen aber auch lohnenden Weg viele Texte der Bibel zu erforschen, um einer Erkenntis näher zu kommen. Die gewonnene Erkenntnis kann uns helfen, die Zusammenhänge unseres Menschseins besser zu verstehen und der Bereitschaft uns einer Jesusgemäßen Therapie zu unterziehen. Sie kann auch hilfreich werden im Dienstbereich Seelsorge und Gesprächsführung in der Gemeinde.
Überall, wo wir in den deutschen Übersetzungen das Wort `Seele` vorfinden, steht im Griechischen `ψυχὴ – psych¢`. Davon sind dann die Fachbegriffe wie: Psychologie, Psychiatrie, Psychiater Psychoanalyse, Psychose, Psychotherapie, Psychopharmaka, abgeleitet. Es fällt jedoch auf, dass an vielen Stellen, in denen das griechische Wort `ψυχὴ – psych¢` steht, es nicht mit Seele, sondern mit Leben übersetzt wird. Dieser Tatbestand ermutigt uns zum genaueren Betrachten des Wortes `ψυχὴ – psych¢`, sowohl im unmittelbaren Text als auch dem Gesamtzusammenhang der Heiligen Schriften.
1. Der Status des Menschen bei seiner Erschaffung
In 1Mose 1,26-28 lesen wir: „Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen in unserm Bild, uns ähnlich. Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über das Vieh und über die ganze Erde und über alle kriechenden Tiere, die auf der Erde kriechen! Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er ihn; als Mann und Frau schuf er sie. Und Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, und füllt die Erde, und macht sie euch untertan…“ Und aus 1Mose 2,7 erfahren wir bestimmte Details über die Erschaffung des Menschen. „da bildete Gott, der HERR, den Menschen, aus Staub vom Erdboden und hauchte in seine Nase Atem des Lebens (πνοὴς ζωὴς – pno¢s z÷¢s); so wurde der Mensch eine lebende Seele (ψυχὴν ζῶσαν – psych¢n z÷san)“. (vgl. mit Apg 17,25: „Gott gibt Leben und Odem – ζωὴν καὶ πνοὴν – z÷¢n kai pno¢n“ Joh 20,22: „Er hacute sie an – ἐνεφύσησεν – enefys¢sen“). Zum ersten Mal begegnen wir in diesem Text dem Begriff `ψυχὴ – psych¢`. fGott schuf den Körper des Menschen von dem Staub der Erde und hauchte den Odem des Lebens in das Angesicht des Menschen und dadurch wurde der Mensch zu einer lebenden Seele. Demnach ist die lebende Seele das Ergebnis der Vereinigung des Lebensodems aus Gott mit dem aus der Erde geschaffenem Körper des Menschen durch Gott. Eine Vereinigung des Himmlischen mit dem Irdischen, des Göttlichen mit dem Menschlichen fand dort statt. Der Umkehrschluss wird uns in dem Schöpfungspsalm 104,29-30 beschrieben. „Du verbirgst dein Angesicht: Sie erschrecken. Du nimmst ihren Lebensatem (LXX: τὸ πνεῦμα αὐτῶν – to pneuma aut÷n – ihren Geist) weg: Sie vergehen und werden wieder zu Staub. Du sendest deinen Lebenshauch (LXX: τὸ πνεῦμά σου,- to pneuma sou – deinen Geist) aus: Sie werden geschaffen; du erneuerst die Flächen des Ackers.“ (Nach LXX: Ps 103,29-30). Aus diesen Texten geht hervor, dass Lebensoden und Geist als Synonyme verwendet werden. Der Stand und der Zustand des Menschen nach der Erschaffung war sehr gut. Er war ausgestattet mit allen Vollmachten und Fähigkeiten für die Verwaltung der Erde. Für den Fortbestand bekam er den Segen Gottes. Lebensmittel gab es in Hülle und Fülle. Das Klima war sehr angenehm. Und er brauchte sich vor niemand auf dieser Erde fürchten. Scham und Unrecht kannte er nicht. Das war PARADIES auf Erden!
2. Der Zustand des Menschen nach ihrem Ungehorsam
Hier gehen wir der Frage nach: Was hat sich nach der Übertretung des Gebotes im menschlichen Wesen geändert? Was bedeuten die Worte Gottes: „denn an dem Tag, da du davon isst, musst du sterben (stirbst du) (LXX: θανάτῳ ἀποθανεῖσθε – thanat÷ apothaneisthe – werdet ihr des Todes sterben)“. Da der Mensch und seine Frau nicht sofort tot umgefallen sind, stellt sich die Frage: Was Gott mit Sterben gemeint hat? Könnte es sein, dass ihnen `ψυχὴ – psych¢ – Seele(irdusches, physisches Leben)` in minderer Qualität blieb, aber `ζῶσαν – z÷san – (geistlich/göttliches) Leben` verloren ging? Sicher ist, dass sich in der Lebensqualität beim Menschen etwas drastisch verschlechtert hatte (1Mose 3,16-19). Die Folgen des Ungehorsams zeigten sich auch recht bald bei ihnen und den nachfolgenden Generationen. Was nun der Mensch konkret verloren hat geht aus dem Rückschluss der Worte von Jesus hervor: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat ewiges Leben (ζωὴν αἰώνιον – z÷ῆn ai÷nion) und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tod (θανάτῳ – thanat÷) in das Leben (ζωήν – z÷ῆn) übergegangen. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, dass die Stunde kommt und jetzt da ist, wo die Toten (νεκροὶ – nekroi) die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und die sie gehört haben, werden leben (ζήσουσιν – zῆsousin).“ (Joh 5,24-25; vgl. mit Eph 2,1-6). Demnach ist der Mensch (Adam) nicht gestorben im Sinne von nicht mehr existent. Das Sterben bezog sich auch nicht primär auf seinen Körper, immerhin lebte er insgesamt 930 Jahre. Sondern sie wurden von der Quelle des Lebens aus Gott getrennt und kamen in die Sphäre der (geistlichen) Finsternis und auch unter die Macht der Finsternis, unter die Macht der Sünde und folglich unter die Macht des Todes (Röm 6,23; 7,11; Apg 26,18).
3. Der Begriff `Psych¢` steht für den ganzen Menschen
In 5Mose 10,22 wird der Begriff `psych¢` entsprechend 1Mose 2,7 als Synonym für Personen gebraucht: „Deine Väter zogen hinab nach Ägypten mit siebzig Seelen (ἑβδομήκοντα ψυχαῖς – ebdom¢konta psychais); aber nun hat dich der HERR, dein Gott, zahlreich gemacht wie die Sterne am Himmel.“ Der Verwendung dieses Begriffes bezogen auf Personen begegnen wir in vielen Texten des Alten und Neuen Testamentes. (1Mose 14,21; 36,6; 46,18; 4Mose 9,13; Apg 2,41; 3,23; 7,14; 27,22.37). Nach diesen Texten umfasst der Begriff `ψυχῆ – psych¢ ` den ganzen Menschen, sein ganzes Wesen.
4. Psych¢ beschreibt das physische Leben des Menschen (aber auch der Tiere)
Desweiteren erfahren wir, dass ein enger Zusammenhang zwischen dem Blut und dem physischen Leben besteht, so dass sogar Blut gelegentlich mit Leben bezeichnet wird. In 1Mose 9,4 steht geschrieben: „Nur Fleisch in dem Blut des Lebens (ἐν αἵματι ψυχῆς – en aimati psych¢s), sollt ihr nicht essen!“ Dies kann folgendes bedeuten:
- Der Begriff `ψυχὴ – psych¢` wird auch auf das (biologische) Leben im Blut der Tiere angewendet.
- Daher muss das Blut der Tiere abgelassen werden, bevor das Fleisch zum Verzehr freigegeben wird.
- Das Blut selbst ist nicht für den Verzehr vorgesehen.
Dieser Gedankengang wird in 3Mose 17,11-14 aufgegriffen und präzisiert: „Denn die Seele (psych¢ – Leben) alles Fleisches ist in seinem Blut, und ich selbst habe es euch auf den Altar gegeben, Sühnung für eure Seelen (psych¢n – Leben) zu erwirken. Denn das Blut ist es, das Sühnung tut durch die Seele (psych¢ – Leben) in ihm.“ Wenn also der reumütige Sünder mit seinem Lamm zum Priester kam, wurde das Lamm geschlachtet. Das Blut wurde auf den Altar gegossen. Damit wurde symbolhaft angedeutet, dass das Leben des unschuldigen Tieres Sühne erwirkte für den Sünder und er frei ausgehen konnte. So ist zu erklären, warum Gott das Blut nicht für den Verzehr sondern für die Sühnung vorgesehen hatte.
Durch den Propheten Jesaja klärt Gott die Israeliten darüber auf, dass sein Gesalbter wie ein Lamm für die Schuld der Menschen durch die Hingabe seines Lebens (psych¢) Sühnung erwirken wird.
Aber dem HERRN gefiel es, ihn zu zerschlagen; er ließ ihn leiden. Wenn er sein Leben psych¢) zum Schuldopfer gegeben hat, so wird er Nachkommen sehen und seine Tage verlängern; und das Vorhaben des HERRN wird in seiner Hand gelingen. Nachdem seine Seele psych¢) Mühsal erlitten hat, wird er seine Lust sehen und die Fülle haben; durch seine Erkenntnis wird mein Knecht, der Gerechte, viele gerecht machen, und ihre Sünden wird er tragen. Darum will ich ihm die Vielen zum Anteil geben, und er wird Starke zum Raub erhalten, dafür, dass er seine Seele (psych¢) dem Tod preisgegeben hat und sich unter die Übeltäter zählen ließ und die Sünde vieler getragen und für die Übeltäter gebetet hat. (Jes 53,10-12).
Gott schützte zur Zeit der Kindheit das irdische, physische Leben (psych¢n) von Jesus. Und Gott sprach zu Josef im Traum: „Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und zieh in das Land Israel, denn die nach dem Leben (psych¢n) des Kindes trachteten sind gestorben.“ (Mt 2,20). Doch während seines Dienstes sprach Jesus immer wieder von der freiwilligen Hingabe seines Lebens unter dem Aspekt der Sühnung: „Denn der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben (psych¢n) als Lösegeld für die Vielen.“ (Mk 10,45; vgl. mit Mt 20,28; 1Joh 3,16; ähnlich wie in 3Mose 17,11-14 symbolhaft vorgebildet war).
Im Zusammenhang der Lehre über den guten Hirten, sagte Jesus von sich selbst: „Ich bin der gute Hirte, der gute Hirte lässt sein Leben (psych¢n) für die Schafe.“ (Joh 10,11). Gemeint ist hier sein (sündloses) physisches Leben. Genau so auch in 10,15: „Wie der Vater mich kennt, so kenne ich den Vater und ich gebe mein Leben (psych¢n) für die Schafe.“ Und Joh 10,17: „Deswegen liebt mich der Vater, weil ich mein Leben (psych¢n) hingebe, damit ich es wieder nehme.“ (Vgl. auch mit Joh 15,13). Der Schluss seiner Aussage macht deutlich, dass er aus dem Tod wieder zurückkehren wird. Allerdings ist es bei Jesus nach der Auferweckung, ein Leben in einem verwandelten Körper (vgl. dazu auch Ps 16,8-11 mit Apg 2,31; 13,32-37; Phil 3,20-21).
5. „Wer sein Leben liebt, wird es verlieren…“ – was meint Jesus damit?
In Johannes 12,23-25 zeigt Jesus die Notwendigkeit auf, wie die Jünger die Prioritäten in ihrem Leben richtig setzen sollen: „Wer sein Leben (psych¢n) liebt, der wird es verlieren, wer aber sein Leben (psych¢n) hasst in dieser Welt, wird es bewahren für das ewige Leben (ζωὴν αἰώνιον – Z÷¢n ai÷nion)).“ (ähnlich auch in Mt 10,39: 16,25-26; Lk 9,24-25; 17,33; 21,19). Mit der Bildrede vom Weizenkorn macht Jesus deutlich, dass er als Erster bereit ist den Weg der Lebenshingabe zu gehen und damit für seine Nachfolger zum Vorbild wurde.
Anmerkung: Jesus schützt das Leben der Menschen (Lk 6,9; 9,56?). Sein ganzer Dienst an Menschen bestätigt seine postitive Einstellung zum physischen Leben des Menschen.
Die übermütige Selbsteinschätzung des Petrus: „warum kann ich dir diesmal nicht folgen? Ich will mein Leben (psych¢n) für dich lassen“, weist Jesus zu diesem Zeitpunkt zurück (Joh 13,37). Die Motivation stimmt bei Petrus nicht, weil er dem Wort von Jesus nicht glaubt und weil er seinen Willen durchsetzen will, dies kann Jesus nicht gebrauchen. Es wäre oft einfacher, in einem kurzen Prozess den Märtyrertod zu erleiden, als das gesamte Leben in der Hingabe und der Selbstaufopferung zu leben.
An der Einstellung und dem Verhalten des Ap. Paulus erkennen wir, wie er die Prioritäten in seinem Leben richtig gesetzt hatte. „Aber auf das alles nehme ich keine Rücksicht; mein Leben (psych¢n) ist mir auch selbst nicht teuer, wenn es gilt, meinen Lauf mit Freuden zu vollenden und den Dienst, den ich von dem Herrn Jesus empfangen habe, nämlich das Evangelium der Gnade Gottes zu bezeugen.“ (Apg 20,24; 15,24-26).
Fortsetzung folgt