3.7 Das Missionskonzept von Jesus

3.7 Das Missionskonzept von Jesus

3.7.1 Jesus betet am frühen Morgen außerhalb von Kapernaum

(Bibeltexte: Mk 1,35-37;  Lk 4,42)

 

Die Evangelisten Markus und Lukas schreiben:

Und früh morgens, als es noch dunkel war, stand er auf und ging hinaus und ging fort an einen einsamen Ort und betete dort. Und Simon und die bei ihm waren, eilten ihm nach. Und da sie ihn fanden, sprachen sie zu ihm: Jedermann sucht dich. (Mk 1,35-37). Als es aber Tag geworden war, ging er aus und begab sich an einen einsamen Ort und die Volksmengen suchten ihn. (Lk 4,42).

Jesus ist nicht nur ein Wundertäter, nicht nur einer der den Rabbinern seiner Zeit widerspricht. Er ist immer auch der geheimnisvolle Gottessohn, der die Einsamkeit sucht, um mit seinem Vater zu reden. Sein Herz ist bewegt von der Not der Menschen. Der Weg der Niedrigkeit (Fleischwerdung) bedarf des engen Kontaktes zum Vater – diese uns verborgene (mystische) Einheit innerhalb der dreieinigen Gottheit muss gepflegt werden. Diese Einheit ist aber auch der Ursprung für die inwendige Kraft, das Heil in Jesus und das anbrechende Gottesreich. Es ist nicht das einzige Mal, dass Jesus sich frühmorgens (wir können annehmen zwischen 3 und 6 Uhr morgens) zum Gebet zurückzieht. Der Ort des Gebets außerhalb der Ortschaft ist bewusst gewählt. Auch die Zeit, das frühe, einsame Gebet kann für manchen ein Vorbild sein.

Bedenkt man unter welch engen Umständen Jesus wahrscheinlich mit vielen anderen Menschen in einem Haus wohnte, dann ist das freie Feld wohl der optimale Ort zum Gebet. Aus den jüdischen Schriften des 1. Jahrhunderts können wir schließen, dass in den einfachen Einraum-Häusern Galiläas 10-20 Personen lebten“ (Keener 1998, 214).

Da die Bewohner jedoch sehr früh morgens ihre Feldarbeit beginnen, musste Jesus sehr früh aufstehen um ungestört beten zu können. Doch auch diese Gebetszeit wird von Simon und anderen die nach ihm suchen gestört. Dies ist verständlich, nachdem sie die Wunder am Vorabend gesehen und erlebt haben. Für das einsame Gebet in der Abgeschiedenheit haben sie noch kein Verständnis. Von den Rabbinern aus der Pharisäerpartei sind sie öffentliches Gebet gewohnt (Mt 6,5).

Nun wäre es ja menschlich gesehen passend, hier in Kapernaum zu bleiben, doch Jesus hat noch viel vor. Andere Städte und Dörfer sollen ebenso das große Licht sehen und die wunderbare Botschaft vom angebrochenen Reich Gottes hören. Später wird er nach Kapernaum zurückkehren. Auch der Evangelist Johannes unterstreicht, dass Jesus nicht lange in Kapernaum geblieben war (Joh 2,12b – „dort blieben sie nicht viele Tage“). Mit Bezug auf Apg 1,5 können wir annehmen, dass der erste Aufenthalt in der Stadt etwa zehn Tage dauerte. Doch macht er Kapernaum zu seiner Stadt und zur Ausgangsbasis seiner Missionsreisen (Mt 9,1). Alle synoptischen Evangelisten machen deutlich, dass Jesus von hier zu seiner zweiten Galiläareise aufbricht.

 

Fragen / Aufgaben:

  1. Warum suchte Jesus die Stille der frühen Morgenstunden?
  2. Was für eine Entscheidung traf er?
  3. Warum lässt er sich nicht von seinen Freunden überreden in Kapernaum zu bleiben?
  4. Wie hältst du es mit dem Gebet? Erzähle mal von deinem Gebetsleben!

 

3.7.2 Das planmäßiges Vorgehen von Jesus

(Bibeltexte: Mt 4,23-25; Mk 1,38-39;  Lk 4,43-44)

 

Folgende Aussagen von Jesus machen deutlich, dass er nach einem bestimmten Plan oder Konzept  vorgeht.

„Ich muss auch anderen Städten (größere Orte)  das Evangelium verkündigen, denn dazu bin ich gesandt.“ (Lk 4,43). „Lasst uns anderswohin in die benachbarten Marktflecken gehen, damit ich auch dort predige, denn dazu bin ich ausgegangen. Und er ging und predigte in ihren Synagogen in ganz Galiläa und trieb die Dämonen aus.“ (Mk 1,38-39).

Zunächst sucht Jesus die benachbarten Städte auf, zum Beispiel Betsaida und Chorazin. Dies ist im Einklang mit der Missionsstrategie, die er später seinen Jüngern verordnet (Apg 1,8): Jerusalem = E0, Judäa = E1, Samarien = E2 und das Ende der Erde = E3. E= Evangeliumskreis – dies ist eine eindrückliche Abkürzung aus der Missiologie. Jesus geht planmäßig vor, denn in seinem Dienst ist alles übersichtlich. Dieses: „Ich muss auch anderen Städten das Evangelium verkündigen“, spricht von einer klaren planmäßigen Absprache mit seinem Vater. Er ist nicht gezwungen dies zu tun, sondern er tut es freiwillig, er hat sich festgelegt, er kann nicht anders und darum: „Ich muss“.

Er predigte in den Synagogen Galiläas“, macht erstens deutlich, dass Jesus sich der vorhandenen Einrichtungen bedient und zweitens, dass er nichts Geheimes oder Unerlaubtes tut, sondern öffentlich predigt. Dies steht im deutlichen Kontrast zum Reich-Israel Konzept der Zeloten, die heimlich eine Verschwörung gegen die Römer bilden und gegen sie gewaltsam operieren. Und so kann Jesus später bei seiner Verteidigung mit gutem Gewissen sagen: „Ich habe nicht im Verborgenen geredet.“ (Joh 18,20).

Der Hinweis: „Er trieb die Dämonen aus“, unterstreicht dass sich das Reich Gottes und damit die Herrschaft Gottes nun ausbreiten. Dieser Hinweis macht aber besonders in der Person des Gottes Sohnes deutlich, dass sich der eigentliche Kampf nicht gegen Menschen, sondern gegen die Mächte der Finsternis richtet (Eph 6,12ff). Jesus ist der, der die Vollmacht besitzt und auch ausübt.

Während der nun folgenden Rundreise kehrt Jesus immer wieder nach Kapernaum zurück.

 

Fragen / Aufgaben:

  1. Woran kann man das planmäßige Vorgehen von Jesus in seinem Dienst erkennen?
  2. Warum betont Jesus immer wieder: „Ich muss“? Musste er wirklich, oder konnte er auch anders? Wo und wann betont Jesus dieses „Ich muss“?
  3. Wie bereitest du dich auf neue menschliche oder geistliche Herausforderungen vor?
  4. Warum nutzt Jesus die vorhandenen Versammlungseinrichtungen? Was könnten wir davon ableiten?
  5. Wie breitet sich das Reich Gottes aus und woran erkennen wir es?
  6. Hat Gott auch für dein Leben einen Plan? Siehst du vielleicht, wenn auch mit Einschränkungen, Gottes Konzept in deinem Leben?

 

3.7.3 Jesus besucht Betsaida

Betsaida ist die Nachbarstadt zu Kapernaum. In biblischer Zeit lag die Stadt am Westufer der Jordanmündung, denn nach Johannes 12,21 lag Betsaida in Galiläa. Die späteren Weherufe von Jesus über Betsaida machen deutlich, dass Jesus diesen Ort öfters besuchte und dort viele Wunder vollbrachte (Mt 11,21; Lk 10,13). Nach den uns überlieferten Berichten der Evangelisten hielt sich Jesus mindestens dreimal in Betsaida auf (Mk 6,45; 8,22; Lk 9,10). Doch wahrscheinlich sind nicht alle Besuche dort aufgezählt, so auch der erste, von dem es lediglich heißt, dass Jesus in die benachbarten Städte ging, darunter war sicher auch das 4 km östlich liegende Betsaida. Wie der Name des Ortes schon deutlich macht (Fischhausen), beschäftigten sich die Leute mit dem Fischfang. Da drei Jünger von Jesus aus dieser Stadt kamen, war es ein zusätzlicher Grund öfters dorthin zu gehen.

 

Fragen / Aufgaben:

  1. Was bedeutet der Name Betsaida und wo lag diese Stadt?
  2. Suche die Stellen auf, die von einem Besuch von Jesus in Betsaida erzählen und nenne sie kurz?
  3. Kennst du die Nachbarortschaften deiner Stadt? Gibt es auch dort Gläubige an Jesus Christus?

 

3.7.4 Jesus besucht Chorazin

Anders steht es mit der wenige Kilometer nordwestlich von Kapernaum und auf einer Anhöhe gelegenen Stadt Chorazin. Nur einmal wird sie in den Evangelien von Jesus selbst erwähnt und zwar im Zusammenhang mit den Weherufen (Mt 11,21; Lk 10,13).

Abbildung 36 Chorazin – jetzt zwar ein Trümmerfeld, aber auch ein Zeugnis für die Wahrheit der Worte Jesu (Foto: April 1986).

Dadurch wird deutlich, dass Jesus dort viele Wunder vollbrachte und nur wenige an ihn als dem Messias glaubten. In den Jahren 1962-64 (sowie 1980-87) wurden von den Archäologen während der Grabungen Grundmauern einer Synagoge aus schwarzem Basalt freigelegt, die in das späte 3. Jahrhundert dadiert wird. Ebenso wurden verschiedene Mauerreste auf einem größeren Gelände verstreut freigelegt. Alles Hinweise, dass es sich um den Ort Chorazin handeln könnte und Jesus auch diesen Ort vielleicht sogar mehrmals besuchte und dort predigte (Mt 4,23).

Fragen / Aufgaben:

  1. Wo lag Chorazin und was zeichnete die Stadt aus?
  2. Wo wird diese Stadt in den Evangelien genannt und in welchem Zusammenhang?

 

3.7.5 Weitere Besuche in Galiläa

Auch der Evangelist Matthäus bestätigt die Tätigkeit von Jesus in ganz Galiläa. Jesus suchte den Schlüssel zu den Herzen der Menschen und ging deshalb zu den üblichen Versammlungsorten einer Kommune. Dies sind meist die Synagogen – aber auch damals schon an Marktagen die Marktplätze. Synagogen sind für alle Juden zugänglich. Niemand konnte ihm später nachsagen, dass er etwas im Geheimen getan hätte (Joh 18,20).

Hier treffen wir auf Sammelberichte von Verkündigung und Heilungen. Es ist sicher, dass die meisten Wunder, die Jesus getan hatte uns nicht berichtet werden. Die meisten die überliefert wurden, sind lokalisierbar – nur bei einigen ist der Ort des Geschehens nicht genau festzustellen. Vordergründig ging es Jesus um das Aufrichten des Reiches Gottes. Dies geschah:

  • durch Wunderzeichen, griechisch: `shmei/on s¢meion` (Joh 2,11 auch bes. Joh 2,23),
  • durch Lehren – die Lehre, griechisch: `dida,skwn didaskön`, war das wesentliche Mittel von Jesus bei der Aufrichtung des Reiches Gottes. Daher wird er auch immer wieder Rabbi (Lehrer) genannt. Bis heute hat die Berufsbezeichnung Lehrer im Orient hohes Ansehen.
  • Durch die Verkündigung des Evangeliums. Der Begriff: `khru,sswn k¢russœn`  (auch: Kerygma) bedeutet: bekanntmachen, kundmachen, ausrufen, eine wichtige Botschaft verkündigen.

Wobei bei diesen Elementen keine Rangfolge sichtbar wird, denn Jesus kümmert sich um den ganzen Menschen, da das Reich Gottes sowohl eine geistliche wie auch ein menschlich (=körperliche) Realität ist.

Und Jesus zog in ganz Galiläa umher, lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium des Reiches und heilte jede Krankheit und jedes Gebrechen unter dem Volk (…) und es folgten ihm große Volksmengen von Galiläa und dem Zehnstädtegebiet und Jerusalem und Judäa und von jenseits des Jordans. (Mt 4,23-25).

Hier finden wir zum ersten Mal den Begriff: `euvagge,lion euangelion` Evangelium im Matthäusevangelium. Es ist das Evangelium des Königreiches (Gottes): `th/j basilei,aj t¢s basileias` (siehe auch Mt 24,14). Dieser Sammelbericht über Reisen und Dienste in Galiläa – ohne nähere Details – betont, dass Jesus große Volksmengen nachgefolgt sind:

  • Von Galiläa, dem nördlichen Teil von Palästina. Josephus weist daraufhin, das Galiläa ein dicht besiedeltes Gebiet war (Jüdische Kriege III.1). Die mit Abstand größte Stadt war Sepphoris (Jüdische Kriege II,11).
  • Dem Zehnstädtegebiet, griechisch: Dekapolis, dehnte sich vom Ostufer des Sees Gennesaret in Richtung Osten und teilweise Süden aus. Die Zehn Städte: Raphana, Scytopolis (westl. des Jordans), Gadara, Hippus, Dium, Pella, Gerasa/Galasa, Kanatha, (unklar: Abila, Kanata).
  • Jerusalem, Judäa
  • und von jenseits des Jordans (Mt 4,25). Der Begriff „jenseits des Jordan“ weist auf das Gebiet östlich des Jordans – auch auf Peräa, (Herrscher: Herodes Antipas) und die Trachonitis – Herrschaftsgebiet des Herodes Philippus.

Auch der Evangelist Lukas vermerkt, dass die Kunde von der Tätigkeit von Jesus sich überall verbreitete und Jesus gepriesen wurde (Lk 4,14-15). Folgende galiläische Städte, die Jesus besuchte, sind in den Evangelien namentlich genannt: Bethsaida, Chorazin, Kana, Nain und Nazaret.

Jesus wird mehrere Monate lang unterwegs gewesen sein, wenn es heißt: „Er predigte in den Synagogen Galiläas“, dann könnte er wochenweise von Ort zu Ort gezogen sein. Natürlich ist er und seine Jünger auf die Gastfreundschaft der Menschen angewiesen. Diese Gastfreundschaft ist jedoch eines der wesentlichen ungeschriebenen Gesetze des Orients (leider heute nicht immer aus lauterem Motiv).

 

Fragen / Aufgaben:

  1. Wo predigte Jesus das angebrochen Reich Gottes vorrangig und warum?
  2. Welche Formen der Verkündigung praktizierte Jesus?
  3. Warum waren Heilungen, Wunderzeichen und Predigten für Jesus ein wesentliches Mittel um das Reich Gottes aufzurichten? Warum waren die Zeichen/Heilungen oder die Predigten jeweils nicht nur ein untergeordnetes Mittel zum Zweck – sondern hatten jeweils in sich eine wichtige Bedeutung?
  4. Auf was war Jesus während seiner Wanderschaft in Galiläa angewiesen?

 

 

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