Inhaltsverzeichnis
- 1 (Teil 4): Die verfolgte, leidende und triumphierende Gemeinde sowie das Weltgericht
- 1.1 (4.1) Die Frau mit der Sonne bekleidet und der feurige Drache
- 1.1.1 (4.1.1) Die Frau mit der Sonne bekleidet – ihre Identität und ihr Auftrag
- 1.1.2 (4.1.2) Der feurige Drache, seine Identität und Plan
- 1.1.3 (4.1.3) Wer ist das männliche Kind?
- 1.1.4 (4.1.4) Die Frau flieht in die Wüste und wird dort 1260 Tage ernährt
- 1.1.5 (4.1.5) Der Drache wird aus dem himmlischen Bereich hinaus und auf die Erde hinabgeworfen
- 1.1.6 (4.1.6) Die Verfolgung der Frau und ihrer Nachkommen durch den Drachen sowie ihre Versorgung und Bewahrung in der Wüste
- 1.2 (4.2) Das Tier aus dem Meer und seine Herrschaft über die Nationen der Erde
- 1.2.1 (4.2.1) Die Identität des Tieres aus dem Meer
- 1.2.2 (4.2.2) Was bedeutet: Eines der Häupter wurde tödlich verwundet und wieder geheilt?
- 1.2.3 (4.2.3) Die Anbetung des Drachen und des Tieres
- 1.2.4 (4.2.4) Dem Tier wird gegeben 42 Monate zu wirken
- 1.2.5 (4.2.5) Das Tier bekommt Macht im globalen Umfang
- 1.2.6 (4.2.6) Das Ausharren der Heiligen
- 1.3 (4.3) Das Tier aus der Erde – seine Identität und Funktion
- 1.4 (4.4) Das Lamm auf dem Berg Zion und mit ihm die 144 Tausend
- 1.5 (4.5) Die Ankündigung des Gerichts sowie der Fall Babylons
- 1.1 (4.1) Die Frau mit der Sonne bekleidet und der feurige Drache
(Teil 4): Die verfolgte, leidende und triumphierende Gemeinde sowie das Weltgericht
Mit Kapitel zwölf beginnt die zweite Hälfte des Buches der Offenbarung, bei dem wieder die gesamte Periode von der Geburt Jesu bis zum Gericht des Großen Tages Gottes bei seiner Wiederkunft in Macht und Herrlichkeit beschrieben wird, allerdings unter anderen Perspektiven (Offb 12,1-20,15). Das Buch endet mit der Vollendung der Gemeinde und der Beschreibung der Neuen Schöpfung (Offb 21-22). Wunderbare und dramatische Bilder sieht Johannes, welche auch Einblick hinter die Kulissen gewähren. Doch was bedeuten sie und wen oder was stellen sie dar? Dem Reich des Christus werden vier Machtgrößen gegenübergestellt:
- Der Drache
- Das Tier aus dem Meer
- Das Tier aus der Erde
- Die große Stadt Babylon
Diese alle werden von dem Drachen gelenkt, der im Hintergrund agiert und er bekommt mit, wie sein Reich und die Reiche dieser Welt von Christus zerstört werden, das Reich Gottes jedoch triumphiert. Was noch auffällt:
- Nach Kapitel 12 ist der Drache Urheber alles Bösen und nach Kapitel 20 wird er als letzter in den Feuersee geworfen.
- Ähnlich verläuft die Entwicklung beim Tier und dem falschen Propheten. Nach Kapitel 13 treten diese auf und nach Kapitel 19 erleben sie das Gericht und werden ebenfalls in den Feuersee geworfen.
- In den Kapiteln 14 bis 18 dominiert das Thema „Stadt Babylon“ sowie deren Gericht und Vernichtung.
- Dazwischen treten die sieben Engel mit den sieben Schalen auf, welche die letzten Plagen beinhalten.
Und in jedem dieser Kapitel leuchtet die bedrängte, leidende, aber auch triumphierende Gemeinde mit ihrem siegreichen Christus auf. Dieser zweite Teil des Buches der Offenbarung lässt sich in 4 Teile gliedern:
- Der folgende vierte Teil endet bereits mit Kapitel 14,20 bei dem eine Perspektive des Endgerichtes durch ein Doppelbild der Ernte beschrieben wird.
- Der fünfte Teil erstreckt sich von Kapitel 15,1-19,21.
- Der sechste Teil ist vom Text her der Kürzeste, denn er umfasst nur Kapitel 20,1-15.
- Im siebten Teil (Kapitel 21-22) werden der Neue Himmel und die Neue Erde mit dem Neuen Jerusalem beschrieben.
(4.1) Die Frau mit der Sonne bekleidet und der feurige Drache
In den Visionen von Kapitel zwölf stehen sich die Frau und der Drache kontrastvoll gegenüber und doch sind sie ineinander verwoben. Darum halten wir uns an die im Text vorgegebene Reihenfolge, auch wenn dabei einiges wiederholt werden wird.
(4.1.1) Die Frau mit der Sonne bekleidet – ihre Identität und ihr Auftrag
Und ein großes Zeichen erschien im Himmel: Eine Frau, bekleidet mit der Sonne, und der Mond war unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt ein Kranz von zwölf Sternen. Und sie ist schwanger und schreit in Geburtswehen und in Schmerzen und soll gebären. (Offb 12,1-2).
Was Johannes zu sehen bekommt, ist sehr beeindruckend. Die Formulierung: „in dem Himmel“ steht im Dativ Localis und betont den Ort, in dem das Zeichen erscheint. Diese Ortsbezeichnung kommt mindestens 19 Mal in der Offenbarung vor und unterscheidet damit diese von den Ereignissen, welche im Erdbereich geschehen (Offb 4,1.2; 5,3.13; 8,1; 11,15.19; 12,1.3.7.8.10; 13,6; 14,17; 15,1.5; 16,11; 19,1.14).
Das Zeichen, welches im Himmel erscheint, ist groß. „Groß“ kann sich nicht nur auf den Umfang beziehen, sondern insbesondere auf den Inhalt, die große und vieles umfassende Bedeutung dieses ungewöhnlichen Bildes. Johannes sieht eine Frau, die mit der Sonne umhüllt ist. Unter ihren Füßen reflektiert der Mond ihren Glanz. Auf ihrem Haupt trägt sie einen Kranz (gr. stefanos) aus zwölf Sternen.
Diese Kombination aller drei Himmelskörper wird im Schöpfungsbericht zum ersten Mal erwähnt und ihre Bestimmung bekannt gegeben. So lesen wir in 1Mose 1,14-18: „Es seien Lichter an der Feste (Ausdehnung) des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht. Sie seien Zeichen für Zeiten, Tage und Jahre 15 und seien Lichter an der Feste des Himmels, dass sie scheinen auf die Erde. Und es geschah so. 16 Und Gott machte zwei große Lichter: ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch die Sterne. 17 Und Gott setzte sie an die Feste (Ausdehnung) des Himmels, dass sie schienen auf die Erde 18 und den Tag und die Nacht regieren.“ Sie werden auch in den Lobespsalmen und Propheten besungen (Ps 148,3; Jer 31,35). Betrachten wir sie etwas näher, denn von deren Bestimmung können einige Aspekte für die Vision in Offb 12,1-2 abgeleitet werden.
- Die Himmelskörper geben den Menschen Orientierung in Zeit und Raum.
- Die Himmelskörper geben den Menschen auch Zeichen (Hinweise) auf Gott, den allmächtigen Schöpfer oder wie aus unserem Text hervorgeht, auf bestimmte geistliche Realitäten und deren Bedeutung (Röm 1,20f).
- Wie die im Schöpfungsbericht genannten Himmelskörper auf die Erde ausgerichtet sind und das natürliche Leben für den Menschen ermöglichen, so offenbart Gott in diesem Zeichen im Himmel seinen Heilsplan für diese gefallene Menschheit. Und wie wir sehen werden, umspannte dieses Zeichen die gesamte Heilsgeschichte von 1Mose bis zur Offenbarung. Doch nun der Reihe nach.
In 1Mose 37,9-ff kommt das Bild der Himmelskörper auch in der Familie von Jakob vor. Dort lesen wir: „Und er (Josef) hatte noch einen zweiten Traum, den erzählte er seinen Brüdern und sprach: Ich habe noch einen Traum gehabt; siehe, die Sonne und der Mond und elf Sterne neigten sich vor mir. Und als er das seinem Vater und seinen Brüdern erzählte, schalt ihn sein Vater und sprach zu ihm: Was ist das für ein Traum, den du geträumt hast? Sollen denn ich und deine Mutter und deine Brüder kommen und vor dir niederfallen?“ In diesem Traumgesicht wird eine Familiengeschichte als prophetische Vorausschau gezeigt. Es ist die Familie Jakobs (Israel), welche einige Jahre später vor einer Hungersnot durch Josef Rettung erlebt. Dazu enthält sie einen typologischen Hinweis auf den verheißenen Messias Jesus, der (wie Josef), aus Israel kommend, allerdings als vollkommener Retter für sein Volk eingesetzt wird.
Betrachten wir nun das Zeichen aus Offenbarung 12,1-2 im Einzelnen. Die Frau ist hier im Mittelpunkt, doch um sie zu identifizieren, suchen wir nach weiteren Bedeutungen der sie umgebenden Himmelskörper.
- Sie ist mit der Sonne bekleidet – Sonne wird in den Eigenschaften als Licht- und Lebensquelle zunächst auf Gott, den Herrn bezogen. So steht in Psalm 84,12: „Denn Gott der HERR ist Sonne und Schild; / der HERR gibt Gnade und Ehre.“ Ebenso auch auf Christus (Mal 3,20; Offb 1,16; Mt 17,2; Joh 1,9; 8,12; Offb 21,23). Doch mit dem Lichtglanz der Sonne werden auch die Gerechten verglichen (Mt 5,14; 13,43). Gelegentlich wird der Lichtglanz der Sonne auch auf Engel bezogen (Offb 10,1).
- Der Mond befindet sich unter ihren Füßen. Es geht um die untergeordnete Position des Mondes gegenüber der Sonne. Denn wie dieser das Licht der Sonne reflektiert, so sollte der Mensch als das Ebenbild Gottes seinen Schöpfer reflektieren. Später sollte Israel im Besonderen in der Dunkelheit der Völkerwelt das Licht Gottes (und des noch verborgenen Christus) reflektieren (5Mose 4,6-8). Israel nach dem Fleisch (Jakob und seine Nachkommen) ist ein irdisches Abbild auf „den Israel“ nach dem Geist, welcher ist Christus und seine Nachkommen (1Mose 32,29; 2Mose 4,22; Hos 11,1; Mt 2,15; Gal 6,16).
- Auch der 12-Sternenkranz auf ihrem Haupt erinnert zunächst an die 12 Stämme Israels (1Mose 49,1-28: 12 Repräsentanten des Israel nach dem Fleisch). Auffallend ist, dass es sowohl in Offb 7,4-8 und 21,12 nicht um die Namen der 12 Stammväter geht, sondern um die 12 Stämme (in Offb 7,4-8 fehlen sogar zwei Stammesnamen – Ephraim und Dan). Doch hatte Gott aus allen 12 Stämmen Israels solche, die ihm die Treue hielten, auch wenn diese in der Minderheit waren. Sie leuchteten in der Dunkelheit jener finsteren Welt und hielten die Hoffnung auf den kommenden Retter aufrecht. Doch dieser 12-Sternenkranz weist auch auf die zwölf Apostel des Lammes hin (ohne konkreten Stammesbezug) denn sie bilden die zwölf Grundsteine der Stadt, des Neuen Jerusalem, welches ist die Gemeinde (Offb 21,14; Mt 19,28; Eph 2,19-21). Somit sind sie die Repräsentanten des gesamten Volkes Gottes gemäß dem Neuen und damit ewigen Testamentes (Mt 26,26 mit Jer 31,31-34; Mt 10,2; Apg 1,26; 2,14ff). Jesus drückt es so aus: „wie mir mein Vater das Reich bestimmt hat, so bestimme ich für euch, 30 dass ihr essen und trinken sollt an meinem Tisch in meinem Reich und sitzen auf Thronen und richten die zwölf Stämme Israels.“ (Lk 22,29-30). Damit erstreckt sich ihre Zuständigkeit auf das gesamte Volk Gottes.
Diese Frau war schwanger und schrie in Geburtswehen: worauf weist es im Detail hin?
Auch wenn der Höhepunkt der Erfüllung der Wahrheit dieses Zeichens in der Menschwerdung des Sohnes Gottes deutlich zu erkennen ist, hat dies offensichtlich eine Vorgeschichte, welche bis auf die Anfänge der Menschheit zurückgeht. Es erinnert uns zunächst an die erste Frau Eva, der gesagt wurde: „Ich will dir viel Mühsal schaffen, wenn du schwanger wirst; unter Mühen sollst du Kinder gebären.“ (1Mose 3,16). Diese Aussage machte Gott, nachdem sie und ihr Mann durch Unglauben und Ungehorsam das geistliche Leben verloren hatten und damit unter den Machtbereich des Bösen gerieten. Es erinnert aber auch an die Verheißung der Geburt des Retters durch „die Frau“. Gott sprach zu der Schlange: „Und ich werde Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Samen und ihrem Samen; er wird dir den Kopf zermalmen, und du, du wirst ihm die Ferse zermalmen.“ (1Mose 3,15).
Und so befand sich Eva sowohl in froher als auch schmerzlicher Erwartung. In 1Mose 4,1-2 lesen wir: „Und Adam erkannte seine Frau Eva, und sie ward schwanger und gebar den Kain und sprach: Ich habe einen Mann gewonnen (erworben) mithilfe des HERRN.“ Danach ward sie wieder schwanger und gebar Abel.“ Doch der physische Schmerz bei der Geburt dieser beiden Söhne war bald vergessen. Ein ganz anderer und andauernder Schmerz erwartete sie. Der Erstgeborene, auf den normalerweise die Eltern ihre Hoffnung setzten, entwickelte sich zu einem selbstsüchtigen, stolzen und eifersüchtigen Mann, zum Leidwesen seiner Eltern (1Joh 3,12). Der Brudermord wurde zu einer überaus schmerzlichen Erfahrung, konnten sie doch erahnen, dass sie bereits ernteten, was sie gesät hatten. Sicher blieb es ihnen auch nicht verborgen, wer letztlich hinter dem allem stand und weiteres Unheil stiften würde. So verloren sie in gewissem Sinne ihre beiden Söhne an einem Tag – welch ein Schmerz!
Erst bei der Geburt von Seth und dessen Sohn Enosch blühte die Hoffnung auf den kommenden Retter wieder auf (1Mose 4,25-26).
Doch wegen der Ausbreitung der Gesetzlosigkeit durch die Kainiten und deren Vermischung mit den Nachkommen von Seth, gestaltete sich die Erwartung auf die Geburt des verheißenen Retters sehr schmerzlich (1Mose 4,17-24).
Über Enosch, Henoch, Noah und Sem wurde die Hoffnung und Erwartung auf den Retter bis Abraham getragen. Doch durch ihre Ungeduld und voreilige Handlung hatte Sara sich selber viel Schmerzen eingehandelt (1Mose 16-17). In 1Mose 17,18ff lehnt Gott Abrahams Vorschlag in Bezug auf Ismael ab und gibt seine Pläne bekannt mit den Worten: „Nein, sondern Sara, deine Frau, wird dir einen Sohn gebären. Und du sollst ihm den Namen Isaak geben! Und ich werde meinen Bund mit ihm aufrichten zu einem ewigen Bund für seine Nachkommen nach ihm.“ Merken wir, wie die Spur eingeengt wird. Jetzt soll der verheißene Nachkomme (Retter) über die Linie Sara-Isaak kommen.
Dann Rebekka-Jakob und zwar mit viel Schmerzen, nicht nur während der Schwangerschaft, sondern auch bei der Geburt und noch mehr danach (1Mose 25,21ff). In der nächsten Generation sollte der verheißene Retter durch Lea-Juda kommen und auch diesmal mit viel Schmerzen im Bereich der Beziehungen zwischen den konkurrierenden Frauen (1Mose 29-30). Auch in der Familie von Juda gestaltete sich die Weitergabe der Verheißung an die nächste Generation schwierig. Doch trotz vieler Wirren in der Geschichte Israels (siehe auch die Familie von David), bleibt die Hoffnung und Erwartung auf den Nachkommen der Frau wach unter den Gläubigen im Volk.
Auffallend ist, was Gott dem König Ahas durch den Propheten Jesaja sagen lässt: „Darum wird der Herr selbst euch ein Zeichen geben: Siehe, die Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären und wird seinen Namen Immanuel nennen.“ (Jes 7,14). Bereits zwei Kapitel danach knüpft Gott an die Verheißung an David in 2Sam 7,11-13 an, indem er sagen lässt: „ein Kind ist uns geboren, ein Sohn uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und man nennt seinen Namen: Wunderbarer Ratgeber, starker Gott“. Und dann wird es ganz konkret: der verheißene Retter wird durch den Engel Gabriel der Jungfrau Maria angekündigt. Und von den Evangelisten Matthäus und Lukas wird die Geburt des Messias durch die Jungfrau Maria aufgeschrieben (Mt 1,1-25; Lk 1,2634; 2,1-7; 3,23-38). Beide Stammbäume ergänzen einander:
- Die Stammeslinie bei Matthäus beginnt mit Abraham und geht über David – Salomo – Sealthiel – Serubbabel – Jakob – Josef, den Mann der Maria „von der geboren ist Jesus“. Hier wird deutlich gemacht, dass Josef nicht der Erzeuger von Jesus war. Doch durch diese Linie wird die königliche, also die juristische Rechtsmäßigkeit der Herkunft von Jesus, hervorgehoben.
- Durch die Stammesliste bei Lukas wird die Herkunft von Jesus dem Fleische nach begründet. Diese Linie verläuft über die Linie des Vaters von Maria, obwohl dies im Judentum nicht üblich war. So formuliert Lukas: „Jesus war als er anfing etwa dreißig Jahre und wurde gehalten für einen Sohn Josefs“. Damit bestätigt Lukas (wenn auch indirekt), was bereits durch den Text des Matthäus deutlich wurde, nämlich: Jesus wurde zwar von der Öffentlichkeit für den Sohn von Josef gehalten, tatsächlich aber war er nur Sohn von Maria. Lukas ordnet Jesus in seiner Stammesliste formal Josef zu und Josef wird Eli zugeordnet und so weiter. Da jedoch Josef eindeutig von Jakob gezeugt wurde, kann Eli als sein Schwiegervater angesehen werden. Dieser Stammbaum verläuft dann weiter rückwärts über Matthan, den Vater von Eli und weiter über Serubbabel – Schealthiel – Nathan – David – Abraham – Adam (Eva). Damit erfüllte sich das Wort Gottes an Eva, wonach der Retter ein Nachkomme der Frau sein wird. Und dies bestätigt auch der Apostel Paulus: „als aber die Fülle der Zeit kam, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau.“ (Gal 4,4; dazu auch Röm 1,3).
Deshalb ist das männliche Kind der Frau aus Offb 12,1-2 der Menschensohn und verheißene Retter und Nachkomme aus dem gläubigen Menschengeschlecht und im engeren Sinne aus dem gläubigen Volk Israel hervorgegangen. Jesus sagte: „Das Heil (die Rettung) kommt aus den Juden“ (Joh 4,22). Wenn die Rettung aus den Juden kommt, dann gilt es auch für den Retter selbst. Und all die Beschwernisse auf dem Weg der Erfüllung der Verheißung, könnte als eine schmerzliche Geburt des Messias bezeichnet werden. So sagte der gottesfürchtige Simeon zu Maria: „Und auch durch deine Seele wird ein Schwert dringen –, damit aus vielen Herzen die Gedanken offenbar werden.“ (Lk 2,35). Insbesondere Maria, aber auch andere Frauen nahmen intensiven Anteil am Leben und Leiden von Jesus (Lk 8,1-3; Joh 12,1ff; 19,25; 20,1ff; Mt 28,1ff). Bis dahin kann man begründet sagen, dass unter dem Zeichen der schwangeren Frau (und zwar entsprechend der Vorsehung Gottes), alle Frauen repräsentiert sind, welche von Eva an bis zur Maria an der (schmerzlichen) Menschwerdung des Messias beteiligt wurden.
Doch das Zeichen der Frau in Offenbarung 12,1-2 umfasst auch die weitere Geschichte des Volkes Gottes, wie auch der Verlauf unseres Textes deutlich macht (Offb 12,3-17: Flucht in die Wüste, Verfolgung ihrer weiteren Nachkommen). Dadurch wird das Symbol der Frau auch für die Gemeinde verwendet, denn sie wird mit dem Bild der himmlischen Stadt Jerusalem verglichen. Dieser Gedanke, dieses Bild ist auch von Paulus gebraucht worden, so schreibt er: „Das Jerusalem droben aber ist frei, und das ist unsere Mutter.“ (Gal 4,22-26). Damit hat er an Sara angeknüpft, welche die freie, rechtmäßige Frau von Abraham und Trägerin der Verheißung war (vgl. dazu auch Offb 21,10ff). Erstaunlich, wie viel Inhalt dieses Zeichen in sich birgt!
(4.1.2) Der feurige Drache, seine Identität und Plan
Und es erschien ein anderes Zeichen im Himmel: Und siehe, ein großer, feuerroter Drache, der sieben Köpfe und zehn Hörner und auf seinen Köpfen sieben Diademe hatte; und sein Schwanz zieht den dritten Teil der Sterne des Himmels fort, und er warf sie auf die Erde. (Offb 12,3-4).
Ein ganz anderes Zeichen erscheint im Himmel, es ist ein feuriges Ungeheuer mit einem (großen) Schwanz. Die Bezeichnung `Drache, gr. drakön – Ungeheuer`, kommt in der Bibel mehr als 20 Mal vor. Ursprünglich bezog sich diese Bezeichnung auf große Land- und Meeresungeheuer. Hiob aus dem Lande Uz kannte diese riesengroßen Geschöpfe (Hiob 40). Und in Ps 74,13 wird vorausgesagt: „Du hast das Meer aufgewühlt durch deine Kraft, zerschmettert die Köpfe der Drachen über den Wassern.“ Oder: Jes 27,1: „Zu der Zeit wird der HERR heimsuchen mit seinem harten, großen und starken Schwert den Leviatan, die flüchtige Schlange, und den Leviatan, die gewundene Schlange, und wird den Drachen im Meer töten.“ Hier als Bild für die Erlösung Israels aus der Macht des Bösen. Die Bezeichnung Drache wird auch auf bestimmte grausame Herrscher bezogen. So klagt Israel in Jer 51,34: „Nebukadnezar, der König von Babel, hat mich gefressen und umgebracht, er hat aus mir ein leeres Gefäß gemacht. Er hat mich verschlungen wie ein Drache, er hat seinen Bauch gefüllt mit meinen Kostbarkeiten; er hat mich vertrieben.“ Oder: Hes 29,3: „Rede und sprich: So spricht Gott der HERR: Siehe, ich will an dich, Pharao, du König von Ägypten, du großer Drache, der in seinem Strom liegt und spricht: »Der Nil ist mein und ich habe ihn mir gemacht (…).« (dazu auch Hes 32,2).
Es ist keineswegs zufällig, dass gerade diese beiden Herrscher (die Könige von Babel und Ägypten) mit dem Drachen verglichen werden. Schon früh wird er als Sinnbild des Bösen verwendet. So in 5Mose 32,33: „ihr Wein ist Drachengift und verderbliches Gift der Ottern.“ (vgl. auch 1Mose 3,1ff). Oder Jes 51,9: „Wach auf, wach auf, zieh Macht an, du Arm des HERRN! Wach auf, wie vor alters zu Anbeginn der Welt! Warst du es nicht, der Rahab zerhauen und den Drachen durchbohrt hat?“ Der Kampf gegen den Drachen, die Schlange begann seit Urzeiten, er setzte sich fort in der Befreiung Israels aus der Knechtschaft Ägyptens so wie in der Befreiung des Volkes Gottes aus der Gefangenschaft in Babylon. Und der Sieg über ihn ist vorausgesagt (1Mose 3,15; 2Mose 4-15). Und in Psalm 91,13 wird verheißen: „Über Löwen und Ottern wirst du gehen und junge Löwen und Drachen niedertreten.“ Wer sich zu Gott hält, bleibt bewahrt und unbeschadet (vgl. Lk 10,18-20).
In den Evangelien und den Briefen der Apostel kommt die Bezeichnung `Drache` nicht vor. Dort wird der Drache, die alte Schlange, direkt mit Teufel und Satan benannt (Mt 4,1-11; Lk 4,1-13; 10,18). Oder auch „Der Fürst dieser Welt“ (Joh 12,31; 14,30; 16,11; „Der Gott dieser Welt“ 2Kor 4,4). Als Gottes Widersacher und Angreifer der Gläubigen wird er auch mit einem brüllenden Löwen verglichen (1Petr 5,8). Er wird ebenso als Ankläger der Gläubigen (gr. Kategoros) bezeichnet (Offb 12,10).
Erst wieder im Buch der Offenbarung wird an die Bildersprache des AT angeknüpft (Offb 12,3.6.7.17; 13,2-4; 16,13; 20,2).
Die Darstellung mit sieben Köpfen und zehn Hörnern ist eine Anmaßung der Macht und Kraft (Dan 7,6). Die Zahlen sieben und zehn weisen grundsätzlich auf Vollkommenheit und Vollständigkeit hin. Aber auch die sieben Diademe (königliche Insignien) auf seinen sieben Köpfen trägt er zur Schau. Er maßt sich etwas an, was er angestrebt hatte, aber nicht erreichen konnte. Im himmlischen Bereich trägt (außer dem Sohn Gottes) niemand Diademe (Offb 19,12).
Anmerkung: Im biblischen Kontext zeigt sich der Teufel selbst nicht als Drache, sondern eher als ein Engel des Lichts (2Kor 11,14-15). Doch Christus offenbart und entlarvt ihn in diesem Zeichen als solchen, wie er nicht ist, sondern was er sich anmaßt zu sein.
Und er hatte in seiner Stellung großen Einfluss und riss mit seinem Schwanz den dritten Teil der Sterne des Himmels mit sich und warf sie auf die Erde. Im Buch Hiob wird der Schwanz von solch einem Ungeheuer mit einem Zedernbaum verglichen (Hiob 40,17). Im biblischen Kontext steht `Schwanz` im übertragenen Sinne für Verführung durch falsche Propheten (Jes 9,13-15; Offb 9,10.19).
Sterne stehen hier für gefallene Engel, die wegen Verlassen ihrer Stellung auch ihren Lichtglanz verloren haben . Von ihnen heißt es in Judas 1,6: „Engel, die ihren Herrschaftsbereich nicht bewahrt, sondern ihre eigene Behausung verlassen haben, hat er zum Gericht des großen Tages mit ewigen Fesseln unter Finsternis verwahrt.“ Das Verlassen der von Gott zugewiesenen Stellung scheint Folge der Verführung durch Satan zu sein. Doch sie verließen ihre Stellung in dem Wissen um Gottes Willen. Auch der Apostel Petrus hat zu diesem Thema eine wichtige und ergänzende Aussage gemacht. So schreibt er in seinem zweiten Brief: „Denn wenn Gott Engel, die gesündigt hatten, nicht verschonte, sondern sie in finsteren Höhlen des Abgrundes gehalten und zur Aufbewahrung für das Gericht überliefert hat (…)“ (2Petr 2,4).
Als Petrus und Judas ihre Briefe verfassten, lag jenes Ereignis längst in der Vergangenheit. Wahrscheinlich stützten sie ihre Aussagen auf die Worte von Jesus aus Lukas 10,18: „Ich sah den Satanas vom Himmel fallen wie einen Blitz“. Sicher zu sein scheint, dass der Urteilsspruch über diese Engel bereits gefällt wurde, doch der Gerichtsvollzug über sie noch aussteht. Die Aussage im Text der Offenbarung birgt in sich auch, dass die Initiative zunächst vom Satan ausgegangen war und (durch Verführung) viele von den Engeln ihm folgten und somit unter seine Gewaltherrschaft gelangten. So wäre es zu verstehen, dass er mit seinem großen Schwanz den dritten Teil der Engel mit sich riss und auf die Erde warf. Doch von unreinen Geistern (Dämonen) oder auch Engel Satans genannt, lesen wir bereits zur Zeit des Alten Testamentes.
Die vielen Befreiungen von Dämonen durch Jesus belegen, dass jene gefallenen Engel in der Welt wirksam waren.
Weitere Details zu diesem Thema etwas später im Abschnitt 4.1.5.
„Und der Drache stand vor der Frau, die im Begriff war, zu gebären, um, wenn sie geboren hätte, ihr Kind zu verschlingen.“ (Offb 12,4b).
Es entsteht der Eindruck, dass der Satan seit dem Verlassen seiner Stellung darauf bedacht ist, gegen den Christus zu kämpfen. Kommt uns da nicht die Geschichte der Geburt von Jesus in all ihren Details in den Sinn? (Mt 2). Doch wie wir bereits weiter oben gesehen haben, begann jener Kampf (Raubzug) schon viel früher und erstreckte sich auf die Verheißungsträger (vgl. dazu auch 1Mose 3,1ff; 3,15). Und er setzte seine Angriffe auch bei den nächsten Generationen fort.
Diese Angriffe können an den geschichtlichen Entwicklungen erkannt werden.
Der erstgeborene Sohn von Eva, Kain, auf den sie ihre Hoffnung setzte, wird durch Irreführung der alten Schlange (Drachen) zum Mord an seinem Bruder Abel angestiftet. Damit disqualifiziert er sich Träger der Verheißung des kommenden Retters zu sein. Der Drache verbucht voreilig einen Sieg für sich. Die Linie scheint bereits in dieser Generation unterbrochen zu sein. Als Adam 130 Jahre war, heißt es, dass ihm ein Sohn geboren wurde, der ihm ähnlich war (1Mose 4,25). Dieser Sohn Seth sollte der weitere Träger der Verheißung werden. Er zeugte Enosch und nun begann man den Namen des Herrn anzurufen, was für ein geistlicher Durchbruch! (1Mose 4,26). Doch die alte Schlange wütete weiter unter den Nachkommen Kains. Weitere Mordtaten folgten und dazu ein moralischer Zerfall (1Mose 4,17-24). Wegen Vermischung dieser beiden Linien durch Heirat (1Mose 6,2ff), breitete sich sowohl die Gewalt als auch die Unmoral rasch aus. Wieder schien es, als ob der Drache siegen würde. Doch Gott bewahrte Henoch, Lamech und Noah. So gelangte die Verheißung über Sem bis Abraham, der sich jedoch durch seine Frau Sara (wegen ihrer Ungeduld) verleiten ließ, auf einem menschlichen Wege zu dem Nachkommen zu gelangen. In all diesen menschlich/ fleischlichen Handlungen bei Abraham und Sara, lässt sich der Einfluss der alten Schlange erkennen. Aber selbst dort ging Gott nicht darauf ein, sondern blieb bei seinem Plan.
Auch in der Generation von Isaak und Rebekka verläuft die Weitergabe der Verheißung nicht reibungslos, denn hier lässt sich der Einfluss der Schlange ebenfalls erkennen in dem Esau plante seinen Bruder Jakob zu töten (1Mose25,28ff ).
Nicht viel besser gestaltet sich es bei Jakob und seiner Familie (1Mose 29-30). Hinterlist, Intrigen, Eifersucht und Missgunst, legen ihren Abdruck auf die Beziehungen untereinander und sogar auf die Kinder. Es scheint, als ob die alte Schlange in dieser Familie ungehindert Gift versprühen kann. Und doch Gott weiß Rat, diese Familie nach schweren Prüfungen durch Josef wieder innerlich zusammenzubringen
Aber der Drache wütet weiter, er weiß nicht, wann jener Nachkomme geboren wird, und nutzt jede nur erdenkliche Gelegenheit, um Menschen umzubringen. Denken wir an die Anweisung des Pharao (der auch mit einem Drachen verglichen wird) alle männlichen Nachkommen unter den Israeliten zu ermorden (2Mose 1,22).
Gerade die Linie der Verheißungsträger stand unter den besonderen Angriffen. Und so gestaltete sich die Geburt und oft auch das Überleben des nächsten Verheißungsträgers schmerzlich. Zum Beispiel bei David aus Bethlehem. Er war der Jüngste und verrichtete die schwere und gefährliche Arbeit als Schafhirte. Dadurch kam er oft in Lebensgefahr durch reißende Tiere (1Sam 17,34). Später suchte und versuchte der König Saul ihn zu töten (1Sam 19,10; 23,14). Und bereits als König hätte sich David disqualifiziert, wenn er nicht durch Gottes Gnade umgekehrt wäre (Ps 32 und 51).
Und in noch größerem Maß Salomo, dessen Herz die vielen Frauen zur Einführung der Götzenheiligtümer in die Umgebung von Jerusalem verleitet haben. Dadurch wurde unter anderem die Weichenstellung für die Reichsteilung in der nächsten Generation gelegt. Und wieder scheint es, dass der Drache einen weiteren Etappensieg für sich verbuchen könnte, nach dem Motto: „Teile und herrsche“. Und in der Tat weist sogar die Königslinie mehr gottlose als gläubige Könige auf. Erinnern wir uns auch an den späteren anfänglich frommen König Joasch, der als Einziger von seinen Brüdern überlebte, weil ihn der Priester Jojada vor der machtgierigen Königinmutter und Mörderin Atalija versteckte (2Kön 11,1-12,3; 2Chr 24,1-18). Und so blieb ein wichtiger Verheißungsträger am Leben. Doch neben der offiziellen Königslinie ließ Gott eine parallel verlaufende Linie ziehen, welche durch Nathan, den leiblichen Bruder von Salomo und weiter über Serubbabel bis Eli (dem Vater von Maria) ununterbrochen verlief (Lk 3,23-38).
Denken wir auch an den Versuch des Haman alle Juden im Persischen Reich umzubringen (Ester 3,8ff). Sogar Josef wollte die Verlobung im Stillen auflösen, als Maria mit Jesus schwanger wurde, was diese in große Gefahr gebracht hätte. Doch Gott griff ein und lenkte sein Herz, so dass er ihm vertraute und Maria in Schutz nahm. Immer wieder unternahm der Drache Angriffe auf die Verheißungsträger, um so Gottes Plan durcheinander zu bringen. Nicht zuletzt denken wir an die drakonische Gesinnung und mörderischen Absichten des Idumäers Herodes (vermutlich ein weitläufiger Nachkomme von Edom). Doch auch hier war Gott wieder ein Schritt voraus (Mt 2). Und so wie es dem Drachen der alten Schlange nicht gelungen war Christus einzuholen, so wird es ihm auch nicht gelingen die Gemeinde zu zerstören (Joh 14,30; Mt 16,18).
(4.1.3) Wer ist das männliche Kind?
Wie sicher sind wir, dass unter dem Bild des männlichen Kindes von der Frau geboren, der Menschensohn und Christus gemeint ist? Von ihm heißt es:
„Und sie gebar einen Sohn, ein männliches Kind, der alle Nationen hüten soll mit eisernem Stab; und ihr Kind wurde entrückt zu Gott und zu seinem Thron.“ (Offb 12,5).
Die Identität dieses Kindes lässt sich durch folgende drei Hinweise im Text ermitteln:
1. Ausdrücklich wird dort betont, dass die Frau ein männliches Kind gebar. Durch den Propheten Jesaja verhieß Gott: „Darum wird euch der Herr selbst ein Zeichen geben; Siehe, die Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären“ (Jes 7,14). Und in Kapitel 9,5-6 wird verheißen: „Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held (starker Gott), Ewig-Vater, Friede-Fürst; 6 auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass er’s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Solches wird tun der Eifer des HERRN Zebaoth.“ Damit wird klar, das Bild vom männlichen Kind weist auf den Messias hin.
2. Durch die Beschreibung seiner richterlichen Tätigkeit. Das Symbol dafür ist der eiserne Stab oder Zepter. So lesen wir bereits in 1Mose 49,10 über den königlichen Nachkommen aus dem Stamm Juda: „Es wird das Zepter von Juda nicht weichen noch der Stab des Herrschers von seinen Füßen, bis dass der komme, dem es gehört, und ihm werden die Völker anhangen.“ Jahrhunderte später heißt es von den Messias/König: »Ich aber habe meinen König eingesetzt auf meinem heiligen Berg Zion.« 7 Kundtun will ich den Ratschluss des HERRN. Er hat zu mir gesagt: »Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt. 8 Bitte mich, so will ich dir Völker zum Erbe geben und der Welt Enden zum Eigentum. 9 Du sollst sie mit einem eisernen Zepter zerschlagen, wie Töpfe sollst du sie zerschmeißen.“ (Ps 2,6-9; vgl. dazu auch Ps 45,7 mit Hebr 1,8). Jesus ist keineswegs auf dem natürlichen Berg Zion eingesetzt worden, um über die Nationen zu herrschen, sondern auf einer geistlichen Zionshöhe im himmlischen Heiligtum (Ps 110,1-2; Jes 2,1-2; Hebr 12,22f; Offb 14,1). Der Ausdruck: „Heute habe ich dich gezeugt (geboren)“ bezieht sich auf seine Auferweckung von den Toten, wie Paulus in Apg 13,33 erklärt. Seine richterliche Tätigkeit übt er mit seinem Wort (Schwert) und dem Herrscherstab aus (Offb 19,15: „Und aus seinem Munde ging ein scharfes Schwert, dass er damit die Völker schlage; und er wird sie regieren mit eisernem Stabe.“ (dazu auch Joh 12,48). Jesus verspricht den Überwindern in Offb 2,26-28, wozu auch er selber befugt wurde von seinem Vater: „Und wer überwindet und meine Werke bewahrt bis ans Ende, dem will ich Macht geben über die Völker, 27 und er soll sie weiden mit eisernem Stabe – wie die tönernen Gefäße werden sie zerschmissen –, 28 wie auch ich Macht empfangen habe von meinem Vater und mich gesetzt habe auf seinen Thron“.
3. Durch die Entrückung des Kindes zu Gottes Thron. In dieser Vision wird das Kind entrückt zu Gott und seinem Thron. In dem Text der Offenbarung 12 werden allerdings keine Details aus dem Leben des Christus genannt. Diese konnten damals die Leser in den bereits vorhandenen Evangelien nachlesen. Hier fällt noch das gr. Verb `¢rpasth¢ – wurde entrückt` auf. Dieser Ausdruck ist der Bildersprache dieses Textes angemessen verwendet worden, weil hier nur vom Kind die Rede ist. Einer der offensichtlichen Hinweise auf die Erhöhung des Menschensohnes finden wir in Dan 7,13-14. Dort lesen wir: „Ich sah in diesem Gesicht in der Nacht, und siehe, es kam einer mit den Wolken des Himmels wie eines Menschen Sohn und gelangte zu dem, der uralt war, und wurde vor ihn gebracht. 14 Ihm wurde gegeben Macht, Ehre und Reich, dass ihm alle Völker und Leute aus so vielen verschiedenen Sprachen dienen sollten. Seine Macht ist ewig und vergeht nicht, und sein Reich hat kein Ende.“ Als Jesus vor dem Hohen Rat stand und von dem Hohenpriester zu einem Bekenntnis „ob er der Christus, Sohn des Hochgelobten wäre“ herausgefordert wurde, deutete er auf diese Prophetie aus dem Buch Daniel hin, mit den Worten: „Jesus sprach zu ihm: Du sagst es (Mk: Ich bin`s). Doch sage ich euch: Von nun an werdet ihr sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen auf den Wolken des Himmels.“ (Mt 26,64; Ps 110,1). Damit erweitert Jesus jene Prophetie mit dem Hinweis, dass er ebenso in den Wolken des Himmels kommen wird (dazu auch Offb 1,7). Das Ereignis seiner Erhöhung wurde von den Aposteln erlebt und bezeugt. Später ist es von den neutestamentlichen Schriftautoren niedergeschrieben worden. Und dieses `entrückt worden` wird bei dem Ereignis der Himmelfahrt mit den vielfachen Beschreibungen über die Erhöhung von Jesus näher erklärt. Hier einige Auszüge:
- Joh 20,17: „Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott.“
- Lk 24,50-52: „Er führte sie aber hinaus bis nach Betanien und hob die Hände auf und segnete sie. 51 Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel. 52 Sie aber beteten ihn an und kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude.“
- Apg 1,9-11: „Und als er das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf, weg vor ihren Augen. 10 Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern. 11 Die sagten: der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.“
- Apg 2,32-35: „Diesen Jesus hat Gott auferweckt; des sind wir alle Zeugen. 33 Da er nun durch die rechte Hand Gottes erhöht ist und empfangen hat den verheißenen Heiligen Geist vom Vater, hat er diesen ausgegossen, wie ihr seht und hört. 34 Denn David ist nicht gen Himmel gefahren; sondern er sagt selbst: »Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, 35 bis ich deine Feinde zum Schemel unter deine Füße lege.“
- Hebr 10,12: „Dieser aber hat ein einziges Opfer für die Sünden dargebracht, das ewiglich gilt, und hat sich zur Rechten Gottes gesetzt!“
- 1Petr 3,22: „welcher ist zur Rechten Gottes, aufgefahren gen Himmel, und es sind ihm untertan die Engel und die Gewalten und die Mächte.“ Weitere Stellen zur Erhöhung von Christus: Apg 2,25; 5,31; 7,55; Kol 3,1; Phil 2,9; Hebr 1,3; 8,1; 12,2.
Und dort im Himmel bleibt er so lange, bis alles wiederhergestellt ist, was Gott verheißen hat. So sagte Petrus seinen Landsleuten: „Ihn muss der Himmel aufnehmen bis zu den Zeiten (chrönön), in denen alles wiederhergestellt wird, wovon Gott geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten von Anbeginn.“ (Apg 3,20-21). Die Aussage meint: Jesus verlässt den Himmel erst wieder, wenn alles wiederhergestellt ist, was Gott sich vorgenommen hat in der Jetztzeit zu tun. Begonnen wurde mit der Wiederherstellung ab dem Pfingsttag (Apg 2,1ff; dazu auch die Bestätigung durch Jakobus in Apg 15,17). Auch der Vergleich von Psalm 110,1-2 mit 1Kor 15,24-26 macht deutlich, dass Jesus zur Rechten Gottes auf dem Thron bleibt, bis alle seine Feinde unter seine Füße gelegt werden. Der letzte Feind ist der Tod und dieser wird bei seiner Wiederkunft (durch die Auferstehung der Toten) aufgehoben und vernichtet werden wie in Offb 20,11ff beschrieben ist. Damit ist eindeutig, dass das männliche Kind, das von der Frau geboren wurde, Jesus, der Christus ist!
(4.1.4) Die Frau flieht in die Wüste und wird dort 1260 Tage ernährt
So heißt es von ihr: „Und die Frau floh in die Wüste, wo sie eine von Gott bereitete Stätte hat, damit man sie dort ernähre 1 260 Tage.“ (Offb 12,6).
Oben haben wir festgestellt, dass unter dem Bild der Frau letztlich das Volk Gottes (die Gemeinde) dargestellt wird. Wie soll nun ihre Flucht in die Wüste gedeutet werden? Ab Vers 13 wird dieses Thema wieder aufgegriffen und durch verschiedene Bilder verdeutlicht. Daher gehen wir in diesem Abschnitt nur auf den zeitlichen Aspekt ein.
Die Zahl 1260 Tage wurde bereits für die zwei Zeugen in Offb 11,3 verwendet. Diese Zeitangabe mit jener Zahlenkombination wird nur für die verwendet, welche die Seite des Reiches Gottes vertreten, also nur für das Lager der Gläubigen. Für den Feindesbereich wird die Zahl „42 Monate“ gebraucht, wie wir bereits im dritten Teil in Kapitel 11,2 festgestellt haben. Und doch handelt es sich um denselben Zeitraum (vgl. dazu auch 13,5).
Da die 1260 Tage dreieinhalb Jahren entsprechen, werden wir an die besondere Geschichte des Elia zur Zeit des Königs Ahab erinnert, obwohl dort keine genaue Zeitdauer genannt wird (1Kön 17-18). Doch Jesus beziffert jene regenlose Periode in der Geschichte Israels mit drei Jahren und sechs Monaten (Lk 4,25; Jak 5,17). Da diese zeitliche Periode einmalig ist in der Bibel und von Jesus so deutlich beziffert wurde, wäre es sehr ungewöhnlich, wenn zwischen jener Periode und der Zeitangabe in der Offenbarung kein Zusammenhang bestehen würde. Zunächst hielt Elia sich am Bach Krit auf, wo es Wasser gab und die Raben ihn mit Brot und Fleisch versorgten (1Kön 17,1-5). Später ging er entsprechend der Anweisung Gottes nach Zarepta in der Gegend von Sidon und wurde dort von einer Witwe gastlich aufgenommen und versorgt (1Kön 17,9). In all der schweren Zeit hatte Gott sich 7000 Israeliten, welche ihre Knie nicht vor dem Baal gebeugt hatten, übriggelassen, geschützt und versorgt, mit Hilfe Obadijas, dem gottesfürchtigen Verwalter des Königs (1Kön 19,18; 18,3.13). Diese besondere Bewahrungsgeschichte wird von Paulus in Röm 11,1-5 zitiert und auf seine Gegenwart angewendet. Diese historischen Ereignisse in der Geschichte Israels stellt Jesus in seiner Offenbarung in den Zusammenhang mit der Flucht der Frau (Gemeinde) in die Wüste dieser Welt. Nur, dass hier diese Zeit nicht mathematisch zu rechnen ist, sondern symbolisch gedeutet werden sollte. Wie kann dies begründet werden? Folgende Überlegung scheint plausibel zu sein: Da die Frau in die Wüste floh, nach der Entrückung ihres Kindes, wäre der Beginn der Periode von 1260 Tagen bereits beim Anfang der Gemeindegeschichte anzusetzen. Der Dienst der zwei Zeugen in Kapitel 11,7ff (der ebenfalls mit 1260 Tagen beziffert wird) endete mit deren Tötung, Auferweckung und Erhöhung. Danach kommt die siebte Posaune und damit das Ende der Weltzeit und die Vollendung des Geheimnisses Gottes (Offb 10,7; 11,15ff). Damit wäre der Hinweis gegeben, dass die Zeitangabe von 1260 Tagen (dreieinhalb Jahren) sich auf die gesamte Periode der neutestamentlichen Geschichte der Gemeinde erstreckt.
(4.1.5) Der Drache wird aus dem himmlischen Bereich hinaus und auf die Erde hinabgeworfen
Nun wird zurückgeblendet und im Detail beschrieben, wie dieser Drache und seine Engel aus dem Himmel hinausgeworfen wurden. Doch sollte diese Episode nicht losgelöst betrachtet werden von der bereits oben beschriebenen (Offb 12,3-5). So lesen wir: “Und es entbrannte ein Kampf im Himmel: Michael und seine Engel kämpften gegen den Drachen. Und der Drache kämpfte und seine Engel.“ (Offb 12,7). Ein ungewöhnlicher Einblick in den himmlischen Bereich wird uns in dieser Vision gewährt. Ein Kampf (Krieg) entbrannte im Himmel. Denn während der Drache (Teufel und Satan) seine ursprüngliche Stellung aus freier Entscheidung verließ, hatte er noch Zugang in den himmlischen Bereich (Hiob 1-2; Offb 12,10). Doch nach dem vollbrachten Werk der Erlösung durch Jesus Christus und seiner Erhöhung zum Thron Gottes, wurde der Drache samt seinen Engeln gewaltsam aus dem himmlischen Bereich hinausgeworfen. So sagte Jesus wenige Tage vor seinem Leiden: „Nun (jetzt) geht das Gericht über diese Welt; nun (jetzt) wird der Fürst dieser Welt hinausgeworfen werden nach draußen“ (Joh 12,31). Und in Joh 16,11 sagte Jesus, dass der Geist Gottes bei seinem Kommen das Gericht (die Verurteilung) über den Fürsten dieser Welt bezeugen wird. Bereits in Lukas 10,18 sprach Jesus vom Fall Satans: „Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen Blitz“. Dies muss bereits früher gewesen sein, denn Jesus spricht von dessen plötzlichem Fall. Hier jedoch heißt es, dass er hinausgeworfen wurde. Diese Aussagen geben Anlass zu der Annahme, dass der Satan in von Gott vorgesehenen Etappen entmachtet wird und seiner endgültigen Verdammnis entgegen geht:
- Der Fall Satans verbunden mit dem Verlassen seiner Stellung
- Der Hinauswurf des Satans aus dem himmlischen Bereich
- Die Bindung des Drachens für tausend Jahre
- Die endgültige und ewige Verdammnis im Feuersee
Der Engel Michael ist uns von anderen Texten in der Bibel bekannt als kämpfender Erzengel. Hier einige Stellen:
- „Aber der Engelfürst des Königreichs Persien hat mir einundzwanzig Tage widerstanden; und siehe, Michael, einer der Ersten unter den Engelfürsten, kam mir zu Hilfe, und ihm überließ ich den Kampf mit dem Engelfürsten des Königreichs Persien“ (Dan 10,13). Michael wird vom Engel Gabriel als `einer der Engelfürsten` bezeichnet. Möglich wäre, dass er zusammen mit Gabriel zu der Siebenergruppe von Engeln zählt, die vor Gott stehen (Offb 8,2; Lk 1,19)
- Und Gabriel fährt fort: „Doch zuvor will ich dir kundtun, was geschrieben ist im Buch der Wahrheit. Und es ist keiner, der mir hilft gegen jene, außer eurem Engelfürsten Michael.“ (Dan 10,21). Die Engelfürsten unterstützen einander.
- „Zu jener Zeit wird Michael auftreten, der große Engelfürst, der für dein Volk einsteht.“ (Dan 12,1). Hier wird er der große Engelfürst genannt.
- Und Judas schreibt: „Als aber Michael, der Erzengel, mit dem Teufel stritt und mit ihm rechtete um den Leichnam des Mose, wagte er nicht, ihn für die Lästerung zu verurteilen, sondern sprach: Der Herr strafe (schelte) dich!“ (Jud 1,9). Hier wird Michael als der Erzengel (gr. archangelos) bezeichnet.
All diese Texte beschreiben den Status und die Funktion des Erzengels Michael, seinen Dienst im Auftrag Gottes. Laut dem Text der Offenbarung hat er den Auftrag, zusammen mit einer himmlischen Heerschar gegen den Drachen und dessen Anhänger zu kämpfen und sie aus dem himmlischen Bereich hinauszuwerfen (Offb 12,7). Das Ergebnis dieses Kampfes war: „und sie bekamen nicht die Übermacht, und ihre Stätte wurde nicht mehr im Himmel gefunden“ (Offb 12,8). Dies bedeutet, dass sie für immer aus dem himmlischen Bereich verbannt wurden. Damit verloren sie auch die Fähigkeit, welche jene Dimension ermöglicht. Nun wird der Blick auf die irdische Dimension gelenkt:
„Und es wurde geworfen der große Drache, die alte Schlange, der Teufel und Satan genannt wird, der den ganzen Erdkreis verführt, geworfen wurde er auf die Erde, und seine Engel wurden mit ihm geworfen. (Offb 12,9).
Der Drache wird hier mit Satan (satanas)=Gegner und Teufel (diabolos)=Durcheinanderbringer bezeichnet. Dazu noch „die alte Schlange“, ein Hinweis auf seinen listigen Angriff im Garten Eden.
Jesus bezeichnet ihn als Gottes Feind (Mt 13,39). Er bezeichnet ihn auch als Lügner und den Vater derselben (Joh 8,44) und als Menschenmörder. Was er für sich selbst anstrebte (aber nicht erreicht hatte), versuchte er auf betrügerische Weise in das Bewusstsein des Menschen einzupflanzen (1Mose 3,1ff).
Man könnte zu dem Schluss kommen, dass der Drache nun auf der Erde mehr Einfluss haben könnte, doch das Gegenteil ist der Fall (Offb 12,11). Bis dahin hatte er noch Einfluss im himmlischen Bereich und von dort aus globalen Einfluss auf der bewohnten Erde durch Verführungsaktionen unter den Nationen. Durch den Hinauswurf aus dem himmlischen Bereich verliert er nicht nur den Zugang dorthin, sondern er wird auch drastisch in seiner Tätigkeit auf der Erde eingeschränkt.
Dies erklärt auch seine große Wut, darum heißt es: „Wehe der Erde und dem Meer“. Sein Ziel und Bestreben ist es, den Menschen von Gott abzubringen, um sich an dessen Stelle anbeten zu lassen. Nun agiert er mit seinen Dämonen im Erdbereich (auch im Luftraum: Eph 2,2). Die Veränderung seines Aufenthaltsortes und Tätigkeitsumfangs hat zwar so große Einschränkung erfahren, dies bedeutet aber keineswegs, dass er nun untätig geworden wäre. Aber sein Angriffsziel ist besonders das Volk Gottes, die Gemeinde(Lk 22,31; Apg 5,3; Röm 16,20; 1Kor 7,5; 2Kor 2,11; 11,14; 1Thes 2,18; 1Tim 5,15; 1Petr 5,8; Offb 2,10; 12,7-17).
Die radikale Veränderung in den Machtverhältnissen wird im folgenden Hymnus deutlich: „Nun ist das Reich unseres Gottes und die Macht seines Christus gekommen (geworden); denn hinab geworfen ist der Ankläger unserer Brüder, der sie Tag und Nacht vor unserem Gott verklagte.“ (Offb 12,10).
Es bricht gewaltiger Jubel im Himmel aus! Eine laute (starke) Stimme erschallt im Himmel und was gesagt wird gleicht einem Hymnus zu Ehren Gottes und seines Christus. Eine weitere und wichtige Etappe des Sieges Gottes ist errungen worden. Jesus sagte seinen Jüngern wenige Tage vor seinem Leiden, dass der Fürst dieser Welt nun nach draußen hinausgeworfen werde (Joh 12,29-31). Während der Fürst dieser Welt einen so gewaltigen Sturz erfährt, wird Jesus in den Himmel aufgehoben und erlebt so seine höchste Erhöhung (Phil 2,9-11). Erinnern wir uns auch an die gewaltige Aussage von Jesus kurz vor seinem Weggang in den Himmel: „Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf der Erde“ (Mt 28,17-20). Oder an die Aussage des Petrus über Jesus: „welcher ist zur Rechten Gottes, aufgefahren gen Himmel, und es sind ihm untertan die Engel und die Gewalten und die Mächte.“ (1Petr 3,22). Bereits in Dan 7,13-14 wurde die Thronbesteigung und ewige Herrschaft des Menschensohnes vorausgesagt: „Und ich sah in diesem Gesicht in der Nacht, und siehe, es kam einer mit den Wolken des Himmels wie eines Menschen Sohn und gelangte zu dem, der uralt war, und wurde vor ihn gebracht. Ihm wurde gegeben Macht, Ehre und Reich, dass ihm alle Völker und Leute aus so vielen verschiedenen Sprachen dienen sollten. Seine Macht ist ewig und vergeht nicht, und sein Reich hat kein Ende“ (dazu auch Mt 26,64). In mehreren Etappen breitet Gott sein Reich, seine Königsherrschaft aus. Nun heißt es: „Er muss herrschen bis alle seine Feinde unter seine Füße gelegt sind“ (1Kor 15,25).
Der Teufel war der Ankläger der Gläubigen. Doch seit dem Erlösungswerk von Christus hat er keinen Grund mehr zur Anklage. Man denke dabei an die vielen gottesfürchtigen Menschen, die vor Christus lebten, aber auch gesündigt haben (Hiob, Mose, Aaron, David, Daniel oder an Jeschua aus Sach 3,1: „Und er ließ mich sehen den Hohenpriester Jeschua, wie er vor dem Engel des HERRN stand, und der Satan stand zu seiner Rechten, um ihn zu verklagen.“ Nun ist er selber durch den Sieg von Jesus gerichtet worden (Joh 16,11; Kol 2,15). Auch von den Überwindern wird gesagt: „Und sie haben ihn überwunden wegen des Blutes des Lammes und wegen des Wortes ihres Zeugnisses, und sie haben ihr Leben nicht geliebt bis zum Tod! Darum seid fröhlich, ihr Himmel und die ihr in ihnen wohnt! Wehe der Erde und dem Meer! Denn der Teufel ist zu euch hinabgekommen und hat große Wut, da er weiß, dass er wenig Zeit hat. (Offb 12,11-12).
Ihr Sieg gründete im Blut des Lammes. Sie bezeugten das Evangelium. Dazu haben sie ihr eigenes (physisches Leben) nicht geliebt. Jetzt sind sie als Gerechtgesprochene aufgehoben und werden getröstet. Sie können die Ruhe und Freude im himmlischen Bereich erleben. Es kann sich um all die Glaubenden und Gerechtgesprochenen seit Anbeginn der Welt handeln, dies wäre durch das Zeugnis von Jesus und dem Autor des Hebräerbriefes bestätigt (Lk 20,38; Hebr 11,1-12,1). Doch kann darin auch eine Perspektive gesehen werden, in der die Überwinder aller Zeiten eingeschlossen sind (Offb 15,2) und die Verheißung an alle Überwinder in den Sendschreiben.
Der Teufel hat große Wut, weil er wenig Zeit (oligon kairos) hier auf der Erde hat. Durch diesen qualitativen Zeitbegriff wird keine kurze chronologische Zeiteinheit bezeichnet, wie in Offb 20,3. Gemeint ist, dass er im Vergleich zu vorher nur wenig Möglichkeiten hat. Er ist stark eingeschränkt in seiner Wirksamkeit. Diese Einschränkung könnte auch mit Grund für die Weitergabe seines Thrones an das Tier gewesen sein (Offb 13,1ff). Besteht darin auch ein Zusammenhang zu seiner Fesselung im Abgrund (Offb 20,1-3)? Aber dies müssen wir später genauer untersuchen.
(4.1.6) Die Verfolgung der Frau und ihrer Nachkommen durch den Drachen sowie ihre Versorgung und Bewahrung in der Wüste
Und als der Drache sah, dass er auf die Erde geworfen war, verfolgte er die Frau, die das männliche ⟨Kind⟩ geboren hatte. Und es wurden der Frau die zwei Flügel des großen Adlers gegeben, damit sie in die Wüste flog, an ihre Stätte, wo sie ernährt wird eine Zeit und ⟨zwei⟩ Zeiten und eine halbe Zeit, fern vom Angesicht der Schlange.“ (Offb 12,13-14).
Da der Drache in seiner Wirksamkeit auf diese Erde beschränkt wurde und die im Glauben gestorbenen Seelen (Geister der vollendeten Gerechten Hebr 12,23) nicht mehr verklagen konnte, verfolgte er nun die Frau. Es ist doch auffällig, dass er sich nicht dahinter macht, die Nationen dieser Erde zu sammeln. Dies scheint ihm untersagt zu sein bis kurz vor dem Ende (Offb 20,3.7-9). In Kapitel 13,1ff wird gezeigt, wie er seine Macht, seinen Thron an das Tier übergibt, sozusagen als seinen Stellvertreter, um über die Reiche dieser Welt zu herrschen.
Anmerkung: Erinnern wir uns daran, dass Jesus in der Wüste dieses Angebot entschieden abgelehnt hatte (Mt 4,1-11; Lk 4,1-13).
Und der Drache wird nicht mehr in offensichtlicher Aktion erwähnt bis Kapitel 16,13 bei der sechsten Zornesschale, also beim letzten großen Kampf kurz vor dem Ende (Offb 20,7-9). Dies bedeutet jedoch nicht, dass er untätig wäre. Ganz offensichtlich ist er wütend auf die Frau, er verfolgt sie und ihre Nachkommen.
Nun wird das Thema von der Flucht der Frau in die Wüste erneut aufgegriffen und detailliert beschrieben. Zunächst einige Beobachtungen aus der Geschichte Israels, denn dort finden wir entsprechende Parallelen.
- Das Volk Israel fand in der Wüste Schutz vor dem Pharao und seinem Heer und wurde dort auf wundersame Weise versorgt mit dem Manna aus dem Himmel und dem Wasser aus dem Felsen (2Mose 15-19). Erinnern wir uns noch daran, dass der Pharao mit dem Drachen verglichen wurde (Hes 29,3).
- Doch auch die folgenden 40 Jahre versorgte Gott sein Volk auf wunderbare Weise und gewährte ihnen seinen Schutz.
- David floh in die Wüste vor der Verfolgung durch den König Saul und wurde dort versorgt (1Sam 25,1ff).
- Elia musste sich dreieinhalb Jahre auf der Flucht befinden und trotzdem wurde er geschützt und versorgt (1Kön 17,14). Und in dieser schwierigen Zeit hatte sich Gott 7000 Mann übriggelassen, welche ihre Knie vor dem Baal nicht gebeugt hatten. Gott hatte sie beschützt und versorgt, einige davon durch den gottesfürchtigen Verwalter des Königs (1Kön 18,3.13).
- Später floh Elia in die Wüste vor der Drohung durch die gottlose Königin Isebel und wurde dort von Gott versorgt und sogar mit neuen Aufgaben betraut (1Kön 19,1ff). So paradox es auch klingen mag, in der Wüste waren die Kinder Israel sicherer als in den Zivilisationszentren.
Die Frau wird mit Flügeln des großen Adlers ausgestattet, was ein Bild ist für Höhe Weitsicht und Schnelligkeit. Auf diese Weise kann sie dem, vergleichsweise schwerfälligem Drachen, der alten Schlange (die Gott zum Kriechen auf ihrem Bauch verurteilt hatte) entfliehen. Durch dieses Bild werden wir erinnert an Gottes Versorgung und Bewahrung des Volkes Israel in der Wüste. In 2Mose 19,4 erinnert Gott daran: „Ihr habt gesehen, was ich an den Ägyptern getan habe und wie ich euch getragen habe auf Adlerflügeln und euch zu mir gebracht.“. Oder 5Mose 32,11: „Wie ein Adler ausführt seine Jungen und über ihnen schwebt, so breitete er seine Fittiche aus und nahm ihn und trug ihn auf seinen Flügeln“. Den Glaubenden und denen, welche auf den Herrn vertrauen wird verheißen: „Aber die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden“ (Jes 40,31). Hier ist ein Aspekt in der Gemeindeerfahrung bildhaft dargestellt. Und ähnlich wie das Volk Israel in der Wüste ernährt wurde aber doch nicht untätig blieb, so wird auch die Gemeinde des Neuen Bundes in und durch die Wüste dieser Welt ihre Erfahrungen machen, sie wird geläutert werden und dabei von Gott versorgt und bewahrt bleiben (Mt 16,18; 28,20).
Hier einige Beobachtungen:
- Josef und Maria flohen mit dem Kind Jesus (durch die Wüste) nach Ägypten vor der drohenden Gefahr durch den König Herodes (Mt 2,13ff). Dort waren sie sicher vor dem Zugriff des grausamen Herrschers. So wurde sogar Ägypten zum Zufluchts- und Versorgungsort für den erstgeborenen Sohn Gottes, ähnlich wie Israel in der Frühgeschichte in Ägypten Zuflucht fand und versorgt wurde (1Mose 50,20).
- Auch Jesus wurde während seines Dienstes von seinem Vater geschützt, obwohl er immer wieder seinen Häschern ausweichen musste. Mindestens zehn Mal lesen wir davon, dass die Juden Jesus versuchten umzubringen. Doch immer wieder entging er der Festnahme. Begründung: „Denn seine Stunde war noch nicht gekommen“. (Mk 3,6; 11,18; Lk 4,29; 19,47; Joh 5,18; 7,19; 8,49; 10,31; 11,50; Mt 26,59).
- Und seinen Jüngern empfahl er: „Wenn ihr in einer Stadt verfolgt werdet, so flieht in eine andere“ (Mt 10,23).
- Die erste Gemeinde zerstreute sich bei der Verfolgung, welche sich nach dem Tod des Stephanus ausbreitete (Apg 8,1ff). So blieben sie nicht nur am Leben, sondern verkündigten die Frohe Botschaft in den Städten Judäas und Samariens.
- Petrus verließ Jerusalem wegen der Lebensbedrohung durch Herodes Agrippa (Apg 12,17).
- Paulus ging in die Wüste Arabiens wegen der drohenden Lebensgefahr in Damaskus, später wurde er auf spektakuläre Weise in einem Korb die Stadtmauer hinabgelassen und entkam so den Behörden in der Stadt Damaskus (Gal 1,17; Apg 9,25; 2Kor 11,32-33).
- Jesus empfahl seinen Jüngern, dass sie beim Herannahen der römischen Legionäre die Stadt verlassen und in die Berge fliehen sollen (Mt 24,16). Die Gläubigen gehorchten und flohen in das Ostjordanland und blieben am Leben, während Jerusalem im Jahre 70 zerstört wurde.
So paradox es auch klingt, gerade in der „Wüste“ wird der Herr die Gemeinde schützen und ernähren, trotz der Versuche des Feindes sie dort aufzuspüren. So ist auch das Volk Gottes (dargestellt durch das Bild der Frau in der Wüste samt ihren Nachkommen) von Gott beschützt und versorgt, aber auch tätig wirksam durch ihr Zeugnis.
Die verschlüsselte zeitliche Umschreibung in Offb 12,14 umfasst dieselbe Periode, welche mit der Zahl 1260 Tagen in 12,6 angegeben ist. Auch im Buch Daniel kommen diese Umschreibungen zweimal vor, in denen die Aktivitäten der Feinde Gottes beschrieben werden. Dan 7,25: „Er wird den Höchsten lästern und die Heiligen des Höchsten vernichten und wird sich unterstehen, Festzeiten und Gesetz zu ändern. Sie werden in seine Hand gegeben werden eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit (LXX: bis Zeit und Zeiten und bis halbe Zeit).“. Und Dan 12,7-9: „Und ich hörte den Mann in leinenen Kleidern, der über den Wassern des Stroms stand. Er hob seine rechte und linke Hand auf gen Himmel und schwor bei dem, der ewiglich lebt, dass es eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit währen soll (Zeit und Zeiten und halbe Zeit); und wenn der ein Ende hat, der die Macht des heiligen Volks zerschlägt, soll dies alles geschehen. 8 Und ich hörte es, aber ich verstand’s nicht und sprach: Mein Herr, was wird das Letzte davon sein? 9 Er aber sprach: Geh hin, Daniel; denn es ist verborgen und versiegelt bis auf die letzte Zeit.“
Anmerkung: Während Daniel gesagt wird, dass jenes Gesicht versiegelt ist bis auf die letzte Zeit, ordnet Jesus an, die Weissagungen der Offenbarung nicht zu versiegeln (Offb 22,10). Daher ist unter der Bezeichnung „die letzte Zeit“ im Text von Dan 12,9 die gesamte Periode der neutestamentlichen Gemeinde zu verstehen (so auch in Jes 2,2).
Beide Prophetien aus Dan 7 und 12 beziehen sich auf die gleiche Periode des Kampfes der Feinde Gottes gegen die Gemeinde (Offb 12,14 mit 12,6 und 11,2-3; 13,5).
Da diese Zeitangaben im Buch Daniel und Offb 12,14 mit dem griechischen Begriff ` καιρος – kairos` und nicht `χρονος – chronos` beschrieben werden, läge der Schwerpunkt eben nicht in einer genauen chronologischen Zeitspanne, sondern auf dem Inhalt, auf dem WIE und WOMIT diese Periode sich auszeichnet. Weitere Beispiele dazu:
- Lk 21,24b: „bis zur Fülle (Vollendung) der `gr. kairoi` (hier im Pl.) der Völker“ Hier wird bewusst nicht ein chronologischer Zeitpunkt genannt, sondern nach einer inhaltlichen Erfüllung (Vollendung) ein Punkt gesetzt wird und diesen kennt nur Gott.
- Offb 12,12: „er (der Teufel) weiß, dass er wenig Zeit (gr. kairos) hat“. Das heißt: Seine Möglichkeiten sind eingeschränkt. Dem gegenüber steht in Offb 20,7 dass der Teufel zwar in voller Bewegungsfreiheit die Nationen der Erde gegen das Volk Gottes versammeln kann, jedoch ist diese Wirksamkeit zeitlich sehr begrenzt. Dies wird mit der Bezeichnung (kurze Zeit – mikros chronos) beschrieben. Hier gegen Ende beim letzten großen Kampf wird dem Feind buchstäblich die chronologische Zeit seines Angriffes auf eine kurze Zeitspanne begrenzt.
Nun wendet der Drache eine andere Taktik an: „Und die Schlange warf aus ihrem Mund Wasser wie einen Strom hinter der Frau her, um sie mit dem Strom fortzureißen.“ (Offb 12,15).
Ob Drache oder Schlange, es handelt sich um ein und denselben Feind. Da er jedoch feststellt, dass die Frau nicht einzuholen ist, wendet er seine List an. Jetzt wird er als `die Schlange` bezeichnet. Dies erinnert uns an die Anfänge seiner Tätigkeit als Versucher und Verführer (1Mose 3,1ff). Daher kann das Bild vom Wasserstrom als Verleumdung durch Lüge und Propagandamache gedeutet werden. Bereits hier werden die zwei Methoden erkennbar, die später auch durch die beiden Tiere angewendet werden. Mal geschieht es mit physischer Gewalt (das Tier aus dem Meer Offb 6,9-11; 11,7; 13,7.15) mal mit Hinterlist und Lügenpropaganda (das Tier aus der Erde als der falsche Prophet) und manchmal auch beides zusammen (Apg 13,10; 16,17; Eph 6,11; 2Kor 2,11; Offb 2,19-20).
Die Aussage in Vers 16 ist auf den ersten Blick rätselhaft: „Und die Erde half der Frau, und die Erde öffnete ihren Mund und verschlang den Strom, den der Drache aus seinem Mund warf.“ (Offb 12,16).
Dieses Bild erinnert uns Zunächst an die gottlose Rotte des Korach, welche sich gegen Mose und Aaron auflehnte. Die Geschichte ihrer Vernichtung ist einmalig und gleichzeitig dramatisch. Dort öffnete sich buchstäblich die Erde und verschlang die Verleumder und Aufständischen bei lebendigem Leibe (4Mose16,1-35; 29-33 ). Im Kontext der Bibel steht Erde für den Wohnort der Menschen. Das Meer dagegen für die Unruhe, das Aufgewühlt sein der Völker (Jes 57,20). Aber von den Bewohnern der Erde, die in gewissen Ordnungen leben kann gelegentlich Hilfe gewährt werden, wenn es ihnen von Vorteil ist. Denken wir an die Situation des Judentums zur Zeit der Königin Ester, in der Haman das gesamte Judentum vernichten suchte (Ester 3,8).
Diese Geschichte macht die Verleumdungstaktik des Drachen / der Schlange deutlich. Doch es könnte sich auch um günstige und natürlich erklärbare Umstände handeln, durch welche solche Angriffe abgewendet wurden oder diese Aktionen ins Leere gelaufen sind. Dafür gäbe es folgende Beispiele:
- Durch den klugen Rat des Gamaliel, wurden die zwölf Apostel freigelassen und konnten weiter in relativer Freiheit das Evangelium verkündigen (Apg 5,34ff).
- Der Frontalangriff der Schlange durch die Wahrsagerin in Philippi gegen Paulus und Silas, welcher zur Verleumdung der Knechte Gottes führte, wurde schließlich in eine Art Legitimation der Gemeinde verwandelt(Apg 16,17-39).
- Die Anklage (Verleumdung) der Juden in Korinth gegen Paulus vor dem Prokonsul Gallion lief ins Leere, weil dieser sich nicht in die innerjüdischen Fragen einlassen wollte (Apg 18,12ff).
- Ähnlich verlief sich der Aufstand des Demetrius in Ephesus im Sand (Apg 19,23ff).
- Der Mordanschlag auf Paulus in Jerusalem wurde mit Hilfe der römischen Behörden vereitelt (Apg 23,16ff).
Offensichtlich ging es immer dabei um Verleumdungen gegen die Gläubigen an Gott. Und in vielen Fällen wurden diese sogar von weltlichen Behörden abgewendet, denn diese hatten davon einen eigenen Nutzen. Daher könnte die Formulierung „und die Erde half der Frau“ auf einzelne Schutzaktionen irdischer (weltlicher) Instanzen zurückgeführt werden (Röm 13,1ff; 1Tim 2,1-2). Zu erklären ist es damit, dass Gott die Herrscher dieser Welt lenkt (Spr 21,1).
Und der Drache wurde zornig über die Frau und ging hin, Krieg zu führen mit den Übrigen ihrer Nachkommenschaft, welche die Gebote Gottes halten und das Zeugnis Jesu haben.“ (Offb 12,17).
Durch diese Aussage wird erneut deutlich, dass es sich auch bei den Nachkommen der Frau um das Volk Gottes handelt. Denn diese halten die Gebote Gottes und das Zeugnis von Jesus (Offb 3,8-9; 10,11; 11,3-7; 13,10; 14,12; 19,10; 1Joh 3,22).
Bekannt ist, dass bei einem Misslungenem Angriff sich der Zorn, die Wut noch weiter steigert. Die Geschichte kennt dazu unzählige Beispiele. Es wird nach einer anderen Methode gesucht oder andere Mittel angewendet. Zum Beispiel durch Versuchungen und Verführungen, wie im Falle Bileams. Denn dort hätte ein physischer Frontalangriff der Moabiter gegen das Volk Israel nichts gebracht (4Mose 24-31). Doch der geheime Rat des Bileam, die israelitischen Männer zu den Festmalen der Moabitischen Götter einzuladen wurde zur Falle für Israel. Denn damit verbunden war zuchtloses Treiben in großem Umfang. Paulus erinnert daran und warnt die Gläubigen in Korinth davor (1Kor 10,8). Ebenso tut es auch Jesus in seinem Vorwurf an die Gemeinde in Pergamon (Offb 2,14).
Die Konstantinische Wende hat nicht nur die Verfolgungen der Christen weitgehend gestoppt, sondern auch zur Verweltlichung der Kirche mit beigetragen. Und so wechseln diese Methoden von offener Verfolgung über geistige Verführung sich ab in der gesamten Geschichte und auch im Individuellen, siehe auch die Angriffe in den Sendschreiben (Offb 2,10; 2,13; 2,15; 2,20).
(4.2) Das Tier aus dem Meer und seine Herrschaft über die Nationen der Erde
In den Übersetzungen schließt Kapitel 12 mit dem Hinweis: „Und er (ich) trat an den Sand des Meeres (Offb 12,18b). Da es aufgrund unterschiedlicher griechischer Texte nicht eindeutig ist, ob es sich dabei um Johannes (Personalpronomen `ich`) oder den Drachen (Personalpronomen `er`) handelt, schauen wir uns den Kontext genauer an. Johannes ist in diesen Visionen von Kapitel 12 und 13 der Schauende. Vom Drachen jedoch lesen wir in Kapitel 12 dass er die Frau und ihre Nachkommen verfolgte. Auch in Kapitel 13 ist er der aktiv Handelnde bei der Übergabe seiner Macht an das Tier aus dem Meer. Daher entscheiden wir uns für die Variante, dass es der Drache war, welcher auf den Sand des Meeres trat. Ein treffendes Bild für einen instabilen Standpunkt. im Gegensatz dazu steht das Lamm auf dem Berg Zion (Offb 14,1).
(4.2.1) Die Identität des Tieres aus dem Meer
In Kapitel 13,1-2 sieht Johannes ein Bild von einem Tier das dem Meer entsteigt. Mit dem gr. Begriff `th¢rion` werden wilde Tiere bezeichnet (Mk1,13; Offb 6,8; Dan 7,3-7). Bestimmte wilde Tiere stehen in der Bibel als Sinnbilder für Weltreiche, gelegentlich auch für einzelne Könige (Offb 17,3.7.12.15.16; Dan 7,3-8.17.23; Jer 51,34; Hes 32,2). Es wäre ein Versuch Wert, die verschiedenen Aspekte aus den einzelnen Texten zu betrachten, um ein besseres oder gar umfassendes Bild über die Identität dieses Ungeheuers aus Offb 13,1-8 zu bekommen.
Johannes schreibt: „Und ich sah aus dem Meer ein Tier aufsteigen, das zehn Hörner und sieben Köpfe hatte, und auf seinen Hörnern zehn Diademe, und auf seinen Köpfen Namen der Lästerung.“ (Offb 13,1).
Während in Kapitel 10,1-11,1 Johannes in Handlungen einbezogen war, ist er hier der Schauende. Zunächst fällt sein Blick auf den Drachen, welcher sich auf den Sand am Ufer des Meeres stellte. Danach fällt der Blick des Johannes auf ein Ungeheuer, welches dem Meer entsteigt. Da wir bereits die Identität des Drachen kennengelernt haben, lenken auch wir unseren Blick auf das Tier aus dem Meer. Mit der Umschreibung `an vielen Wassern` in Offb 17,1.15 (hier in der globalen Ausdehnung) sind Völker, Stämme, Sprachen und Nationen gemeint. Weitere Informationen zu dem Tier aus dem Meer finden wir im 7. Kapitel des Buches Daniel. Dort sieht der Prophet vier wilde Tiere aus dem großen und aufgewühlten Meer herauskommen (Dan 7,2-8). Anmerkung: Mit dem großen Meer ist im Alten Testament (wenn es im buchstäblichen Sinne gebraucht wird) in der Regel das Mittelmeer gemeint (vgl. Dan 7,2 mit Jos 1,4; 15,2; 23,4).
Doch im Text aus Dan 7,2 wird das Bild des Meeres im übertragenen Sinne als Völkermeer gebraucht (ähnlich auch in Jes 17,12). Aber nach Offb 11,7 und 17,8 wird das Meer auch als Abgrund (gr. abyssos) bezeichnet, denn aus ihm steigt das Tier herauf.
Johannes wird nicht wenig gestaunt haben über die Ähnlichkeit dieser zwei Ungeheuer. Denn auch das Tier hatte zehn Hörner und sieben Köpfe. Allerdings befanden sich die Diademe bei dem Tier nicht auf den Köpfen wie beim Drachen, sondern auf den Hörnern und zwar entsprechend deren Anzahl. Dies könnte auf eine Verlagerung von Funktionen oder auch eine Art Machtverteilung hinweisen, denn das Tier stellt nicht ein Geistwesen dar wie der Drache es ist. Und anstelle der Diademe waren bei dem Tier auf den Köpfen Namen der Lästerung, die jedoch nicht ausgeschrieben werden. Dies wird später konkretisiert. Man könnte sagen: Die Könige führen aus, was von den Köpfen gedacht und befohlen wird. Denn Diademe (Kronen, Insignien der Macht) werden von Königen getragen.
Um die weitere Beschreibung über das Aussehen des Tieres zu verstehen, benötigen wir auch Erklärungen des Engels aus Offenbarung Kapitel 17. Doch zunächst wenden wir uns an das Buch Daniel, wo in Kapitel 7,7-8 das vierte Tier besonders detailliert beschrieben wird. Damit bekommen wir erste Hinweise zu der Identifizierung des Tieres aus Offb 13. Dort lesen wir: „Danach sah ich in diesem Gesicht in der Nacht, und siehe, ein viertes Tier war furchtbar und schrecklich und sehr stark und hatte große eiserne Zähne, fraß um sich und zermalmte, und was übrig blieb, zertrat es mit seinen Füßen. Es war auch ganz anders als die vorigen Tiere und hatte zehn Hörner.“ (lies dazu auch Dan 7,17-27). Die Ausstattung dieses Tieres mit zehn Hörnern hat demnach etwas gemeinsam mit dem Tier aus Offb 13,1. Deshalb kann man hier zunächst vom Römischem Großreich ausgehen. Denn nach Daniel 7,7 ist es das vierte Königreich infolge und wird als besonders stark, grausam und furchterregend charakterisiert.
Anmerkung: Hörner stehen für Könige sowie deren Kraft und Stärke (Ps 132,17; Offb 17,12; Dan 8,8.21). Und wenn in den folgenden Texten der Offenbarung ein Tier mit zehn Hörnern beschrieben wird, dann ist immer dasselbe Tier gemeint, wenn auch aus unterschiedlichen Perspektiven (Offb 17,3.7.12.16; auch ohne Erwähnung der 10 Hörner: Offb 15,1; 16,13-14; 19,18-20; 20,10).
Doch es gibt auch Unterschiede zwischen dem vierten Tier aus der Vision von Daniel und dem Tier aus Offenbarung 13,1ff. in der Vision von Daniel hat das Tier zwar zehn Hörner aber nur einen (undefinierbaren) Kopf und es fehlen die Diademe. Auf was deuten die sieben Köpfe in Offb 13,1 hin? Bei der Suche nach einer Deutung schauen wir uns zunächst die drei Tiere aus Dan 7,3-6 genauer an. Im Vergleich zu den ersten zwei Tieren, wird das dritte mit vier Köpfen dargestellt (Dan 7,6). Aus der Geschichte ist bekannt, dass das Griechische Großreich unter Alexander zunächst als Ziegenbock mit einem Kopf und einem Horn dargestellt wurde (Dan 8,21). Doch nach dessen frühem Tod wurde es in vier einzelne Königreiche aufgeteilt, die zum Teil etwa 300 Jahre überdauerten (vgl. dazu auch Dan 8,8ff). Daher erschien dieses Tier in Dan 7,6 mit vier Köpfen und diese stellen Reiche dar. Die vier Reiche sind:
- Das Reich der Seleukiden im Vorderen Orient;
- Das Reich der Ptolemäer in Ägypten;
- Das Reich des Lysimachos in Kleinasien;
- Das Reich des Kasandros im Kernland Mazedonien und Griechenland.
Davon abgeleitet können die sieben Köpfe des Tieres aus dem Meer in Offb 13,1 ebenfalls Reiche darstellen. Und in Offenbarung 17,9 bekommt Johannes vom Engel weitere Erklärungen zu den sieben Köpfen des Tieres. Dort lesen wir: „Hier ist Verstand, zu dem Weisheit gehört! Die sieben Häupter sind sieben Berge, auf denen die Frau sitzt, und es sind sieben Könige.“ Köpfe oder Häupter werden durch Berge dargestellt und sie stehen auch für Könige (Ps 68,17; Jes 7,8-9). In Jeremia 51,25 sagt Gott das Schicksal von Babel voraus mit den Worten: Siehe, ich will an dich, du Berg des Verderbens, der du Verderben gebracht hast über alle Welt, spricht der HERR. Ich will meine Hand wider dich ausstrecken und dich von den Felsen herabwälzen und will einen verbrannten Berg aus dir machen.“ Auffallend ist der Umstand, dass die Stadt Babylon in der Ebene und nicht auf einem Berg lag. Dies deutet auf die Machthöhe des früheren Babel hin und unterstreicht zusätzlich, dass die Berge in Offb 17,9 in ihrer tieferen Bedeutung bildlich zu deuten sind und ebenfalls für Machtgrößen stehen die am Ende fallen werden (Offb 16,20-21).
Da die Frau (Hure Babylon) im Text der Offenbarung 17 auf allen sieben Bergen gleichzeitig sitzt, könnte man zunächst auch an die Hauptstadt des Römischen Imperiums Rom denken denn sie lag tatsächlich auf sieben Hügeln. Und wie bereits aus anderen Textstellen ersichtlich wurde, können Bilder durchaus auch mehrere Aspekte in sich bergen. Gut möglich, dass die Leser jener Zeit diese Schilderungen zunächst auch auf Rom bezogen haben.
Doch durch das Bild der Frau auf dem Tier wird ihr globaler Einfluss auf Königreiche und deren Herrscher betont. Immerhin sitzt sie oben auf dem siebenköpfigen Tier mit seinen zehn Hörnern. Bekannt ist, wer oben sitzt hat das Sagen.
Bei einer wörtlichen Deutung wären es nur sieben Reiche mit nur zehn Königen, die entweder aufeinander folgen oder gleichzeitig existieren, ähnlich wie bei den vier griechischen Reichen (Dan 7,3-8; 8,1-22). Da die Zahlen sieben und zehn in der Offenbarung auch symbolisch für Vollständigkeit stehen, können durch sie summarisch alle Reiche (Herrschaftssysteme samt ihren vielen Königen) dieser Weltdargestellt werden. Beachten wir, dass sich das siebenköpfige Tier zusammen mit den Königen der Erde die gesamte Zeit über und auch beim letzten Kampf (Krieg) führend mitbeteiligt ist (Offb 16,12-14). Dieses Tier wird zusammen mit seinen Truppen von Christus besiegt und in den Feuersee geworfen (Offb 17,2.18; 18,3.9; 19,18-21). Weitere Begründung liegt in der Aussage von Jesus, der den Satan als Fürsten dieser Welt bezeichnet (Joh 12,31; 14,30; 16,11). Und weil der Drache dem Tier seine Kraft, seinen Thron und große Macht gegeben hat, ist es logisch, dass auch die Herrschaft des Tieres eine globale, die ganze Welt und Zeit umfassende Herrschaft darstellt.
Es ist doch offensichtlich, dass die früheren Weltreiche und insbesondere das Römische eine Vorlage bildeten zu dem was in der Offenbarung dargestellt und seit Jahrhunderten weltweit in allen Herrschaftssystemen beobachtet werden kann. In neutestamentlicher Zeit wurde die gr. Bezeichnung `¢ oikoumen¢ – die Bewohnte` neben ihrer globalen Bedeutung auch auf das Römische Weltreich bezogen (Apg 17,31; 24,5; Offb 3,10; Lk 2,1; Apg 11,28; 17,6; 19,27).
Doch wie oben dargelegt, schließt das Tier mit den zehn Hörnern und die Erweiterung auf sieben Köpfe alle Herrschaftssysteme dieser Welt ein und zwar in den verschiedensten Ausprägungen.
Laut Statistik werden allein im römischen Reich (Ost und West) etwa 171 Kaiser gezählt, die größtenteils als Autokraten oder Monarchen geherrscht haben.
Wir lesen von weiteren Merkmalen dieses Tieres:
„Und das Tier, das ich sah, war gleich einem Panther (oder Leopard) und seine Füße wie Bärenfüße und sein Rachen wie ein Löwenrachen. Und der Drache gab ihm seine Kraft und seinen Thron und große Macht.“ (Offb 13,2).
Vergleicht man diese Beschreibung mit Daniel 7,3-6so weist es Merkmale oder Charakterzüge jener ersten drei Tiere auf, nur hier in umgekehrter Reihenfolge. Das Tier aus Offb 13,1-2 hat nicht nur eine spezifische Ausprägung, daher lässt es sich nicht durch die Charakterzüge von nur einem Tier darstellen. So verstehen wir, warum die verschiedenen Charakteristika der drei vorangegangenen Reiche einbezogen werden. Diese sind:
- Das Babylonische, dargestellt durch einen Löwen (609-539 v.Chr.).
- Das Medo-Persische: Dargestellt durch einen Bären der viel Fleisch frisst, es steht für Stabilität und territoriale Ausdehnung. In Dan 8,1-22 wird es auch durch einen Widder mit zwei Hörnern beschrieben, was auf ein Doppelreich hinweist (539-333 v.Chr.).
- Das griechische, dargestellt durch einen Panther oder Leoparden mit vier Flügeln und 4 Köpfen oder auch vier Hörner (von 333 bis ca. 146-30 v.Chr.). die 4 Flügel stehen für Schnelligkeit bei der Eroberung (mit Hilfe der vier Generäle) und die vier Hörner zunächst nachfolgende vier Generäle als Herrscher. Die vier Köpfe stehen für die vier nachfolgenden Reiche mit deren Dynastien (Dan 7,6; ergänzend dazu auch 8,8-22).
Diesen drei Königreichen folgte das vierte, eben das Römische ab etwa 146 v.Chr. bis zu seiner Teilung und Niedergang im Westen um das 5. Jahrhunderts. Es bestand jedoch im Osten des Reiches bis 1453 als das Oströmische Reich. In der Literatur wird es meistens als das Byzantinische Reich bezeichnet. Doch die Idee und das Streben nach Weltherrschaft hält sich bis heute. Dieses vierte und letzte unterschied sich aber auch von den vorangegangenen Weltreichen durch seine besondere Grausamkeit (Dan 7,7-8). Die späteren Herrscher haben vieles von ihren Vorgängern übernommen und entwickelten sich weiter zum Negativen – Ungerechtigkeit, Gewalt und Unterdrückung. Hören wir auf den, der über die Herrscher und Herrschaftssysteme dieser Welt bestens Bescheid wusste: „Da rief Jesus sie zu sich und sprach zu ihnen: Ihr wisst, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an.“ (Mk 10,42; dazu auch Mt 20,25; Lk 22,25-27).
Wo gab es so etwas, dass ein Herrscher seinen Thron, seine Macht und Kraft noch zu seinen Lebzeiten dazu auch noch freiwillig abgegeben hätte? Da jedoch der Drache als Geistwesen ein gefallener Engel ist und nicht direkt (physisch) auf den Menschen einwirken kann, übergibt er dem Tier aus dem Völkermeer Kraft, seinen Thron und große Macht.
Und gerade durch die sieben Köpfe und zehn Hörner wird die Vielseitigkeit und machtvolle, globale, räumliche und auch zeitliche Ausdehnung der Wirksamkeit dieses Tieres dargestellt (Offb 19,17-21). Ausgeführt werden diese durch die jeweiligen Könige und Herrscher.
Schlussfolgerung: Das Tier aus dem Meer ist sozusagen die Verkörperung des Drachen, sein Werkzeug und seine rechte Hand und agiert weltweit. Es umfasst alle politische, militärische aber auch wirtschaftliche Machtsysteme dieser Welt. Denn alle Völker, Stämme, Sprachen und Nationen beten es an (Offb 13,7b-8). Es hat vom Drachen die Macht der Weltherrschaft und kann direkt Einfluss nehmen auf das physische Leben der Menschen (Offb 2,13; 11,7; 13,4.12.14; 16,13; 19,19). Doch diese Macht hat es unter der Kontrolle Gottes und seines Christus (Dan 4,14; Joh 19,10-11; Mt 28,17-18; Eph 1,22; 2Petr 3,22; Offb 1,5). Dass dieses Tier auch noch von der Hure Babylon die an vielen Wassern sitzt geritten wird, verstärkt zusätzlich die globale Ausdehnung und Einfluss dieses Tieres (Offb 17,1ff).
Aber in die Zeit dieses vierten Reiches (unter Augustus und Tiberius) fällt der Beginn des ewigen Gottesreiches in dieser Welt. Dieses Reich wurde bereits Jahrhunderte früher voraus verkündigt (Jes 9,6; Dan 2,34-35; 7,9-14; Lk 1,31-34: als Erfüllung der Verheißung aus 2Sam 7,11-12; Mt 4,17; Lk 17,20; Joh 18,36; Apg 1,1-8). Dieses Gottesreich läuft parallel zu den Reichen dieser Welt, aber auf einer anderen Ebene. Es kommt aus dem Himmel und ist göttlich / geistlicher Natur. Mehr als einhundert Mal ist von ihm im NT die Rede. Man kann sogar sagen, dass es von seinem Wesen konträr zu den Herrschaftssystemen dieser Welt steht.
Denn Jesus ist der wahre König der Könige oder der Fürst der Könige der Erde (Offb 1,5; 17,14; 19,16). Und sein Reich wird in Ewigkeit bestand haben.
(4.2.2) Was bedeutet: Eines der Häupter wurde tödlich verwundet und wieder geheilt?
„Und ich sah einen seiner Köpfe wie zum Tod geschlachtet. Und seine Todeswunde wurde geheilt, und die ganze Erde staunte hinter dem Tier her. „(Offb 13,3).
Im Vergleich zu Dan 7,8 und 24-25 gibt es beim Tier in der Offenbarung im Bereich der zehn Hörner keine Veränderungen (Offb 13,1; 17,3.7.12.16), dafür aber sieht Johannes bei jenem Tier einen gewaltsamen Eingriff im Bereich der Köpfe.
In Offb 13,12 wird wieder darauf Bezug genommen und in Vers 14 wird ergänzt, dass die Todeswunde durch ein Schwert geschlagen wurde. Diese Veränderung im Bereich der Köpfe nimmt einen bestimmten Platz in den Visionen der beiden Tiere ein. Ein Kopf des Tieres wird tödlich durchs Schwert verwundet, was Auswirkungen auf das gesamte Tier hat. Möglich, dass dieser Schwächepunkt im Zusammenhang mit der Bemerkung aus Offb 17,9ff steht..
Wie wir bereits gesehen haben, werden durch die Häupter Königreiche (gelegentlich auch Könige) dargestellt. Im Bereich des irdisch menschlichen steht Schwert (gr.: machairon) für physische Tötung und gewaltsame und kriegerische Auseinandersetzungen (Offb 6,4; Apg 12,1f). Doch worauf deutet dieser Vorgang hin? Hier einige Beobachtungen:
- Es weist grundsätzlich auf die Verwundbarkeit des Tieres hin und zwar an der empfindsamsten Stelle – dem Kopf. Bereits im Garten Eden kündigte der Herr an, dass der Nachkomme der Frau der Schlange den Kopf zermalmen werde. Dies wurde durch den Sieg von Christus eingeleitet, obwohl der Drache noch nicht gänzlich vernichtet worden ist. Doch bei seinem Handlanger dem Tier, wird auch seine eigene Verwundbarkeit erkennbar.
- Man könnte darin auch eine Nachahmung des wahren Retters Jesus sehen, der starb und wieder lebendig wurde. Denn so ein Vorgang weckt die Aufmerksamkeit und das Staunen der Menschen. Diese Sichtweise könnte ihre Unterstützung in den Vergleichenden Worten „wie zum Tode geschlachtet“ bekommen. Ebenso durch das Verb `ez¢sen – lebte oder lebendig wurde` in 13,14. Das gleiche Verb verwendet Jesus auf sein lebendig sein in Offb 2,8. Der Gedanke dabei wäre: Der Drache präsentiert durch das Wirken der Tiere einen alternativen Rettungsplan und ahmt durch das Tier Jesus nach, der wie ein Lamm auf eine einzigartige Weise geschlachtet und wieder lebendig wurde. Häufig präsentierten sich die Herrscher als Retter oder Befreier, was bei deren Untertanen neue Hoffnungen weckte.
- Kann es auch andeuten, dass im Laufe der Geschichte einzelne Reiche fallen und wieder aufstehen? Denn bereits im Altertum ist dies zu beobachten. Das Altbabylonische Reich erlebte seine Blüte unter Hammurabi etwa 1800 v.Chr. Es folgte das Altassyrische Reich. Doch ab612 erlebte das Babylonische Reich eine Neuauflage. Dies lässt sich auch in den darauffolgenden Reichen beobachten. Oder lässt sich dies nicht auch an dem Beispiel des Römischen Reiches erkennen? Auf jeden Fall wird auch in diesem Reich auf Schwachpunkte hingewiesen, wie von Daniel 2,42 indirekt abgeleitet werden kann: „Und dass die Zehen an seinen Füßen teils von Eisen und teils von Ton sind, bedeutet: Zum Teil wird’s ein starkes und zum Teil ein schwaches Reich sein“. Ebenso auch an die Aussage des Engels über das Tier aus dem Meer in Offb 17,8: „Das Tier, das du gesehen hast, ist gewesen und ist jetzt nicht und wird wieder aufsteigen aus dem Abgrund und in die Verdammnis fahren. Und es werden sich wundern, die auf Erden wohnen, deren Name nicht geschrieben steht im Buch des Lebens vom Anfang der Welt an, wenn sie das Tier sehen, dass es gewesen ist und jetzt nicht ist und wieder sein wird.“ Auch in Offb 13,3 wird betont, dass sich die Erdbewohner verwundert zeigen über das geheilte oder wieder lebendig gewordene Haupt des Tieres.
- Man denke an die brutale Ermordung von Julius Cäsar im Jahre 44 v.Chr., die zu einen schrecklichen und blutigen Bürgerkrieg führte und das Reich in eine langjährige Krise stürzte. Oder besonders an den Niedergang der Julianischen Dynastie, welche nach dem Tode von Nero (68 n.Chr.) in einer tödlichen Krise endete. Denn innerhalb eines Jahres stritten gewaltsam drei Kaiser (Galba, Otho und Vitellius) um die Macht in Rom, was zusätzlich zur Schwächung des Reiches führte. Es fällt geradezu auf, dass zeitgleich im Lande Israel das staatliche System zusammenbrach. Denn unter dem Heerführer Vespasian und seinem Sohn Titus wurde Jerusalem erobert und zerstört. Dies steht im Zusammenhang der Aussage von Jesus: „Jerusalem wird von den Nationen zertreten werden, bis die Zeiten (kairous) der Nationen erfüllt sind“ (Lk 21,24). Vespasian übernahm auch in Rom die Macht und gründete damit die Dynastie der Flavier. Dadurch erlebte das Römische Imperium eine Art Wiederbelebung. Doch bereits zu Ende des 4. Jahrhunderts war es in Ost- und Westrom geteilt. Während Westrom mehr und mehr zerfiel, bestand Ostrom mit der Hauptstadt Konstantinopel bis 1453. Durch die Ausbreitung des Islam wurde das ehemals römische Großreich an den weltpolitischen Rand (Mittel- und Nordeuropa) gedrängt. Trotzdem blieb durch alle folgenden Jahrhunderte das Bewusstsein für das Römische Reich im Denken und Streben der Herrscher wach. Man denke an Carl den großen, Mapoleon, die Kaiserreiche in west und Osteuropa und nicht zu vergessen die gräulichen Pläne und Ziele der Herrschenden im Dritten Reich. Und ab der Mitte des 20. Jahrhunderts erfährt es wieder eine Neubelebung wenn auch mit veränderter Besetzung und Struktur. Doch auch andere Herrschaftssysteme dieser Welt erlebten einen Niedergang und zu einem späteren Zeitpunkt einen Neuaufstieg.
- Einige Theologen verweisen auf den Kaiser Nero, als Fünfter seit Augustus und nehmen Bezug auf den erklärenden Text aus Offb 17,7-11. Er wurde nach seinem mysteriösen Tod mit 31 Jahren anscheinend von vielen wieder erwartet, doch er kam nicht. In dem Kaiser Domitian den Achten seit Augustus (81-96) sahen viele Zeitgenossen den zurückgekehrten Nero.
Eine auffällige Ähnlichkeit ist in der Beschreibung über das Tier in Offb 13,4-8 und über das kleine Horn aus Dan 7,8.24-25 zu erkennen, obwohl dort Veränderungen nicht im Bereich der Köpfe, sondern der Hörner dargestellt sind. So heißt es dort: „Es war auch ganz anders als die vorigen Tiere und hatte zehn Hörner. 8 Als ich aber auf die Hörner achtgab, siehe, da brach ein anderes kleines Horn zwischen ihnen hervor, vor dem drei der vorigen Hörner ausgerissen wurden. Und siehe, das Horn hatte Augen wie Menschenaugen und ein Maul; das redete große Dinge.“ (Dan 7,8). Und in der Erklärung des Engels heißt es: „Die zehn Hörner bedeuten zehn Könige, die aus diesem Königreich hervorgehen werden. Nach ihnen aber wird ein anderer aufkommen, der wird ganz anders sein als die vorigen und wird drei Könige stürzen. 25 Er wird den Höchsten lästern und die Heiligen des Höchsten vernichten und wird sich unterstehen, Festzeiten und Gesetz zu ändern. Sie werden in seine Hand gegeben werden eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit.“ (Dan 7,24-25).
Anmerkung: Beachten wir, dass nach dem vertilgen der drei Hörner durch das kleine Horn immer noch sieben von den ursprünglichen zehn vorhanden sind. Daher kann die zeitliche Angabe: „nach ihnen“ nicht bedeuten, dass es sie nicht mehr gibt. Interessant ist aber das Zahlenverhältnis 3 zu sieben. Damit wäre aber das kleine Horn als der achte zu zählen, was wiederum im Kontext der Offb 17,7-11 eine Rolle spielen könnte.
Im Bild der zehn Hörner aus der Offenbarung werden jedoch keine Veränderungen in den Machtverhältnissen erwähnt, dafür aber bei den sieben Köpfen.
Doch die Köpfe des Tieres können auch für Könige stehen, wie der Engel in Offb 17,9-11 Johannes aufklärt. „Hier ist Verstand, zu dem Weisheit gehört! Die sieben Häupter sind sieben Berge, auf denen die Frau sitzt, und es sind sieben Könige. Fünf sind gefallen, einer ist da, der andre ist noch nicht gekommen; und wenn er kommt, muss er eine kleine Zeit bleiben. Und das Tier, das gewesen ist und jetzt nicht ist, das ist der achte und ist einer von den sieben und fährt in die Verdammnis.“ (Offb 17,9-11).
Hier kann man erkennen, dass das Tier (in seiner gesamten Erscheinung) auch als der achte König beziffert wird und gleichzeitig einer von den sieben ist. Auf diese Weise wäre die Verbindung vom kleinen Horn aus Dan 7,8.24-25 über Offb 17,9-11 zu dem Tier aus Offenbarung 13,1-8 hergestellt.
Jetzt verstehen wir, warum das Tier aus Offb 13,4-8 dasselbe sagt und tut, was auch von dem kleinen Horn in der Vision von Dan 7,24-25 gesagt wird. Folgende Detailaussagen im Bereich der zehn Hörner aus Dan 7,24-25 sind identisch mit Offb 13,4-8 im Bereich der Köpfe:
- Jenes kleine Horn redete große Dinge und lästerte den Höchsten. Auch das Tier lästert Gott, seinen Namen, sein Zelt und die im Himmel wohnen.
- Jenes Horn kämpfte gegen die Heiligen des Höchsten und besiegte sie. Auch dem Tier wurde gegeben gegen die Heiligen zu kämpfen und sie zu besiegen.
- Die Heiligen wurden in die Hand des Horns gegeben für die Dauer von „eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit“. Dem Tier wurde gegeben 42 Monate zu wirken. Diese Zeitangabe ist nicht nur identisch mit der aus Offb 12,14 sondern auch mit den 42 Monaten aus Offb 13,5 und 11,2. Ja, die Übereinstimmungen sind nicht von der Hand zu weisen. Damit können beide Visionen als einander ergänzend und auf einander aufbauend angesehen werden.
Die vierte Aussage: „Es (das personifizierte Horn) wird sich unterstehen Festzeiten und Gesetz zu ändern“, ist so wörtlich bei dem Tier aus dem Meer nicht zu finden. Trotzdem können wir Überlegungen anstellen über das wann, wo und durch welche Herrscher wurden in der Geschichte Eingriffe in die von Gott gegebenen Ordnungen (Gesetz und Festzeiten )vorgenommen? Dabei müssen wir auf die beiden Begriffe kurz eingehen. Für Gesetz steht das gr. Wort `nomos`und es wird sich wohl um das Gesetz Gottes, seine Gebote und Rechte handeln. Für Festzeiten steht im gr. der Begriff `kairous`. Durch diesen Begriff können Besonderheiten im chronologischen Ablauf gemeint sein, natürlich auch Festzeiten. Im jüdischen Kontext gab es (neben dem Sabbat)drei Feste, welche vom Gesetz vorgeschrieben waren (5Mose 16,16). Da jedoch alle diese Feste mit ihrem tiefen Sinn in Christus ihre Erfüllung fanden, gibt es im NT keine ausdrückliche Anordnung für deren weitere Einhaltung in der herkömmlichen Form(Gal 4,10ff; Kol 2,16).
- Lange nach dem Exil aber noch unter griechischer Herrschaft wurden gravierende Einschnitte im Leben und Gottesdienst bei den Israeliten vorgenommen. Besonders unter dem grausamen König der Seleukiden Antyochis Epiphanes in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts. Es gipfelte in der Entheiligung des Tempels und der Aufhebung des Jahve-Gottesdienstes von 167-164 v.Chr. Diese Beispiele liegen zeitlich zwar vor dem Aufkommen des vierten Tieres mit den zehn Hörnern, doch es geschieht nichts neues unter der Sonne.
- Ab dem Jahr 63 v.Chr. kam Israel unter römische Herrschaft und verlor damit auch seine Selbständigkeit. Herodes (der Große 37-1 v.Chr.) ein Idumäer wurde von Rom entgegen dem Gesetz von Mose in Jerusalem als König eingesetzt (5Mose 17,15). Er herrschte mit unbeschreiblicher Grausamkeit in Israel. Ebenso gab es später unter den römischen Statthaltern gravierende Einschnitte in die gottesdienstliche Ordnungen. Der Hohepriester wurde nur mit der Zustimmung des römischen Statthalters bestimmt.
- Das unter römischer Herrschaft der Christus (entgegen jeglichem jüdischem und römischem Gesetz) Verspottet, gelästert und schließlich gekreuzigt wurde steht im Zusammenhang von der Prophetie aus Psalm 2,1ff und der Erfüllung, so das Zeugnis der Gemeinde in Jerusalem (Apg 4,25ff). Dies war de facto die höchste Lästerung gegen Gott von Seiten der örtlichen und globalen Weltmacht jener Zeit.
- Dass auch die staatliche Existenz von Israel und der damit verbundene Tempeldienst aufgehoben wurde ist historisches Faktum (Mt 24 und Dan 9,26-27).
- Die Einführung des Sonntags als christlichen Feiertag in der Konstantinischen Zeit, sehen manche Christen als Eingriff in den Siebentag-Rhythmus. Obwohl der Tag eins der Woche bereits von Jesus und seinen Aposteln, aber auch von den Gläubigen in der Diaspora als Versammlungstag erlebt und gefeiert wurde (Joh 20,1-17; Apg 20,7; 1Kor 16,1-2). Und im Vergleich zur Westkirche wurde (und wird bis heute) der erste Tag der Woche in der griechisch sprachigen Ostkirche „des Herrn Tag“ genannt (Offb 1,10).
- Gravierend ist dagegen die Tatsache, dass mit der Einführung des Christentums als Staatsreligion, maßte sich der römische Kaiser an, in Glaubensfragen der Christen einzugreifen. Als weltlicher Herrscher berief er das erste ökumenische Konzil im Jahre 325 ein. DIE Kaiser HABEN GELEGENTLICH Bischöfe ein- oder abgesetzt. unter ihrer Gewalt standen die Christen auch zu Eroberungszügen (sogenannte Christianisierung der Barbaren). Dies kann als Verrat am Evangelium bezeichnet werden. Dass dadurch das Gebot der Feindesliebe sträflich übertreten wurde, liegt auf der Hand.
- Die Festlegung der Geburt Jesu Christi ab dem 4. Jahrhundert von der Westkirche auf den 25. Dezember, der von einem heidnischen Fest belegt war, wurde schließlich auch der Ostkirche Anfang des 6. Jahrhunderts aufgezwungen (so Gerhard Kroll in seinem Buch `Auf den Spuren Jesu`). Immerhin ist damit dem Heidentum im Laufe der Zeit ein Festtag abgerungen worden. Das Datum der Geburt Jesu war nicht Bestandteil der neutestamentlichen Schriften, das Faktum seiner Geburt stand im Mittelpunkt.
- Das Aufkommen des Islam als eine religiöse und militärische Macht übte einen gravierenden Einfluss auf die Wahrheiten (Gebote Christi) des Neuen Testamentes aus.
- Im Laufe der Jahrhunderte wurden in der Kirche viele weitere Feste eingeführt, die das Evangelium eher behindern als fördern. Viele dieser Eingriffe sind ein Gemeinschaftswerk der politischen und religiösen Machtsysteme und dies bis in unsere Zeit hinein.
Jesus sagte voraus: „Und weil die Missachtung des Gesetzes (die Gesetzlosigkeit) überhandnehmen wird, wird die Liebe in vielen erkalten.“ (Mt 24,12). Und Paulus schreibt an die Thessalonicher einige Details über den Menschen der Sünde und der Gesetzlosigkeit (2Thes 2,1-12). Auf diese Weise wurde die christliche Kirche von den Weltherrschern zum Teil mit Unterstützung der Kirchenführern vereinnahmt.
Damit ist auch die vierte Aussage über die Tätigkeit des Horns im Wirkungsbereich des Tieres zu finden.
Statistische Angaben: Im römischen Kaiserreich sin etwa 171 Kaiser gezählt. Allein in der Periode des Byzantinischen Reiches werden 125 Patriarchen gezählt, die in der Regel mit den jeweiligen weltlichen Herrschern kooperierten. Die Westkirche zählt etwa 265 Päpste, die in der Regel auch Macht dieser Welt beanspruchten. Und immer noch lassen sich christliche Kirchen von den politischen Systemen vereinnahmen oder beeinflussen. Doch für alle Zeiten gilt das Wort: „Aber der feste Grund Gottes besteht und hat dieses Siegel: Der Herr kennt die Seinen; und: Es lasse ab von Ungerechtigkeit, wer den Namen des Herrn nennt.“ (2Tim 2,19). Und Gott hatte zu allen Zeiten treue Knechte, ob sie von Menschen als Heilige erkannt wurden oder nicht.
Anmerkung: Nicht selten wird in dem Tier aus dem Meer der noch zukünftige Antichrist oder sogar der Diktator Europas gesehen. Doch dass alle Regierungssysteme dieser Welt mit all ihren Herrschern (auch der zukünftigen) unter dem Bild des Tieres dargestellt sind, konnte weiter oben begründet werden. Und das Herrschaftssystem Tier ist offensichtlich antichristlich, obwohl nicht alle Weltmächte zu allen Zeiten das Volk Gottes direkt verfolgt und unterdrückt haben. Aber der Antichrist sollte eher in dem Tier aus der Erde gesucht werden, denn jenes Tier einem Lamme ähnlich wird ja als der falsche Prophet bezeichnet (Offb 13,11ff; 16,13; 19,20; 20,10). Und in jenem Abschnitt gehen wir auf die Wirksamkeit des Antichristen, bzw. des antichristlichen Geistes detailliert ein.
(4.2.3) Die Anbetung des Drachen und des Tieres
Von den Nationen heißt es: „Und sie beteten den Drachen an, weil er dem Tier die Macht gab, und sie beteten das Tier an und sagten: Wer ist dem Tier gleich? Und wer kann mit ihm kämpfen? (Offb 13,4).
Die Verwunderung über das wiedergeheilte Haupt führt schließlich zur Anerkennung und Anbetung des Tieres. Ebenso die Feststellung, dass gegen das Tier niemand ankommt. Es stellt sich eine Art Resignation ein.
Eine weitere Feststellung, dass alle Bewohner der Erde das Tier und den Drachen anbeten unterstreicht noch einmal, dass durch dieses Ungeheuer alle Herrschaftssysteme dieser Welt repräsentiert sind. Doch diese Huldigung ist nicht immer aus Überzeugung oder Freiwilligkeit wie die Geschichte zeigt. Die Völker tun es oft unter Zwang oder wegen verlockenden Versprechungen.
Der Drache hat seine Abbilder bereits in Babylon und Ägypten erkennen lassen (Jer 51,34; Hes 29,3).
Alle Erdbewohner beten den Drachen an (Götzendienst) und beten das Tier an (Herrscherkult). Die Anbetung des Tieres empfängt eigentlich und letztlich der Drache. Das Tier aus der Erde (der falsche Prophet) fördert mit übernatürlichen Zeichen (auch mit Hilfe eines Bildes) die Anbetung des Tieres (Offb 13,11-18). Das Ende all derer, welche darauf eingehen erwartet der Feuersee nach dem Gericht (Offb 19,20-21).
Die Praxis des Götzendienstes und Personenkultes war seit Babel (1Mose 11,1ff) Standard, breitete sich mit der Zerstreuung der Menschen aus und zwar in sehr vielen und verschiedenen Erscheinungsformen. Die Berichte des Alten Testamentes und die archäologischen Funde zeugen davon. Der Götzendienst nahm auch eine zentrale Rolle im Römischen Reich ein wie die Hinweise in den Sendschreiben der Offenbarung erkennen lassen (Offb 2-3). So wird auch bei den Plagen durch die fünfte und sechste Posaune festgestellt: „Und die übrigen Leute, die nicht getötet wurden von diesen Plagen, bekehrten sich doch nicht von den Werken ihrer Hände, dass sie nicht anbeteten die bösen Geister und die goldenen, silbernen, ehernen, steinernen und hölzernen Götzen, die weder sehen noch hören noch gehen können.“ (Offb 9,20-21). Davon lässt sich ableiten, dass die Menschen, welche getötet wurden, zu ihren Lebzeiten einen ähnlichen Lebensstil geführt hatten. Und die Praxis des Götzendienstes und Personenkultes setzt sich bis heute in allen Kulturen und zwar in den unterschiedlichsten Varianten fort. Götzendienst ist überall dort zu erkennen, wo Gott sich nicht einbeziehen lässt (Mt 6,24).
Anmerkung: In der Wüste bot der Teufel die Macht und Herrlichkeit dieser Welt Jesus an, die Bedingung war: „so du niederfällst und mich anbetest“. Und Im Gegensatz zu diesen Weltherrschern lehnte Jesus entschieden ab (Mt 4,1-11; Lk 4,1-13). Und Jesus weißt die Gläubigen in den sieben Gemeinden auf die Gefahren des Götzendienstes hin (Offb 2,13.20.24; 3,9).
Auch der Johannes warnt seine geistlichen Kinder: „Hütet euch vor den Götzen“ (1Joh 5,21). Mit Nachdruck tut es auch der Apostel Paulus und warnt die Gläubigen vor den Gefahren des Götzendienstes, wenn er in 1Kor 10,20 schreibt: „Nein, sondern was man da opfert, das opfert man den Dämonen und nicht Gott. Ich will aber nicht, dass ihr mit den Dämonen Gemeinschaft habt.“ (dazu auch 1Kor 10,14; Gal 5,20; Kol 3,5; 1Petr 4,3).
Anbetung äußert sich nicht nur in der sklavischen Unterwerfung, sondern auch in der Zustimmung oder in der Übernahme der Denk- und Handlungsweise Herrschender.
(4.2.4) Dem Tier wird gegeben 42 Monate zu wirken
Mindestens vier konkrete Tätigkeiten werden dem Tier gegeben zu tun. Hier die ersten zwei.
„Und es wurde ihm ein Maul gegeben, der große Dinge und Lästerungen redete; und es wurde ihm Macht gegeben, 42 Monate zu wirken. 6 Und es öffnete seinen Mund zu Lästerungen gegen Gott, um seinen Namen und sein Zelt und die, welche im Himmel wohnen, zu lästern“ (Offb 13,5-6).
Doch von wem bekam das Tier die Macht zu lästern? Es war ja der Drache, welcher dem Tier seine Kraft, seinen Thron und große Macht übergab. So wäre es auch folgerichtig, wenn auch er dem Tier ein Redeprogramm in das Maul gelegt hätte. Nicht nachvollziehbar wäre die Vorstellung, dass Gott dem Tier Lästerungen gegen sich selbst zu reden ins Maul gegeben hätte (Jak 1,13; Apg 12,23).
Es ist auffallend, dass trotz der vielen Lästerungen, welche aus dem einen Mund des siebenköpfigen Tieres herausgingen, keine ausformuliert wird. Aber auch in den anderen Texten der Offenbarung, in denen Lästerungen ausgesprochen werden, gibt es keine, die ausformuliert wäre. Doch sollten diese Lästerungen im Zusammenhang der Namen auf den sieben Köpfen gesehen werden, denn was durch den Mund ausgesprochen wird, entspricht den lästerlichen Namen auf den Köpfen des Tieres. Und wie das Tier, so lästern auch die, welche es beherrscht:
- Jesus weiß, was für Lästerungen in Smyrna gegen ihn und die Gemeinde verbreitet werden: „Ich kenne deine Bedrängnis und deine Armut – du bist aber reich – und die Lästerung von denen, die sagen, sie seien Juden, und sind’s nicht, sondern sind die Versammlung des Satans.“ (Offb 2,9; dazu auch Apg 13,45; 18,6).
- Im Zusammenhang der Plage durch die vierte Zornesschale lesen wir in Offb 16,9: „Und die Menschen wurden versengt von der großen Hitze und lästerten den Namen Gottes, der Macht hat über diese Plagen, und taten nicht Buße, ihm die Ehre zu geben.“
- Und die Reaktion bei der fünften Zornesschale war ähnlich: „und lästerten Gott im Himmel wegen ihrer Schmerzen und wegen ihrer Geschwüre und taten nicht Buße für ihre Werke.“ (Offb 16,11).
- Und nach der siebten Zornesschale scheint es noch eine Steigerung zu geben: „Und ein großer Hagel wie Zentnergewichte fiel vom Himmel auf die Menschen; und die Menschen lästerten Gott wegen der Plage des Hagels; denn diese Plage ist sehr groß.“ (Offb 16,21).
Das gr. Wort für Lästerung ist `blasfemia` und kommt in den verschiedenen Formen mehr als 60 Mal vor. Hier einige Texte:
- In 2Mose 22,27 steht geschrieben: „Gott sollst du nicht lästern und dem Obersten deines Volkes sollst du nicht fluchen“. Die Konsequenz solchen Verhaltens war: „Wer des HERRN Namen lästert, der soll des Todes sterben; die ganze Gemeinde soll ihn steinigen. Ob Fremdling oder Einheimischer, wer den Namen lästert, soll sterben.“ (2Mose 24,16; 3Mose 24,11; 4Mose 14,23).
- In Ps 74,10 fragt der Autor: „Ach, Gott, wie lange soll der Widersacher schmähen und der Feind deinen Namen immerfort lästern.“ Leider wurde der Name Gottes auch wegen dem unehrenhaften Verhalten seines Volkes gelästert (Röm 2,24 mit Bezug auf Jes 52,5).
- Und Jesus greift das Thema der Lästerung in einem bestimmten Zusammenhang auf und differenziert: „Wahrlich, ich sage euch: Alles wird den Menschenkindern vergeben werden, die Sünden und die Lästerungen, so viel sie auch lästern mögen; 29 wer aber den Heiligen Geist lästert, der hat keine Vergebung in Ewigkeit, sondern ist ewiger Sünde schuldig. 30 Denn sie hatten gesagt: er hat einen unreinen Geist.“ (Mk 3,28-30; dazu auch Mt 12,31-32; Lk 12,10).
Doch in unserem Text geht es nicht nur um Lästerungen gegen Gott, seinen Namen, sein e Wohnung, sondern auch gegen alle Bewohner des Himmels. Petrus schreibt dazu: „Am meisten aber die, die nach dem Fleisch leben in unreiner Begierde und die Macht des Herrn verachten. Frech und eigensinnig schrecken sie nicht davor zurück, himmlische Mächte zu lästern.“ (2Petr 2,10-11). Auch Jakobus macht diese Beobachtung: „Ebenso sind auch diese Träumer, die ihr Fleisch beflecken, die Macht des Herrn verachten und himmlische Mächte lästern.“ (Jak 1,8).
Weitere Ausdrucksformen von Lästerung:
- Lästerungen sind bestimmte Aussagen von Menschen, durch die Verspottung, Verhöhnung, Schmähung ausgedrückt wird. Aussagen, die das Göttliche missbrauchen oder das Heilige ins Lächerliche ziehen (Mt 27,39-40; Mk 15,29; Lk 23,35).
- Das Wort Gottes verachtend behandeln (Jes 5,24; Lk 16,14).
- Lästerungen sind typisch für Menschen die sich in ihrem Stolz und Hochmut gegen Gott und seine Autoritäten auflehnen (4Mose 16,30: Korah).
- Lästerung ist ausdrücklich mit Götzendienst verknüpft (Neh 9,18 mit 2Mose 32,4-8; 5Mose 9,16; 5Mose 31,20).
- Lästerungen sind auch besonders bei Herrschern zu beobachten, denn gerade auf der Höhe ihrer Macht überhebt sich ihr Herz und rauben damit Gott die Ehre (2Kön 19,6.22 mit Jes 37,23; Dan 4,27f; Apg 12,23).
In einen gewissen Kontrast zu den vielen Herrschern der Antike steht die Aussage des Königs Nebukadnezars nach der Erfahrung mit den treuen Knechten Gottes: „So sei nun dies mein Gebot: Wer unter allen Völkern, Nationen und Sprachen den Gott Schadrachs, Meschachs und Abed-Negos lästert, der soll in Stücke gehauen und sein Haus zu einem Schutthaufen gemacht werden. Denn es gibt keinen andern Gott als den, der so erretten kann.“ (Dan 3,29). Leider blieb er nicht in dieser Haltung (Dan 4,31f). Ebenso vergaß sein Nachfolger Belsazar die Aussage seines Vaters (Dan 5,1-22).
Auch die römischen Kaiser trugen Titel wie: Augustus-Erhabener, Sohn Gottes, Pontifex Maximus-Oberster Brückenbauer. Leider wurden im Laufe der Kirchengeschichte auch manchen Kirchenführern Titel zugesprochen, welche den neutestamentlichen Bezeichnungen für Diener Gottes nicht entsprechen.
Die traditionelle Erzählung, wonach Kaiser Konstantin mit dem Zeichen des Kreuzes einen für ihn wichtigen militärischen Sieg über seine Feinde errungen hatte, wäre eine Blasfemie-Lästerung gegen Christus und sein Heilswerk. Dies wäre in klarer Missbrauch eines Christus-Zeichens für politische und militärische Zwecke. Wie wahr oder ersonnen diese Geschichte auch sein mag, die nachfolgenden Kaiser in Ost und West haben unter dem frommen Deckmantel des Christentums militärische Eroberungen durchgeführt. Haben die Anführer aus der arabischen Halbinsel zu ihrer Zeit die Religion zum Zweck der militärischen Eroberungen von den christlichen Herrschern übernommen? Auch Karl der Große (um 800 n.Chr.) hat unter dem Deckmantel der Christianisierung der Barbaren mit Billigung des Papstes in Rom sein Herrschaftsgebiet nach Osten hin ausgedehnt. Noch lästerlicher sind die Handlungen der Kreuzfahrer im Mittelalter, die ebenfalls mit Billigung und Unterstützung der Kirchenführung durchgeführt wurden, bei denen viele Moslems, Juden und Christen umgebracht wurden.
Auch in der Epoche des Protestantismus wurden durch die Herrschenden im Namen des Christentums viele lästerliche Handlungen verübt. Diese Praxis setzt sich fort bis in das 21. Jahrhundert.
Was die Dauer der Wirksamkeit des Tieres betrifft, so wird diese auf 42 Monate ausgedehnt oder beschränkt (Offb 13,5; die gleiche Zahl wird auch in Offb 11,2 angegeben). Eine deutliche inhaltliche Parallele zu dem Tier aus Offb 13 finden wir in Daniel 7,25. Dort wird vorausgesagt: „Sie werden in seine Hand gegeben werden eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit.“ (dazu auch Dan 12,7-8). Die gleiche Formulierung der Zeitangabe wird auch in Offb 12,14 angegeben in der die Frau zwar durch den Drachen verfolgt, aber gleichzeitig von Gott beschützt und versorgt wird. Die Macht zu wirken hat das Tier vom Drachen, doch Gott legt die Zeit und das Ausmaß fest (Dan 4,22; 7,12). An dieser Stelle ist nur eine Kurzfassung jenes Abschnittes über die Dauer seines Wirkens angebracht.
Die zeitliche Bezeichnung 42 Monate kommt noch in Offb 11,2 vor und deckt denselben Zeitraum ab, der durch die Zahl 1260 Tage Angegeben ist (Offb 11,3; 12,6). Dabei wird die Bezeichnung 42 Monate in beiden Texten für das Wirken der Feinde Gottes verwendet, während die Zeitangabe 1260 Tage für das Lager der Gemeinde (des Volkes Gottes) verwendet wird. Bei einer wörtlichen Deutung würde diese Zeitspanne dreieinhalb Jahre dauern. Den historischen Hintergrund für diesen Zeitabschnitt bildet die Dürreperiode in Israel zur Zeit des Propheten Elia (1Kön 17-18). Da Jesus dieses Ereignis in der Synagoge zu Nazareth ausdrücklich hervorhebt und mit drei Jahren und sechs Monaten beziffert, kann es als eine Art Brücke zu den Offenbarungstexten angesehen werden (Lk 4,25; Jak 5,17). Und es ist Jesus, der einige Jahrzehnte später in der Vermittlung der Inhalte der Offenbarung auch die Zeitangabe von dreieinhalb Jahren von 1Kön 17,1-18,1 ableitet. Beachten wir, dass diese zeitliche Periode einmalig ist in der Bibel und deshalb konnte Jesus auf nichts anderes Bezug genommen haben. Ebenso leitet er die verschlüsselte Zeitangabe in Offb 12,14 von Dan 7,25 und 12,7-8 ab. Dagegen gibt es keine direkte zeitliche Verbindung von Dan 9,27 (in der Mitte der Woche) zu den zeitlichen Angaben in der Offenbarung. Die sogenannten zwei Jahrwochenhälften lassen sich im Buch der Offenbarung nicht ausmachen.
Und weil die Wirksamkeit des Drachen mit Einbeziehung des Tieres gleich nach der Entrückung des Knaben begann und deren gottfeindliche Tätigkeit sich bis zum Ende hinzieht (Offb 11,7; 19,19-21) ist es legitim, dass diese dreieinhalb Jahre symbolisch gedeutet werden. Sie umfassen damit den gesamten Zeitraum von der Thronbesteigung des Christus bis zu seinem Wiederkommen in Macht und Herrlichkeit und dem sich anschließenden Gericht(Offb 12,5; 19,11-15.16-21; 20,10-15). Detailliert wurde dieses Thema im dritten Teil (Kapitel 11) behandelt.
Zum Nachdenken: Durch die symbolische Zahl verbirgt Gott vor seinem Feind die von ihm vorgesehene reale Dauer und das Ende. Die Gläubigen brauchen das Wissen um die Dauer und Ende nicht, denn sie sind zur Wachsamkeit und ständiger Bereitschaft herausgefordert (Mt 24,36.42; Mk 13,32-35; Offb 3,3; 16,15).
Was wurde dem Tier noch gegeben zu tun? “Und es wurde ihm gegeben, mit den Heiligen Krieg zu führen und sie zu überwinden.“ (Offb 13,7a). Dem Tier wurde vom Drachen (jedoch unter der Aufsicht Gottes) Macht gegeben gegen die Heiligen zu kämpfen und sie zu überwinden. Ähnliches wird auch von dem sprechenden und lästernden Horn aus Dan 7,24-25 gesagt: Es kämpft gegen die Heiligen und besiegt sie, jedoch nur physisch.
Viele wurden durch offensichtliche Verfolgung umgebracht wegen ihres Zeugnisses von Jesus Christus. Jesus sagte dies voraus: „Ihr aber seht euch vor! Sie werden euch den Gerichten überantworten, und in den Synagogen werdet ihr geschlagen werden, und vor Statthalter und Könige werdet ihr geführt werden um meinetwillen, ihnen zum Zeugnis.“ (Mk 13,9; vgl. Mt 24,9; Lk 12,4; Joh 16,2; Apg 8,1-2; 12,1-2). Die Fülle der Aussagen über Verfolgung der Gläubigen auch im jüdischen Kontext macht deutlich, dass unter dem Bild des Tieres alle Machtsysteme eingeschlossen sind. Jesus hat seinen Nachfolgern kein leichtes physisches Leben versprochen: Stephanus, die ersten Gläubigen in Jerusalem, Jakobus, die Apostel, auch Paulus und Antipas wurden getötet. Unter dem Kaiser Nero ab etwa 64 n.Chr. mussten viele Christen ihren Glauben und ihre Treue zu Jesus mit dem Leben bezahlen. Auch mehrere Texte in der Offenbarung sprechen von Märtyrern (Offb 6,9-11; 11,7; 13,10; 20,4). Durch die Jahrhunderte hindurch wurden viele Gläubigen an Jesus hingerichtet. Ebenso im letzten Jahrhundert unter den verschiedenen Regimen. Und die Kette der Zeugen von Jesus, welche ihr Leben nicht geliebt haben bis zum Tod reißt auch im 21. Jahrhundert nicht ab. Doch sie haben die Verheißung der Glückseligkeit: „Und ich hörte eine Stimme vom Himmel zu mir sagen: Schreibe: Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben von nun an. Ja, der Geist spricht, dass sie ruhen von ihren Mühen; denn ihre Werke folgen ihnen nach.“ (Offb 14,13).
Allein im Buch der Offenbarung werden die Gläubigen 5 Mal als Heilige bezeichnet (Offb 11,18; 17,6; 18,24; 19,8; 20,9). Und auch sonst spart Gott nicht mit dieser Bezeichnung für seine Kinder (Ps 16,3; Dan 7,18.22.25.27; 1Kor 1,2; 6,2; Kol 1,2; Phil 4,21). Heilige sind von Gott gereinigte und abgesonderte Menschen für den Dienst im Heiligtum, welches ist die Gemeinde.
Anmerkung: Obwohl sich dieses Tier gegen Gott und sein Volk auflehnt und es zu vernichten sucht, sollen die Gläubigen den Menschen, welche hinter diesem Herrschaftssystem stehen in der Gesinnung des Christus begegnen. Sie sind angehalten, sich der Obrigkeit und den bürgerlichen Gesetzen unterzuordnen im Rahmen ihres Gewissens. Aus der Praxis von Jesus, seiner Apostel und gläubigen der ersten Generation können wir in Bezug ihres Verhaltens zu den Regierenden einiges ableiten. Jesus sagte zu Petrus: „aber damit wir sie nicht ärgern, geh an den See wirf die Angel aus und den ersten Fisch, der heraufkommt nimm und wenn du sein Maul öffnest wirst du ein Vierdrachmenstück finden. Das nimm und gib es für dich und mich.“ Damit erspart er sich den Vorwurf nicht loyal zu der Tempelbehörde zu sein. Auch forderte er seine Landsleute auf: „So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist“.
Damit sind die Christen aufgefordert die Obrigkeit zu ehren, ja sogar für sie in der Fürbitte einzutreten. Paulus schreibt dazu: „So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, 2 für die Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit. 3 Dies ist gut und wohlgefällig vor Gott, unserm Heiland, 4 welcher will, dass alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“ (1Tim 2,1-4). Ähnliches schreibt auch Petrus: „Seid untertan aller menschlichen Ordnung um des Herrn willen, es sei dem König als dem Obersten 14 oder den Statthaltern als denen, die von ihm gesandt sind zur Bestrafung der Übeltäter und zum Lob derer, die Gutes tun. 15 Denn das ist der Wille Gottes, dass ihr durch Tun des Guten den unwissenden und törichten Menschen das Maul stopft – 16 als Freie und nicht als hättet ihr die Freiheit zum Deckmantel der Bosheit, sondern als Knechte Gottes. 17 Ehrt jedermann, habt die Brüder und Schwestern lieb, fürchtet Gott, ehrt den König.“ (1Petr 2,13-17; dazu auch Röm 13,1-7).
Die Gläubigen haben nicht nur Nachteile im bürgerlichem Leben in dieser Welt. Paulus und einige seiner Mitarbeiter besaßen das römische Bürgerecht. Das hieß für sie: Unterordnung unter die bürgerlichen Gesetze des Reiches. Aber sie genossen auch die Reisefreiheit und die Unantastbarkeit, denn sie durften ohne ordentliche Anhörung und Verurteilung nicht gebunden oder geschlagen werden. Dadurch kann Paulus sich auf den Kaiser berufen. Es ist ein Privileg in einem Rechtsstaat zu leben. Auch wir können uns in bestimmten Situationen auf das Grundgesetz berufen. Josefunterordnete sich mit Maria dem Kaiserlichen Dogma zur Registrierung in seiner Geburtsstadt Bethlehem. So erkennen wir, dass Gott auch solche Verordnungen in seinen Heilsplan einbezieht. Für uns gibt es keinen Grund zur Sorge, wenn wir uns in Listen namentlich eintragen müssen. Dass unser Gemeindebund von staatlicher Seite registriert und damit anerkannt ist, ist ein Vorteil für die Verkündigung des Evangeliums.
Deswegen beachten wir den Rat von Jesus: „Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben.“ (Mt 10,16).
(4.2.5) Das Tier bekommt Macht im globalen Umfang
Zum vierten Mal heißt es im Text: „Und es wurde ihm Macht gegeben über jeden Stamm und jedes Volk und jede Sprache und jede Nation. 8 Und alle, die auf der Erde wohnen, werden ihn anbeten, jeder, dessen Name nicht geschrieben ist im Buch des Lebens des geschlachteten Lammes von Grundlegung der Welt an.“ (Offb 13,7b-8).
Macht im Globalen Umfang wird dem Tier gegeben, denn zum wiederholtem Male werden die bekannten vier Gruppen von Menschen aufgezählt – jeder Stamm, jedes Volk, jede Sprache und jede Nation (Offb 11,9; 13,7; 17,15).
Anmerkung: Aus all diesen Gruppen von Menschen ruft Gott sein Volk heraus: Offb 5,9; 7,9; 10,11; 14,6.
doch von wem bekam das Tier diese Macht? Als der Teufel Jesus versuchte, behauptete er: „und sprach zu ihm: Alle diese Macht will ich dir geben und ihre Herrlichkeit; denn sie ist mir übergeben und ich gebe sie, wem ich will.“ (Lk 4,6). Doch, sagt er die Wahrheit? Hat Jesus ihn doch als Lügner bezeichnet (Joh 8,44). Jesus dementierte zwar nicht die freche Behauptung des Satans, doch in Jer 27,5 sagt Gott: „Ich habe die Erde gemacht und Menschen und Tiere, die auf Erden sind, durch meine große Kraft und meinen ausgereckten Arm und gebe sie, wem ich will.“ (dazu auch Ps 24,1f). Und in Psalm 115,16 finden wir folgende Aussage:
„Der Himmel ist der Himmel des HERRN; aber die Erde hat er den Menschenkindern gegeben.“ (vgl. auch Ps 8 mit Hebr 2). Begründet kann hier gesagt werden, dass Gott niemals seine Schöpfung an den Teufel übergeben hat. Der Teufel bekam die Macht über die Menschen durch seinen Raubzug im Garten Eden (1Mose 3,1ff). Damit hat er sich diese Machtfülle auf illegale Weise angeeignet. Doch weil Jesus ihn auch als den Fürsten dieser Welt bezeichnet, wird auch er es gewesen sein, der seine Macht an das Tier übergeben hatte oder vielleicht sogar musste, weil Gott über Allem steht und den Satan nach und nach entmachtet (Joh 12,31; 14,30; 16,11; Offb 12,7; Kol 2,15; Offb 20,1-3). Und so können wir annehmen, dass die Übergabe von Macht an das Tier unter der Kontrolle Gottes geschah. Dies lässt sich auch noch damit begründen, dass über einige Herrscher ausdrücklich gesagt wird, Gott hätte sie eingesetzt (Röm 9,17: Pharao; 1Kön 19,15: Hasael; Dan 2,21: Nebukadnezar; 4,22.29; 5,18-21; Jes 45,1: Kyrus; 2Chr 36,23; Joh 19,11). Dies stimmt auch mit dem überein, was Paulus in Röm 13,1ff über die Machthabenden schreibt. Dabei wird klargestellt, dass die Herrschenden unter Gottes Aufsicht ihre Herrschaft ausüben. Diese Texte vermitteln eine Sicht, welche den Knechten Gottes, seinen Heiligen Mut machen soll. Denn es ist nicht ein Kampf zwischen zwei etwa gleich starken Herrschern. Die Stärke Gottes ist seine Wahrheit und Gerechtigkeit. Alles was der Feind unternimmt, ist letztlich zum Scheitern verurteilt.
Doch die Ausübung der Macht durch das Tier hat gravierende Auswirkungen auf die Menschen. So heißt es im Text weiter: „Und alle, die auf der Erde wohnen, werden ihn anbeten, jeder, dessen Name nicht geschrieben ist im Buch des Lebens des geschlachteten Lammes von Grundlegung der Welt an.“ (Offb 13,8).
Die Menschen werden grundsätzlich in zwei ungleiche Gruppen oder Lager eingeteilt (Lk 11,23). Mit Bewohnern der Erde sind in der Offenbarung die Menschen gemeint, welche nicht das Siegel Gottes an ihren Stirnen haben bzw. deren Namen nicht im Buch des Lebens eingetragen sind Offb 6,10; 9,3-4; 11,10; 13,8.14; 14,6; 17,8). Und von diesen wird gesagt, dass sie das Tier anbeten, erstaunt über sein wiederbelebtes Haupt. Dass alle Erdbewohner es anbeten unterstreicht zusätzlich und zum wiederholtem Male die globale Ausdehnung der Herrschaft dieses Tieres, wobei das Römische Imperium vordergründig im Blickfeld ist.
- Die Praxis der Vergöttlichung des Kaisers (Kaiserkult) wurde von den Ägyptern übernommen. Nach dem Tod von Julius Cäsar, sprach der Senat ihn göttlich (verehrungswürdig). Vom Senat bekam auch Cäsar Oktavian den Titel Augustus-Erhabener und `Sohn des Göttlichen`. Und von da an wurde der Kaiserkult mehr und mehr im Römischen Reich praktiziert. Die Gläubigen in Ephesus, Smyrna und Pergamon mussten sich damit auseinandersetzen. Diese Praxis kann als pure Lästerung des einen wahren Gottes bezeichnet werden. Für die Gläubigen war es eine große Herausforderung sich vom Götzendienst jeglicher Art und auch vom Kaiserkult zu distanzieren. Das Thema der Anbetung des Tieres wurde weiter oben bereits ausgeführt und wird im nächsten Abschnitt im Zusammenhang des Bildes und Malzeichens wieder aufgegriffen und ein weiteres Mal behandelt werden.
Das Buch des Lebens wird gerade in diesem Text (wie auch in 21,27) als das Buch des Lammes bezeichnet. Achten wir auch auf die besondere Formulierung in Offb 13,8: „des geschlachteten Lammes“ in diesem Textzusammenhang. Steht es doch im deutlichen Kontrast zu dem einen Haupt des Tieres in Vers 3, welches aussah „wie zum Tode geschlachtet“. Man kann sich dabei des Gedankens nicht erwehren, dass in diesem Bereich etwas nachgeahmt wird.
Die Formulierung: „des geschlachteten Lammes von Grundlegung der Welt“ meint nicht, dass Jesus als Lamm Gottes seit Grundlegung der Welt geschlachtet wurde, denn dies geschah in der Fülle der Zeit (Gal 4,4ff; 1Petr 1,20; Hebr 9,26). Der Nachschub im Satz: „von Grundlegung der Welt“ bezieht sich auf die Gruppe von Menschen, deren Namen in diesem Buch seit Anbeginn der Welt nicht eingetragen sind. Dies wird in dem Paralleltext aus Offb 17,8 noch deutlicher. Dort steht geschrieben: „Und es werden sich wundern, die auf Erden wohnen, deren Name nicht geschrieben steht im Buch des Lebens vom Anfang der Welt an.“ Und über diese übt das Tier seine Macht aus, denn sie sind ihm schutzlos ausgeliefert.
Nun betrachten wir die Gruppe von Menschen, die sich offensichtlich gegen die Gesinnung und Lebensweise der Allgemeinheit widersetzen. Es geht um all diejenigen, welcher Namen im Buch des Lebens des Lammes eingetragen sind. Von einer Eintragung n ein Buch, welches von Gott geführt wird gibt es 10 Stellen in der Bibel. Zum ersten Mal spricht Mose darüber in dem er für das Volk führsprechend eingetreten ist: „Vergib ihnen doch ihre Sünde; wenn nicht, dann tilge mich aus deinem Buch, das du geschrieben hast.“ (2Mose 32,32). Und die Antwort von Gott lautete: „ich werde den tilgen, der an mir sündigt“ (2Mose 32,33). Auch David wusste von dem Buch des Lebens (Ps 69,29). Die Aussage von Jesus an die siebzig Jünger ist wichtig, weil durch sie der eigentliche Grund für die Freude in das Blickfeld gerückt wird. „Doch darüber freut euch nicht, dass euch die Geister untertan sind. Freut euch aber, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind.“ (Lk 10,20). Auch Paulus bezeugte seinen Mitarbeitern im Buch des Lebens eingetragen zu sein: „Ja, ich bitte auch dich, mein treuer Gefährte, steh ihnen bei; sie haben mit mir für das Evangelium gekämpft, zusammen mit Klemens und meinen andern Mitarbeitern, deren Namen im Buch des Lebens stehen.“ (Phil 4,3). Und in Offb 3,5 verspricht Jesus den Treuen in der Gemeinde Sardes: „Wer überwindet, soll mit weißen Kleidern angetan werden, und ich werde seinen Namen nicht austilgen aus dem Buch des Lebens, und ich will seinen Namen bekennen vor meinem Vater und vor seinen Engeln.“
Wer wird eingehen, wer bleibt draußen? „Und alles Unreine wird nicht in sie hineinkommen, noch ⟨derjenige⟩, der Gräuel und Lüge tut, sondern nur die, welche geschrieben sind im Buch des Lebens des Lammes.“ (Offb 21,27). Damit stellt die Versiegelung mit dem Heiligen Geist und die Eintragung in das Buch des Lebens des Lammes eine doppelte Sicherung für die Gläubigen an Jesus Christus dar. Sie sind im Gegensatz zu den Erdbewohner bereits Bürger des Himmels (Phil 3,20-21 ).
(4.2.6) Das Ausharren der Heiligen
Und nun wechselt das Thema und der Fokus wird ganz auf die Gläubigen gerichtet: „Wenn jemand ein Ohr hat, so höre er! 10 Wenn jemand in Gefangenschaft geht, so geht er in Gefangenschaft; wenn jemand mit dem Schwert getötet wird, so muss er mit dem Schwert getötet werden. Hier ist das Ausharren und der Glaube der Heiligen.“ (Offb 13,9-10).
Während die Aufforderung zum Hören in den sieben Sendschreiben jeweils am Ende steht, wird sie hier vorangestellt. Jetzt werden die Gläubigen angesprochen und auf einen realen Ablauf in ihrer Nachfolge vorbereitet. Wegen der sehr kurzen Formulierungen und der grammatischen Formen ist die Doppelaussage von der Gefangenschaft und Schwert nicht leicht zu verstehen.
Die Interlinear Übersetzung: „Wenn jemand in Gefangenschaft (gehen soll), in Gefangenschaft geht er. Wenn jemand mit (dem) Schwert getötet werden (soll), (ist es nötig dass) er mit (dem) Schwert getötet wird“.
Die Waffe „Schwert-machairan“ im wörtlichen Sinne gebraucht, wird für die Tötung von Menschen verwendet. Es gab verschiedene Arten davon, große und kleinere (Offb 6,4: großes Schwert; Lk 22,36f; Joh 18,10: Kurzschwert). Es wäre nachvollziehbar, wenn wir an die Worte von Jesus erinnert werden, die er zu Petrus sagte: „Wer das Schwert nimmt, kommt durch das Schwert um. Doch die grammatische Form im Text von Offb 13,10b macht deutlich, dass es nicht um das Töten, sondern um das „getötet werden“ geht. Ähnlich wird es auch in der ersten Aussage über die Gefangenschaft zu deuten sein.
Das gr. Wort `aichmalosia` meint im wörtlichen Sinne von Feinden im Krieg gefangen genommen (oder erobert) zu werden, so Israel durch die Babylonier. Der Herr antwortet durch den Propheten Jeremia: „Und wenn sie zu dir sagen: Wo sollen wir hin?, dann antworte ihnen: So spricht der HERR: Wer dem Tod gehört, zum Tod, wer dem Schwert, zum Schwert, wer dem Hunger, zum Hunger, wer der Gefangenschaft, in die Gefangenschaft.“ (Jer 15,2).
Niemand geht freiwillig in die Gefangenschaft, sondern Menschen werden dorthin geführt, oft auch mit Ketten oder Seilen gebunden. Was die Bewohner von Jerusalem und Juda damals betraf, so sind auch viele Mitgefangene darunter gewesen, die dem Herrn die Treue hielten (). Jene Judäer waren es, die in der Fremde Gott die Treue hielten und sogar zum Segen für jene Völker und Herrscher wurden. Kann sein, dass die Aussage in Offb 13,10 auch diese Erfahrung in Betracht zieht. Doch wer zum Tode verurteilt wird, soll mutig im Glauben standhaft bleiben.
Aber die Gefangenschaft in örtlichen Gefängnissen war damals ähnlich wie auch die Untersuchungshaft heute, allerdings unter sehr beschwerlichen Umständen (Apg 24,27; 25,10.21; 2Tim 4,16). Diese Art der Gefangenschaft wird in der Regel mit der Umschreibung „in Fesseln oder in Ketten“ ausgedrückt (Phil 1,14.17; Philm 1,10.13).
Der Kontext in Offb 13 sowie die Aussagen von Jesus und seiner Apostel können unsere Doppelaussage erhellen. Den Gläubigen in der Gemeinde Smyrna sagte Jesus: „Fürchte dich nicht vor dem, was du leiden wirst! Siehe, der Teufel wird einige von euch ins Gefängnis werfen, damit ihr versucht (geprüft) werdet, und ihr werdet in Bedrängnis sein zehn Tage. Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone (den Kranz) des Lebens geben.“ (Offb 2,10). Ähnliches sagte er seinen Jüngern bereits während seines Dienstes: „Dann werden sie euch der Bedrängnis überantworten und euch töten. Und ihr werdet gehasst werden um meines Namens willen von allen Völkern.“ (Mt 24,9). Als erster nach Jesus ging Stephanus diesen Weg, dem folgten viele, die in der nachfolgenden Verfolgungswelle in Gefängnissen verhört und einige von ihnen auch zum Tode verurteilt wurden (Apg 7,59; 8,1ff). Rückblickend schreibt Paulus: „Das habe ich in Jerusalem auch getan; dort brachte ich viele Heilige ins Gefängnis, wozu ich Vollmacht von den Hohenpriestern empfangen hatte. Und wenn sie getötet werden sollten, gab ich meine Stimme dazu.“ (Apg 22,20; 26,10). Von den Aposteln des Herrn war als erster Jakobus mit dem Schwert getötet worden (Apg 12,2). Nicht zu vergessen die Christenverfolgung unter Nero im Jahre 64 n.Chr. und der in Pergamon ermordete Antipas(Offb 2,13). Deswegen werden die Heiligen ermutigt zum geduldigen Ausharren im Glauben, bzw. in der Treue bis zum Tod (Offb 6,9; 11,7; 12,11; 14,13; 20,4).
(4.3) Das Tier aus der Erde – seine Identität und Funktion
Nun fällt der Blick des Johannes auf ein anderes Tier und im Gegensatz zu dem Tier aus dem Meer, steigt es aus der Erde (dem Festland) hervor.
„Und ich sah ein zweites Tier aufsteigen aus der Erde; das hatte zwei Hörner wie ein Lamm und redete wie ein Drache. Und die ganze Macht des ersten Tieres übt es vor ihm aus.“ (Offb 13,11).
Im Vergleich zum bewegten und unruhigen Meer ist die Erde der feste und stabilere Teil unseres Planeten. Das System, welches hinter diesem Bild steht muss dementsprechend auch etwas stabileres und dauerhafteres darstellen (Dan 7,2;Spr 8,29). Das Festland begrenzt in einem gewissen Maß sogar das ungestüme Meer (Hiob 38,11). Doch Erde steht auch im Gegensatz zum Himmel (Joh 3,31; 1Kor 15,47). Es handelt sich um ein irdisches und von dieser Welt stammendes System. Dass es alle Macht des ersten Tieres ausübt, bedeutet, dass es ebenso wie das erste Tier die Macht vom Drachen erhielt und in seinem Bereich mit der gleichen Intensität wirksam ist. Das „vor ihm“ ist nicht zeitlich gemeint, sondern dass es dem ersten Tier zuarbeitet. Doch wie wir sehen werden, hat es eine andere, das erste Tier ergänzende Funktion. Man kann salopp sagen: Der Drache schickt gleich zwei Tiere ins Rennen.
(4.3.1) Die Identität des Tieres aus dem Festland
Hier noch einmal der Wortlaut des Textes, welcher dieses zweite Tier beschreibt:
„Und ich sah ein zweites Tier aufsteigen aus der Erde; das hatte zwei Hörner wie ein Lamm und redete wie ein Drache. Und die ganze Macht des ersten Tieres übt es vor ihm aus.“ (Offb 13,11).
Was die äußere Erscheinung dieses (ebenso wilden ) Tieres betrifft, so weisen lediglich seine zwei Hörner auf ein Lamm hin. Im biblischen Kontext zählt ein Lamm zu den Opfertieren (1Mose 4,4; 2Mose 12,3-5). Und Dem Äußeren nach sieht dieses Lamm harmlos und friedlich aus, obwohl die beiden Hörner auch von gewisser Macht sprechen. Doch dieses Tier einem Lamme ähnlich, stellt einen Gegensatz dar zu jenem Lamm mit sieben Hörnern und sieben Augen aus Offb 5,6 das eindeutig mit Jesus Christus identifiziert wird. Aber die äußere Erscheinung dieses lammähnlichen Tieres ist trügerisch, denn sobald es sein Maul öffnet kommen Worte heraus, welche die drakonische Gesinnung verraten. Dem inneren Wesen nach war es völlig unter dem Einfluss und der Kontrolle des Drachen, damit war es von der Hölle entzündet (Jak 3,6). Dazu übt es alle Macht des ersten Tieres aus, allerdings mit Worten. Es beeinflusst den Menschen in erster Linie auf geistigem Gebiet. Dieses Tier wird in der Offenbarung als der falsche Prophet bezeichnet (Offb 16,13; 19,20; 20,10). Durch diese Zusatzbezeichnung ist dessen Identifizierung einfacher als bei dem Tier aus dem Meer.
Alles nun, was durch dieses Tier gewirkt wird, ist das absolute Gegenteil zum Dienst des wahren Propheten in der Person des Christus als dem Lamm Gottes, der die Wahrheit ist, Wahrheit redet und tut (Joh 14,6; 18,37; vgl. 5Mose 18,15ff mit Joh 6,14; Apg 3,22; 7,37; Mt 17,5; Hebr 1,1-2).
Falsche Propheten (Wahrsager) sind nicht nur unter den sogenannten Heidenvölkern tätig gewesen, sondern traten auch häufig im Volk Israel auf (1Mose 41,8; 5Mose 18,14; Jer 14,14; 23,32).
Ebenso werden wir auch an die Worte von Jesus aus Matthäus 7,15-16 erinnert: „Hütet euch vor den falschen Propheten (pseudoproopheten), die in Schafskleidern zu euch kommen! Inwendig aber sind sie reißende Wölfe. An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.“ Und in Matthäus 24,4-5 steht: „Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Seht zu, dass euch niemand verführe! Denn viele werden unter meinem Namen kommen und sagen: Ich bin der Christus! Und sie werden viele verführen.“ Und in den Versen 23-25 fährt er fort mit den Worten: „Wenn dann jemand zu euch sagt: Siehe, hier ist der Christus, oder dort! so glaubt es nicht! Denn es werden falsche (pseudo) Christusse und falsche (pseudo) Propheten aufstehen und werden große Zeichen und Wunder tun, um, wenn möglich, auch die Auserwählten zu verführen. Siehe, ich habe es euch vorhergesagt.“ Wie treffend, Jesus sagte genau das voraus, was bereits in der Zeit der Offenbarung in Realität wirksam war.
Und Paulus schreibt an Timotheus (welcher sich zu der Zeit in Ephesus aufhielt)etwa um die Mitte der fünfziger Jahre: „Denn schon haben sich einige abgewandt und folgen dem Satan.“ (1Tim 5,15). Wie treffend: einige folgen bereits dem Satan nach, dies ist doch die Tätigkeit des falschen Propheten aus Offb 13,11-18. Und in seiner Abschiedsrede an die Ältesten in Ephesus im Frühjahr des Jahres 58 sagte er: „Habt acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in welcher der Heilige Geist euch als Aufseher eingesetzt hat, die Gemeinde Gottes zu hüten, die er sich erworben hat durch das Blut seines eigenen Sohnes! 29 Ich weiß, dass nach meinem Abschied grausame Wölfe zu euch hereinkommen werden, die die Herde nicht verschonen. Und aus eurer eigenen Mitte werden Männer aufstehen, die verkehrte Dinge reden, um die Jünger abzuziehen hinter sich her, Darum wacht.“ Dies bedeutet, dass die Verführung sowohl von außen als auch von innen kommen wird. Und einige Jahre später (bereits im Gefängnis in Rom) stellt er fest: „sie haben den Schein der Frömmigkeit, aber deren Kraft verleugnen sie; solche Menschen meide!“ (2Tim 3,5).
Johannes schreibt gegen Ende des ersten Jahrhunderts: „Kinder, es ist die letzte Stunde, und wie ihr gehört habt, dass der Antichrist kommt, so sind auch jetzt viele Antichristen aufgetreten; daher wissen wir, dass es die letzte Stunde ist. 19 Von uns sind sie ausgegangen, aber sie waren nicht von uns; denn wenn sie von uns gewesen wären, würden sie wohl bei uns geblieben sein; aber sie blieben nicht, damit sie offenbar würden, dass sie alle nicht von uns sind. Und ihr habt die Salbung von dem Heiligen und habt alle das Wissen.“ (1Joh 2,18-20). Die Zeitangabe „die letzte Stunde“ (hier qualitativ) ist von Johannes aufgrund des Auftretens vieler Antichristen ermittelt worden. Von diesen Entwicklungen sprachen Jesus und die Apostel bereits Jahrzehnte vorher. Und in den Versen 22-23 ergänzt er: „Wer ist ein Lügner, wenn nicht der, der leugnet, dass Jesus der Christus ist? Das ist der Antichrist, der den Vater und den Sohn leugnet. 23 Wer den Sohn leugnet, der hat auch den Vater nicht; wer den Sohn bekennt, der hat auch den Vater.“ Bereits hier wird deutlich, dass der Antichrist (welcher auch als der Lügner bezeichnet wird) zur Zeit des Johannes wirksam war. `Der Antichrist` ist demnach als Sammelbegriff für alle antichristlichen Geister und Geistesströmungen zu verstehen, die sich in und durch bestimmte Personen manifestieren.
Und in Kapitel 4,1-3 ergänzt Johannes: „Ihr Lieben, glaubt nicht einem jeden Geist, sondern prüft die Geister, ob sie von Gott sind; denn viele falsche Propheten sind hinausgegangen in die Welt. 2 Daran erkennt ihr den Geist Gottes: Ein jeder Geist, der bekennt, dass Jesus Christus im Fleisch gekommen ist, der ist von Gott; 3 und ein jeder Geist, der Jesus nicht bekennt, der ist nicht von Gott. Und das ist der Geist des Antichrist, von dem ihr gehört habt, dass er kommen werde, und er ist jetzt schon in der Welt.“ Auch hier wird deutlich: der Geist des Antichrists manifestiert sich in vielen falschen Propheten, welche Christus entweder als Gottessohn oder als Menschensohn leugnen. Der Apostel beschreibt die Prüfungskriterien zur Unterscheidung der Geister. Und zum zweiten Mal nennt er den Antichristen in der Einzahl und mit dem bestimmten Artikel, in dem er dessen Gegenwart und Wirksamkeit bereits zu seiner Zeit hervorhebt. Dem einzig wahren Christus werden die vielen Antichristusse gegenübergestellt. Und dies entspricht genau der Voraussage von Jesus (Mt 24,5).
Ebenso wird dem einen Geist Gottes der Geist des Antichrists gegenübergestellt, der in vielen falschen Propheten wirksam ist. Ergänzend dazu noch 2Joh 1,7: „Denn viele Verführer sind in die Welt hinausgegangen, die nicht bekennen, dass Jesus Christus im Fleisch gekommen ist. Das ist der Verführer und der Antichrist.“ Merken wir wie Johannes auch die vielen Verführer unter dem Oberbegriff „der Verführer“ zusammenfast. Dazu gebraucht er hier den Begriff Verführer und der Antichrist als Synonyme. Die vielen Verführer bilden den Antichristen, der bereits zur Zeit des Johannes in großer Zahl wirksam war.
Auch Petrus hat in seinem zweiten Brief zu diesem Thema deutliche Aussagen gemacht: „Es waren aber auch unter dem Volk falsche Propheten, wie auch unter euch sein werden falsche Lehrer, die verderbliche Irrlehren einführen und verleugnen den Herrn, der sie losgekauft hat; die werden über sich selbst herbeiführen ein schnelles Verderben. 2 Und viele werden ihnen folgen in ihren Ausschweifungen; um ihretwillen wird der Weg der Wahrheit verlästert werden. 3 Und aus Habsucht werden sie euch mit erdichteten Worten zu gewinnen suchen. Das Urteil über sie wirkt seit Langem, und ihr Verderben schläft nicht.“ (2Petr 2,1-3). Wie oft haben sich diese Prophetischen Worte in der Geschichte erfüllt. Dass der Name Gottes und des Christus durch solch verdorbene Lebensführung gelästert wurde ist nachvollziehbar. Aufgrund all dieser Aussagen kann in dem falschen Propheten aus Offb 13,11-18 der Lügner, Verführer und Antichrist in all den verschiedenen Ausprägungen gesehen werden.
Schlussfolgerung
Eine Kooperation des falschen Propheten mit dem ersten Tier ist wie wir auch noch weiter sehen werden offensichtlich. Und dadurch kommt es zu einer Kombination aus Verfolgung von außen so wie Verführung von innen. Dieses Zusammenwirken von religiösen Systemen und politischer Macht ist seit dem Turmbau zu Babel bis in unsere Zeit erkennbar, auch wenn sie gelegentlich untereinander konkurrieren. Allgemein können unter dem Bild dieses Tieres alle falschen Religionssysteme einschließlich der verschiedenen Weltanschauungen gesehen werden, welche Gott den Schöpfer und Christus den Erlöser ablehnen. (Mt 12,30; 1Kor 10,20; 10,4-5; Kol 2,4.8). Doch im speziellen steht dieses Tier für ein `anstelle Christi` System. Denn im griechischen `Antichristos` ist sowohl das offensichtliche gegen Christus, als auch das verdeckte anstelle von Christus enthalten.
Offensichtlich geht mit der Ausbreitung des Evangeliums auch die Gegenoffensive des antichristlichen Geistes einher und spitzt sich zum Ende hin noch mehr zu.
Wie auch beim Tier aus dem Meer begründet werden konnte, ist der Beginn der Wirksamkeit des Tieres aus der Erde bereits in der Zeit der Apostel in vollem Gange gewesen. Allein im jüdischen Kontext werden mehr als fünfzig Messiasse gezählt. Und nach der Bewertung von Prof. Roger Liebi ist keiner von ihnen in Bethlehem geboren. Die Gesamtzahl der Pseudochristusanwärter geht in die Tausende. Die Wirksamkeit auch dieses zweiten Tieres endet gleichzeitig mit dem ersten Tier nach dem letzten Kampf und beide enden im Feuersee (Offb 16,13; 19,18-21; 20,10). Damit ist auch festgestellt, dass die Entwicklungen, welche symbolhaft durch das Tier aus der Erde dargestellt werden, den gesamten Zeitraum von der Erhöhung des Christus bis zu seiner Wiederkunft zum Gericht abdecken.
(4.3.2) Die Funktion des Tieres aus der Erde
Und es veranlasst die Erde und die auf ihr wohnen, dass sie das erste Tier anbeten, dessen Todeswunde geheilt wurde. (Offb 13,12).
Mit diesen einleitenden Worten wird die zentrale Funktion dieses Tieres (welches ebenfalls weltweit agiert) beschrieben. Denn durch die Worte „die Erde und die auf ihr wohnen“ sind besonders in den Texten der Offenbarung die Menschen gemeint, welche keine himmlische Bürgerschaft haben (Offb 3,10; 6,10; 8,13; 11,10; 13,8.12.14; 14,6; 17,2.8). Nun verstehen wir, warum alle das Tier aus dem Meer mit dem Erkennungszusatz „dessen Todeswunde geheilt wurde“ anbeteten (Offb 13,4.8). Es war der verführerische Einfluss des falschen Propheten. Damit ist er Handlanger und Zulieferer für das Tier aus dem Meer. Aus der Geschichte Israels ist uns bekannt, dass die falschen Propheten immer mit den jeweiligen Herrschern kooperierten, denn sie sagten was jene hören wollten und was dem Volk gefiel (1Kön 22,1-19; Jer 14,13-15).
Weitere Beispiele aus der Geschichte zur Kooperation mit dem ersten Tier
- Die Weltanschauungen der Antike, sowie die verschiedenen religiösen Kulte kooperierten mit den jeweiligen politischen Machtsystemen und stützten diese.
- Mit der Anerkennung der christlichen Religion durch die römischen Herrscher zu Beginn des 4. Jahrhunderts, begann auch die Kooperation der Kirche mit weltlichen Mächten.
- Im 7. Jahrhundert trat eine ganz neue antichristliche Religion auf, welche in enger Kooperation mit einem politischen und militärischen System eng zusammenwirkten. Diese Religion war eine Mischung von heidnischen, jüdischen und christlichen Elementen.
- Zur Zeit Karl des Großen um etwa 800 der vom Papst legitimiert wurde Osteuropa zu christianisieren. Dies tat er auch mit viel Gewaltanwendung und Blutvergießen. Doch eigentlich ging es ihm um die Erweiterung seines Machtbereiches. Im Gegenzug für seine Krönung zum Kaiser sicherte er dem Papst die Anerkennung als Oberhaupt der Kirche sowie militärischen Schutz zu.
- Die Gräuel, welche die Kreuzfahrer im Namen des Christentums und Unterstützung der Kirchenführung und den Weltherrschern verübt haben, werfen ihre Schatten bis in unsere Zeit hinein.
Die Christianisierung der slavischen Völker Osteuropas mit Unterstützung Ostroms mit dem eigentlichem Ziel ihrer Machtstellung und Bildung eines einheitlichen Reiches führten größtenteils zu einer starren Orthodoxie.
- Sogar in der Periode der Reformation wirkten kirchliche Autoritäten mit weltlichen Herrschern zusammen, um gegen andersgläubige vorzugehen.
- Auch in unserer Zeit werden Kriege durch religiöse Systeme weltweit unterstützt.
Diese Entwicklungen zeichnen ein düsteres Bild und wenn Jesus und seine Apostel darüber keine Voraussagen gemacht hätten, würde der Eindruck entstehen, dass Gott es nicht schafft sein Ziel zu erreichen.
Die verführerische Tätigkeit des falschen Propheten wird noch durch übernatürliche Kraftwirkungen gefördert. So lesen wir weiter im Text:
„Und es tut große Zeichen, dass es selbst Feuer vom Himmel vor den Menschen auf die Erde herabkommen lässt; 14 und es verführt die, welche auf der Erde wohnen, wegen der Zeichen, die vor dem Tier zu tun ihm gegeben wurde.“ (Offb 13,13-14).
Auch dieses Tier, welches in Offb 16,13; 19,20 und 20,10 als der falsche Prophet bezeichnet wird, ist mit Macht ausgestattet, die ihm (vom Drachen) gegeben wurde.
Im Alten Testament gibt es mehrere Berichte über Feuer vom Himmel und immer war es Gott, der dies wirkte oder seine Propheten und Diener, die solche Zeichen miterlebten:
- 1Mose 19,24: Feuer auf Sodom und Gomorra als Gericht und Vernichtung.
- 2Mose 9,23: Feuer auf Ägypten als Gericht.
- 4Mose 11,1ff: Feuer am Rande des Lagers in der Wüste als Gericht über die Murrenden.
- 4Mose 16,35: Feuer auf die Rotte Korachs wegen der Auflehnung.
- 1Kön 18,38: Da fiel Feuer vom Himmel und verzehrte das Opfer von Elia zum Zeichen der Macht des lebendigen Gottes.
- 2Kön 1,10-12: Feuer vom Himmel durch das Wort von Elia als Gericht über den Stolz des Königs Ahab und seiner Untertanen .
- 1Chr 21,26: Das Opfer von David wird vom Feuer Gottes verzehrt als Zeichen der Annahme.
- 2Chr 7,1-3: Salomos Opfer wird von Gott angenommen und durch das Feuer verzehrt.
- Auch drohte Gott mit Feuer gegen sein ungehorsames Volk (Jer 21,10-14).
- Für das Ende prophezeit Gott Feuer vom Himmel auf Gog und Magog (Hes 38,22; Offb 20,7-9).
- Auch in den Gerichten, welche über diese Welt gehen, ist Feuer mit dabei (Offb 8,7).
In der Zeit des Neuen Testamentes gibt es keine Berichte über solche Kundgebungen Gottes durch seine Diener. Jesus untersagt strengstens seinen Jüngern nachzumachen, was Elia tat und begründet dies mit dem zentralen Grund seines Kommens in diese Welt (Lk 9,51-56). Aber er selbst sagte, dass er gekommen sei, Feuer auf die Erde zu werfen und er wünschte sehr, dass es schon brennte (Lk 12,49ff). Meint er darunter sein Wort, das Wort des Evangeliums, das Rettung für Glaubende aber Gericht für die, welche es ablehnen bewirkt (Joh 3,18; 12,48)? Immerhin haben wir ähnliche Aussagen Gottes im Buch des Propheten Jeremia (Jer 5,14; 20,9; 23,29).
In diesem übertragenen Sinne kann auch die Reaktion der zwei Zeugen aus Offb 11,5 verstanden werden, denn aus ihrem Mund geht Feuer heraus und verzehrt die Feinde. Zu offensichtlich ist die Parallele zu Jeremia 5,14; 20,9; 23,29.
Damit wird deutlich, dass Jesus und seine Zeugen in neutestamentlicher Zeit gegenüber Feinden nicht mit natürlichem Feuer vom Himmel reagieren.
Doch in Offb 16,13-14 wirkt der falsche Prophet Zeichen (durchaus auch Feuerzeichen) zusammen mit dem Drachen und dem Tier aus dem Meer zum Zwecke der Verführung der Nationen, sie zum Krieg des großen Tages Gottes des Allmächtigen zu versammeln. Auf diesem Hintergrund sollten wir die Feuer-Zeichen des falschen Propheten erkennen und bewerten, wie auch immer diese aussehen mögen.
Oben hieß es noch: „es veranlasst“, nun heißt es: „es verführt“ und zwar mittels der Kraftwirkungen, welche ihm gegeben sind zu tun. Bereits in Ägypten konnten die Zauberer bestimmte Wunder dem Mose nachmachen, dies zeugt von einer begrenzten Macht des Drachen gegenüber der von Gott bevollmächtigten Propheten (2Mose7,11-8,14; 5Mose 34,11). Die Kraftwirkungen Feuer vom Himmel herabkommen zu lassen durch den falschen Propheten, sind Nachahmungen. Es wird etwas nachgemacht, was die Legitimation dieses falschen Propheten bestätigen soll. Natürlich können solche Kraftwirkungen nur unter der Zulassung Gottes gewirkt werden (Hiob 1,16). Doch die Verführungen mit Wundern und Zeichen durch falsche Propheten sind keine Überraschung, den Jesus hat diese bereits in Matthäus 7,22; 24,24 vorausgesagt. Auch damit weist Jesus (wenn auch indirekt) darauf hin, dass hinter dem Bild des Tieres aus dem Festland nicht eine einzige Person steht, sondern es sind viele falsche Propheten und Antichristen wirksam.
Dagegen wirkt der Heilige Geist durch die Apostel Wunder und Zeichen, um das Evangelium von Jesus Christus zu bestätigen, wobei er in alle Wahrheit führt und jede Art von Lüge entlarvt (Joh 16,13; Apg 2,43; 5,1ff; 5,12; 8,18; 13,10; 14,3; Röm 15,19; 2Kor 12,12).
Weiter heißt es vom falschen Propheten: „und sagt denen, die auf Erden wohnen, dass sie ein Bild machen sollen dem Tier, das die Wunde vom Schwert hatte und lebendig geworden war. 15 Und es wurde ihm gegeben, Geist zu verleihen dem Bild des Tieres, damit das Bild des Tieres reden und machen könne, dass alle, die das Bild des Tieres nicht anbeteten, getötet würden.“ (Offb 13,14-15).
Nachdem die Erdbewohner durch Verführung verblendet wurden, ordnet das Tier in einem weiteren Schritt an, dass diese dem Tier „das die Wunde vom Schwert hatte und lebendig geworden war“ ein (unbestimmter Artikel) Bild machen sollen. Das Bild ist Mittel zum Zweck, wodurch alle Erdbewohner in die Anbetung des ersten Tieres einbezogen werden sollen.
Anmerkung: In der Antike ließen die Herrscher von sich Statuen anfertigen, die in allen größeren Zentren des Reiches aufgestellt wurden. Damit wurde die reale Möglichkeit geschaffen, dass die Bevölkerung in den entlegensten Provinzen dem Herrscher huldigen konnte.
Aber warum die Ergänzung zu dem verletzten Haupt des Tieres bereits zum wiederholten Mal? Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier etwas imitiert wird oder dass bereits zum dritten Mal auf die Schwachpunkte des Tieres hingewiesen wird (siehe dazu die Überlegungen in 4.2 zum ersten Tier und dessen Kopfverletzung).
Bevor wir den Sinn des Malzeichens verstehen können, müssen wir zunächst nach der Bedeutung des Abbildes (gr. eikoni) und seiner Funktion fragen. Denn diese beiden stehen durch ihre Reihenfolge in engem Zusammenhang. Bilderkult (auch von Herrschern) ist immer mit Götzendienst verknüpft.
Zur Zeit Jesu war Bilderkult und Götzendienst im Judentum zwar Tabu, doch der Vorwurf von Jesus an die Führung wiegt schwer: „Ich rede, was ich von meinem Vater gesehen habe; und ihr tut, was ihr von eurem Vater gehört habt.“ (Joh 8,38 und 44). Dazu warnte er eindringlich: „Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott und dem Mammon dienen.“ (Mt 6,24; Lk 16,14; und Nach Kol 3,5 ist Habsucht Götzendienst). Im heidnischen Umfeld war Götzendienst in Verbindung mit Bildhaften Darstellungen jeglicher Art allgegenwärtig. So wundert es nicht, dass die Apostel so eindringlich vor dem Götzendienst warnten (1Petr 4,3; 1Kor 10,14; 1Joh 5,21). Dieser hatte bereits eine lange Tradition. Beispiele:
- Das goldene Standbild, welches Nebukadnezar machen ließ (Dan 3,1ff). Es ist das einzige Mal, dass genaue Maße für ein Götzenbild angegeben werden, nämlich 60 Ellen hoch und sechs Ellen breit. Es handelte sich um die bildhafte Darstellung des Gottes Belsazar, welchen Nebukadnezar als seinen Gott bezeichnete (Dan 3,14 mit 4,5). Hinter der Anbetung dieses Bildes offenbarte sich auch der Übermut des Herrschers, damit raubte er Gott die Ehre. Bereits damals drohte den Verweigerern der Tod (Dan 3,6).
- Auch die ägyptischen Pharaonen ließen sich als Göttersöhne verehren und für sich Statuen errichten (2Mose 5,2).
- Neben der Vielzahl an verschiedenen Kulten, die im Römischen Reich anerkannt waren, nahm der Kaiserkult im ersten Jahrhundert immer mehr zu. Die römischen und griechischen Münzen trugen neben dem Bild des jeweiligen Herrschers auch eine spezifische Aufschrift (Lk 20,24). Beispiel: “Tiberius Caesar, Sohn des göttlichen Augustus und selbst Augustus“. Eine griechisch beschriftete Tiberius-Tetradrachme aus Alexandria – hatte den Text auf der Rückseite, rund um den Kopf des Kaisers, „Theos Sebastos“, also „Gott“/Augustus“ oder göttlicher Augustus. (Carsten Peter Thiede, 1998, Seite 173, „Ein Fisch für den römischen Kaiser“). Bereits Kaiser Caligula (37-41 n.Chr.) ordnete in seinem Übermut an, dass seine Statue im Tempel in Jerusalem aufgestellt werden solle, was letztlich doch nicht zustande kam. Im Pisidischen Antiochia wurde zu Ehren des Kaisers Augustus ein Tempel errichtet. Kaiser Domitian (81-96) ließ sich als Gott und Herr anreden. Die Stadt Ephesus bekam das Privileg, ihm einen Altar mit seinem Standbild aufzurichten, ähnlich auch in Smyrna und Pergamon (Offb 2,13). Die Bürger dieser Städte wurden angehalten mindestens einmal jährlich dem Kaiser zu huldigen, bzw. auf dem ihm geweihtem Altar zu räuchern. Der Konflikt der Gläubigen mit den Behörden war damit vorprogrammiert. Die Christen unterordneten sich dem Kaiser und den örtlichen Behörden in bürgerlichen Fragen (Röm 13,1-7; 1Petr 2,13) doch verweigerten sie vehement jegliche Kulthandlung zu Ehren des Kaisers und dies konnte für sie lebensgefährlich werden (Offb 2,9.13.24).
Von all jenen bildhaften Darstellungen wird gesagt in Ps 115,5: „Sie haben einen Mund und reden nicht, sie haben Augen und sehen nicht.“ (So auch in Jer 10,5 und Röm 1,23f; Offb 9,20). Jene weltlichen Herrscher kamen und gingen und damit wurden häufig die Bilder oder Büsten auf den Sockeln ausgetauscht.
Im Laufe der Geschichte förderte das Tier menschliche Kulte und diese Entwicklung machte in der christlichen Kirche keinen Halt – Heiligenverehrung durch deren Ikonen oder Reliquien und Personenkult, Schaffung von Statuen.
Wo wurden in neuerer Geschichte vom Tier aus der Erde, (dem falschen Propheten) Bilder für die herrschende Klasse aufgestellt?
- In der Sowjetunion und deren Bündnisstaaten durch Denkmäler und Huldigung den Ideologiegründern. Ähnlich auch in China, Nordkorea.
- Im Dritten Reich durch den blinden Gehorsam gegenüber einer Diktatur, welche für sich Huldigung (Anbetung) in Anspruch nahm. Gefördert wurden diese Systeme durch die bereits im 19. Jahrhundert aufgekommenen antigöttlichen und Menschenverachtenden Ideologien: Darwinismus und andere Weltanschauungen, deren Inhalte zum festen Bestandteil des Denkens vieler Menschen bis heute geworden ist.
- Im Hinduismus, durch die unzähligen Götterstatuen. Letztlich wird dadurch die herrschende Klasse unterstützt, denn diese macht sich die Volksreligion zu Nutzen.
Doch nun lesen wir von einem ungewöhnlichen Vorgang bei diesem Bild durch das Wirken des falschen Propheten: „Und es wurde ihm gegeben, Geist zu verleihen dem Bild des Tieres, damit das Bild des Tieres reden und machen könne, dass alle, die das Bild des Tieres nicht anbeteten, getötet würden.“ (Offb 13,15).
Wie bereits begründet werden konnte, stellen die beiden Tiere Machsysteme dar, und zwar im globalen räumlichen und zeitlichen Umfang, hinter denen unzählige Herrscher und falsche Propheten stehen. Daher kann es sich nicht um ein einzelnes buchstäbliches Bild (Statue) nach herkömmlicher Art handeln. Im gr. steht vor dem Wort `Bild` bei seiner ersten Erwähnung kein bestimmter Artikel, auch nicht das Zahlwort `eins`. Es muss sich nicht zwingend um ein einziges Bild weltweit handeln. Wie sollen denn alle Erdbewohner beteiligt sein an der Herstellung eines einzigen Bildes oder weltweit ein e einzige Statue anbeten können? Wie oben beschrieben, gibt es unzählige Bilderkulte im buchstäblichen Sinne und damit gibt es auch Bilderkulte im geistigen Bereich. Werden wir da nicht erinnert an das erste Verbot: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Du sollst dir kein Bildnis oder Gleichnis machen weder von dem, was oben am Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht.“ (2Mose 20,3-4).
Nach der Aussage Gottes gibt es viele von Menschen gemachte bildhafte Darstellungen. der falsche Prophet wirkt und beeinflusst die Menschen in ihrem Denken ganz individuell. So schreibt Paulusüber die Wirksamkeit dämonischer Geister auf Menschen: „in denen ihr früher gewandelt seid nach der Art dieser Welt, unter dem Mächtigen, der in der Luft herrscht, nämlich dem Geist, der zu dieser Zeit am Werk ist in den Kindern des Ungehorsams.“ (Eph 2,2). Zu allen Zeiten gab es in den verschiedenen Kulturen Geistesströmungen, welche zur Bildung und Formung gedanklicher Bilder, Vorstellungen und Überzeugungen führten. Diese äußern sich dann in Sympathie, Anerkennung oder Huldigung gegenüber Weltanschauungen oder Personen.
Das der falsche Prophet dem Bild des Tieres auch noch Geist (Odem) verleiht, ist ungewöhnlich, denn so etwas gab es noch nie und wird es im wörtlichen Sinne nie geben auch nicht mit Hilfe der künstlichen Intelligenz (Ps 96,5; 135,16; Apg 17,25-29).
Daher müssen wir die Erklärung dieses Phänomens auf einer anderen Ebene suchen. Denn hier sieht es offensichtlich nach einer Nachahmung des schöpferischen Handelns Gottes durch Christus und den Heiligen Geist aus. So lesen wir bereits im Schöpfungsbericht: „Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild das uns ähnlich ist“ (1Mose 1,26-27; 2,7: „Da machte Gott der HERR den Menschen aus Staub von der Erde und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen.“).
Dadurch war der Mensch imstande seinen Schöpfer zu erkennen und ihm die schuldige Ehrerbietung und Anbetung entgegenzubringen. Diese Ebenbildlichkeit verlor der Mensch durch Unglauben und Ungehorsam gegenüber dem Gebot Gottes (1Mose 2,17; 3,12; Röm 3,23). Nun begann der Mensch sich eine Gottesvorstellung zu machen und diese durch materielle Gegenstände zu formen (2Mose 32,4; Jes 44,13; Apg 17,23ff; Röm 1,23).
Aber durch den Heiligen Geist werden die Menschen wiedergeboren zum ewigen Leben und bekommen eine neue Denkweise (Joh 3,3-7; 5,24-25; 1Petr 1,3.23; Tit 3,5). Auf diese Weise werden sie in das Bild von Jesus verwandelt und ihm immer ähnlicher. So schreibt Paulus: „Wir alle aber spiegeln mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider, und wir werden verwandelt in sein Bild von einer Herrlichkeit zur andern von dem Herrn, der der Geist ist.“ (2Kor 3,18). Ähnlich auch in Röm 8,29: „Denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dass sie gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes, damit dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern.“
Während Christus das einzigartige „Ebenbild des unsichtbaren Gottes ist“ (Kol 1,15), schafft Gott durch seinen Geist (in den Vielen) einen neuen Menschen, der dem Bild seines Sohnes ähnlich werden soll (Eph 2,15). Und dieser neue Mensch wird vom Geits Gottes erfüllt und wird von ihm in die wahre Anbetung des Vaters und des Sohnes geführt (Joh 5,23; Offb 5,8-13; 7,10).
Ähnliches wird im Lager des Feindes nachgeahmt. Der Drache wirkt durch den Einfluss des falschen Propheten auf das Denken der Menschen ein, damit sie sich eine bildhafte Vorstellung kreieren, welche dem vielseitigem und boshaftem Charakter des Tieres entspricht.
Die Folge davon ist: „und sie beteten den Drachen an, weil er dem Tier die Macht gab, und beteten das Tier an und sprachen: Wer ist dem Tier gleich und wer kann mit ihm kämpfen.“ (Offb 13,4). Das Tier nachahmen, sein denken und handeln übernehmen in welcher Ausdrucksform auch immer, gleicht der Huldigung und Anbetung desselben.
Schlussfolgerung
Das Tier aus dem Festland verführt, manipuliert und formt den menschlichen Geist. Auf diese Weise führt dieses Tier die Menschen und weist sie zum ersten Tier hin, hinter dem der Drache steht. In allen drei Machtgrößen ist die Nachahmung des dreieinen und allein wahren Gottes durch den Drachen und die zwei Tiere unverkennbar. Demnach ist in diesen Machtsystemen der gottfeindliche und antichristliche Geist wirksam. Zum Ende hin wird dieses Zusammenwirken noch konzentrierter in Erscheinung treten (Offb 16,12-14: „Aus dem Maul des Drachen und dem Maul des Tieres und dem Munde des falschen Propheten gingen drei unreine Geister hervor gleich Fröschen“). Und alle diese Machtgrößen landen im Feuersee (19,20; 20,10).
Es gibt noch einen Aspekt, auf den wir noch nicht eingegangen sind. Es heißt im Text, dass alle getötet werden, die das Bild des Tieres nicht anbeteten. In der Tat gab es solche Situationen, denken wir wieder zurück an die drei Freunde von Daniel (Dan 3,14-18).Aber es sind doch nicht alle Gläubigen im wörtlichen Sinne getötet worden. Zum einen gibt es Pauschalaussagen, wie wir in Röm 8,36 lesen können: „Wie geschrieben steht: »Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wir sind geachtet wie Schlachtschafe.“ Dazu gibt Johannes eine Definition zum Begriff Töten/Morden, wenn er von der Schwere des Hasses spricht (1Joh 3,15: „Wer seinen Bruder hasst, der ist ein Mörder.“; vgl. dazu auch Mt 5,21f). Und von Jesus erfahren wir weiter, dass seine Nachfolger von allen Nationen gehasst werden und dabei auch einige (im wörtlichen Sinne ) getötet werden. So sagte er voraus: „Dann werden sie euch der Bedrängnis überantworten und euch töten. Und ihr werdet gehasst werden um meines Namens willen von allen Völkern.“ (Mt 24,9; Ähnlich auch Mk 13,9; Mt 10,22; Lk 11,49).
Auf dem Hintergrund der Voraussagen von Jesus werden also doch nicht alle physisch getötet, was auch der historischen Realität entspricht. Aber so manches Langzeitmartyrium kann unter Umständen schwerer sein als ein schneller Tod. In diesem Kontext können auch die Aussagen in Offb 2,10; 6,9-11; 12,11; 20,4-5 gesehen werden.
(4.3.3) Das Malzeichen des Tieres: Dessen Bedeutung und Auswirkungen auf Menschen
Weiter heißt es von diesem Tier: „Und es bringt alle dahin, die Kleinen und die Großen, und die Reichen und die Armen, und die Freien und die Sklaven, dass man ihnen ein Malzeichen an ihre rechte Hand oder an ihre Stirn gibt; 17 und dass niemand kaufen oder verkaufen kann, als nur der, welcher das Malzeichen hat, den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens. 18 Hier ist die Weisheit. Wer Verständnis hat, berechne die Zahl des Tieres! Denn es ist (des) Menschen Zahl; und seine Zahl ist sechshundert sechsundsechzig.“ (Offb 13,16-18).
Die weitere Aktivität des Tieres aus der Erde wird mit den Worten: „und es bringt sie alle dahin“ eingeleitet und auf drei Gruppen von Menschen in ihren Gegensätzlichkeiten ausgerichtet. Damit sind alle gesellschaftlichen und sozialen Schichten eingeschlossen (so auch später im Gericht Offb 6,15; 19,18). Das Tier verführt durch Mundpropaganda und macht Werbung für die Annahme eines Malzeichens auf die rechte Hand oder auf die Stirn. In Offb 14,9 ist die Reihenfolge „Stirn oder Hand“ und in Offb 20,4 „Stirn und Hand“. Bei „Hand“ ist immer die rechte Hand gemeint, weil es bei der ersten Erwähnung so ausdrücklich gesagt wurde. Doch was die Reihenfolge von Hand und Stirn betrifft, so kann man es wenden wie man will, das Ergebnis ist immer dasselbe. Später kommen wir noch darauf zu sprechen, was `Zeichen an Stirn und Hand` im Kontext der Bibel bedeutete.
Wie in Bezug auf das Bild des Tieres, so gibt es auch für das Malzeichen verschiedene Deutungen. Wir halten uns an die Auslegungsvariante der Deutung von Bildern in deren sinnbildlichen Bedeutung. Denn die Deutung der Bilder in ihrer wörtlichen Form ist oberflächlich und führt dazu noch zu allerlei Spekulationen. Es gleicht einer Nuss, dessen Schale man für den Inhalt ansieht. Darum folgen wir Jesus und den Aposteln, die sehr oft durch ihre bildhaften Reden tiefe Wahrheiten aussprachen und Menschen zum Nachdenken herausforderten (Mt 7,15-18; 13,1-49; 16,6-11; 1Kor 5,6-7; Joh 6,63; 16,20-25; 2Kor 3,6). Dagegen blieb der tiefe Sinn der Gleichnisse und Bilder den Gegner von Jesus verborgen )Mk 4,11). Dies ist auch einer der Gründe, warum Jesus seine Offenbarung in einer Art Bilderbuch präsentiert.
Die Bedeutung des Begriffes Malzeichen
Das griechische Wort heißt `charagma – das Eingeritzte, eingeprägte, eingegrabene, eingeätzte, eingeschnittene Zeichen, Brandmarke auf Pferden, für Stempel und Urkunden, das Gepräge auf Münzen; das Gebilde der darstellenden Kunst`. (W. Bauer, Griechisches Wörterbuch).
Der Sinn und die Bedeutung der Malzeichen so unterschiedlich diese auch aussehen mögen ist die Kennzeichnung. Es handelt sich dabei entweder um ein Zeichen der Zugehörigkeit zu Jemandem oder es ist eine Art der Markierung des Eigentums (5Mose 15,17). Natürlich können auch die verschiedenen äußeren Zeichen auf die innere Haltung hinweisen. Es gibt zahlreiche Abzeichen, die Menschen am Körper und Kleidung tragen oder in den Körper einritzen, um ihre Zugehörigkeit zu demonstrieren. Doch letztlich geht es um die innere Einstellung und Gesinnung des Herzens durch die sein Tun bestimmt wird. Es geht darum, wessen Gesinnung der Mensch in sich aufnimmt, wem er huldigt oder sich gar verschreibt und anbetet. Entsprechend wird sein Lebensstil, seine Handlungsweise sein.
Bedeutung und Zuordnung von Zeichen auf Hand und Stirn in der Bibel
Zunächst stellen wir fest, dass das Tier (der falsche Prophet) nichts Neues erfindet, sondern kopiert, was es schon gegeben hat, wenn auch mit geringfügigen Veränderungen. Mit diesem Malzeichen wird etwas Ähnliches gemacht zu dem, was Gott den Israeliten angeordnet hatte. So sagte Gott durch Mose den Israeliten: „Und das soll dir ein Zeichen auf deiner Hand sein und ein Merkzeichen zwischen deinen Augen; denn der HERR hat uns mit mächtiger Hand aus Ägypten geführt.“ (2Mose 13,16). Beachten wir, dass im Gegensatz zu dem negativen Begriff `charagma – Malzeichen – Eingeprägtes` wird im Text von 2Mose 13,16 einfach das Wort `s¢meion – Zeichen` gebraucht. Und in 5Mose 6,4-8 wird die Anordnung in Bezug zu jenem Zeichen in den Zusammenhang mit dem Gottesbekenntnis gebracht und Dadurch auch die Zugehörigkeit zu dem einzigen wahren Gott ausgedrückt. „Höre, Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR ist einer. 5 Und du sollst den HERRN, deinen Gott, lieb haben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft. 6 Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du zu Herzen nehmen 7 und sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Hause sitzt oder unterwegs bist, wenn du dich niederlegst oder aufstehst. 8 Und du sollst sie binden zum Zeichen auf deine Hand, und sie sollen dir ein Merkzeichen zwischen deinen Augen sein.“ Der Schwerpunkt liegt auf: „diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du zu Herzen nehmen“ und als Hilfsmittel das äußere Zeichen an Hand und Stirn. Dadurch wurde folgendes zum Ausdruck gebracht:
- Als Bekenntnis der Zugehörigkeit zu dem einen wahren Gott.
- Erinnerung an das erste und höchste Gebot.
- Erinnerung an die wunderbare Rettung und Erlösung aus ägyptischer Sklaverei.
- Als Zeichen und Zeugnis für die Kinder.
Dabei ist dieses äußere Zeichen nur ein Hilfsmittel um Gottes Wort im Herzen zu bewahren und bewegen = Stirn und anzuwenden = Hand.
Doch, ob und wie lange die Israeliten sich an das Tragen solcher äußerlichen Merkzeichen hielten ist nicht sicher. So lesen wir in Josua 24,31: „Und Israel diente dem HERRN, solange Josua lebte und die Ältesten, die noch lange Zeit nach Josua lebten und alle Werke des HERRN kannten, die er an Israel getan hat.“ Doch in Richter 17,6 heißt es, dass jeder tat, was ihn gut dünkte. Und die folgenden Texte zeugen leider davon, dass sie sowohl ihr Denken als auch ihr Handeln nicht mehr der ursprünglichen Haltung entsprach. zu den Händen macht Gott den Israeliten einen schweren Vorwurf. So sagt er in Jesaja 1,15: „Wenn ihr auch eure Hände ausbreitet, verberge ich doch meine Augen vor euch; und wenn ihr auch viel betet, höre ich euch doch nicht; Denn eure Hände sind voll Blut.“ (ähnlich auch in Jes 58,4; 59,3). Und in Bezug auf die Stirn lesen wir in Jes 48,4: „Weil ich weiß, dass du hart bist und dein Nacken eine eiserne Sehne ist und deine Stirn ehern.“ Eine eherne Stirn bedeutet, nicht bereit oder fähig umzudenken, es bedeutet ein hartes Herz. Und noch viele Jahre später heißt es in Hesekiel 3,7: „Aber das Haus Israel will dich nicht hören, denn sie wollen mich nicht hören; denn das ganze Haus Israel hat eine harte Stirn und ein verstocktes Herz.“ Stirn ist ein äußeres Bild für das Herz des Menschen, was auf sein Denken und seinen Willen bezogen wird. Und Stephanus charakterisiert seine unbußfertigen Landsleute mit den Worten: „Ihr, halsstarrig und unbeschnitten an Herzen und Ohren, ihr widerstrebt allezeit dem Heiligen Geist, wie eure Väter, so auch ihr.“ (Apg 7,51).
Vielleicht fand in der späteren nachexilischen Periode jene Anordnung Ausdruck in den Gebetsriemen und großen Quasten an ihren Gewändern, von denen Jesus in Matthäus 23,5 spricht: „Alle ihre Werke aber tun sie, damit sie von den Leuten gesehen werden. Sie machen ihre Gebetsriemen breit und die Quasten an ihren Kleidern groß.“ Während die Israeliten jenes Merkzeichen an ihrer linken Hand als Gedächtnisstütze trugen, bringt das Tier aus der Erde die Menschen dazu das Malzeichen auf die rechte Hand zu nehmen. Durch die rechte Hand wird insbesondere das Tun des Menschen betont (Mt 5,30).
Die Versiegelung der Knechte Gottes geschieht nur an deren Stirn, dabei geht es vorwiegend um die innere Gesinnung, die natürlich auch das Handeln beeinflusst und bestimmt (Offb 7,1-4; 14,1; Eph 1,13; 4,30; Röm 12,1-2).
Der falsche Prophet versucht auf verschiedene Weise dieses Malzeichen den Menschen aufzudrängen, doch die grammatische formen unseres Textes sprechen nicht von einem gewaltsamen Eingriff auf Stirn oder Hand (Denken und Handeln). Und auch der Ausdruck in Offb 20,4: “Die das Malzeichen nicht angenommen haben“, bedeutet, man kann es verweigern. Trotzdem werden die Meisten es annehmen mit verheerenden Folgen (Offb 14,9). Aber auch die Verweigerer wird es einen hohen Preis kosten, denn die Benachteiligungen (physischer Tod nicht ausgeschlossen) werden für das Bekenntnis zu Jesus nicht ausbleiben. Doch die Treue wird belohnt werden .„Ich sage euch aber: Wer mich bekennt vor den Menschen, zu dem wird sich auch der Menschensohn bekennen vor den Engeln Gottes“ (Lk 12,8; Mt 10,32; Offb 3,5; 20,4-5).
Ein weiterer Aspekt in unserem Text sollte geklärt werden. Wenn die Münzen auch Prägungen waren, fallen sie dann nicht auch unter die Bezeichnung „Malzeichen-charagma“? Immerhin berechtigten diese jeden, der sie besaß zum Handel treiben. Im Römischen Reich waren mehrere Zahlungsmittel im Umlauf. Und wer diese besaß konnte in jedem Teil des Großreiches Geschäfte machen, ganz gleich ob Brot kaufen oder die Steuern entrichten (Joh 6,7; Lk 20,25). So sagte Jesus zu Petrus: „aber damit wir sie nicht ärgern, geh an den See wirf die Angel aus und den ersten Fisch, der heraufkommt nimm und wenn du sein Maul öffnest wirst du ein Vierdrachmenstück finden. Das nimm und gib es für dich und mich.“ (Mt 17,27). Damit erspart sich Jesus zum einen den Vorwurf nicht loyal zu der Tempelbehörde zu sein. Zum anderen zeigt die Geschichte mit der Tetradrachme, dass Jesus und seine Jünger unter anderen auch die griechische Münzen mit dem Bild des Kaisers verwendeten, obwohl die Aufschrift darauf eine offensichtliche Gotteslästerung war. So können auch wir bedenkenlos die verschiedenen Zahlungsmittel in unserem bürgerlichen Leben verwenden, ganz gleich was darauf steht oder abgebildet ist. Ebenso spielt es keine Rolle, ob es sich um Bargeld oder eine Art Kartensystem handelt. Dazu sagte Jesus: „So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist“ (Lk 20,25).
Diese Feststellung könnte den Christen mit schwachem Gewissen die Angst nehmen bei der Nutzung verschiedener moderner Zahlungsarten.
Weitere Beispiele, die eine differenziertere Sicht über das Malzeichen vermitteln bzw. was das Mahlzeichen nicht bedeutet.
- Josefunterordnete sich mit Maria dem Kaiserlichen Dogma zur Registrierung in seiner Geburtsstadt Bethlehem. So erkennen wir, dass Gott auch solche Verordnungen von Seiten der Obrigkeit in seinen Heilsplan einbezieht. Für uns gibt es keinen Grund zur Sorge, wenn wir uns in Listen namentlich eintragen müssen. Dass unser Gemeindebund von staatlicher Seite registriert und damit anerkannt ist, ist ein Vorteil für die Verkündigung des Evangeliums.
- Paulus und einige seiner Mitarbeiter besaßen das römische Bürgerecht, obwohl sie Juden waren. Das hieß für sie: Unterordnung unter die bürgerlichen Gesetze des Reiches. Aber sie genossen auch die Reisefreiheit und die Unantastbarkeit. Denn sie durften ohne ordentliche Anhörung und Verurteilung nicht gebunden oder geschlagen werden. Dadurch kann Paulus sich sogar auf den Kaiser berufen, was dem Willen und Plan Gottes entsprach (Apg 25,11; 27,24). Es ist ein Privileg in einem Rechtsstaat zu leben. Auch wir können uns in bestimmten Situationen auf das Grundgesetz berufen.
- Auffallend ist auch, dass die Mitarbeiter des Paulus bei deren Bekehrung ihre heidnischen Götternamen nicht geändert haben. So zum Beispiel Syntyche , Tychikus, Artemas, Epaphroditus, Apollos, Dyonisios, Hermes, Hermogenes, Fortunatus. Dadurch bewahrten sie möglicherweise den Zugang zu ihrer kulturellen Gruppe. Auch wir haben Menschen, bei denen ihre frühere Zugehörigkeit zu heidnischen Elementen äußerlich immer noch zu erkennen ist, seien es die Namen oder die Tätowierungen. Paulus schreibt: „Bei den Juden bin ich wie ein Jude“ Oder: „ich bin allen alles geworden, damit ich etliche gewinne“ (1Kor 9,22). Wir haben eine große Freiheit durch das Evangelium. Dabei kommt es auf unsere Motivation an, warum wir etwas tun oder meiden (Röm 14,1ff).
Deswegen beachten wir den Rat von Jesus: „Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben.“ (Mt 10,16).
Demnach bezieht sich das Malzeichen nicht auf die verschiedenen Zahlungsmittel, welche im bürgerlichen Bereich im Umlauf sind. Ebenso bezieht es sich nicht auf Dinge, welche dem Evangelium nicht nur nicht entgegen stehen, sondern es auch noch fördern.
Wie bereits oben begründet werden konnte, handelt es sich bei dem Malzeichen um die Gesinnung und Lebenspraxis der Menschen in dieser Welt (Eph 4,18; Röm 1,29).
Doch kommen wir zu dem Malzeichen des Tieres noch einmal zurück und beachten dabei folgende drei Aussagen. So heißt es im Text: „und dass niemand kaufen oder verkaufen kann, als nur der, welcher das Malzeichen hat, den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens. Hier ist die Weisheit. Wer Verständnis hat, berechne die Zahl des Tieres! Denn es ist (des) Menschen Zahl; und seine Zahl ist sechshundert sechsundsechzig.“ (Offb 13,17-18).
Wie bereits oben erläutert, geht es bei dem Malzeichen an Stirn und Hand um das Denken und Tun, die Gesinnung des Herzens und die Lebenspraxis. Aber nun wird gesagt, dass das Tier einen Namen hat und dieser Name kann durch die Zahl sechshundertsechsundsechzig ermittelt werden. Von den dreien (Malzeichen, Name und Zahl) ist das dritte (die Zahl 666) wohl am bekanntesten und gleichzeitig am rätselhaftesten. Dieser Text hat schon viele Menschen ins Grübeln gebracht. Sind es drei verschiedene Kennzeichnungen oder enthält das Malzeichen den Namen des Tieres und die Zahl seines Namens? Letzteres scheint mehr Sinn zu machen. Das Malzeichen enthält den Namen des Tieres und die Zahl seines Namens, wobei der Name auch zusätzlich durch die Zahl sechshundert sechsundsechzig ermittelt werden kann. Doch denken wir zunächst daran, dass dieses Tier zu Beginn mit sieben Köpfen und zehn Hörnern dargestellt wurde und auf seinen Köpfen Namen der Lästerung waren (13,1). Man stelle sich daher vor, dass dieser Name eine Vielfalt an lästerlichen Bezeichnungen enthält, denn er umfasst die gesamte Fülle des boshaften Denkens und Handelns des Tieres.
Zum besseren und sicheren Erkennen des Namens gibt es noch einen weiteren Hinweis im Text. So wird in Vers 18 ergänzt, dass es die Zahl (des) Menschen ist. Denn sie findet ihre Verwendung im menschlichen Bereich. Sie ist typisch menschlich und charakteristisch für eine bestimmte Menschenart. Sie trägt Charakterzüge, welche durch jene vier Tiere aus Daniel 7,3-8 und offb 13,2 zum Ausdruck kommen. Dazu später mehr.
Kommen wir nun zu der Zahl sechshundert sechsundsechzig. Diese Zahlenkombination kommt nur noch in 1Kön 10,14 vor, dort geht es um die jährlichen Einnahmen an Gold für Salomo, nämlich sechshundertsechsundsechzig Zentner.
Eine inhaltliche Verbindung zu Offb 13,18 lässt sich jedoch davon nicht ableiten, es sei denn, dass der Tatbestand von immenser materieller Anhäufung in Betracht gezogen wird, was von Gott offensichtlich untersagt wurde (5Mose 17,16-17).
Eine weitere Beobachtung zur Zahl 666 zeigt sich durch folgende Praxis in der Antike. Im Griechischen (aber auch im Lateinischen und Hebräischen) hatten die Buchstaben des Alphabets auch einen bestimmten Zahlenwert. Die Chiffrierung von Namen durch Zahlen war in der Antike gängige Praxis. Sie diente den einen zur Verständigung und war gegenüber anderen eine bewusste Verschlüsselung. Die angegebene Zahl soll einerseits den Gläubigen den Zugang zum Namen des Tieres erleichtern und zum anderen die Identifizierung für das Feindeslager verbergen, siehe auch die Vorgehensweise von Jesus mit seinen Gleichnissen und bildhaften Reden (Mt 13,10).
In den Auslegungen werden durch die Zahl sechshundert sechsundsechzig bestimmte herrschende Personen identifiziert. Da es in Rom üblich war Namen auch mit Zahlen zu schifrieren, passt die Summe dieser Zahl auf den Kaiser Nero (Neron). Zu diesem Ergebnis kommt man bei der Transkription der Buchstaben `Kaiser Neron mit Hilfe der Zahlenwerte des hebräischen Alphabets. Und gewiss ist dieser grausame Kaiser in dem Bild des siebenköpfigen Tieres aus dem Meer beispielhaft miteingeschlossen. Denn er gehört zu dem Herrschaftssystem des vierten Tieres aus Daniel 7,6-8 und Offb 13,1-8. Und für die damaligen Leser dieser Texte konnte solch ein Bezug schon Sinn gemacht haben.
Doch kann diese Zahl im übertragenen Sinne auch auf die, dem Nero ähnlichen, Menschenart bezogen werden. Die Formulierung `Zahl (des) Menschen (im Genetiv, Singular)` bezieht sich in diesem Kontext nicht auf einen einzelnen Menschen, sondern auf (den) Menschen im allgemeinen. Beispiele:
- MT 16,26: „was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme Schaden an seiner Seele? Oder, was kann der Mensch geben damit er seine Seele wieder löse“.
- Mk 2,27: „der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen“.
- 1Kor 2,14: „der natürliche Mensch nimmt nicht an, was vom Geist Gottes ist“.
Im Buch der Offenbarung wird die Bezeichnung Mensch (im Singular)und zwar im allgemeinen Sinne nur noch in 4,7 (allerdings im himmlischen Bereich) verwendet, sonst immer in der Mehrzahl. Dabei ist es sinnvoll zu unterscheiden zwischen `den Menschen` im summarischen Sinne und `dem Menschen` im qualitativen Sinne. Aufschlussreich ist die viermalige Gegenüberstellung des einen Menschen Adam dem einen Menschen Jesus in Röm 5,12-18. Hier bezogen auf diese zwei einzelne konkrete Personen. Dies ist, wie oben begründet werden konnte, im Text von Offb 13,18 nicht der Fall. Vielmehr enthält diese Bezeichnung eine qualitativ negative Komponente des Menschen. Aufgrund dieser Betrachtungen kommen wir zu folgendem Ergebnis: Das Tier, welches damals auftrat, stellt Herrschaftssysteme dar, welche von vielen Herrschern gestützt werden Und es ist dasselbe, das im letzten Kampf besiegt und in den Feuersee geworfen wird (Offb 16,12-14; 19,18-21; 20,10). Daher wird es sich um eine Zahl mit Symbolcharakter handeln, die sinnbildlich gedeutet werden sollte, wie auch viele andere Zahlen im Buch der Offenbarung (10 Tage; 7 Fackeln oder Geister Gottes; 144000 Versiegelten; 1000 Jahre; 12000 Stadien für das himmlische Jerusalem). Denn dieses Tier mit den sieben Köpfen und zehn Hörnern (als System) stellt viele und verschiedene menschliche Herrscher dar. Deswegen kann auch das Malzeichen typische für die jeweiligen Herrschaftssysteme oder auch einzelne Herrscher eine spezifische lästerliche Prägung aufweisen und immer ist sie menschlich (sechshundert sechsundsechzig) und irdisch. Und hinter all dem `menschlichem` steht der Drache, der Teufel (Offb 13,1-3; 16,13; Jak 3,14-15).
Anmerkung: Wenn sich das Tier mit den sieben Köpfen und zehn Hörnern (Ausstattung wie beim Drachen) anmaßt in göttlicher Vollmacht aufzutreten (weil es Anbetung fordert) so wird es durch die menschliche Zahl sechshundert sechsundsechzig durch Jesus entlarvt.
Dagegen wird das Lamm Im geistlich/göttlichen Bereich in Wahrheit mit sieben Augen und sieben Hörnern dargestellt und es trägt einen Namen, den niemand kannte, außer ihm selbst (Offb 5,6; 19,12). Trotzdem trägt das Lamm auch noch weitere Namen, die bereits jetzt offenbar sind (19,13.16; dazu auch Jes 9,5-6). Und die dem Lamm folgen tragen auf ihrer Stirn den Namen des Sohnes und des Vaters (3,12; 14,1). Und die Gläubigen an Jesus Christus werden auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft (Mt 28,19). Damit ist ihre Zugehörigkeit klar definiert.
Einige Beobachtungen zu der einfachen Zahl sechs in der Gegenüberstellung zur Zahl sieben: Gehen wir zunächst von der Tatsache aus, dass der Mensch am sechsten Tag geschaffen wurde (1Mose 1,26-31). Tatsache ist aber auch, dass der Mensch seinen Stand nicht bewahrt hat, sondern durch Unglauben und Ungehorsam gegenüber dem Gebot Gottes in seinem Wesen verdorben wurde (1Mose 3,1ff; 4,8ff; 6,5; 8,21; Röm 3,23). Dagegen ist `sieben` die Zahl für Gott: „Und Gott ruhte am siebten Tag von allen seinen Werken, die er gemacht hatte“ (1Mose 2,1ff). Daher wird der siebte Tag auch des Herrn Tag genannt (Jes 58,13). Die `sieben` steht durchweg für Gott, weist auf ihn hin oder bringt den Menschen in Beziehung zu ihm. Dies bestätigt auch der Autor des Hebräerbriefes (Hebr 4,1-9). Die Gläubigen an Jesus Christus sind bereits in der Sabbatruhe Gottes (im siebten Tag) angekommen, während Menschen des Unglaubens und Ungehorsams sich noch (bildlich gesprochen) im sechsten Tagbefinden.
Daher steht die Zahl `sechs` für den Menschen bzw. weist auf ihn und sein Tun während der sechs Tage hin (2Mose 20,9; 3Mose 23,3.10.12; 25,3; 5Mose 15,18; Hebr 4,10). Doch häufig haben die Israeliten diese Anweisung missachtet und ihre Geschäfte auch noch am siebten Tag gemacht (Neh 13,15; Jes 58,13; Jer 17,24). Oder wenn sie den israelitischen Sklaven nach sechs Jahren nicht freiließen (2Mose 21,2; Jer 34,11-14). Damit verhielten sie sich im siebten Tag wie in den sechs Tagen davor und in dem siebten Jahr wie in den sechs Jahren davor. Auffallend ist, dass die jüdische Führung damals die gesamte Sechstage-Woche (Sonntag bis Freitag) darauf verwendete, um Jesus gefangen zu nehmen und ihn dann an die römischen Behörden auszuliefern (vgl. dazu auch Ps 2,1ff mit Apg 4,25-29). Dazu gingen sie auch noch am darauffolgenden siebten Tag (Sabbat) zu Pilatus um ihn aufzufordern das Grab zu versiegeln und bewachen, was ebenfalls eine unerlaubte Arbeit war, die sie jedoch an die Römer delegierten. Durch ihr Verhalten gelangten sie nicht in die Ruhe Gottes, des siebten Tages. Sie handelten typisch menschlich.
In diesem thematischen Zusammenhang ist auch die Reaktion von Jesus gegenüber Petrus aufschlussreich als jener seinen Herrn vom Leidensweg zurückhalten wollte mit den Worten: „Er aber wandte sich um und sprach zu Petrus: Geh weg von mir (geh hinter mich), Satan! Du bist mir ein Ärgernis; denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.“ (Mt 16,23). Die typisch menschliche (fleischliche) Gesinnung zeigt sich durch – Den Leidensweg verweigern. Wenn Jesus mit solch einer Strenge gegen den (wohlmeinenden) Petrus vorgeht, wie viel mehr gegen Menschen, welche sich bewusst gegen Gott stellen indem sie den Weg des Herrschens und der Unterdrückung anderer wählen.
Im Grunde wird durch diese Zahlenkombination (Zahl des Menschen) das tiefste und umfassendste Wesen des von Gott abgefallenen Menschen ausgedrückt. Die Boshaftigkeit des menschlichen Herzens findet am ehesten und stärksten ihren Ausdruck bei denen, welche große Macht besitzen und diese auf eigennützige Weise ausüben. Jesus sagte von diesen: „Ihr wisst, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an.“ (Mk 10,42; ähnlich auch in Lk 22,25-27 mit dem Hinweis: „aber bei euch soll es nicht so sein“).
(4.3.4) Wer das Malzeichen verweigert, wird vom Handel ausgeschlossen
Mindestens acht Mal wird in Offb 13,11-18 die aktive Tätigkeit des Tieres aus der Erde hervorgehoben. Nachdem es alle dahingebracht hatte sich ein Malzeichen geben zu lassen, setzt es seine Tätigkeit fort durch die Aufsicht über Zulassung oder Ausschluss aus dem Handel. „und dass niemand kaufen oder verkaufen kann, als nur der, welcher das Malzeichen hat, den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens. (Offb 13,17). Das „und“ verbindet diese Aussage mit der Vorherigen, welche lautete: „Und es bringt alle dahin, die Kleinen und die Großen, und die Reichen und die Armen, und die Freien und die Sklaven, dass man ihnen ein Malzeichen an ihre rechte Hand oder an ihre Stirn gibt.“ (Offb 13,16). Die Erkenntnis über das Malzeichen ist die Voraussetzung dafür, dass wir die Aussage „Kaufen oder Verkaufen“ verstehen, daher wurde es auch vorangestellt.
Das Thema Handel treiben, Geschäfte machen ist im biblischen Kontext sehr verbreitet. Im Altertum war es eine Art von Wareneintausch. Doch wurde auch mit Gold, Silber oder Kupfer bezahlt.
Die Bezeichnung „kaufen oder verkaufen“ kommt noch in einer ähnlichen Formulierung bei Jesus vor. Dort vergleicht er das Verhalten der Menschen in der Endzeit mit der Lebensweise in Sodom. „Ebenso, wie es geschah in den Tagen Lots: Sie aßen, sie tranken, sie kauften, sie verkauften, sie pflanzten, sie bauten. An dem Tage aber, als Lot aus Sodom ging, da regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel und brachte sie alle um.“ (Lk 17,28-29; 1Mose 14 und 19). Durch die günstige Lage der Stadt, sowie wegen der Fruchtbarkeit dieser Landschaft brachten es die Einwohner von Sodom (aber auch die Nachbarstädte) zu einem beträchtlichen Wohlstand (1Mose 13,10; 14,11). Daher ist es verständlich, dass der Handel blühte. Natürlich beschreibt Jesus den Alltag und die Beschäftigungen der Leute von Sodom im wörtlichen Sinne des Wortes. Die Kehrseite dieses luxuriösen Lebens wird ebenfalls schonungslos aufgedeckt, denn nach der Bewertung des Herrn, waren ihre Sünden sehr schwer (1Mose 13,13; 18,20; Hes 16,49; 2Petr 2,6-8; Jak 1,7).
So kann die Formulierung „kaufen oder verkaufen“ den Bereich des Handels meinen, der zum Zweck materieller oder ideeller Gewinne auf Kosten anderer ausgelegt ist. Es ist keineswegs zufällig, dass Jesus das gottlose und zuchtlose Treiben der Sodomiter als negatives Vorbild verwendet, um die Situation gegen Ende der Weltzeit zu beschreiben. Daher sollte das Thema „kaufen oder verkaufen“ auch unbedingt mit den Handeltreibenden und dem globalen Wirken der Hure Babylon gesehen und gedeutet werden. In Offb 18 wird mit dem endgültigen Fall der Stadt Babylon auch der weltweite Handel zum Erliegen kommen. So lesen wir dort: „Und die Kaufleute auf Erden werden weinen und Leid tragen um sie, weil ihre Ware niemand mehr kaufen wird.“ Die Hure Babylon, welche die Werbetrommel für immer mehr haben wollen gedreht hatte ist tot. Die Liste der wertvollen Waren bei den Kaufleuten zählt etwa 30 Gegenstände einschließlich menschlicher Seelen und Leiber.
Es geht um die Waren, welche die Kaufleute durch (das System) Babylon günstig erwerben und mit großem Gewinn verkaufen konnten. Doch nun ist es vorbei mit dem Geschäfte machen. So lesen wir in Offb 18,15ff: „Die Kaufleute, die durch diesen Handel mit ihr reich geworden sind, werden fernab stehen aus Furcht vor ihrer Qual, weinen und klagen: 16 Weh, weh, du große Stadt, die bekleidet war mit feinem Leinen und Purpur und Scharlach und geschmückt war mit Gold und Edelstein und Perlen, 17 denn in einer Stunde ist verwüstet solcher Reichtum! Und jeder Steuermann und jeder, der mitreiste, und die Seeleute und alle, die auf dem Meer arbeiten, standen fernab 18 und schrien, als sie den Rauch von ihrem Brand sahen: Wer ist der großen Stadt gleich? 19 Und sie warfen Staub auf ihre Häupter und schrien, weinten und klagten: Weh, weh, du große Stadt, von deren Überfluss reich geworden sind alle, die Schiffe auf dem Meer hatten; denn in einer Stunde ist sie verwüstet!“ (Offb 18,15-19).
Nachdem wir nun das Endergebnis kennen, wenden wir uns wieder dem Ausgangstext und der Situation jener Epoche zu. Gleich zu Beginn seines öffentlichen Dienstes stellt Jesus die Weichen im Bereich „kaufen und verkaufen“. So schreibt Johannes:
„Und er fand im Tempel die Händler, die Rinder, Schafe und Tauben verkauften, und die Wechsler, die da saßen. 15 Und er machte eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle zum Tempel hinaus samt den Schafen und Rindern und schüttete den Wechslern das Geld aus und stieß die Tische um 16 und sprach zu denen, die die Tauben verkauften: Tragt das weg und macht nicht meines Vaters Haus zum Kaufhaus!“ (Joh 2,14-16). Nach dem Gesetz konnten die Israeliten ihre Opfergaben in Tempelnähe kaufen (5Mose 14,24ff). Doch Jesus hat grundsätzlich was dagegen, wenn die Tempelbehörde aus diesem Bedarf auf dem Tempelgelände eine Händlerbase zugelassen oder sogar gefördert hatte. Es war zum einen die Profitgier und zum anderen die Zweckentfremdung des heiligen Tempelbezirks. Aber auch im gesamten Römischen Reich blühte die Korruption und Beugung des Rechts auf allen Ebenen. In allen Bereichen des Lebens wurde der eigene Vorteil gesucht und dies mit verschiedenen Mitteln und auf verschiedene Weise. An dieser Art und Weise des Handels beteiligten sich, welche das Malzeichen haben, die Gesinnung des Tieres. Doch dies war keine neue Erscheinung, sie gab und gibt es in allen Kulturen und allen Schichten.
Aber nun überlegen wir, auf was sich die Einschränkung von das „Kaufen oder Verkaufen“ höchstwahrscheinlich nicht bezieht.
Durch folgende Texte aus den Evangelien und den Briefen der Apostel werden wir in dieses Thema eingeführt.
- Jesus argumentiert: „Verkauft man nicht zwei Sperlinge für einen Groschen? Dennoch fällt keiner von ihnen auf die Erde ohne euren Vater.“ (Mt 10,29; nach Lk 12,6 kann man für zwei Groschen sogar fünf Sperlinge kaufen). Hier ging es um Dinge des täglichen Bedarfs, zu dem sogar die Ärmsten Zugang hatten.
- Während Jesus sich am Jakobsbrunnen ausruhte, gingen seine Jünger in die Stadt Sychar um Brot zu kaufen (Joh 4,8). Die Jünger und auch Jesus waren auf das tägliche Brot durch das Kaufen angewiesen.
- Und in Joh 6,5 lesen wir: „Da hob Jesus seine Augen auf und sieht, dass viel Volk zu ihm kommt, und spricht zu Philippus: Wo kaufen wir Brot, damit diese zu essen haben.“ (auch Mk 6,37). Jesus kümmerte sich an diesem Tag um das notwendige Brot für die hungrigen Menschen, nachdem er sie mit dem Wort Gottes gespeist hatte (Mt 6,11: „unser tägliches Brot gib uns heute“).
- Den Gläubigen in Korinth empfiehlt Paulus, dass sie ohne Bedenken die Fleischangebote auf dem Markt kaufen können (1Kor 10,25). Auch hier geht es um Lebensmittel für den täglichen Bedarf.
- Aquila und Paulus waren Zeltmacher und vom Verkauf jener Erzeugnisse bestritten sie ihren Lebensunterhalt. Natürlich mussten sie auch das Material für ihre Zelte zunächst einkaufen (Apg 18,3). Sie handelten nach Gottes Willen, lebten nicht auf Kosten anderer (Apg 20,31-35).
- Und die Faulenzer in der Gemeinde Thessalonich ermahnt er, dass sie mit ihren Händen arbeiten sollen und ihr eigenes Brot essen (2Thes 3,10-12).
Betrachten wir einen weiteren Aspekt, welcher mit der Aussage „kaufen oder verkaufen“ in Offb 13,17 nicht gemeint sein kann. Und zwar dann nicht, wenn es um den Verkauf (Investition) der ehrlich erworbener Güter zugunsten des Reiches Gottes geht.
- Barnabas verkaufte seinen Acker (Apg 4,36-37). Seine Motivation beim Verkauf war nicht materiellen Gewinn erzielen, sondern die Bedürfnisse der Gemeinschaft zu decken, bzw. damit das notwendige für die Gemeinschaft gekauft werden konnte (Apg 2,45; 6,1ff). Er tat, was Jesus dem reichen Jüngling empfahl zu tun aber jener es verweigerte (Mk 10,21).
- Passt hier nicht auch die Aufforderung von Jesus an seine Jünger: „Verkauft, was ihr habt, und gebt Almosen. Macht euch Geldbeutel, die nicht altern, einen Schatz, der niemals abnimmt, im Himmel, wo sich kein Dieb naht, und den keine Motten fressen.“ (Lk 12,33; Mt 6,20). Es geht dabei um einen Tausch der materiellen und damit vergänglicher Dinge zugunsten geistlicher bleibender Werte. Auch das Gleichnis von dem Schatz im Acker und der kostbaren Perle unterstreicht diesen Gedankengang von Jesus (Mt 13,44-46).
- Die erste Gemeindegeneration in Jerusalem hat die Aufforderung von Jesus anhand der Beispiele der Jünger sehr ernst genommen, indem viele von ihnen Häuser, Güter und Grundstücke zum wohl der Gemeinschaft verkauften (Apg 2,41-45). Bereits nach kurzer Zeit mussten viele der Gläubigen wegen Verfolgung Jerusalem verlassen. Worauf sie freiwillig verzichteten, war eine wertvolle Investition zugunsten der Ärmeren Geschwister und zusätzlich erleichterte es ihre unvermeidliche Flucht aus der Stadt.
Doch bei der Thematik „Kaufen oder Verkaufen“ ist für die Gläubigen wichtig, dass bei allem ihrem Tun, die Prinzipien des Reiches Gottes nicht verletzt werden. So sagte der Herr in 3Mose 19,35-36: „Ihr sollt nicht unrecht handeln im Gericht, mit der Elle, mit Gewicht, mit Maß. Rechte Waage, rechtes Gewicht, rechter Scheffel und rechtes Maß sollen bei euch sein; ich bin der HERR, euer Gott, der euch aus Ägyptenland geführt hat.“ Und in Lk 3,12-13 lesen wir: „Es kamen auch Zöllner und sprachen zu ihm: Meister, was sollen denn wir tun? 13 Er sprach zu ihnen: Fordert nicht mehr, als euch vorgeschrieben ist!“
Und Jesus erzählt ein Gleichnis in dem der Weinbergbesitzer auf den Vorwurf einiger Tagelöhner reagiert mit den Worten: „Er antwortete aber und sagte zu einem von ihnen: Mein Freund, ich tu dir nicht Unrecht. Bist du nicht mit mir einig geworden über einen Silbergroschen“? (Mt 20,13). Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern müssen eingehalten werden. Wehe aber denen, welche die Vereinbarung nicht einhalten (Jak 5,4). Und Jakobus ermahnt die gläubigen Geschäftsleute, nicht übermütig zu reden, sondern bei ihrem Handel treiben nach Gottes Willen zu fragen (Jak 4,13).
Und es gibt immer wieder Warnungen an die Gläubigen in Bezug auf Ungerechten Umgang mit materiellen Dingen. So schreibt Paulus an die Korinther: „Es ist schon schlimm genug, dass ihr miteinander rechtet. Warum lasst ihr euch nicht lieber Unrecht tun? Warum lasst ihr euch nicht lieber übervorteilen? Sondern ihr tut Unrecht und übervorteilt, und das unter Brüdern!“ (1Kor 6,7-8). Und dem Mitarbeiter Titus schreibt er: „Ein Vorsteher soll nicht schändlichen Gewinn suchen.“ (Tit 1,7; ähnlich auch die Ermahnung des Petrus an die Hirten der Gemeinde 1Petr 5,2).
In der Gemeinde Laodizäa wurden in mehreren Bereichen die Prioritäten verschoben. Darum lässt Jesus ihnen sagen: „Du sprichst: Ich bin reich und habe mehr als genug und brauche nichts!, und weißt nicht, dass du elend und jämmerlich bist, arm, blind und bloß. Ich rate dir, dass du Gold von mir kaufst, das im Feuer geläutert ist, damit du reich werdest, und weiße Kleider, damit du sie anziehst und die Schande deiner Blöße nicht offenbar werde, und Augensalbe, deine Augen zu salben, damit du sehen mögest.“ (Offb 3,17-18). Klar, dass es sich hier nicht um das Kaufen von den genannten Kostbarkeiten im buchstäblichen Sinne handelt. Es geht um geistlich / göttliche Gaben, welche zum Preis von Verzicht auf materielle Luxusartikel dieser Welt zu bekommen sind. Oder dass diese materiellen Werte investiert worden wären zugunsten des Reiches Gottes. Aber diese Gemeinde rühmte sich mit ihrem natürlichen Reichtum, den sie mit viel Arbeit oder Handel und zwar in der Gesinnung dieser Welt erwirtschaftet hat und auf den sie stolz war. Sie befanden sich in der Gefahr von Christus verworfen zu werden, wenn sie seinen Rat ignorieren.
Damit ist ein Rahmen festgelegt, in dem sich die Gläubigen bewegen sollen, wenn es um materielle Dinge geht. Sie sollen Vorbilder sein im rechten Verwalten der Dinge dieser Welt (Lk 3,43; 1Kor 7,31; 1Tim 6,17; Hebr 13,5).
Auch wenn die meisten Beispiele aus der Zeit vor Abfassung der Offenbarung stammen, können wir davon erste vorsichtige Schlussfolgerungen ableiten. Die Einschränkung oder gar Ausschluss beim „Kaufen oder Verkaufen“ in Offb 13,17 kann nicht ohne weiteres wörtlich auf:
- Das Kaufen von lebensnotwendigen Dingen des Alltags bezogen werden. Schließlich könnte man auch durch die im Altertum praktizierende Form des Warenumtausches Zugang zu den lebensnotwendigen Dingen bekommen.
- Es kann sich auch nicht auf das Verkaufen von materiellen Werten zu Gunsten und Wohl der Gemeinschaft beziehen.
- Es lässt sich nicht einmal auf den Handel beziehen, wenn dieser im Rahmen der Gebote Gottes getätigt wird.
Gottes Prinzipien ändern sich nicht, daher tun wir gut, die einmalige Aussage „kaufen oder verkaufen“ in Offb 13,17 im Lichte der gesamten Schrift auszulegen und uns nicht allerlei Spekulationen aussetzen.
Wir schauen uns nun den Ausgang bei denen an, die äußerlich sich als fromm ausgaben, doch in ihrem Denken, ihrer Motivation (Malzeichen an Stirn) verhielten sie sich wie jene von draußen in dieser Welt (Malzeichen an Hand).
- Die heimlichen Machenschaften des Judas wurden am Ende entlarvt. Unlautere und eigennützige Geldgeschäfte stehen unter dem Fluch und am Ende verliert solch ein Mensch nicht nur das materielle, sondern auch sein Leben (Mk 14,5; Joh 12,5; Apg 1,16ff).
- Ananias und Saphira verkauften auch ihren Acker, suchten jedoch ihren eigenen Vorteil und gleichzeitig das Ansehen bei der Gemeinde. Sie belogen den Heiligen Geist und verloren dabei alles, einschließlich ihres Lebens (Apg 5,1ff).
- Simon der Zauberer in Samarien suchte die göttliche Vollmachten durch Geld erwerben zu können und wurde von Petrus in seiner Bosheit entlarvt (Apg 8,18).
Paulus schreibt von diesen Menschen in 1Tim 6,5-10: „Schulgezänk solcher Menschen, die zerrüttete Sinne haben und der Wahrheit beraubt sind, die meinen, Frömmigkeit diene dem Gewinn (Erwerb). 6 Ein großer Gewinn (Erwerb) aber ist die Frömmigkeit zusammen mit Genügsamkeit. 7 Denn wir haben nichts in die Welt gebracht; darum können wir auch nichts hinausbringen. 8 Wenn wir aber Nahrung und Kleider haben, so wollen wir uns damit begnügen. 9 Denn die reich werden wollen, die fallen in Versuchung und Verstrickung und in viele törichte und schädliche Begierden, welche die Menschen versinken lassen in Verderben und Verdammnis. 10 Denn Geldgier ist eine Wurzel alles Übels; danach hat einige gelüstet und sie sind vom Glauben abgeirrt und machen sich selbst viel Schmerzen.“ (1Tim 6,5-10).
Weitere Texte, welche von der Verführung des Reichtums, von Habsucht und unlauterem Gewinn sprechen finden wir in: Mt 13,22; Lk 12,15; Röm 1,29; Eph 4,19; 2Petr 2,3; Jud 1,11.
So und ähnlich sieht das Geschäfte machen, Handel treiben im religiösen, wirtschaftlichen und politisch / militärischem Bereich in dieser Welt aus. Den Timotheus fordert Paulus auf: „Aber du, Mensch Gottes, fliehe das! Jage aber nach der Gerechtigkeit, der Frömmigkeit, dem Glauben, der Liebe, der Geduld, der Sanftmut!“ (1Tim 6,11).
Der Kerngedanke bei den Einschränkungen im `Handel` in Offb 13,17 besteht aus zwei Aspekten und kann wie folgt beschrieben werden:
Menschen, welche das Malzeichen ablehnen, das heißt: die sich nicht dieser Welt gleichstellen und nicht nach den in der Welt vorherrschenden Prinzipien leben, schränken sich ihrerseits freiwillig und bewusst ein und werden andererseits noch auf verschiedene Weise benachteiligt.
Ein kleines Detail in Vers 17 müssen wir noch klären. Die Tätigkeit des Tieres macht sich bemerkbar im Ausschluss aus dem Handel über die Verweigerer. Doch was ist der eigentliche Grund bei den Verweigerern für das nicht können? Das verneinende Verb `m¢ dyn¢tai` kann mit nicht kann er, nicht vermag er übersetzt werden. Es kommt auch an anderen Stellen häufig vor und kann zweierlei bedeuten. An manchen Stellen wird es im absoluten Sinne des Unvermögens verwendet und an anderen Stellen kann es kombiniert werden mit „ich kann nicht, weil ich nicht will oder umgekehrt: „wenn du willst, kannst du auch“. So zum Beispiel:
- Mt 6,24: „Niemand kann zwei Herren dienen, ihr könnt nicht Gott und dem Mammon dienen.“ Hier im absoluten Sinne, weil beides gleichzeitig nicht möglich ist.
- Mt 8,2-3: „Siehe, ein Aussätziger kam zu ihm heran und fiel vor ihm nieder und sprach: Herr, wenn du willst, kannst du mich reinigen. 3 Und Jesus streckte die Hand aus, rührte ihn an und sprach: Ich will’s tun; sei rein!“ Hier in umgekehrter Reihenfolge, doch in der gleichen Kombination.
- Lk 11,7: „Ich kann nicht aufstehen“, eigentlich will er nicht, obwohl er könnte, was er hernach auch tut. Hier ist zunächst das nicht wollen Grund für das nicht können. Später kann er, weil er sich für das können entscheidet, wenn auch ungern.
- 1Joh 3,9: „Wer aus Gott geboren ist, der tut keine Sünde; denn Gottes Same bleibt in ihm, und er kann nicht sündigen; denn er ist aus Gott geboren.“ Nach 1Joh 2,1-2 kann es vorkommen, er könnte, doch er will ja nicht bewusst sündigen. Dazu wird er von Gott bewahrt (1Joh 5,18).
- Mt 26,53: „Ich könnte“ sagte Jesus zu Petrus, doch er rief die Engel nicht zu Hilfe, weil er es nicht wollte.
- Apg 4,20: „Wir können es nicht lassen“ sagten die Apostel dem Hohen Rat, weil sie es aus Überzeugung nicht lassen wollten.
In diesem Sinne könnte auch das Unvermögen der Teilnahme an der Art und Weise des Handels verstanden werden. Weil es nach den Maßstäben dieser Welt geführt wird, können die Gläubigen nicht daran teilnehmen und zwar, weil sie es nicht wollen. Damit nehmen sie auch die Benachteiligungen in Kauf. Beispiele aus der Schrift:
- Abram verzichtete auf das Angebot des Königs von Sodom (das Hab und Gut von Sodom anzunehmen) und bewahrte damit seine materielle und moralische Unabhängigkeit von einem weltlichen Herrscher (1Mose 14,21ff).
- Mose gab alle seine Privilegien auf, denn er wollte nicht mehr konform sein mit dem in Ägypten herrschenden System (2Mose 2,9-10; Apg 7,22; Hebr 11,26-27).
- Weil Nabot sich mit der Denkweise des Königs Ahab nicht Konform zeigte und sich weigerte auf den gesetzeswidrigen Handel einzugehen, verlor er zwar seinen Weinberg und auch sein Leben, bewahrte aber seine Seele (1Kön21,1ff).
- Nehemia hat den Handel am Sabbat mit den heidnischen Händlern unterbunden und verzichtete damit auf zusätzliche Einnahmen (Neh 13,20ff).
- Jesus verurteilte und verbannte den Handel auf dem Gelände des Tempels und zog damit den Hass der Priesterschaft auf sich (Joh 2,14ff und Paralleltexte).
- Levi-Matthäus verzichtete auf das lukrative Geschäft als Zöllner und wählte die Nachfolge, welche keine materiellen Vorteile versprach (Lk 5,1ff). Sein Geschäftskollege Zachäus verzichtete auf die zusätzlichen ungerechten Einnahmen, welche durch diesen Beruf sich ergaben. Er zahlte das geraubte zurück, verschenkte die Hälfte seines Reichtums an Arme und begnügte sich fortan mit dem vereinbartem Sold (Lk 19,1-10).
- Den Gläubigen wird bescheinigt, dass sie mit Freuden den Raub (Verlust) ihrer Güter hingenommen haben (Hebr 10,34). Es könnte sich auch um die Geschwister handeln, welche nach dem Tod von Stephanus Jerusalem verlassen haben und entsprechend güterlos wurden (Apg 8,1ff). Damit ging auch eine soziale und gesellschaftliche Ausgrenzung einher.
- Auch Paulus gab seine Privilegien im Judentum um Christi willen auf (Phil 3,1-7). Sogar als Gefangener weigerte er sich Schmiergelder an den amtierenden Statthalter Felix zu zahlen, wodurch er freigelassen worden wäre (Apg 24,26).
- Die Gläubigen in Ephesus verzichteten auf ihre Einnahmequellen, die durch die Herstellung und den Handel mit den silbernen Abbildungen der Artemis gemacht wurden (Apg 19,24). Andere haben ihre teuren okkulten Bücher vernichtet (Apg 19,19).
Den Gläubigen in der Gemeinde Smyrna bescheinigt Jesus: „Ich kenne deine Armut“. Entweder kamen sie aus unteren sozialen Schichten, oder sie wurden arm um Christi willen. Dafür schätzt Jesus ihren (geistlichen) Reichtum hoch ein (Offb 2,8-9).
- In der Regel wurden Gläubige im Laufe der Kirchengeschichte benachteiligt, weil sie sich den Politischen, wirtschaftlichen und auch religiösen Machenschaften widersetzten oder sich davon distanzierten.
Ähnliches erlebten Christen im letzten Jahrhundert unter den verschiedenen ideologischen Systemen. Wer sich nicht konform oder kooperativ zeigte wurde benachteiligt, ausgegrenzt und oft auch der Freiheit oder gar des Lebens beraubt. Doch auf was die Gläubigen freiwillig verzichteten oder ihnen vorenthalten wurde, wird denen vollständig genommen werden, die große Gewinne auf Kosten der Benachteiligten gemacht haben. Dass sich ein Großteil der Menschen nach der Denk- und Handlungsweise dieser Welt (Malzeichen an Stirn oder Hand) richtet ist offensichtlich. Und in der Regel wird dabei auch der materielle Vorteil erstrebt. Was zum Ende hin alle erwartet, die sich in allerlei Ungerechtigkeiten verwickelten, erleben viele bereits heute. Wer sich auf unrechten Gewinn einlässt, verliert sich selbst und was er hat (Pred 7,7).
(4.4) Das Lamm auf dem Berg Zion und mit ihm die 144 Tausend
Bevor in diesem Kapitel zum wiederholten Mal (Offb 6,12-17; 11,15-19) das Endgericht unter einer weiteren Perspektive beschrieben wird, gibt es einen Einschub, in dem die vollendete Schar der Erlösten zusammen mit Christus dem Lamm auf dem Berg Zion gezeigt wird. So schreibt Johannes:
Und ich sah: Und siehe, das Lamm stand auf dem Berg Zion und mit ihm 144 000, die seinen Namen und den Namen seines Vaters an ihren Stirnen geschrieben trugen. 2 Und ich hörte eine Stimme aus dem Himmel wie das Rauschen vieler Wasser und wie das Rollen eines lauten Donners; und die Stimme, die ich hörte, war wie von Harfensängern, die auf ihren Harfen spielen. 3 Und sie singen ein neues Lied vor dem Thron und vor den vier lebendigen Wesen und den Ältesten; und niemand konnte das Lied lernen als nur die 144 000, die von der Erde erkauft waren. 4 Diese sind es, die sich mit Frauen nicht befleckt haben, denn sie sind jungfräulich; diese sind es, die dem Lamm folgen, wohin es auch geht. Diese sind aus den Menschen als Erstlingsfrucht für Gott und das Lamm erkauft worden. 5 Und in ihrem Mund wurde kein Falsch gefunden; sie sind untadelig. (Offb 14,1-5).
Wieder bekommt Johannes eine Vision zu sehen in der für ihn bereits einige bekannte Bilder gezeigt werden. Auch dieser Ausblick dient als Ermutigung für die Gemeinde hier auf Erden.
(4.4.1) Die Vision: Das Lamm auf dem Berg Zion
Die einleitenden Worte: „Und ich sah: Und siehe“ sind keine Doppelung, sondern nach dem Johannes selbst die Vision wahrgenommen hatte, ruft er voller Verwunderung und Begeisterung aus: „siehe!“ Es ist eins der am häufigsten vorkommenden Worte der Offenbarung Gottes (mehr als 1200 Mal). Die ganze Aufmerksamkeit konzentriert sich jetzt auf das was gezeigt und gesagt wird. Was Johannes als erstes ins Auge fällt ist das Lamm – es steht auf dem Berg Zion.
Anmerkung: Während Jesus auf dem Fels-Berge Zion steht, stellt sich der Drache auf den Sand des Meeres, der Kontrast kann nicht größer sein (Offb 12,18).
Dem Lamm begegnete Johannes bereits in der Vision aus Offb 5,5-6 auch dort sieht er es stehend. Dieser Ausruf in Bezug auf das Lamm Gottes ist ihm vertraut aus der Anfangszeit, als Johannes der Täufer am Ostufer des Jordan auf Jesus hinwies mit den Worten: „Siehe! Das Lamm Gottes, das der Welt Sünden hinwegträgt.“ (Joh 1,29.36). Und auf Golgatha wurde er Augenzeuge vom stellvertretenden Tod Jesu als das Lamm Gottes (Joh 19,35). Diesem Lamm begegneten auch wir bereits in Offb 5,6.8.12.13; 6,1; 7,14; 8,1; 12,11; 13,8). und es bildet nicht nur das Hauptthema der Offenbarung (Offb 1,1a) sondern der gesamten Schriftoffenbarung (1Mose 3,21; 4,4; 22,7; 2Mose 12,3ff; Jes 53,4-7 mit Apg 8,32-34; 1Kor 5,7; 1Petr 1,19).
„Und ich sah: Und siehe, das Lamm stand auf dem Berg Zion.“ (Offb 14,1a).
Auf was weist dieses Bild hin und von welchem Berg Zion ist hier die Rede auf dem das Lamm steht? Geht es um den natürlichen Hügel, auf dem ungefähr ein Jahrtausend der Tempel gestanden hatte und auf dem Sühneopfer dargebracht wurden oder ist darunter eine geistliche Bergeshöhe zu verstehen?
In den Deutungen findet man beide Sichtweisen. Die folgenden Ausführungen sollen dazu beitragen, dass der Leser selbst zu einer begründeten Erkenntnis kommt.
Berg Zion – historischer Hintergrund
Berge sind Orte der Offenbarung und der Gerichte Gottes (Morija, Sinai/Horeb, Nebo, Garizim/Ebal, Karmel, Tabor, Heiliger Berg der Verklärung, Golgatha, Berg des Missionsauftrages, Ölberg). Der Name Zion kommt in der Offenbarung einmal an dieser Stelle vor und ein anderes Mal in Offb 21,10 jedoch nicht namentlich genannt.
Insgesamt kommt er in der Bibel etwa 150 Mal vor. In vielen Texten wird Zion als eine natürliche Bergeshöhe beschrieben. Dieser Berg lag nördlich der alten Jebusiter-Festung und der späteren Davidstadt. Die erste Erwähnung des Berges Zion finden wir in 2Sam 24,16-24 obwohl er dort noch nicht den Namen Zion trägt. Dort lesen wir: “Als aber der Engel seine Hand ausstreckte über Jerusalem, um es zu verderben, reute den HERRN das Übel, und er sprach zum Engel, der das Verderben anrichtete im Volk: Es ist genug; lass nun deine Hand ab! Der Engel des HERRN aber war bei der Tenne Araunas, des Jebusiters. 17 Da aber David den Engel sah, der das Volk schlug, sprach er zum HERRN: Siehe, ich habe gesündigt, ich habe die Missetat getan; was haben diese Schafe getan? Lass deine Hand gegen mich und meines Vaters Haus sein! 18 Und Gad kam zu David an jenem Tage und sprach zu ihm: Geh hinauf und errichte dem HERRN einen Altar auf der Tenne Araunas, des Jebusiters. 19 Da ging David hinauf, wie Gad ihm gesagt und der HERR ihm geboten hatte. 20 Und als Arauna aufschaute, sah er den König mit seinen Knechten zu ihm herüberkommen und ging hinaus und fiel nieder vor dem König auf sein Angesicht zur Erde 21 und sprach: Warum kommt mein Herr, der König, zu seinem Knecht? David sprach: Um von dir die Tenne zu kaufen und dem HERRN einen Altar zu bauen, damit die Plage vom Volk weiche. 22 Aber Arauna sprach zu David: Mein Herr, der König, nehme und opfere, wie es ihm gefällt. Siehe, da sind die Rinder zum Brandopfer und auch die Dreschschlitten und das Geschirr der Rinder als Brennholz; 23 das alles gibt Arauna dem König. Und Arauna sprach zum König: Der HERR, dein Gott, sei dir gnädig. 24 Aber der König sprach zu Arauna: Nicht doch, sondern ich will dir’s abkaufen für seinen Preis; denn ich will dem HERRN, meinem Gott, nicht Brandopfer darbringen, die ich umsonst habe. So kaufte David die Tenne und die Rinder für fünfzig Schekel Silber. 25 Und David baute daselbst dem HERRN einen Altar und opferte Brandopfer und Dankopfer. Und der HERR wurde dem Land wieder gnädig, und die Plage wich von dem Volk Israel.“ Schon sehr auffällig, dass die Geschichte dieses Berges aufgrund eines Gottesgerichtes und darauffolgender Versöhnung beginnt. In 1König 8,1 lesen wir: „Da versammelte der König Salomo zu sich die Ältesten in Israel, alle Häupter der Stämme und Obersten der Sippen in Israel nach Jerusalem, um die Lade des Bundes des HERRN heraufzubringen aus der Stadt Davids, das ist Zion.“ Die Stadt Davids befand sich im unteren Teil, bzw. am südlichen Abhang des Berges Zion. Desweiteren lesen wir in 2Chr 3,1 „Und Salomo fing an, das Haus des HERRN zu bauen in Jerusalem auf dem Berge Morija, wo der HERR seinem Vater David erschienen war, an der Stätte, die David auf der Tenne Araunas, des Jebusiters, zubereitet hatte.“ Nach diesem Text scheint es sich um den Berg zu handeln, auf dem bereits etwa 1000 Jahre zuvor Abraham seinen Sohn Isaak als Opfer dargebracht hatte (1Mose 22,1-18). Am häufigsten wird der Berg Zion in den Psalmen erwähnt und man muss sorgfältig lesen, welche Gedankenfülle jede einzelne Erwähnung in sich birgt. Zum ersten Mal wird er in dem sogenannten messianischen Psalm 2,6 erwähnt: „Ich aber habe meinen König eingesetzt auf meinem heiligen Berg Zion.“ (Ps 2,6). Auch wenn man zunächst an David denkt, welchen Gott durch Samuel zum König über Israel salben und einsetzen ließ, gilt doch der Inhalt dieses Psalms dem Messias Jesus, wie aus dem Gebet der Gemeinde hervorgeht (Apg 4,25-28; dazu auch Apg 13,33). Weitere Stellen zum Berg Zion: Ps 9,12; 14,7; 48,3.12.13; 50,2; 74,2; 76,3; 78,68; 84,8; 125,1; 132,13; 133,3. Doch schon recht früh begann Gott anzukündigen, dass der Zionsberg wegen der Gottlosigkeit des Volkes verwüstet wird. In Jeremia 26,18 wird auf die Prophetie aus Micha 3,12 Bezug genommen. Dort steht geschrieben: „Zur Zeit Hiskias, des Königs von Juda, war ein Prophet, Micha von Moreschet; der sprach zum ganzen Volk Juda: »So spricht der HERR Zebaoth: Zion wird wie ein Acker gepflügt werden, und Jerusalem wird zu Steinhaufen werden und der Berg des Tempels zu einer Höhe wilden Gestrüpps.« Dies trat im Jahr 586 v.Chr. ein.
Der Prophet Daniel fleht zu Gott mit Fasten, Reue und Sündenbekenntnis um die Wiederherstellung Zions (Dan 9,16.20). Und einige Jahre später, in der Zeit des Propheten Sacharia verhieß Gott „So spricht der HERR: Ich kehre wieder auf den Zion zurück und will zu Jerusalem wohnen, dass Jerusalem »Stadt der Treue« heißen soll und der Berg des HERRN Zebaoth »heiliger Berg« (Sach 8,3 mit Bezug auf Jer 31,23). Da diese Aussage in der Zeit des Baus von dem zweiten Tempel (520-516 v.Chr.) gemacht wurde, kann sie durchaus auch zunächst darauf bezogen werden. Doch die Charakteristik „Heiliger Berg“ traf auf den Tempel mit dem Zionsberg zur Zeit von Jesus nicht mehr zu (Joh 2,16; Mt 21,13; Lk 19,41-44; Mt 24,1-3). Und bereits 70 n.Chr. wurde der Tempel auf dem Zionsberg zerstört, wie Jesus es vorausgesagt hatte. Und bis heute ist der natürliche Berg Zion von Fremden besetzt und durch antigöttliche Denkmäler verunreinigt. Es ist sowohl ein Mahnmal an das jüdische Volk als auch eine Aufforderung, sich dem geistlichen Zionsberg zuzuwenden und dem neuen Heiligtum, welches Christus aufgerichtet hat (Joh 2,19f; Apg 7,48).
Daher barg die Prophetie aus Sacharia 8,3 auch eine in der Zukunft liegende Perspektive. Denn die Prophetie in Sacharia 9,9 hat sich ja beim Einzug von Jesus auf den Zionsberg in Jerusalem erfüllt, so die detaillierte Beschreibung der Evangelisten (Mt 21,1-5; Mk 11,1ff; Joh 12,12ff).
Doch bei jenem Einzug prätendierte er auf keinerlei irdischen Machtanspruch, sondern zog es vor, außerhalb der Stadt sein Leben als Schuldopfer hinzugeben. Somit birgt der Heilige Berg Zion in sich eine immaterielle geistliche Höhe.
Der Berg Zion – eine geistliche Bergeshöhe
Durch den Propheten Jesaja lässt Gott sagen: „Darum spricht Gott der HERR: Siehe, ich lege in Zion einen Grundstein, einen bewährten Stein, einen kostbaren Eckstein, der fest gegründet ist. Wer glaubt, der flieht nicht.“ (Jes 28,16; vgl. dazu auch Röm 9,33; 1Petr 2,4-8). Und Jesus bezieht diesen Grundstein (Eckstein) auf sich (Mt 21,42-44). Wenn Jesus der Grund und Eckstein des neuen Heiligtums ist, dann ist der Heilige Berg eine geistliche Höhe (Joh 4,19-24).
Eine weitere Verheißung auf den Erlöser aus Zion steht in Jes 59,20: „Aber für Zion wird ein Erlöser kommen und für die in Jakob, die sich von der Sünde abwenden, spricht der HERR.“ Da Paulus diese Verheißung in Röm 11,26-27 zitiert, wird von einigen Auslegern angenommen, dass diese Erlösung noch aussteht on der Zukunft. Dabei wird eine wichtige Tatsache übersprungen, welche sich bereits mit dem Kommen des Erlösers Jesus Christus begann zu erfüllen, denn er war bevollmächtigt Sünden zu vergeben (Mt 9,2; Lk 7,48). Und seinen Jüngern ordnete er an zu predigen in seinem Namen Umdenken zur Vergebung der Sünden unter allen Nationen, beginnend in Jerusalem (Lk 24,47). Dies Taten auch die Apostel (Apg 2,37ff; 3,19; 5,31: „Zu geben Israel Umdenken und Vergebung der Sünden“).
Ähnlich klingt auch die Verheißung aus Jesaja 2,1-3: „Es wird zur letzten Zeit der Berg, da des HERRN Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben, und alle Heiden werden herzulaufen, und sagen: Kommt, lasst uns hinaufgehen zum Berg des HERRN, zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem.“ (mit Bezug zu Hebr 12,22-23; so auch in Micha 4,1-2; vgl. dazu auch Jes 49,6 mit Lk 2,31-32; joh 10,16; Apg 13,47; 15,17; dazu auch Lk 24,47 mit Mt 28,18-20; Apg 1,8; 2,7ff: Jerusalem; 8-12: Judäa und Samarien; 13-28: allen Nationen).
Dass diese Aussagen sich auf eine geistliche Höhe des Berges Zion beziehen, liegt auf der Hand. Denn maßgebend ist, was Jesus im Gespräch mit der Samariterin über den Berg zion sagt: „Die Frau spricht zu ihm: Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist. 20 Unsere Väter haben auf diesem Berge angebetet, und ihr sagt, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten soll. 21 Jesus spricht zu ihr: Glaube mir, Frau, es kommt die Zeit, dass ihr weder auf diesem Berge noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet. 22 Ihr wisst nicht, was ihr anbetet; wir aber wissen, was wir anbeten; denn das Heil kommt von den Juden. 23 Aber es kommt die Stunde und ist schon jetzt, dass die wahren Anbeter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn auch der Vater will solche Anbeter haben. 24 Gott ist Geist, und die ihn anbeten, die müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“ (Joh 4,19-24).
Damit macht Jesus deutlich, dass der Berg Zion in Jerusalem auf dem der Tempel stand bereits zu seiner Zeit seine Bestimmung als Anbetungsstätte beenden wird und es eine neue geistliche Anbetungsmöglichkeit und Realität eingeführt wird, durch die alle Menschen zu Gott nahen können, unabhängig von einer bestimmten Lokalität. So ist der Wille des Vaters.
Doch für den Berg Zion gibt es noch eine Verheißung, welche sich in ihrer Endgültigkeit mit der Wiederkunft von Jesus erfüllen wird. So lesen wir in Jesaja 35,10: „Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen.“ (dazu auch Jes 51,11; 1Petr 1,7-8; Offb 7,17; 19,7; 21,4). Damit kommen wir zu unserem Ausgangstext aus Offb 14,1 dem Berg Zion (dazu auchOffb 21,10).
(4.4.2) Wer sind die 144000 und womit sind sie gekennzeichnet?
„Und ich sah: Und siehe, das Lamm stand auf dem Berg Zion und mit ihm 144 000, die seinen Namen und den Namen seines Vaters an ihren Stirnen geschrieben trugen.“ (Offb 14,1).
Nachdem wir ausgiebig über den Berg Zion und dessen Bestimmung geforscht und eine Antwort bekommen haben, stellt sich uns die Frage nach der Identität der 144000.
Im griechischen Text ist auch diese Zahl in Worten ausgeschrieben. Glücklicherweise kommt diese Zahl im Buch der Offenbarung noch einmal vor. Doch darauf nehmen wir erst Bezug, wenn die Detailaussagen im unmittelbarem Text betrachtet und verstanden worden sind. Das erste und markanteste Merkmal welches Johannes sieht, steht an ihren Stirnen geschrieben. So heißt es: „die seinen Namen und den Namen seines Vaters an ihren Stirnen geschrieben trugen “. Damit ist das Wichtigste Merkmal, ihre Zugehörigkeit klargestellt. Bereits im Sendschreiben an die Gemeinde in Sardes verspricht Jesus: “Wer überwindet, den will ich machen zum Pfeiler in dem Tempel meines Gottes, und er soll nicht mehr hinausgehen, und ich will auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen der Stadt meines Gottes, des neuen Jerusalem, das vom Himmel herniederkommt von meinem Gott, und meinen Namen, den neuen.“ (Offb 3,12; 21,2; 22,4). Der Zusammenhang ist offensichtlich. Die Überwinder gehören zu der Zahl derer, die mit dem Lamm auf dem Berg Zion stehen werden. Es fällt schon auf, dass Jesus seinen neuen Namen und den Namen seines Gottes (Vaters) nicht ausdrücklich nennt. Auch hier bewegen wir uns im Bereich des bereits offenbartem aber auch noch Verborgenem. Gott offenbarte bereits Mose seinen Namen JHWH – der Seiende in 2Mose 34,6 (dazu auch 2Mose 3,13-16). Auch Jesus trägt verschiedene Namen (Jes 7,14; 9,5; Mt 1,21 mit Apg 22,8; Offb 19,13.16). Doch die an der Stirn gezeichneten tragen auch das Siegel des Heiligen Geistes in dem der Name des Vaters und des Sohnes eingraviert ist (Eph 1,13; 4,30; Offb 7,1-8). denn auch schon bei der Wassertaufe sind sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft worden (Mt 28,19; Apg 2,37-41; 8,12-17; 10,47; 19,6). Durch diese Zuordnung ist sowohl die Zugehörigkeit als auch die Identitätsfrage geklärt.
Anmerkung: Es besteht offensichtlich eine gegensätzliche Parallele zu den Menschen, welche Das Malzeichen des Tieres an ihre Stirn und Hand angenommen haben. Denn damit gehören jene dem Tier hinter dem letztlich der Drache steht.
Nun bekommt Johannes eine Audiobotschaft, in der ihm das Geschaute erklärt wird.
„Und ich hörte eine Stimme aus dem Himmel wie das Rauschen vieler Wasser und wie das Rollen eines lauten Donners; und die Stimme, die ich hörte, war wie von Harfensängern, die auf ihren Harfen spielen. 3 Und sie singen ein neues Lied vor dem Thron und vor den vier lebendigen Wesen und den Ältesten; und niemand konnte das Lied lernen als nur die 144 000, die von der Erde erkauft waren.“ (Offb 14,2-3).
Eine Stimme hört Johannes, ähnlich wie ein Donnerrollen oder gewaltiges Wasserrauschen des Meeres (ähnlich auch in Offb 19,6). Donner wird häufig mit der akustischen Wahrnehmung der Stimme Gottes bei seinem Reden in Verbindung gebracht, ebenso das gewaltige Meeresrauschen (Joh 12,29-30; Offb 4,5; 10,3-4; 1,15). Ein weiterer Vergleich wird mit Harfen (Harfenspielern) gemacht. Dies ist etwas außergewöhnlich anmutiges. `Kitara` ist der griechische Begriff dafür. Doch hat er wenig mit unserer heutigen Gitarre zu tun, ähnlich auch wie die heutige Harfe mit dem Musikinstrument zur Zeit Davids gemeinsames hat.
Eine ähnliche Beschreibung mit Harfen und Lobgesang zu Ehren Gottes betrachten wir in Offb 15,2ff.
Wem diese gewaltige Stimme zuzuordnen ist, scheint auf den ersten Blick nicht so ganz eindeutig zu sein. Doch in dem folgenden Text wird deutlich, dass es die Schar der Erlösten ist, denn nur diese konnten das neue Lied lernen, weil sie die Erlösung erlebt haben. Vorstellbar ist, dass das Lied gesungen wurde im Kreis stehend wobei den inneren Kreisen zugewandt. Die Reihenfolge ist auch hier dieselbe wie in Offb Kap. 4 und 5; 7,11 von innen nach außen: Thron, vier Lebewesen und vierundzwanzig Älteste. Dort fielen sie anbetend vor dem Thron nieder: „und sie sangen ein neues Lied: Du bist würdig, zu nehmen das Buch und aufzutun seine Siegel; denn du bist geschlachtet und hast mit deinem Blut Menschen für Gott erkauft aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen.“ (Offb 5,9). Sie bezeugen, dass die durch das Blut des Lammes erkauften Menschen aus „allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen „ erkauft wurden.
Dort singen dieses neue Lied die vier lebendigen Wesen und die Ältesten über die Erlösten, hier singen das neue Lied die Erlösten selbst zu Ehren Gottes und des Lammes.
Dabei handelt es sich um dieselbe Gruppe von Menschen, die auch in Offb 7,1-8 als versiegelt beschrieben werden. Und es ist gleichzeitig die unzählbare Schar aus Kapitel 7,9ff, die bereits am Ziel angekommen ist.
Der Begriff Erkauft (gr. agorazoun) durch das Blut des Lammes wird auch von Jesus gebraucht(Mk 10,45). Die Hingabe des Lebens von Jesus ist der Preis für die Erlösung aller Sünden der Menschen (Joh 1,29; 1Joh 2,2; 1Tim 2,6). Doch wirksam wird diese Erlösung nur bei denen, welche Jesus im Glauben aufnehmen (Eph 1,7; 1Kor 6,20). Durch die Formulierung: „erkauft von der Erde“ wird betont, das sich diese Erlösung auf den irdischen Lebensraum erstreckt (Hebr 2,16). Die Formulierung „erkauft aus den Menschen“ hebt dieselbe Gruppe hervor, welche sich aus der Masse der Menschheit erlösen ließ (Apg 2,40; Röm 10,16 ).
„Diese sind es, die sich mit Frauen nicht befleckt haben, denn sie sind jungfräulich; diese sind es, die dem Lamm folgen, wohin es auch geht. Diese sind aus den Menschen als Erstlingsfrucht für Gott und das Lamm erkauft worden. 5 Und in ihrem Mund wurde kein Falsch gefunden; sie sind untadelig.“ (Offb 14,4-5).
Nun folgen vier Besonderheiten, was diese 144000 auszeichnet:
Das Erste: „Diese sind es, die sich mit Frauen nicht befleckt haben, denn sie sind jungfräulich“. Was bedeutet dies? Manche Leser dieser Texte denken zunächst an die Menschen, welche unverheiratet geblieben sind, um ihr ganzes Leben dem Dienst am Reiche Gottes zu widmen. Und solche Menschen gab es und gibt es noch heute. Doch diese Menschen, zu denen auch Frauen gehören, haben zwar eine besondere Berufung oder Begabung aber keine spezielle Erlösung (Mt 19,12c; 1Kor 7,1-7). Eine geistliche Deutung lässt sich durch folgende Aussagen von Jesus und den Aposteln begründen, denn auch sie verpackten göttliche Wahrheiten in bildhafte Beschreibungen. Denken wir nur an die berühmte Brotrede von Jesus in der Synagoge zu Kapernaum, gegenüber denen, die sich am Buchstaben ärgerten: „Der Geist ist’s, der da lebendig macht; das Fleisch ist nichts nütze. Die Worte, die ich zu euch geredet habe, die sind Geist und sind Leben.“ (Joh 6,63).
- Johannes der Täufer sagte von Jesus: „Wer die Braut hat, ist der Bräutigam.“ (Joh 3,29).
- Den Pharisäern sagte Jesus: „Ihr könnt die Hochzeitsleute nicht zum Fasten zwingen, solange der Bräutigam bei ihnen ist.“ (Mt 9,15). Wenn Jesus (bildlich gesprochen) der Bräutigam ist, dann sind alle, die ihm nachfolgen (bildlich gesprochen) seine Braut, auch wenn die Nachfolger hier auf Erden verheiratet sind und das waren die Brüder des Herrn und Petrus und die übrigen Apostel (1Kor 9,5).
- Auch Paulus spricht bildhaft, wenn er von den Gläubigen sagt, dass er dem Christus eine reine Jungfrau zuführen will (2Kor 11,1-2; ähnlich auch der Vergleich in Eph 5,32).
- Weiter erklärt der Apostel: „Das sage ich aber, liebe Brüder: Die Zeit ist kurz. Auch sollen die, die Frauen haben, sein, als hätten sie keine.“ (1Kor 7,29-31). Die Ehe hier auf Erden ist zeitlich und steht von ihrer Priorität unter der geistlichen Beziehung zu Christus, dem Bräutigam der Gemeinde.
Jene 144000 sind geheiligt worden indem sie durch Christus im Bad des Wortes gereinigt worden sind (Eph 5,26). Und sie haben sich nicht mit Götzendienst und zuchtlosem Treiben verunreinigt (Offb 2,20; 3,4; 1Joh 5,21). Sie bilden die reine und fleckenlose Braut des Lammes (Offb 19,7).
Diese geistliche Deutung schließt alle wahrhaft Gläubigen (auch die des Alten Testamentes) mit ein. Denn bereits in Israel verwendete Gott das Bild von Mann und Frau um die Beziehung zwischen sich und dem Volk zu beschreiben (Jes 54,5-10). Und in Hosea 2,21-22 lesen wir von Christus als dem Herrn und seiner Braut: „Ich will dich mir verloben auf ewig, ich will dich mir verloben in Gerechtigkeit und Recht, in Gnade und Barmherzigkeit. Ich will dich mir verloben in Treue, und du wirst den HERRN erkennen.“
Christus hat nur eine Braut und es ist seine Gemeinde, die alle Erlösten einschließt.
Das Zweite: „diese sind es, die dem Lamm folgen, wohin es auch geht.“ (14,4b). Nachfolge begann bereits hier auf Erden, wo sie von Jesus auf grüne Auen und zum frischen Wasser geführt wurden. Nun versorgt er sie mit dem verborgenen Manna und tränkt sie mit dem Wasser des Lebens (Offb 2,17; 7,17). Wie schön, dass er vorangeht und sie ihm vertrauensvoll folgen können.
Das dritte: Eine weitere wichtige Frage beschäftigt uns und zwar: Auf was bezieht sich die Bezeichnung Erstlinge? „Diese sind aus den Menschen als Erstlinge für Gott und das Lamm erkauft worden.“ (Offb 14,4c).
Der griechische Begriff `aparch¢n` hat in der Wortwurzel `arch` den Sinn von: Anfang, Haupt (1Mose 1,1; Joh 1,1; 1Joh 1,1; Hebr 1,10). Mit dieser Wortwurzel werden die uns bekannten Fremdwörter: Patriarch (Erzvater), Archiepiskop (Erzbischof), Archangelos (Erzengel) gebildet. Dabei ist der Aspekt der Hauptsache, des Wichtigsten, des am Anfang stehenden betont. Der Aspekt des Vorrangs wird durch den Begriff `prötokos – Erstgeborener` betont.
Die `aparchei` in Offb 14,4 sind aus den Menschen als Erstlinge, Erstlingsfrucht, Erstlingsgabe oder als Erstgeborene für Gott und das Lamm erkauft worden.
Denken wir zunächst an die Erstlingsfrucht vom Felde und auch von den Tieren, die Gott für sich beanspruchte. Dies taten bereits Kain und Abel (1Mose 4,2ff). Später wurden die Israeliten angehalten diese Erstlingsfrucht für den Dienst an der Stiftshütte bereitzustellen.
und Diese Erstlingsfrucht diente damals in Israel den Priestern als Unterhalt (5Mose 15,19; 26,1ff). Dies galt auch in Bezug auf die Erstgeborenen in Israel. in 4Mose 3,13 lesen wir: “Denn die Erstgeburten sind mein. An dem Tage, da ich alle Erstgeburt schlug in Ägyptenland, da heiligte ich mir alle Erstgeburt in Israel, Mensch und Vieh, dass sie mir gehören sollen, ich bin der Herr.“(vgl. dazu auch 4Mose 3,40-42; 8,17).
Sogar Israel (als Volk) wurde von Gott als „Mein Erstgeborener Sohn“ bezeichnet (2Mose 4,22).
Im Neuen Testament gründet sich das Erstgeburtsrecht auf den Erstgeborenen Christus! Jesus ist der Erstgeborene vom Vater und der Erstgeborene aus den Toten (Kol 1,15-18; Hebr 1,6; Offb 1,5). Auch in der Rangfolge bei der Auferstehung aus den Toten wird er als der Erstling bezeichnet (1kor 15,20-23).
Und in Bezug auf die Gläubigen schreibt Paulus: „Wir aber müssen Gott allezeit für euch danken, vom Herrn geliebte Brüder und Schwestern, dass Gott euch als Erstlinge (aparch¢n) erwählt hat zur Seligkeit in der Heiligung durch den Geist und im Glauben an die Wahrheit.“ (2Thes 2,13). Und Jakobus schreibt: „Er hat uns geboren nach seinem Willen durch das Wort der Wahrheit, damit wir die Erstlinge (aparch¢n) seiner Geschöpfe seien.“ (Jak 1,18). Der Status als Erstlinge wird durch die Wiedergeburt erlangt. Und die Gemeinde besteht nur aus Erstgeborenen. So lesen wir in Hebr 12,22-23: „(…) sondern ihr seid gekommen zu dem Berg Zion und zu der Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, und zu den vielen tausend Engeln und zur Festversammlung der Erstgeborenen, die im Himmel aufgeschrieben sind.“ Die Bezeichnungen Erstlinge und Erstgeborene werden nach obigen Textaussagen sowohl auf Christus als auch auf die Gläubigen als Synonyme verwendet. In der Gemeinde des Neuen Testamentes, welches nach Jer 31,31-34 von Jesus in Mt 26,26 gestiftet und mit seinem Tod besiegelt hatte gibt es nur Erstgeborene. In diesem Testament sind auch alle Gläubigen aus den Nationen eingeschlossen, unabhängig von Volkszugehörigkeit, Geschlecht oder sozialem Stand (Gal 3,28-29).
Daher steht die Zahl 144000 (als symbolische Vollzahl) dieser Erstlinge aus Israel und den Nationen. Denn der Text macht deutlich, dass diese von der Erde und den Menschen für Gott und das Lamm erkauft wurden (Lk 13,28-29).
Die Zahl 144000 die uns bereits aus Kapitel 7,4-8 bekannt ist, schließt dieselbe Gruppe von Menschen ein. Der Unterschied liegt nur darin, dass sie dort im Laufe der Heilsgeschichte durch den Glauben mit dem Heiligen Geist versiegelt wurden, im Bild aus Offb 14,1-5 sind sie bereits am Ziel angekommen (so auch in Offb 7,9-17; 21,10ff).
Viertens: „Und in ihrem Mund wurde kein Falsch gefunden; sie sind untadelig. (Offb 14,5).
Was für ein Zeugnis! Der Anspruch zur Tadellosigkeit wurde bereits an Israel gestellt: “Du aber sollst
untadelig sein vor dem HERRN, deinem Gott.“ (5Mose 18,13). Von Zacharias und Elisabeth heißt es: „Sie waren aber beide gerecht und fromm vor Gott und lebten in allen Geboten und Satzungen des Herrn untadelig.“ (Lk 1,5). Paulus stellt den Gläubigen in Aussicht: „Der wird euch auch fest machen bis ans Ende, dass ihr untadelig seid am Tag unseres Herrn Jesus Christus.“ (1Kor 1,8). Und ähnliches schreibt er auch an die Epheser: „Denn in ihm hat er uns erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war, dass wir heilig und untadelig vor ihm sein sollten in der Liebe. (Eph 1,4). Oder: „damit er für sich die Gemeinde herrlich bereite, die keinen Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern die heilig und untadelig sei.“ (Eph 5,27). Da hat sich Christus was vorgenommen aus seiner Braut zu machen. Und dieser hohe Anspruch ist motivierend für seine Gemeinde.
Diese Vision ist eine Vorschau zur Ermutigung für die auf Erden bedrängte und verfolgte Gemeinde
(4.5) Die Ankündigung des Gerichts sowie der Fall Babylons
Johannes schreibt weiter über das was er sah und hörte:
„Und ich sah einen anderen Engel hoch oben am Himmel fliegen, der (ein) ewiges Evangelium hatte, um es denen zu verkündigen, die auf der Erde ansässig sind, und jeder Nation und jedem Stamm und jeder Sprache und jedem Volk; 7 und er sprach mit lauter Stimme: Fürchtet Gott und gebt ihm Ehre! Denn die Stunde seines Gerichts ist gekommen. Und betet den an, der den Himmel und die Erde und Meer und Wasserquellen gemacht hat!“ (Offb 14,6-7).
Eine ungewöhnliche Audiovision bekommt Johannes mit. Die Stimme des Engels, der hoch oben am Himmel fliegt ist so gewaltig, dass es der gesamte Erdkreis zu hören bekommt, denn er wendet sich an alle vier uns bereits bekannten Gruppen von Menschen. Ebenso herausfordernd ist der Inhalt seiner Botschaft. Sie enthält zwei Aufforderungen:
- „Fürchtet Gott und gebt ihm Ehre!“ Die Begründung: „Denn die Stunde seines Gerichts ist gekommen“. Für Gericht steht der gr. Begriff `kriseös im Genetiv` und lässt uns an eine Krise denken. Mit diesem Begriff wird aber auch der Gerichtsprozess beschrieben, der nach bestimmten Kriterien abläuft und am Ende zu einer Klärung führt. Zweifellos ist hier das Endgericht gemeint, doch dieses Gericht hat einen Anfang, einen Verlauf und einen Abschluss. Wir werden erkennen, womit Gott beginnt. Die Bezeichnung: „Stunde seines Gerichts“ ist eher ungewöhnlich. An anderer Stelle wird dieses Ereignismit dem Tag des Gerichts bemessen (2Petr 2,9). Doch diese Stunde besteht nicht aus sechzig Minuten, wie auch jener Tag nicht aus 24 Stunden bestehen wird. Hier haben wir es mit einer symbolischen Zeiteinheit zu tun. Vergleiche dazu auch den Gebrauch dieser Zeiteinheit bei Jesus, bei der es um sein Leiden geht (Joh 8,20; mit 12,27 und 13,1). Auch hier geht es nicht um eine chronologische Zeiteinheit, sondern um das inhaltliche Geschehen. Während Gott viele Details von dem Gerichtsprozess anhand verschiedener Bilder benennt und beschreibt, verhüllt er den Gerichtsbeginn und dessen Dauer.
- „Und betet den an, der den Himmel und die Erde und Meer und Wasserquellen gemacht hat!“ Es erinnert uns zunächst an den Schöpfungsbericht aus 1Mose 1,14ff, dann aber auch an die vielen aussagen besonders in den Psalmen, in denen Gott für seine Schöpfung gerühmt wird. Und es erinnert uns an den Hymnus zu Ehren dessen, der auf dem Thron sitzt und zu Ehren des Lammes aus Offb 4,8; 5,13 und ebenso auch an den Christus-Hymnus aus Phil 2,9-11. Zum wiederholten Male werden die vier zentralen Bestandteile der Schöpfung genannt: Himmel (Sonne, Mond und Sterne) Erde, Meer und die Wasserquellen (2Mose 20,11; Ps 146,6; Neh 9,6).
Diese frohe Botschaft wird in unserem Textzusammenhang mit der Ankündigung des Gerichtes verkündigt. Doch mit dem Zeitwort „ewige“ wird hervorgehoben, dass sie neben dem letzten Aufruf auch für alle Zeitabschnitte Geltung hat. Wie gut, dass es neben den vielen lokalen Gerichten auch ein universelles Endgericht gibt, bei dem Gott alle Dinge richtig stellen wird. Dieses Endgericht, das im Zusammenhang mit der Wiederkunft von Jesus steht, ist bereits in Offb 1,7; 6,12-17; 11,15-19 grundsätzlich angedeutet und teilweise beschrieben worden. Es ist auch das Gericht , bei dem am Ende alle Toten vor den Sohn des Menschen gestellt werden (Offb 20,12-15).
Für die Beschreibung dieses Endgerichtes gibt es auch im Matthäusevangelium eine Parallele von Jesus in Gleichnisform (Mt 13,36-51). Doch darüber etwas später mehr.
(4.5.1) Die Ankündigung von dem Fall der Stadt Babylon
Das Gericht über alle gottfeindliche Mächte beginnt mit dem Fall Babylons.
„Und ein anderer, zweiter Engel folgte und sprach: Gefallen, gefallen ist das große Babylon, das mit dem Wein seiner leidenschaftlichen Unzucht alle Nationen getränkt hat. (Offb 14,8).
Ein zweiter Engel verkündigt den Fall Babylons und was aus ihr (der Stadt) geworden ist. Es sieht so aus, das Gott in seinem Gericht mit Babel anfängt. Hier geht es um den letzten und endgültigen Fall dieser großen Stadt und zwar im übertragenen Sinne und globaler Dimension. Babylon wird als die `große` Stadt mindestens acht Mal bezeichnet (Offb 11,8; 14,8; 16,19; 17,18; 18,10.16.18.19.21).
Anmerkung: Jerusalem wird erst in der Neuschöpfung als große Stadt bezeichnet, dafür aber als heilige, Geliebte oder Stadt des großen Königs (Dan 9,24; Mt 5,35; Offb 11,2; 20,9; 21,2.10).
Doch schauen wir zunächst in die Geschichte zurück und erfahren Details über den Beginn, den Aufstieg und Niedergang dieser bedeutenden Weltstadt der antike. Denn auch der Fall jener Stadt wurde vorausgesagt.
Der historische Hintergrund der Stadt Babylon
Die am häufigsten genannte Stadt in der Bibel ist natürlich Jerusalem (weit mehr als achthundert Mal). Der Name er Stadt Babylon oder Babel kommt in der Bibel mehr als 280 Mal vor. Dazu die vielen indirekten Hinweise auf diese Stadt. Damit ist sie am zweit häufigsten genannte Stadt in der Bibel. Schon allein diese Tatsache hebt die Bedeutung dieses Themas hervor. Zum ersten Mal lesen wir davon in 1Mose 10,10 und 11,1-9 (Turmbau zu Babel). Es ist die erste der vier genannten Städte im Zweistromland. So heißt es von Nimrud: „Und der Anfang seines Reichs war Babel, Erech, Akkad und Kalne im Lande Schinar“ (1Mose 10,10). Damit wäre Babel die erstgenannte
Stadt in der Bibel, welche nach der Sintflut erbaut wurde. Die Schreibweise Babylon ist griechisch und kommt seltener vor. Nach der Sprachverwirrung heißt es: „So zerstreute sie der HERR von dort über die ganze Erde, dass sie aufhören mussten, die Stadt zu bauen.“ (1Mose 11,8).
Unter Hammurabi (ca.18 Jh. v.Chr.) erlebte Babylon einen Aufschwung. Unter ihm wurden viele Götzentempel errichtet. Unter Nebukadnezar dem Zweiten (ca. 605 v.Chr.) wurde die Stadt prächtig ausgebaut (Dan 4,27). Dieses Neubabylonische Reich bestand bis 539 v.Chr. In den Jahren 605, 597 und 586 führte Nebukadnezar die Juden für etwa 70 Jahre in die babylonische Gefangenschaft.
Doch bereits etwa hundert Jahre vorher sprach Jesaja von dem Glanz Babylons und prophezeite seinen Niedergang (Jes 13,19-22; 14,4-21). Und in Jes. 21,9 heißt es: „Und er fing an und sprach: Gefallen, gefallen ist Babel und alle Götzenbilder seiner Götter sind zu Boden geschmettert.“
Und in Kapitel 47,1 heißt es: „Herunter, setze dich in den Staub, Jungfrau, du Tochter Babel! Setze dich auf die Erde, du Tochter der Chaldäer, da ist kein Thron mehr. Man wird dich nicht mehr nennen »Zarte und Verwöhnte«.“
Kyrus der Perserkönig eroberte schließlich Babylon 539 v.Chr. Auch dies ist durch den Propheten Jesaja vorausgesagt worden: „Siehe, ich will die Meder gegen sie erwecken, die nicht Silber suchen oder nach Gold fragen, 18 sondern die jungen Männer mit Bogen erschießen und sich der Frucht des Leibes nicht erbarmen und die Kinder nicht schonen. 19 So soll Babel, das schönste unter den Königreichen, die herrliche Pracht der Chaldäer, zerstört werden von Gott wie Sodom und Gomorra.“ (Jes 13,17-19). Der Perserkönig Kyrus gestattete den Juden in ihr Land zurückzukehren (2Chr 36,22-23). Alexander der Große (333-322 v.Chr.) plante Babylon zur Hauptstadt seines Weltreiches zu machen, woraus jedoch nichts geworden ist. Unter den Römern spielte Babylon keine Rolle mehr im Weltgeschehen. Bereits um die Zeitenwende war diese ehemals prächtige Stadt verlassen.
Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die Ruinen der Stadt unter der Leitung von Robert Koldewey entdeckt und teilweise ausgegraben. Aber bis heute ist diese Stadt (im Irak östlich des Euphrat) nicht mehr bewohnt worden. Damit erfüllte sich, was der Herr durch den Propheten Jeremia vorhergesagt hatte: „Wenn aber die siebzig Jahre um sind, will ich heimsuchen den König von Babel und jenes Volk, spricht der HERR, um ihrer Missetat willen, dazu das Land der Chaldäer und will es zur ewigen Wüste machen.“ (Jer 25,12; ähnlich auch in 51,37.64).
Wenn Petrus aus Babylon grüßen lässt, dann befand er sich eher in Rom (Italien) als in Mesopotamien (1Petr 5,13).Im Buch der Offenbarung hat Babylon nur sinnbildliche Bedeutung.
Das alte Babylon ist längst zerstört und verwüstet,
das viel gefährlichere Babylon wird in den Herzen von stolzen und hochmütigen Menschen mit alten und neuen Götterkulten aufgebaut.
Es fällt auf, dass Jesus und Paulus den Begriff Babylon nirgendwo gebrauchen, aber vom Inhalt her viel darüber sprechen. Deshalb sind die in Betracht kommenden Aussagen des NT zu prüfen und als Schlüssel zum Verständnis der Offenbarungstexte anzuwenden. Fortsetzung dieses Themas in Kapitel 17 und 18, wo es im Detail behandelt wird.
(4.5.2) Der dritte Engel mit der Drohbotschaft
Nun folgt der dritte Engel mit einer Botschaft, vor der viele Menschen am liebsten die Ohren schließen würden:
„Und ein anderer, dritter Engel folgte ihnen und sprach mit lauter Stimme: Wenn jemand das Tier und sein Bild anbetet und ein Malzeichen annimmt an seine Stirn oder an seine Hand, 10 so wird auch er trinken vom Wein des Grimmes Gottes, der unvermischt im Kelch seines Zornes bereitet ist; und er wird mit Feuer und Schwefel gequält werden vor den heiligen Engeln und vor dem Lamm. 11 Und der Rauch ihrer Qual steigt auf von Ewigkeit zu Ewigkeit; und sie haben keine Ruhe Tag und Nacht, die das Tier und sein Bild anbeten, und wenn jemand das Malzeichen seines Namens annimmt.“ (Offb 14,9-11).
Etwas fällt auf, nämlich: Die Anbetung des Tieres und seines Bildes sowie die Annahme des Malzeichens wird mit Babylon in Zusammenhang gebracht, wie bereits im Teil 4.3.4 angedeutet wurde. Denn nach der Beschreibung aus Offb 17 kooperieren diese beiden Machtgrößen miteinander, wobei der Einfluss von Babylon ausgeht, denn sie (die Hure Babylon) sitzt auf dem Tier, bzw. sie reitet darauf (vgl. Offb 17,1-18 mit Offb 13,1-2).
Das Ende der Menschen, welche die Gesinnung des Tieres und dessen Handlungsweise übernommen hatten wird in einer dramatischen Vorschau gezeigt.
So verkündet der Engel: „so wird auch er trinken vom Wein des Grimmes Gottes, der unvermischt im Kelch seines Zornes bereitet ist; und er wird mit Feuer und Schwefel gequält werden vor den heiligen Engeln und vor dem Lamm.“
Diese bildhafte Beschreibung können wir besser verstehen, wenn wir ähnliche Aussagen aus den Propheten zu Rate ziehen. Im Buch des Propheten Jeremia in Kapitel 25 wird der Zustand des Volkes in Juda und Jerusalem geschildert. Diese Bestandsaufnahme wird sogar datiert, es war das vierte Regierungsjahr von Jojakim dem Sohn Josias und das erste Jahr der Herrschaft von Nebukadnezar, des Königs von Babel ca 605 v.Che. Nach 23 Jahren prophetischen Dienstes wird Jeremia beauftragt den Becher mit dem Wein des Zorns Gottes zu allen Völkern zu senden, beginnend mit Jerusalem. So lässt Gott den Völkern sagen: „Wenn sie aber den Becher von deiner Hand nicht nehmen und nicht trinken wollen, dann sprich zu ihnen: So spricht der HERR Zebaoth: Ihr müsst trinken! 29 Denn siehe, bei der Stadt, die nach meinem Namen genannt ist, fange ich an mit dem Unheil, und ihr solltet ungestraft bleiben? Ihr sollt nicht ungestraft bleiben, denn ich rufe das Schwert über alle herbei, die auf Erden wohnen, spricht der HERR Zebaoth.“
(Jer 25,28-29). Kein Volk wird ausgespart. Da jenes Gericht mit denselben Begriffen beschrieben wird, wie auch in den Texten der Offenbarung, können wir die Situation aus jener Epoche als Vorbild für das Endgericht nehmen.
Aber auch in den Texten der Evangelien und den Briefen der Apostel wird offen über den Zorn Gottes gesprochen, der über allen lastet, die dem Evangelium nicht gehorchen (Mt 3,7; Joh 3,36b; Röm 1,18; 2,5.8; Eph 5,6; Kol 3,6; 1Thes 1,10; 2,16; Offb 6,16). Die Begriffe `Grimm und Zorn` werden in Offb 14,10 als Synonyme und einander ergänzend gebraucht (so auch in Röm 2,8; Gal 5,20; Offb 16,19; 19,15). Gottes Zorn ist die angemessene Reaktion aufgrund seiner Heiligkeit und Gerechtigkeit auf das gottlose Verhalten der Menschen.
Die folgende Aussage beschreibt die ganze Dramatik derer, welche dem Tier folgten: „Und der Rauch ihrer Qual steigt auf von Ewigkeit zu Ewigkeit; und sie haben keine Ruhe Tag und Nacht, die das Tier und sein Bild anbeten, und wenn jemand das Malzeichen seines Namens annimmt“.
Tag und Nacht gequält werden“ Erinnert es uns an die Aussage des reichen Mannes im Hadesch, der sagte: „Ich leide Qual in dieser Flamme“ (Lk 16,24). Nun scheint es kein natürliches Feuer zu sein, denn er verbrannte ja nicht. Ist es vergleichbar mit dem, was Jesus in einem anderen Bild aussprach? „Wo ihr Wurm nicht stirbt und ihr Feuer nicht erlöscht“ (Mt 9,48).
Der Ausdruck: „ihr Rauch steigt auf“ erinnert an Sodom und die Nachbarstädte (1Mose 19,28). Doch der Rauch über Sodom verflüchtigte sich nach einiger Zeit, hier jedoch steigt er für immer auf. Im Text steht, dass sie gequält werden vor seinen Engeln und dem Lamm. Bedeutet es, dass den Geretteten dieser Anblick erspart bleibt? Es steht uns nicht zu, den beschriebenen Details über das Schicksal der Verlorenen noch etwas hinzuzufügen. Vielmehr soll es uns motivieren Menschen auf die Frohbotschaft von Jesus Christus aufmerksam zu machen, damit sie gerettet werden.
Nun kommt eine Botschaft, die in die Gegenwart hineingesprochen wird und doch für jede Zeit Gültigkeit hat: „Hier ist das Ausharren der Heiligen, welche die Gebote Gottes und den Glauben an Jesus bewahren.“ (Offb 14,12).
Wie treffend dieser Einschub, bevor das Endgericht in den Perspektiven von Ernten geschildert wird.
Ausharren oder geduldig warten, weißt auf schwierige Lebensumstände hin, siehe die vielen Hinweise über Bedrängnisse (Offb 1,9; 2,10; 7,14). Die Gebote Gottes halten, bewahren und umsetzen im Alltag, ist gerade in schwierigen Zeiten eine große Herausforderung. Doch Johannes schreibt an seine geistlichen Kinder, dass die Gebote nicht schwer sind, tragen sie doch zur Orientierung bei und ehren unseren Herrn (1Joh 5,3).
Aus diesen Aussagen können wir auch schließen, dass es hier auf Erden die ganze Zeit über Gläubige Menschen geben wird. Und ihnen gelten folgende ermutigende Aussichten: „Und ich hörte eine Stimme aus dem Himmel sagen: Schreibe: Glückselig die Toten, die von jetzt an im Herrn sterben! Ja, spricht der Geist, damit sie ruhen von ihren Mühen, denn ihre Werke folgen ihnen nach.“ (Offb 14,13).
Eine Stimme aus dem Himmel erschallt und fordert erneut Johannes auf zu schreiben. Danach spricht er eine Seligpreisung aus über die Menschen, welche „im Herrn sterben von nun an“, denn der Geist spricht, ja, er bezeugt, dass sie (die Seelen der im Herrn Verstorbenen ruhen, wobei ihre Werke/Taten mit ihnen gehen (Offb 6,9-11; Lk 12,33; 14,14; 1Kor 3,14). Es ist bereits die zweite von den sieben Seligpreisungen in diesem Buch (Offb 1,3; 14,13; 16,15; 19,9; 20,6; 22,7.14).
Paulus wünschte beim Herrn zu sein, was seiner Erkenntnis nach auch viel besser wäre (Phil 1,23). Und insgesamt spricht er sehr zuversichtlich über den Übergang vom physischen Tod in das Leben und Gemeinschaft mit dem Herrn (Röm 14,8; Phil 1,21). Auch Petrus äußert sich dahin, dass er seine Hütte bald ablegen muss und stützt sich dabei auf die Voraussage seines Herrn, mit welchem Tode er Gott verherrlichen werde (2Petr 1,14; Joh 21,18). Das „Von jetzt an“ eine Zeitangabe, die auf den ersten Blick den Eindruck erweckt, dass es denen gilt, die kurz vor dem Beginn des Gerichtes sterben werden. Auch wenn diese Aussage im Rahmen des Textes über das Gericht ausgesprochen wird, galt sie bereits all denen, die im 1. Jahrhundert im Glauben an Jesus gestorben sind. Jesus hat bereits in seiner Dienstzeit ähnliches gesagt: „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten“ (Mt 10,28; Joh 11,25-26). Daher gilt diese Seligpreisung für alle Zeiten.
(4.5.3) Das Gericht im Bild der Ernte eines Getreidefeldes
Nun wird der Blick des Johannes auf ein weiteres Bild gelenkt: „Und ich sah: Und siehe, eine weiße Wolke, und auf der Wolke saß einer gleich einem Menschensohn, der auf seinem Haupt einen goldenen Siegeskranz und in seiner Hand eine scharfe Sichel hatte. 15 Und ein anderer Engel kam aus dem Tempel hervor und rief dem, der auf der Wolke saß, mit lauter Stimme zu: Schicke deine Sichel und ernte! Denn die Stunde des Erntens ist gekommen, denn die Ernte der Erde ist überreif geworden. 16 Und der auf der Wolke saß, warf seine Sichel auf die Erde, und die Erde wurde abgeerntet.“ (Offb 14,14-16).
Das Endgericht wird durch das erste Bild der Ernte eines Getreidefeldes dargestellt. Ernte ist ein häufig vorkommendes Naturergebnis von Aussaat oder Pflanzung und es kommt mehr als 50 Mal in der Bibel vor. Gott verhieß, dass „So lange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte“ (1Mose 8,22). Dabei hat Ernte neben der natürlichen Bedeutung auch geistlichen Sinn. Erinnern wir uns an die verschlüsselte Redeweise von Jesus an seine Jünger am Jakobsbrunnen, als er ihre Beobachtung zitierte: „Sagt ihr nicht selber: Es sind noch vier Monate, dann kommt die Ernte? Siehe, ich sage euch: Hebt eure Augen auf und seht auf die Felder: sie sind schon reif zur Ernte.“ (Joh 4,25). Die Jünger sprachen von der Haupternte am Ausgang des Erntejahres (2Mose 23,16b). Das Ernten begann in Israel bereits in der Passahzeit (Jos 5,12: Gerstenärnte; Joh 6,9: Gerstenbrote). Die Weizenernte um die Zeit des Wochenfestes (Pfingstfestes) stand bevor, auf die Jesus wahrscheinlich seine Jünger aufmerksam machte (2Mose 34,22; 5Mose 16,9). Und damit wies er auf die Aufnahmebereitschaft der Samariter für das Evangelium hin (Joh 4,40-ff).
Doch zunächst gehen wir der Frage nach: Wer ist der Sitzende auf einer Wolke? Die weiße Wolke und der Vergleich (Ähnlichkeit) mit einem Menschensohn lassen zunächst an Jesus denken, der nach Matthäus 24,30 bei seiner Wiederkunft auf Wolken des Himmels erscheinen wird (ähnlich auch in Offb 1,7). Doch er kommt nicht allein, sondern in Begleitung der Engel (Mt 16,27; Lk 9,26).
Dieser, einem Menschensohn gleich (ähnlich) hat auch noch andere Merkmale. Auf seinem Haupt trägt er einen goldenen Siegeskranz. Goldene Siegeskränze tragen auch die vierundzwanzig Ältesten (Offb 4,4). Aber im letzten Kampf zeigt sich Jesus als König der Könige mit vielen Diademen auf seinem Haupt (Offb 19,12). Und diese Insignien der Macht wird er auch beim Endgericht tragen (Mt 25,31: als König und Richter auf dem Thron seiner Herrlichkeit).
Weiteres Merkmal: In seiner Hand hat der himmlische Bote eine scharfe Sichel (gr. drepanon oxou, im Vergleich dazu geht aus dem Munde des Menschensohnes und König der Könige ein zweischneidiges scharfes Schwert hervor). In der Bibel wird die Sichel zehnmal erwähnt und davon neunmal im Zusammenhang der Ernte. In der Hand des Menschensohnes ist zwar die Worfschaufel aber an keiner Stelle die Sichel (Jer 15,7; Mt 3,12; Lk 3,17; Mt 25,31ff: er trägt die Verantwortung für die Trennung der einen von den anderen). Doch die Ausführung (das Sammeln) legt er in die Hände seiner himmlischen Boten (Mt 24,31).
Die Betonung im darauffolgenden Text: „Und ein anderer Engel kam aus dem Tempel“ lässt doch eher daran denken, dass der Sitzender auf der Wolke auch ein himmlischer Bote ist. Die Ähnlichkeit mit (dem) Menschensohn kann auch auf eine besondere Bevollmächtigung durch Jesus hinweisen (ähnlich wie in Offb 10,1ff). Dass ein Engel aus dem himmlischen Heiligtum (Tempel) kommend dem Menschensohn Jesus Anweisungen erteilen würde, wäre nicht nur ungewöhnlich, sondern auch beispiellos in der Schrift. Nach den Worten von Jesus ist es geradezu umgekehrt, denn er ist es, der den Engeln Anweisungen gibt, was sie zu tun haben. In einem seiner Gleichnisse heißt es: „Wenn aber die Frucht reif ist, so schickt er alsbald die Sichel hin; denn die Ernte ist da.“ (Mk 4,29).
Das Bild von der Ernte am Ende des Zeitalters mit präzisen Detailangaben im Gleichnis aus Matthäus 13 wird von Jesus erklärt: „Der Menschensohn ist`s, der guten Samen sät. 38 Der Acker ist die Welt. Der gute Same, das sind die Kinder des Reichs. Das Unkraut sind die Kinder des Bösen. 39 Der Feind, der es sät, ist der Teufel. Die Ernte ist das Ende der Welt. Die Schnitter sind die Engel. 40 Wie man nun das Unkraut ausjätet und mit Feuer verbrennt, so wird’s auch am Ende der Welt gehen. 41 Der Menschensohn wird seine Engel senden, und sie werden sammeln aus seinem Reich alle Ärgernisse und die, die da Unrecht tun, 42 und werden sie in den Feuerofen werfen; da wird sein Heulen und Zähneklappern. 43 Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne in ihres Vaters Reich. Wer Ohren hat, der höre!“ (Mt 13,37-43; so auch in 13,49).
In diesem ersten Bild von der Ernte gibt es keinen Gerichtsabschluss, denn es wird nichts über die Einsammlung der Gerechten, noch der Trennung von Weizen und Spreu gesagt, wie zu erwarten wäre. Daher sind wir zurückhaltend mit einer Schlussfolgerung, nur so viel: Die Gläubigen kommen nicht in das Gericht (Joh 3,18; 5,24).
Ganz anders ist es bei dem Bild vom Weinstock der Erde.
(4.5.4) Das zweite Bild der Ernte – Der Weinstock der Erde
Der Text für das zweite Bild von der Ernte beginnt mit den Worten: „Und ein anderer Engel kam aus dem Tempel im Himmel hervor, und auch er hatte eine scharfe Sichel. 18 Und ein anderer Engel, der Macht über das Feuer hatte, kam aus dem Altar hervor, und er rief dem, der die scharfe Sichel hatte, mit lauter Stimme zu und sprach: Schicke deine scharfe Sichel und lies die Trauben des Weinstocks der Erde! Denn seine Beeren sind reif geworden. 19 Und der Engel warf seine Sichel auf die Erde und las den Weinstock der Erde ab und warf ⟨die Trauben⟩ in die große Kelter des Grimmes Gottes. 20 Und die Kelter wurde außerhalb der Stadt getreten, und Blut ging aus der Kelter hervor bis an die Zügel der Pferde, 1 600 Stadien weit.“ (Offb 14,17-20).
Ein anderer Engel tritt aus dem Heiligtum, er wäre bereits der sechste. Es wird betont, dass er (wie auch im vorherigen Bild) mit einer scharfen Sichel ausgestattet war. Dann tritt ein weiterer Engel vom Räucheraltar her, von Gott autorisiert über das Feuer (Offb 8,5; Hes 10,2; Ps 104,4; Hebr 1,7). Dieser Engel gibt Anweisung dem Engel mit der Sichel. Immer wieder wird betont, dass im Himmel mit lauter, starker oder großen Stimme geredet wird, denn nichts geschieht dort heimlich oder im Alleingang (Offb 5,2; 7,9; 10,2; 11,15; 14,7.15; 18,4; 19,6).
Dieser Text hat den Weinstock der Erde als Anschauungsbild.
Etwa 96 Mal finden wir in der Bibel den Bezug zum Weinberg und Weinstock. Dies zeigt seine große Bedeutung nicht nur im Allgemeinen, sondern auch in der Heilsgeschichte. Diese Bilder helfen uns im Verständnis des Textes in Offb 14,17-20. Im starken Kontrast zu dem Text aus Offb 14,17-20 bezieht Jesus das Bild des Weinstocks auf sich. Dabei betont er, dass er der wahre Weinstock ist und sein Vater der Weingärtner (Joh 15,1). Diese Neuordnung der Verantwortlichkeit im Weinberg Gottes sticht kontrastvoll hervor im Vergleich der ungerechten Verwaltung des anvertrauten Weinberges bei Israel und Juda (nachzulesen in Jes 5,1-7). Und Gott hielt Gericht über diesen Weinberg und die Reben darin. Dies war ein lokales Gericht in der Geschichte des Volkes Israel, als die Assyrer im Jahre 722/721 das Nordreich eroberten und die Babylonier im Jahre 586 Jerusalem zerstörten. Doch Gott verhieß, Israel wieder zu sammeln und in seinem Lande einzupflanzen (Siehe Sacharia, Haggai und Maleachi). Und dies zog sich über mehr als fünfhundert Jahre hin. Doch Jesus traf zu seiner Zeit auf eine Führung in Israel, die ihn als den rechtsmässigen Erben verwarfen, wie das Gleichnis von den bösen Weingärtnern deutlich macht (Mt 21,38). Und so wurde die Verantwortung für Gottes Weinberg an das Volk, bestehend aus dem gläubigen Rest aus Israel und den Berufenen aus den Nationen übertragen, das seine Früchte bringen wird (Mt 21,39-43; Röm 11).
Dem wahren Weinstock, den Jesus ständig pflegt und reinigt steht der Weinstock dieser Erde im krassen Gegensatz gegenüber (Joh 15,1-16; Offb 14,17-20). Und der Weinstock dieser Erde fällt unter das Gericht Gottes. In den Schriften der Propheten suchen wir nach weiteren Schlüsseltexten zum Verständnis der Aussagen in Offb 14,17-20. Ausgehend von dem, was sich in Israel bereits in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhundert zur Zeit des Königs Joschafat ereignete, können wir Rückschlüsse auf das Endgericht ziehen. So sagte Gott durch den Propheten Joel etwa im Jahre 830 v.Chr. Gericht voraus. Dabei bezieht er sich auf die Schlacht zur Zeit des Königs Joschafat im Tal der Entscheidung:
“Die Völker sollen sich aufmachen und heraufkommen zum Tal Joschafat; denn dort will ich sitzen und richten alle Völker ringsum. 13 Greift zur Sichel, denn die Ernte ist reif! Kommt und tretet, denn die Kelter ist voll, die Kufen laufen über, denn ihre Bosheit ist groß! 14 Es werden Scharen über Scharen von Menschen sein im Tal der Entscheidung; denn des HERRN Tag ist nahe im Tal der Entscheidung. 15 Sonne und Mond werden sich verfinstern und die Sterne ihren Schein zurückhalten. 16 Und der HERR wird aus Zion brüllen und aus Jerusalem seine Stimme hören lassen, dass Himmel und Erde erbeben werden. Aber seinem Volk wird der HERR eine Zuflucht sein und eine Burg den Israeliten. 17 Und ihr sollt’s erfahren, dass ich, der HERR, euer Gott bin und zu Zion auf meinem heiligen Berge wohne. Dann wird Jerusalem heilig sein, und kein Fremder wird mehr hindurchziehen.“ (Joel 4,12-17). Der Prophet Joel beschrieb den kommenden Tag des Herrn und verglich ihn mit der alles entscheidenden Schlacht im Tal der Entscheidung zur Zeit des Königs Joschafats etwa im Jahre 860 v.Chr. Diese Schlacht fand in der Gegend von En-Gedi am Toten Meer statt. Äußerlich betrachtet stand Juda in der Gefahr, von den Völkern aus dem Ostjordanland (Ammoniter, Moabiter und Edomiter) völlig vernichtet zu werden. Jenes Tal wurde das Lobetal genannt und Tal der Entscheidung (nachzulesen in 2Chr 20,1-30).
Was sich damals zugetragen hatte, ist vorbildhaft für das noch ausstehende Gericht. Und etwa um 700 v.Chr. sagte der Herr durch den Propheten Jesaja wie er (anhand des Beispiels von Edom) mit den Völkern am Ende der Zeit (wegen ihrer Auflehnung gegen sein Volk) umgehen wird: »Wer ist`, der von Edom kommt, mit rötlichen Kleidern von Bozra, der so geschmückt ist in seinen Kleidern und einherschreitet in seiner großen Kraft? »Ich bin’s, der in Gerechtigkeit redet, und bin mächtig zu helfen.« 2 Warum ist denn dein Gewand so rotfarben, sind deine Kleider wie die eines Keltertreters? 3 »Ich trat die Kelter allein, und niemand unter den Völkern war mit mir. Ich habe sie gekeltert in meinem Zorn und zertreten in meinem Grimm. Da ist ihr Blut auf meine Kleider gespritzt, und ich habe mein ganzes Gewand besudelt. 4 Denn ich hatte einen Tag der Rache mir vorgenommen; das Jahr, die Meinen zu erlösen, war gekommen. 5 Und ich sah mich um, aber da war kein Helfer, und ich war bestürzt, dass niemand mir beistand. Da musste mein Arm mir helfen, und mein Zorn stand mir bei. 6 Und ich habe die Völker zertreten in meinem Zorn und habe sie trunken gemacht in meinem Grimm und ihr Blut auf die Erde geschüttet.« (Jes 63,1-6). Diese bildhafte und dramatische Beschreibung führt uns über Offb 14,17-20 zu Offb 19,15 wo ebenfalls das Bild von der letzten Schlacht geschildert wird: „Und aus seinem Munde ging ein scharfes Schwert, dass er damit die Völker schlage; und er wird sie regieren mit eisernem Stabe; und er tritt die Kelter, voll vom Wein des grimmigen Zornes Gottes, des Allmächtigen.“
Die Feinde werden allein durch den Herrn besiegt wie damals mit Edom und so auch im Endgericht. Gott braucht niemand dazu (Offb 17,14; 19,15). In diesem Kontext werden die Aussagen aus Offb 14,17-20 verständlicher.
Unsere Beobachtung ist: Vieles von dem was noch kommt, wurde bereits in der Geschichte auf verschiedene Weise vorgebildet. Ein Beispiel aus dem Zusammenhang der betrachteten Texte, welches auch Paulus in Röm 9,13 anführt mit Bezug auf Mal 1,1-3:
- Esau (Edom) verkaufte sein Erstgeburtsrecht an Jakob, wurde trotzdem mit Hass erfüllt und suchte seinen Bruder zu töten (1Mose 27,41).
- Amalek Enkel von Esau (1Mose 36,8-12) handelte tückisch und rücksichtslos gegen Israel auf deren Wüstenzug (2Mose 17,8ff). Und Gott drohte ihm mit endgültiger Vernichtung.
- Die weiter oben erwähnte Geschichte zeigt die Nachkommen Esau`s mit ihrem Entschluss Israel auszurotten, doch dies wurde ihnen zum Verhängnis.
- Der König Herodes war als Idumäer Nachkomme von Edom. Auch er suchte mit List Jesus umzubringen, was ihm jedoch nicht gelang (Mt 2).
Daher wird das Gericht Gottes über Edom (neben Sodom, Babylon, Gog und Magog) als ein Vorbild für das Endgericht verwendet (Offb 18,1-19,1ff; 20,7-10).
Das Element Wein wird im übertragenen Sinne für Blut und Leben verwendet (1Mose 9,4; 3Mose 17,11; Joh 6,54; Mt 26,26). Doch in diesem Text in negativer Anwendung als Tod. So heißt es in Offb 16,6: „Blut haben sie vergossen und Blut hast du ihnen zu trinken gegeben, denn sie sind`s wert.“ Auch durch den Propheten Jeremia lies Gott den Völkern, die sich weigerten den Becher des Zornesweins anzunehmen, ausrichten: „Ihr müsst trinken.“ (Jer 25,28).
Und Jesus sagte voraus: „Auf dass über euch komme all das gerechte Blut, das vergossen ist auf Erden, vom Blut Abels, des Gerechten, bis zum Blut Secharjas, des Sohnes Berechjas, den ihr getötet habt zwischen Tempel und Altar. Ja, ich sage euch: Es wird gefordert werden von diesem Geschlecht.“ (Mt 23,35; Lk 11,5). Mit dem Begriff `Geschlecht – gr. genea`, ist die Menschenart gemeint, welche sich gegen Gott, seinen Christus und seine Propheten stellt. Und in Offb 16,20ff wird die große Babylon (als Stadt und Hure im globalen Umfang) verantwortlich gemacht für all das Blut, welches vergossen wurde auf Erden.
Der abschließende Satz lautet: „Und die Kelter wurde außerhalb der Stadt getreten, und Blut ging aus der Kelter hervor bis an die Zügel der Pferde, 1600 Stadien weit.“ (Offb 14,20).
Was bedeutet, dass die Kelter außerhalb der Stadt getreten wurde? Zum Nachdenken: Wie die Feinde Gottes seinen Christus außerhalb der Stadt Jerusalem kreuzigten, so vergilt Gott seinen Feinden. Sie werden außerhalb des heiligen Bezirks der Stadt gerichtet und verdammt werden. Das Gen Hinnom Tal befand sich südwestlich von Jerusalem. Die hebräische Bezeichnung von diesem Tal wurde ins Griechische übernommen und lautet Geenna, was ins Deutsche mit Hölle übersetzt wird. Es ist identisch mit dem Feuer- und Schwefel See aus Offb 19,20-21; 20,10.15.
Um solche Bilder einigermaßen zu verstehen, müssen wir die bildereichen prophetischen Texte lesen, die über Gerichte Gottes sprechen. Einen solchen Text finden wir in Jesaja Kapitel 34,1-10). In dramatischen Bildern wird dort das Gericht über Edom beschrieben, das, wie wir oben gesehen haben, Vorbild für das Endgericht ist.
Die Maße in Länge und Tiefe für das Blut aus der Kelter betragen eintausendsechshundert Stadien weit= etwa 115 km und etwa eineinhalb Meter tief. Mit einer wörtlichen Erklärung kommt man da nicht weit. Doch weitet es den Blick für das große Mass des vergossenen Blutes auf Erden durch Gewalttaten von Menschen. Und Gott vergilt ihnen entsprechend ihren Werken (1Mose 4,10).
Aktualisiert am 27. Oktober 2024