APOKALYPSIS: WARUM IST JOHANNES AUF PATMOS?

1.3  Warum ist Johannes auf Patmos?

Schon der Ort der Abfassung dieses letzten Buches des Neuen Testamentes ist ungewöhnlich. Der Verfasser der Offenbarung macht klare Angaben über sich selbst, den Ort und Grund seines Aufenthaltes auf der Insel Patmos. Johannes schreibt: „Ich, Johannes, euer Bruder und Mitteilhaber an der Bedrängnis und am Königreich und am Ausharren in Jesus, war auf der Insel, die Patmos genannt wird, um des Wortes Gottes und des Zeugnisses Jesu willen..“ (Offb 1,9).

Dies schrieb Johannes vermutlich in der Zeit der Herrschaft des römischen Kaisers Domitian (81-96 n. Chr.). Die Insel Patmos liegt etwa 90 km südwestlich von der damaligen Provinzhauptstadt Ephesus entfernt. Die Lage und Beschaffenheit der Insel eigneten sich gut als natürlicher Verbannungsort für Andersdenkende.

Abbildung 3 Insel Patmos mit dem heutigen Hafenort Skala, der am Ende einer tief eingeschnittener und daher auch geschützten Bucht liegt. Heute zählt die Insel etwa 3000 Einwohner, die vom Pilgertourismus, vom Fischfang und teilweise der Landwirtschaft leben. Dank der Offenbarung wurde diese von der Lage her unbedeutende Ägäische Insel weltbekannt (Foto: 10. Mai 2015).

Wegen des Wortes Gottes und des Zeugnisses von Jesus wurde Johannes auf diese unwirtliche Insel verbannt. Dies setzt eine offensichtliche evangelistische Tätigkeit im Raum Ephesus voraus. Unter dem Kaiser Domitian dem auch in Ephesus eine Kultstätte eingerichtet wurde, fand eine systematische Verfolgung der Christen statt. Es erfüllte sich, was Jesus seinen Jüngern beim Abschied aufgetragen hatte (Apg 1,8: „Ihr werdet meine Zeugen sein …“). Johannes bezeichnet sich als `euer Bruder und Teilhaber`

  • an der Bedrängnis“. Es ist ein indirekter Hinweis für eine Verfolgung in der Provinz  Asia. Jesus hat Bedrängnis vorausgesagt: „In der Welt habt ihr Bedrängnis …“ ((Joh 16,30).
  • und dem Reich“ (Königreich). Das Mitregieren mit Christus in dieser Welt orientiert sich am Beispiel von Jesus während seines irdischen Lebens. Doch „das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist.“ (Röm 14,17).
  • und dem Ausharren in Jesus“. Das gr. Wort `ὑπομονῇ ypomon¢ ` bedeutet wörtlich: darunter bleiben, unter der Belastung (dem Joch des Christus) bleiben, nicht ausbrechen, durchhalten. Zu diesem standhaften Durchhalten werden die Gläubigen immer wieder ermutigt (Offb 13,10; 14,12). Man bedenke, dass  Johannes zu der Zeit (vermutlich) der letzte noch lebende Apostel war und doch keine Spur von Überheblichkeit zeigte, er ist Bruder und Mitknecht. Welch ein Kontrast zu der Überheblichkeit, Machtstreben und sogar Machtmissbrauch des Diotrephes (1Joh 1,9-10) oder der späteren Kirchenfürsten.

Was auch immer die römischen Behörden mit der Verbannung des Johannes bezwecken wollten, Gott hatte für ihn noch einen wichtigen Auftrag an die Gemeinden. Es war seine Wüste, aus der er den Gemeinden damals und für alle Zeiten eine Botschaft des auferstandenen und erhöhten Christus mitteilen sollte.

Die Aussage „ich war“ auf der Insel Patmos, könnte den Eindruck erwecken, dass Johannes nicht mehr dort ist und die Offenbarung erst nach Verlassen der Insel aufgeschrienen hatte. Nun, es ist gut möglich, dass er nach dem Tod des Kaisers Domitian im Jahre 96 wieder frei kam und Patmos verlassen konnte. Aber warum hält sich die Überzeugung fest, dass die Offenbarung auf der Insel verfasst wurde?

Abbildung 4 Insel Patmos, Blick von Chora aus über die Küstenregion. Die Insel ist sehr hügelig und teilweise bewaldet. Da die höchste Erhebung nur etwa 260 Meter hoch ist, verfügt sie über nur wenig Wasserquellen. (Foto am 11. Mai 2015).

Das gr. Verb `ἐγενόμηνegenom¢n`, wird meistens einfach mit `ich war` übersetzt. An einigen Stellen wäre es treffender mit `ich ward`, `ich wurde` oder mit, `ich bin geworden` zu übersetzen. In der Offenbarung kommt es noch an folgenden Stellen vor:

  • Offb 1,10 und 4,2: „ich war im Geist“, dies schreibt Johannes natürlich im Rückblick. Ein Erlebnis, das in der Vergangenheit liegt und abgeschlossen ist. An ihm vollzog sich etwas und er wurde in einen Zustand versetzt, bei dem er die göttlich-geistlichen Visionen imstande ist zu schauen.
  • Offb 1,18: „ich war tot“, ein Zustand in den Jesus hineinging und den er durchlitt und durchlief. An ihm vollzog sich das Tot sein, er ward tot (Phil 2,8).

Weitere Stellen: Apg 20,18: „wie ich bei euch die ganze Zeit war (im Sinne: mich bei euch verhalten habe)“; Apg 26,19: „ich war (ich ward) nicht ungehorsam“; Röm 10,20: „Ich war (ich bin) erschienen“; 1Kor 2,3: „ich war (wurde) bei euch“; 1Kor 9,20: „den Juden war (wurde) ich…“; 1Kor 9,22: „den Schwachen war (wurde) ich …“; Kol 1,23: „.dessen Diener ich, Paulus wurde, geworden bin“ (Kol 1,25).

In all diesen Texten wird das Verb `ἐγενόμηνegenom¢n  – ich war` unverändert geschrieben. Die Endung `m¢n` weist immer auf die 1. Person hin. Das `e` am Anfang drückt die Vergangenheitsform aus  Die Wortwurzel `gen` drückt aus, dass etwas geworden war (an, mit oder durch) Jesus, Johannes oder Paulus. Der Verlauf dieses Geschehens kann sich über einen Zeitraum hinziehen (bei Jesus 3 Tage im Tot sein, bei Paulus 3 Jahre Wirksamkeit in Ephesus, bei Johannes eine unbestimmte Zeit im Geist und ein Aufenthalt auf der Insel. Ein Aufenthalt, der möglicherweise noch anhielt, nachdem er das Buch schon geschrieben hatte.

Fortsetzung folgt

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Fragen, die Jesus gestellt wurden

Fragen, die Jesus gestellt wurden

Abbilding 1 Die enge Pforte auf dem Weg zum Johanneskloster auf der Insel Patmos (Foto am 11. Mai 2015).

Fragen, die Jesus gestellt wurden

Es sprach aber jemand zu ihm:

Herr, sind es wenige, die gerettet

werden?

Er aber sprach zu ihnen:

Ringt danach, durch die enge Pforte hineinzugehen!

Evangelium nach Lukas 13,23-24

 

Jesus antwortet nicht einfach mit Ja, oder nein. Statistiken sind unpersönlich, sie stillen lediglich und vorübergehend die Neugier.

 

Durch das Bild von der engen Pforte macht Jesus klar:

Wer gerettet werden will, muss bereit sein bestimmte Dinge abzulegen, welche den Durchgang verhindern.

Es ist ein echter Kampf, ein Ringen,  Habgier, Hochmut, Egoismus und Selbstgerechtigkeit abzulegen.

Es ist ein Kampf, um die eigenen Sünden und Verschulden  einzusehen, Gott zu bekennen und ihn um Vergebung zu bitten. Gott löscht jede Art von Schuld um Jesu willen.

Dies bedeutet, durch die enge Pforte hineingehen.

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Apokalypse 1.4-6: Gott lässt grüßen

1.2 Verfasser und Grußworte an die sieben Gemeinden

Und nun kommen die Grußworte an die sieben Gemeinden mit grundsätzlichen Aussagen über Gott den Vater, über den Heiligen Geist und Jesus Christus.

Johannes an die sieben Gemeinden in der Provinz Asia: Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt, und von den sieben Geistern, die vor seinem Thron sind, und von Jesus Christus, welcher ist der treue Zeuge, der Erstgeborene von den Toten und Fürst der Könige auf Erden! Ihm, der uns liebt und uns erlöst hat von unsern Sünden mit seinem Blut und uns zu einem Königreich gemacht hat, zu Priestern vor Gott und seinem Vater, dem sei Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. (Offb 1,4-6).

Bereits zum zweiten Mal wird der Name des Johannes genannt. Ja, hier stellt er sich selber mit Namen vor (so auch in 1,9 und 22,8). Er ist der Sohn des Zebedäus und der Salome, von Beruf Fischer, später Jünger und Apostel von Jesus Christus. Er hatte eine andere Lebensgeschichte als sein Bruder Jakobus. Jener wurde bereits im Jahre 44 n. Chr. von Herodes Agrippa II in Jerusalem mit dem Schwert getötet (Apg 12,1f). Die letzte Erwähnung vom Aufenthalt des Johannes in Jerusalem ist während der Apostelversammlung (Apg 15; siehe auch Gal 2,7-10), Dies war etwa im Jahre 48 n.Chr. Unter welchen Umständen und wann Johannes Jerusalem verlassen hatte, ist nicht bekannt. Doch es entsprach dem Auftrag von Jesus (Apg 1,8). So wirkte Johannes in seinen späteren Dienstjahren in der römischen Provinz Asia (heute Westtürkei), wahrscheinlich in Ephesus und Umgebung. Während sein Evangeliumsbericht und die drei Briefe in einem einfachen und auch leicht verständlichen Griechisch geschrieben wurden, gilt doch das Buch der Offenbarung als das Schwerverständliche.

 

Die sieben Gemeinden in der römischen Provinz Asia werden später namentlich vorgestellt. Doch bereits hier ist eine bestimmte Vorgehensweise Gottes erkennbar. Gott, der Vater gibt die Offenbarung an Jesus seinen Sohn (Offb 1,1a), bzw. die Vollmacht diese zu enthüllen Offb 5,5). Jesus bezieht  einen Engel ein, um diese Offenbarung an Johannes, den Jünger und Apostel zu übermitteln. Und Johannes soll sie in schriftlicher Form an die Gemeinden senden. Gott ist nicht Alleinakteur, er bezieht ein und zwar sorgfältig der Reihe nach in gewisser Staffelung. So werden alle beteiligt an der Verwirklichung des Willens Gottes. Doch einige Textpassagen am Anfang und Ende, sowie die Bewertung der sieben Gemeinden teilt Jesus seinem Jünger direkt mit (Offb 1,16-20; 2,1-3,22; 22,12-20).

 

Die Segenswünsche: Gnade und Frieden sind uns bekannt aus den Begegnungen von Jesus mit seinen Jüngern (Lk 24,36; Joh  20,19.21.26). Sie sind uns vertraut auch aus den Briefen der Apostel (Röm 1,7; 1Kor 1,3; 2Kor 1,2; Gal 1,3; Eph 1,2; Phil 1,2; 2Thes 1,2; 1Tim 1,2). Gnade und Frieden sind Ausdruck göttlicher Wesenszüge mit denen sich der Vater und der Sohn und der Heige Geist seinen Kindern zuwenden (Röm 15,33; 16,20; 1Kor 11,33; 13,11; Phil 4,9; 1Thes 5,20; 1Petr 5,10). Diese kommen:

  1. Von dem „der ist und der war und der kommende“.

Es ist Gott, der ewig Seiende (Offb 1,8; 4,8). Und wir werden  erinnert an 2Mose 3,14-16 wo Gott sich dem Mose als der `Ich bin – JaHWeH vorstellt.

 

  1. Und von den sieben Geistern, die vor dem Thron sind“.

Die Zahl 7 ist in diesem Text nicht buchstäblich, sondern symbolisch zu verstehen. Sie umschreibt die göttlich / geistliche Vollkommenheit, Vollständigkeit aber auch Vielseitigkeit der Charakterzüge und Dienste des einen Heiligen Geistes Gottes. Zunächst suchen wir nach ähnlichen Umschreibungen in den Texten des Buches der Offenbarung. Danach suchen wir nach Hinweisen aus den übrigen Schriften.

  • Offb 4,5: „und sieben Feuerfackeln brennen vor dem Thron, welche die sieben Geister Gottes sind“. Achten wir darauf, dass hier die sieben Geister Gottes vor dem Thron sind und bildhaft durch 7 Feuerfackeln dargestellt werden.
  • Offb 3,1: „Dies sagt der, der die sieben Geister Gottes und die sieben Sterne hat“. Die sieben Geister Gottes in der Rechten von Jesus bedeutet, dass er der Auftraggeber ist und sie die Ausführenden.
  • Offb 5,6: „Und ich sah inmitten des Thrones und der vier lebendigen Wesen und inmitten der Ältesten ein Lamm stehen wie geschlachtet, das sieben Hörner und sieben Augen hatte; dies sind die sieben Geister Gottes, ausgesandt über die ganze Erde.“ Hier gehen  die sieben Geister Gottes vom Lamm (das inmitten des Thrones ist) aus zum Dienst über die ganze Erde.
  • Sach 4,10: „Die werden doch mit Freuden sehen den Schlussstein in Serubbabels Hand. Jene sieben sind des HERRN Augen, die alle Lande durchziehen.“ (vgl. mit Sach 3,9).

Es handelt sich hier um eine Bildersprache, denn nirgendwo in der Schrift werden real existierende sieben (Heilige) Geister Gottes erwähnt. Immer ist es `der Geist Gottes, der Geist des Herrn, der Heilige Geist`. Denn in 1Kor 12,11 schreibt der Ap. Paulus: „Dies alles aber wirkt derselbe eine (Zahlwort) Geist, der einem jeden das Seine zuteilt, wie er will.“

Doch woher und wozu das Bild von den sieben Geistern? Es gab einen wichtigen Gegenstand im vorderen Teil des Heiligtums der Stiftshütte. Und dieser könnte die Formulierung `sieben Geister Gottes` erklären helfen. Während im Allerheiligsten die Bundeslade mit dem Sühnedeckel stand, befand sich an der rechten Seite (der Nordseite)  der Schaubrottisch (Sinnbild für Jesus, das Brot des Lebens Joh 6,35.48). Auf der linken Seite (der Südseite) stand der siebenarmige goldene Leuchter. Dieser musste täglich mit frischem, reinem Olivenöl gefüllt werden und durfte nie verlöschen (2Mose 25,31-34; 27,20). Dass das Öl in der Bibel  ein Sinnbild für den Heiligen Geist ist, wird durch folgende Textstellen bestätigt: Jes 61,1; Apg 10,38;1Joh 2,20.27. Der siebenarmige goldene Leuchter wurde aus einem Stück geformt und damit könnte er als eine Erklärung dienen für die Vision von den sieben Fackeln, sieben Augen und sieben Geistern Gottes in den Texten der Offenbarung.

Eine auffällig vielseitige Beschreibung der Wesenszüge und Eigenschaften des Geistes Gottes wird in Jesaja 11,1-3 beschrieben: „Und es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen. Auf ihm wird ruhen der Geist des HERRN, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des HERRN. Und Wohlgefallen wird er haben an der Furcht des HERRN.“ Viermal wird in diesem Text `der Geist des Herrn` genannt und in drei Zweiergruppen werden seine Wesenszüge oder Eigenschaften beschrieben. Manche Ausleger sehen hier sogar eine siebenfache Beschreibung des einen Geistes Gottes.

Auffallend ist auch, was Jesus über die vielfachen (mindestens sieben) Tätigkeiten des Heiligen Geistes sagt:

2.1 „(…) und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit“ (Joh 14,16; vgl. Mt 3,11b mit Apg 1,4-5; 2,1-4; Eph 1,13).

2.2 „(…) den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht noch ihn kennt. Ihr kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.“ (Joh 14,17; 7,37).

2.3 „Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ (Joh 14,26; dazu auch Lk 12,12).

2.4 „Wenn der Beistand gekommen ist, den ich euch von dem Vater senden werde, der Geist der Wahrheit, der von dem Vater ausgeht, so wird der von mir zeugen.“ (Joh 15,26; 1Petr 1,11).

2.5 „Und wenn er gekommen ist, wird er die Welt überführen von Sünde und von Gerechtigkeit und von Gericht. Von Sünde, weil sie nicht an mich glauben; von Gerechtigkeit aber, weil ich zum Vater gehe und ihr mich nicht mehr seht; von Gericht aber, weil der Fürst dieser Welt gerichtet ist.“ (Joh 16,8-11).

2.6 „Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten; denn er wird nicht aus sich selbst reden, sondern was er hören wird, wird er reden, und das Kommende wird er euch verkündigen.“ (Joh 16,13). Merken wir den engen Zusammenhang zwischen Jesus dem Sohn (dem Lamm aus Offb 3,1; 4,5; 5,6) und dem Geist Gottes?

2.7 „Er wird mich verherrlichen, denn von dem Meinen wird er nehmen und euch verkündigen.  Alles, was der Vater hat, ist mein; darum sagte ich, dass er von dem Meinen nimmt und euch verkündigen wird.“ (Joh 16,14-15).

Was Jesus den einzelnen Gemeinden zu sagen hat (Offb 2-3) wird von ihm verstärkt mit: „Wer Ohren hat zu hören, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt“. So umfassend ist der Dienst des Heiligen Geistes.

 

  1. und von Jesus Christus,“

3.1 „welcher ist der treue (glaubwürdige) Zeuge“ Die gr. Begriffe: ` ὁ μάρτυς, ὁ πιστός – o martys o pistos` ist der Zeuge (auch als Märtyrer oder Blutzeuge) und er ist der treue, der glaubwürdige, der wahrhaftige, der zuverlässige Zeuge Gottes für die Welt und auch für seine Gemeinde..(Offb 22,16; Jes 55,3-5 mit Apg 13,32-33; Joh 1,18; 7,7; 8,14.38; 15,15; Mt 17,5),

3.2  „der Erstgeborene aus den Toten“ Der gr. Begriff ` πρωτότοκος –pr÷totokos` setzt sich aus den Wörtern: `Erster und Geborener` zusammen. Auf Jesus bezogen, meint in diesem Textzusammenhang, dass Jesus der Erste ist, der aus dem physischen Tod in einem verherrlichten Körper auferstanden ist, also Geburt =  Auferstehung (Mt 19,28). Folgende Stellen bestätigen dies göttlichen Vorgang bei Jesus: Kol 1,18: „Er ist der Anfang, der Erstgeborene von den Toten, auf dass er in allem der Erste sei.“; Röm 8,,29; Ps 2,7 mit Apg 13,32-33; 1Kor 15,22-23; Phil 3,20-21),

3.3 „Der Fürst der Könige auf Erden“ Jesus ist der ` ὁ ἄρχων – o arch÷n – der Erste, der Fürst`. Dem entgegen steht der Fürst (o arch÷n) dieser Welt (Joh 12,30-31; 14,30; 16,11). Doch diesen hat Jesus besiegt. Demnach ist Jesus als der Sohn wie auch der Vater „KÖNIG der Könige“ Offb 17,14; 19,16; 1Tim 6,15-17; Ps 72,8; Jes 11,10; mit Röm 15,12; Dan 2,21; 7,13-14; Sach 9,9-10; Joh 18,37; Eph 1,21). Wer ist gemeint unter der summarischen Zusammenfassung „die Könige der Erde“?  Folgende Texte machen deutlich, dass damit die verschiedenen Herrscher dieser Welt gemeint sind (Mt 17,25; Ps 2,1-2 mit Apg 4,26-27; Offb 6,15; 17,.2.18; 18,9; 19,19).

3.4 „Ihm, der uns liebt (der Liebende uns)“ Die grammatische Form im Griechischen hebt die Beständigkeit der Liebe Jesu hervor. Die Jünger haben ihn so erlebt (Joh 13,1; 15,9.13; Eph 5,25-26),

3.5 „Und uns erlöst hat von unseren Sünden durch sein Blut“. Die Rettung des Menschen aus dem geistlichen Tod und der Gottferne wird durch Erlösung erwirkt (1Mose 2,17; 1Kor 15,22; Röm 5,12ff; Joh 5, 24-25; Eph 2,1ff). Der Preis für die Erlösung ist sehr hoch, es kostete Leben. Das Blut steht für Leben (1Mose 9,3-4). Blut auf dem Altar steht für Sühnung (3Mose 17,11 mit Hebr 9,12; Mk 10,45; 1Kor 5,7; 7,23; Eph 1,7; Kol 1,20; 1Joh 2,1-2; Offb 5,9; 7,14; 14,3-4). In diesen Texten wird in Kürze das gesamte Erlösungswerk Christi zusammengefasst und begründet.

3.6 „Und uns zu einem Königreich (βασιλείαν – basileian – Königtum) (zu) Priestern  gemacht hat vor Gott seinem Vater.“ Das `mit-regieren` mit Christus in seinem Königreich (bereits auf dieser Erde) ist fester Bestandteil der Kinder Gottes, doch dieses `mit-regieren` ist an das `mit-leiden, mit-erdulden` geknüpft (2Tim 2,12; Offb 1,9; 5,10; 20,4-6). Das `mit-regieren` hat zwei Seiten. Zum einen ist es auf das herrschen über die Sünde ausgerichet (1Mose 4,7: „du aber herrsche über sie, behaupte dich gegen sie“). Es bedeutet auch das beherrschen des sogenannten `sündigen Fleisches` (Röm 8,3; 1Kor 9,27; Gal 5,17). Es bedeutet jedoch nicht das beherrschen der Menschen. Auf der anderen Seite bedeutet es die Anwendung der Reichsgottesprinzipien gegenüber den Menschen (auch den Mächigen dieser Welt) entsprechend der Art und Weise von Jesus (Joh 18,33-37; 19,11; Lk 23,7-12). Es bedeutet auch den Kampf  gegen die finsteren Mächte des Satans und seiner Dämonen (Mt 4,4-11; Eph 6,11-17).

3.7 „Und uns zu einem Königreich (zu) Priestern (ἱερεῖς – iereis) gemacht hat vor Gott seinem Vater.“ Das `mit-regieren` ist zwar fester Bestandteil der Kinder Gottes, doch diese göttliche Art des Regierens steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem allgemeinen Priesterdienst des Volkes Gottes (vgl. 1Petr 2,9 mit 2Mose 19,5-6; Jes 61,6-10; Röm 15,16; 1Kor 5,20; Kol 4,12; Eph 6,20; 2Kor 1,11; 1Tim 2,1). Die Gläubigen an Jesus sind berufen für einander und diese verlorene Welt vor Gott in der Fürbitte einzutreten.

Erster Hymnus

„Dem sei Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen!“

Dies ist der erste von sieben Hymnen in diesem Buch (Offb 4,8-9; 10-11; 5,8-14; 7,10-12; 15,3-4; 19,1-7). In diesem Hymnus wird die Herrlichkeit und Gewalt Gottes besungen für alle Ewigkeit und mit dem Amen, d. h. so ist es,  bekräftigt. Es gilt dem Vater, dem Heiligen Geist und Christus dem Sohn. Welch eine Würdigung des EINEN wahren Gottes!

Die Ankündigung der Wiederkunft von Jesus

  • „Siehe, er kommt mit den Wolken,“  (Offb 1,7a). Dieses große Ereignis mit der Begleiterscheinung (Wolken) ist von Jesus selbst im Detail vorausgesagt worden. (Mt 24,30; 26,64; Mk 14,62; Apg 1,11; 1Thes 4,17).
  • „und es werden ihn sehen alle Augen und alle, die ihn durchbohrt haben,“ (Offb 1,7b). Niemand wird bei der Ankunft des Menschensohnes fehlen, alle werden dabei sein. Dies setzt die allgemeine Auferstehung der Toten voraus (Offb 6,12-17; 11,18; 20,11-15;  Joh 5,27-29; Mt 13,41; 24,31; 25,31ff; Joh 19,37; Sach 12,10).
  • „und es werden wehklagen um seinetwillen alle Stämme der Erde. Ja, Amen.“ (Offb 1,7c). Das Wehklagen erstreckt sich auf alle, die das Angebot der Rettung durch Jesus nicht angenommen haben. (Offb 6,15-16; Mt 13,42.50; 24,30; Lk 13,28; 23,30). Die Wiederkunft von Jesus und das damit verbundene Jüngste Gericht bilden den Abschluss dieser Weltgeschichte.
  • Ja, Amen!“ Das hebräische Amen unterstreicht die Wahrhaftigkeit und Zuverlässigkeit der vorangegangenen Aussagen.

Die Selbstbezeichnung Gottes

Ich bin das A und das O, spricht Gott der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige. (Offb 1,8).

Der, auf den sich das A und das O (Alpha und Omega) bezieht, der ist auch der Anfang und das Ende, der Erste und der Letzte, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige. (Offb 1,4; 4,8). Es ist richtig, diese Umschreibungen zuerst auf Gott den Vater zu beziehen. Schauen wir uns diese  und ähnliche Aussagen der Heiligen Schrift genau an.

  • Jes 44:,6:So spricht der HERR, der König Israels und sein Erlöser, der HERR der Heerscharen: Ich bin der Erste und bin der Letzte, und außer mir gibt es keinen Gott.“ Im Kontext der Vielgötterei hebt Gott seine  Einmaligkeit hervor. (vgl. Jes 41,4; Joh 17,4: „dass sie dich, der du allein wahrer Gott bis und den du gesandt hast – Jesus Christus erkennen“). Siehe auch das Sch`ma Israel (5Mose 6,4; Mk 12,29; Eph 4,3-6). Damit wir diese Aussage klar verstehen – der Erste ist gleichzeitig auch der Letzte, vor dem Ersten gab es keinen und nach dem Letzten wird es keinen geben.
  • Jes 48,12: „Höre auf mich, Jakob, und Israel, mein Berufener! Ich bin, der da ist, ich der Erste, ich auch der Letzte.“ Die Formulierung: „Ich bin, der da ist“ erinnert an 2Mose 3,14-16 – der Eigenname Gottes als der SEIENDE. Damit bezeichnen die Worte `Erster und Letzter` seine Ausschließlichkeit und sein immer währendes SEIN.
  • Offb 1,8: „Ich bin das A und das O, spricht Gott der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.“ Diese und die Jesaja Aussagen kommen von höchster Instanz. Aber gelten sie nicht auch dem Sohn? Ist er nicht gerade vom Vater mit allen Vollmachten ausgestattet worden? (Mt 11,25-27; Joh 17,2-4; Mt 28,17-18; 1Kor 15,25). Wenden wir uns nun den weiteren Texten aus der Offenbarung zu.
  • Offb 1,17-18: „Und als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot. Und er legte seine Rechte auf mich und sprach: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig in die Ewigkeiten der Ewigkeiten und habe die Schlüssel des Todes und des Hadesch.“
  • Offb 2,8: „Und dem Engel der Gemeinde in Smyrna schreibe: Dies sagt der Erste und der Letzte, der tot war und wieder lebendig wurde:“ Der Sohn (als der Menschensohn) war tot und wurde wieder lebendig. Doch was Gott der Vater für sich in Anspruch nimmt (Jes 41,4; 44,6; 48,12), bezieht Jesus (als präexistenter Sohn Gottes) auch auf sich. Was für eine Würde für den Sohn!
  • Offb  21,6: „Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“ Der auf dem Thron sitzende sagt, wer er ist und was er tun wird. Dies erinnert auch an die Aussage aus Offb 7,17 und an das Gespräch Jesu mit der Samariterin am Jakobsbrunnen (Joh 4,13-15; und auch an Joh 7,37; 5,19).
  • Offb 22,13: „Ich bin das A und das O, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende.“ In Kapitel 22, ab Vers 12 spricht Jesus von seinem schnellen Kommen und auch die folgenden Aussagen (einschliesslich Vers 13) stammen von ihm. Wir sehen, dass die Selbstbezeichnungen  von Vater  und Sohn identisch sind (Joh 10,30-36; 5,26; 16,15). Daher ist der Sohn dem Vater wesensgleich und anbetungswürdig (Offb 5,13; 7,17).

Jesus handelt im Auftrag seines Vaters um den Heilsplan Gottes zur Vollendung zu bringen.

 

Die Bezeichnung `der Allmächtige` ist eine Umschreibung der uneingeschränkten Gewalt, Macht und Kraft Gottes. Der gr. Begriff  `παντοκράτωρ – pantokratör` würde wörtlich übersetzt `der Allgewaltige` heißen. Er vereinigt in such alle Gewalten (Offb 4,8; 21,6.22; 1Mose 17,1; 28,3; 43,14; 48,3; 2Mose 16,3).

Fortsetzung folgt

 

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Apokalypse 1,1-3: Die Enthüllung

Vorwort

Zu allen Zeiten bewegte dieses letzte Buch der Bibel die Christen. Die Motivation für uns ist, darin Jesus zu begegnen, seine Sicht der himmlischen und irdischen Welt kennenzulernen. Das Ziel ist, eine klare Position zu beziehen  für Jesus, seine Gemeinde und sein Reich.  Ganz bewusst sind viele Bibeltexte ausgeschrieben, damit die Zusammenhänge der biblischen Wahrheiten nachvollziehbar und verständlich werden.

Abbildung 1 Eine kleine christliche Kapelle auf dem Kastelli oberhalb des Hafenortes Skala auf der Insel Patmos (Foto: 10. Mai 2015).

  1. Einleitung

Und so beginnt sie, die Offenbarung:

Offenbarung Jesu Christi, die Gott ihm gab, um seinen Knechten zu zeigen, was bald geschehen muss; und indem er sie durch seinen Engel sandte, hat er sie seinem Knecht Johannes kundgetan,  der das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu Christi bezeugt hat, alles, was er sah. (Offb 1,1-2).

Die allgemein bekannte Überschrift `Offenbarung des Johannes` ist nicht Teil des Textes. Der Genetiv macht klar, dass diese Offenbarung Jesus Christus gehört. Er ist das Hauptthema dieses Buches, er, als der Lebendige, siegreiche König und Herr. Er bringt Gottes Heilsplan zur Vollendung.

1.1  Die Offenbarung – von wem ist sie und für wen ist sie bestimmt?

Das gr. Wort `κάλυμμα – kalymma` bedeutet Decke. Die Decke über der Stiftshütte (2Mose 26,14). Die Decke Moses (2Mose 34,33 und 2Kor 3,15-16). Die Wolke bedeckte/verhüllte die Stiftshütte (2Mose 40,34). Die Bedeutung der Aussage von Jesus über sein Leiden blieb den Jüngern verhüllt (Lk 9,45). In Lk 12,2 sagt Jesus: „es ist nichts ver-hüllt, was nicht ent-hüllt würde“. Die Vorsilben bei  diesen Verben bestimmen, ob das Objekt erkennbar ist oder nicht, ob eine Aussage verstanden wird oder nicht. Das gr. Substantiv `άποκάλυψις. apokalypsis` kann demnach mit Enthüllung übersetzt werden. Die Vorsilbe `άπο – apo` nimmt die Decke weg, sie deckt auf, so dass das Verdeckte zum Vorschein kommt (Mt 11,25-27; 16,17; Lk 10,21; 1Kor 2,10; Gal 1,12.16; Phil 3,15). Im Kontext von Offenbarung 1,1 werden Dinge enthüllt, die bis dahin in Gott verborgen waren. Bis auf eine Aussage in Offb 10,4 (was die sieben Donner geredet haben) soll Johannes nichts versiegeln,  sondern aufschreiben, also offenbaren, enthüllen. Damit ist das letzte Buch der Bibel ein offenbartes Buch. Jesus, das Lamm Gottes war allein würdig es zu enthüllen (Offb 5,5).

 

Gleich zu Beginn stellt sich die Frage, ob Jesus bereits wusste, was in der versiegelten Buchrlle an Inhalt verborgen war? Diese Frage stellt sich wegen der Formulierung: „(…) die Gott ihm gab“.

  1. Es heißt nicht „die Gott ihm enthüllte“, sondern, „die Gott ihm gab“.
  2. Es heißt nicht, um ihm (Jesus) zu zeigen, was bald geschehen muß, sondern, „um seinen Knechten zu zeigen, was bald geschehen muß“.(die gleiche Formulierung wird in Offb 22,6 wiederholt).
  3. Die darauf folgende Aussage: lautet: „und er (Jesus) hat sie seinem Knecht Johannes kundgetan“. Das gr. Verb `ἐσήμανεν – es¢manen` kommt noch in Apg 11,28 vor. Dort deutete (es¢manen) der Prophet Agabus eine Hungersnot an. (weitere Stellen, in denen dieses Verb verwendet wird: Apg 25,27: „… ohne die Schuld anzudeuten“; Joh 12,33: „… damit deutete Jesus an …“ (so auch in Joh 18,32); Joh 21,19: „… damit deutete Jesus an …“). Siehe auch die Bedeutung des altgr. Wortes `σημαίνειν – sēmaínein` in Wikipedia. Damit hat Jesus die Offenbarung nicht nur kundgetan im Sinne der Übermittlung, sondern auch im Sinne der Deutung (Offb 1,19-20: Kap 2-3 und 5). Jesus, als Mitschöpfer (Joh 1,1-2; Kol 1,15ff; Hebr 1,1-3) und Mitgestalter der Geschichte hatte auch Einblick in das Weltgeschehen bevor er von seinem Vater die Vollmacht zur Enthüllung bekam (Joh 1,18; Mt 11,25-27; 24,1-25,46; 28,18; 1Kor 10,4; 15,25; Offb 5,5ff).

 

Die Aussage: „seinen Knechten zu zeigen was bald geschehen muß“ erinnert an Amos 3,7: „Gott der HERR tut nichts, er offenbarte (apokalypssē) denn seinen Ratschluss seinen Knechten, den Propheten.“ Die Bezeichnung `Knechte – δούλοις – doulois` ist eine typische Anrede der Gläubigen in der Offenbarung. Selbst Johannes, der Apostel und Jünger, den Jesus liebte, wird so in der Einleitung bezeichnet (Offb 1,1b). Mindestens 10 Mal kommt diese Bezeichnung in diesem Buch vor und bezieht die Gläubigen aller Zeiten mit ein, auch die Engel (1,1; 2.20; 7,3; 10,7; 19,2.5.10; 22,3.6.9). Dabei handelt es sich um einen Ehrentitel, wie wir es bereits aus den Apostelbriefen kennen (Röm 1,1; Tit 1,1 Jak 1,1; 2Petr 1,1; Jud 1,1). Im Gegensatz zum Umgang der weltlichen Herrscher mit den Sklaven, ist die Beziehung von Gott dem HERRN zu seinen Untertanen eine von Fürsorge geprägte. Die Untertanen  ihrerseits dienen ihrem HERRN  freiwillig und mit Freuden (Lk 1,38; Mt 25,21-23; Röm 6,22; 12,11; Gal 1,10; Kol 3,24; 4,12; 1Petr 2,16). Das Ganze geht zurück auf die Anweisung Gottes in Bezug auf Sklaven, die aus freiem Willen ihrem Herrn lebenslang dienen wollen (2Mose 21,1ff). Selbst Jesus als HERR und KÖNIG, erniedrigte sich und nahm die Gestalt eines Knechtes (wörtl. Sklaven) an (Jes 53,10-12; Hes 34,24; 37,24-25; Joh 13,14; Phil 2,7). Es tut uns gut, diese Ebene der Beziehung zu unserem Herrn neu zu erkennen und unser Verhalten entsprechend zu korrigieren.

 

Eine weitere Besonderheit bildet der griechische Ausdruck `ἐν τάχει – en tachei`,  welcher im Buch acht Mal vorkommt (1,1; 2,16; 3,11; 11,14; 22,6.7.12.20). Am Anfang und am Ende wird er besonders hervorgehoben. Ins Deutsche wird dieses Wort mit `bald, in Bälde, in kürze, rasch, schnell, in Schnelligkeit` übersetzt. Der Ausdruck `en tachei` beschreibt mehr das `wie` etwas oder jemand eintrifft und seltener `wann` sich etwas ereignet. Unser Wort Tachometer enthält diesen Begriff. Beispiele: Offb 11,14: „das dritte Wehe kommt schnell“;  Lk 15,22: „Schnell bringt das beste Kleid“; Apg 17,15: „schnellstens zu ihm kämen“; Apg 22,18: „beeile dich und in Schnelligkeit verlasse Jerusalem)“. Weitere Stellen: Lk 18,8; Joh 11,29.31; 13,27; 20,4; 2Thes 2,2; 1Tim 3,14; 5,22; 2Tim 4,9; Jak 1,19; 2Petr 2,1.

Den Hinweis über Johannes in der Einleitung: „der das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu Christi bezeugt hat, alles, was er sah“, schrieb Johannes im Rückblick auf, nachdem er die Offenbarung bekommen hatte. Betont wird sein Zeugnis von Jesus Christus, alles was er sah. Es ist sehr auffällig, dass Johannes diese Enthüllung in Form von Visionen bekam. Er sah Bilder, oft in Bewegung (Offb 1,2.12.17; 4,1; 5,1.2.6.11; 6,1.2.5.8.9.12; 7,1.2.9; 8,2.13; 9,1.17; 10.1.5; 13,1.2.3.11; 14,1.6.14; 15,1.2.5; 16,13; 17.3.6; 18,1; 19,11.17.19; 20,1.4.11.12; 21,1.2.22 – 47 Mal, andere Zählung 53 Mal). Diese Bilder wurden ihm durch einen Engel (oder von Jesus selbst) gezeigt und erklärt (Offb 1,17-20; 4,1; 17,1; 21,9-10; 22,1).

 

Glückselig, der liest und die hören die Worte der Weissagung und bewahren, was in ihr geschrieben ist! Denn die Zeit ist nahe.

Es ist die erste von sieben Seligpreisungen in diesem Buch. (1,3; 14,13; 16,15; 19,9; 20,6; 22,7.14). Der griechische Begriff `μακάριος – makarios` ist uns von den Seligpreisungen aus Matthäus 5,1-11 wohl vertraut. Dort und auch hier geht es um einen Zuspruch, der in Kraft kommt oder einhergeht beim praktizieren der Aufforderungen – lesen, hören und bewahren.

Abbildung 2 Wer Ohren hat zu hören, der höre!“ Wunderbar hat der Schöpfer das menschliche Gehör geschaffen. Und er will gehört werden. Die Reihenfolge ist: Zuerst hören, dann gehorchen. (Zeichnung: 2016)

Diese drei Tätigkeiten beziehen sich vordergründig auf die Worte der Weissagung (der Prophetie) dieses Buches, doch haben sie auch allgemeine Gültigkeit. Lesen konnten nicht alle, es musste vorgelesen werden. Doch alle sollten hören, zuhören, hinhören Offb 2,7.11.17.29; 3,6.13.22; 13,9; Mt 11,15; 13,9.43; Lk 14,35). Und alle sind aufgefordert zu bewahren, halten, festhalten. Jesus sagte: „Glück)selig sind, die das Wort Gottes hören und bewahren.“ (Lk 11,28; auch Mt 28,19; Offb 3,3.10.11; 22,9).

Prophetie ist hier im umfassenden Sinne zu verstehen. Im Rückblick auf die Vergangenheit wird in der Gegenwart gesprochen und die Zukunft enthüllt. Begründet werden diese Aufforderungen mit der Aussage: „denn die Zeit ist nahe“. Hier wird der griechische Zeitbegriff `καιρὸς – kairos ` verwendet (ebenso in Offb 22,10). Doch was meint Jesus mit diesem Zeitbegriff?

  • Der kairos wird häufig von Gott her definiert, weil er die Zusammenhänge kennt und die richtige Einordnung eines oder mehrerer Ereignisse in den chronos  einfügt. (Mk 1,15; Mt 26,18). Einfach ausgedrückt – Gott hat seinen eigenen Kalender, nachden er sich richtet (1Tim 6,15: „zu seiner Zeit“) so auch Jesus (Joh 7,7: „meine Zeiit ist noch nicht da“).
  • Der kairos drückt manchmal eine nicht klar definierte Zeitspanne oder Zeitpunkt aus (Offb 12,14: „wo sie ernährt werden sollte eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit“; so auch in Dan 7,25; 12,7; Lk 21,24: „und Jerusalem wird zertreten werden von den Heiden, bis die Zeiten der Heiden erfüllt sind“; 1Tim 4,1: „in den letzten Zeiten“).
  • Der kairos steht für die Qualität der chronos, wie die Geschehnisse sind (Jes 49,8: „Ich habe dich erhört zur Zeit der Gnade und habe dir am Tage des Heils geholfen“; Lk 19,44: „weil du die Zeit nicht erkannt hast, in der du besucht worden bist“; Apg 14,17: „vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gegeben“; 2Tim 3,1: „in den letzten Tagen schlimme Zeiten kommen werden“).
  • Der kairos  von Gottes Sicht aus unterscheidet sich von dem kairos der Menschen (Joh 7,6) oder gar zum kairos des Feindes (Lk 4,13).

Denn die Zeit (kairos) ist nahe“. Das meint, die von Gott vorausgesehenen oder auch festgelegten Abläufe der geschilderten Ereignisse werden nicht lange auf sich warten lassen, sondern exakt nach dem Zeitkalender Gottes eintreffen (1Petr 4,7; !Joh 2,18). Es ist sinnvoll über die Bedeutung der verschiedenen Zahlenangaben in der Offenbarung nachzudenken, doch eignen sie sich nicht für Berechnungen zur Wiederkunft Jesu.

Fortsetzung folgt

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DIE OFFENBARUNG JESU CHRISTI – TEIL 2

Teil 2: Die Weltgeschichte im Überblick aus himmlischer Perspektive

Einleitung zum zweiten Teil

Der zweite Teil umfasst die Kapitel 4-7. Die darin beschriebenen Visionen beginnen im Himmel und enden wiederum im himmlischen Bereich, dann aber bereits in der Vollendung. Dazwischen werden dem Johannes aus himmlischer Perspektive Entwicklungen in dieser Welt gezeigt.

2.1 Der Blick in das himmlische Heiligtum

Nachdem Johannes den ersten großen Auftrag für die sieben Gemeinden erhalten hatte, wurde er erneut im Geist, diesmal in den himmlischen Bereich gerufen. So heißt es in Offb 4,1:

„Nach diesem sah ich: Und siehe, eine Tür, geöffnet im Himmel, und die erste Stimme, die ich gehört hatte wie die einer Posaune, die mit mir redete, sprach: Komm hier herauf! Und ich werde dir zeigen, was nach diesem geschehen muss.“ (Offb 4,1).

 Die geöffnete Tür

Johannes sieht eine geöffnete Tür im Himmel. Das Bild von der Tür begleitet den Bibelleser von 1Mose bis zur Offenbarung. Etwa 67 Mal wird sie erwähnt und zwar sowohl im wörtlichen Sinne, als auch sinnbildlich, als geschlossen oder geöffnet. (einige Textstellen zur geöffneten Tür: Joh 10,1ff; Apg 14,27; 1Kor 16,9; Kol 4,3; Offb 3,8).

Die geöffnete Tür steht für freien Zugang, für Möglichkeiten. Für Johannes ist es  das Betreten eines himmlischen Raumes, ein Einblick in das himmlische Heiligtum. Bereits vor ihm bekamen andere Diener Gottes Einblick in diesen himmlischen Bereich (Mose: 2Mose 33,18; Jesaja: Jes 6,1-10; Hesekiel: Hes 1,4-28; Stefanus: Apg 7,56; Paulus: 2Kor 12,1ff). Johannes bekommt vieles von dem zu sehen und zu hören, was bereits seine Abbildung im irdischen Heiligtum hatte und ihm aus den Propheten vertraut war. Doch er bekommt auch neue Perspektiven. Und erst von dort aus wird ihm der Ausblick gezeigt über das, was bis zur Vollendung geschehen muss.

Die erste Stimme

Die erste Stimme, ähnlich einer Posaune, erinnert an Kapitel 1,10. Dort ist es eindeutig die Stimme des Menschensohnes Jesus. So können wir annehmen, dass es auch hier dieselbe Stimme war. Es kann aber auch die Stimme des Engels gewesen sein, der beauftragt war die Offenbarung dem Johannes zu übermitteln (Offb 1,1; 19,10). Diese Stimme fordert Johannes auf heraufzusteigen, das heißt durch die geöffnete Tür in den himmlischen Bereich einzutreten. Anmerkung: Für die Gläubigen ist der Zugang zum Thron der Gnade bereits jetzt im Glauben immer frei (Eph 2,18; Hebr 4,16).

Die Aussage: „Und ich werde dir zeigen, was nach diesem geschehen muss“, baut auf das bereits gesagte und geschehene auf (Offb 1,20b). Es geht um Ereignisse, welche nach den Thronszenen (Offb 4-5) durch Bilder gezeigt werden und sich in Raum und Zeit vollziehen werden. Das nach diesem sollte jedoch nicht überbetont werden, so als ob es noch in der fernen Zukunft läge. Denn in den vom Lamm geöffneten Siegeln werden auch Ereignisse bildhaft dargestellt, die bereits vorher ihren Anfang nahmen und sich nun fortsetzen. Die bildhafte Darstellung in der Offenbarung umfasst die gesamte Zeitspanne zwischen der Menschwerdung Jesu, seinem Erlösungswerk, der  Thronbesteigung und seiner Wiederkunft in Macht und Herrlichkeit. Es gibt sogar Aussagen, welche uns an Geschehnisse aus der Frühgeschichte der Menschheit erinnern (Offb 18,24; 1Mose 11,1ff).

2.1.1 Der Thron Gottes und seine Umgebung

Johannes berichtet von seinem Zustand und von dem was er sah und wahrnahm.

„Sogleich war ich im Geist: Und siehe, ein Thron stand im Himmel, und auf dem Thron saß einer. Und der da saß, war von Ansehen gleich einem Jaspisstein und einem Sarder, und ein Regenbogen war rings um den Thron, von Ansehen gleich einem Smaragd.“ (Offb 4,2-3).

Johannes „war (ward) im Geist“, (vgl. Offb 4,2 mit 1,10.18). Dies könnte so verstanden werden, dass er nicht körperlich / physisch dort war, sondern im Heiligen Geist. Siehe auch die Parallelen dazu (Jes 6,1-8; Hes 1,1-28; Dan 7,9-14; Apg 7,56; 2Kor 12,1-5). Und nach Empfang der Offenbarung ist er wieder zurück, sozusagen im physisch-geistigen Zustand.

Johannes bekommt Einblick in den himmlischen und göttlichen Bereich, in die Schaltzentrale Gottes. Die bildhafte Beschreibung der Herrlichkeit des Thrones Gottes durch kostbare materielle Dinge stößt an ihre Grenzen. Die Beschreibung dessen, was Johannes sieht folgt einer bestimmten Abfolge.

Allein in der Offenbarung kommt der Thron (Gottes) 40 Mal vor: 1,4; 3,21; 4,2.3.4.5.9.10; 5,1.6.7.11.13; 6,16; 7,9.10.11.15.17; 8,3; 12,5; 14,3; 16,17; 19,4.5; 20,11.12; 21,3.5; 22,1.3; und in den übrigen Texten des NT  mindestens weitere 9 Mal: Mt 5,34; 23,22; 25,31; Apg 2,30; 7,49; Hebr 1,8; 4,16; 8,1; 12,2. Es handelt sich um die Machtzentrale des gesamten Universums. Jes 40,22: „Er thront über dem Kreis der Erde, und die darauf wohnen, sind wie Heuschrecken; er spannt den Himmel aus wie einen Schleier und breitet ihn aus wie ein Zelt, in dem man wohnt“.

Johannes sieht keine Gestalt auf dem Thron, denn mindestens acht Mal wird in der Heiligen Schrift betont, dass Gott von niemandem jemals gesehen wurde (2Mose 33,20; Joh 1,18; 6,46; 14,9; Röm 1,20;  1Tim 6,15-16). Die schönsten und wertvollsten Edelsteine (Jaspis, Sarder) werden als Vergleiche benutzt, um die Herrlichkeit dessen zu beschreiben, der auf dem Thron ist. Ausdrücklich wird betont, dass er sitzt, nicht steht (vgl. mit Dan 7,9). Nun folgt eine Beschreibung von dem wer oder was den Thron umgibt und was von ihm ausgeht.

Erstens: Der Regenbogen rings um den Thron

ein Regenbogen war rings um den Thron, von Ansehen gleich einem Smaragd.

In 1Mose 9,13 sagte Gott zu Noah: „Meinen Bogen habe ich gesetzt in die Wolken; der soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und der Erde.“ 1Mose 9,14: „Und wenn es kommt, dass ich Wetterwolken über die Erde führe, so soll man meinen Bogen sehen in den Wolken.“ 1Mose 9,16: „Darum soll mein Bogen in den Wolken sein, dass ich ihn ansehe und gedenke an den ewigen Bund zwischen Gott und allem lebendigen Getier unter allem Fleisch, das auf Erden ist.“ Der Prophet Hesekiel bekommt Einblick in den Thronbereich Gottes: „Wie der Regenbogen steht in den Wolken, wenn es geregnet hat, so glänzte es ringsumher. So war die Herrlichkeit des HERRN anzusehen. Und als ich sie gesehen hatte, fiel ich auf mein Angesicht und hörte einen reden.“ (Hes 1,28).

Der Regenbogen in den Wolken ist ein Abbild (eine Projektion) des himmlischen Regenbogens, der schon vorher den Thron Gottes umgab. Dieser wurde zum Zeichen seines Bundes nach der Sintflut mit Noah und seinen Nachkommen. Was für ein Gott, der an sich erinnern lässt (vgl. auch mit Sirach 43,12; 50,7). In der Offenbarung kommt das Bild des Regenbogens neben 4,3 auch noch in 10,1 vor. An beiden Stellen wird er mit dem gr. Begriff  `iris` bezeichnet, kommt uns da etwas bekannt vor? Aus unserer Perspektive sehen wir den Regenbogen nur als Halbkreis, daher auch die Verwendung des Wortes `Bogen`.

Abbildung 1 Regenbogen (Foto von Joela Schüle).

Bei Gott umgibt er den Thron als geschlossener Kreis. Ähnlich kreisförmig kann der Regenbogen unter einem bestimmten Winkel vom Flugzeug aus, das sich über den Regenwolken befindet gesehen werden. Man kann daher sich vorstellen, dass Gott seine Schöpfung durch diesen ihn umgebenden `IRIS` des Bundes sieht.

Zweitens: Die vierundzwanzig Ältesten um den Thron

„Und rings um den Thron sah ich vierundzwanzig Throne, und auf den Thronen saßen vierundzwanzig Älteste, bekleidet mit weißen Kleidern, und auf ihren Häuptern goldene Siegeskränze.“ (Offb 4,4).

Wer sind diese 24 Ältesten um den Thron Gottes und was ist ihre Bestimmung? Um zu einer begründeten Erklärung zu kommen, untersuchen wir zunächst alle Texte, in denen diese Ältesten als Gruppe oder als Einzelne beschrieben werden und in Aktion treten. Danach suchen wir nach Parallelen in den übrigen Schriften.

 Die 24 Ältesten in der Offenbarung sieht Johannes zunächst sitzend auf 24 Thronen im Kreis um den Thron Gottes. Das hebt ihre besondere Stellung hervor. Sie sind zuerst und vor allem dem Thron Gottes zugewandt.  

  • Auf ihren Häuptern tragen sie goldene Siegeskränze. Ihre Beziehung zu Gott ist lauter / rein, sie sind geläutert, sie hielten Gott die Treue und sie haben ewiges Leben. Auch in Offb 14,14 ist ein Engel mit einem goldenen Siegeskranz geschmückt. Das Heer des Feindes dagegen trägt nur zum Schein goldene Siegeskränze (Offb 9,7).
  • Sie sind bekleidet mit weißen Gewändern. Diese Bekleidung ziert nicht nur die Erlösten, sondern auch die  Engel (Offb 3,4.5.18; 7,9.13; 15,6; 19,14; Lk 2,13; Mt 28,1-8; Mk16,2ff; Lk 24,4).
  • Sie werfen sich und ihre Kränze nieder und beten den an der auf dem Thron sitzt. Diese Anbetungshaltung ist ein innerer und äußerer Ausdruck für Anerkennung der Hoheit, Würde und Macht Gottes. Ihm verdanken sie ihre Existenz und ihre hohe Stellung (Offb 4,10).
  • Nun kommt es zu einer bewegenden Szene, bei der einer aus der Ältestenschaft dem weinenden Johannes Auskunft gibt (Offb 5,5). Einer der Ältesten vor dem Thron spricht zu Johannes dem Apostel, der auf diese Information angewiesen war (dazu auch Vers 6).
  • In Offb 5,9-14 sind die Ältesten wieder in Aktion. Nachdem einer der Ältesten Johannes über das Bild des Löwen und des Lammes aufgeklärt hatte, steigen die anderen zusammen mit den vier lebendigen Wesen in einen Hymnus ein. Sie singen ein neues Lied. Dieses Lied hat zum Inhalt die Erlösung des Volkes Gottes durch das geschlachtete Lamm. Und die vierundzwanzig Ältesten schließen sich auch den Hymnus an vgl. dazu auch Phil 2,9-11). Die Schalen mit dem Räucherwerk in den Händen der Ältesten symbolisieren die Gebete der Heiligen. Hier scheint eine bestimmte Verbindung zur Gemeinde angedeutet zu sein (vgl. mit 8,3).
  • In Offb 7,13 spricht ein Ältester von den Erlösten eindeutig in der 3. Person (auch bei Schlachter), d.h. er gehört nicht zu der Gruppe derer, welche erlöst wurden, doch er (und damit auch die anderen Ältesten) stehen in einer bestimmten Beziehung zu den Erlösten. Denn er klärt Johannes darüber auf, woher jene erlöste Schar gekommen ist (Offb 7,14).
  • Eine weitere Szene mit Beteiligung der Ältesten wird in Offb 14,3.beschrieben. Auch hier scheint es eine deutliche Unterscheidung zu geben zwischen den 144000 als Erlösten von der Erde und den vier lebendigen Wesen samt den 24 Ältesten, die als himmlische Geistwesen der Erlösung nicht bedurften und trotzdem in einem engen Zusammenhang mit ihnen stehen.

Weitere Texte, in denen Älteste erwähnt werden: Offb 11,16; 19,4.

 Wir schauen uns jetzt die Statusbezeichnung der Ältesten an. Der gr. Begriff dafür ist `presbyteroi`, sie sind in der biblischen Offenbarung:

  • Vorstände der Stämme und Sippen (5Mose 29,9; 1Kön 8,1).
  • Der Rat der Siebzig (4Mose 11,16-25).
  • Stadtälteste (5Mose 21,6).
  • Verantwortlich für das Gesetz, die Lehre (5Mose 31,9; 32,7).
  • Gesamtleitung des Volkes Israels (Jos 8,33).
  • Die Priesterschaft und der Rat der Ältesten (Mt 26,3).

Nach dem Weggang von Jesus oblag die Leitung des neutestamentlichen Volkes Gottes den Aposteln und Ältesten (Apg 1,2; 15,2ff; 15,22-23; 20,28; Phil 1,1; 1Petr 5,1-4).

Im Himmel gibt es eine reale geistliche Vorlage, ein Muster göttlicher Schöpfung für das, was Gott in dieser Welt entfaltet. Dabei ist Israel mit seinem Priestertum, Stiftshütte, Opferdienst und auch seinem Königtum als vorläufige Einrichtung zu sehen (Hebr 8,5 mit Bezug auf 2Mose 25,40). Damit müssen auch die Ältesten im Himmel ihre irdische Entsprechung haben.

Im 1. Chronikbuch 24,1-27 lesen wir von den 24 Abteilungen der Priester, die im Laufe des Jahres abwechselnd Dienst versahen am Hause des Herrn. Ebenso von den 24 Abteilungen der Sänger / Musiker aus den Leviten und 24 Abteilungen der Torhüter ebenfalls aus den Leviten. Die Initiative für die Einführung dieser 24 Abteilungen ging auf David zurück, der sie von der Anweisung Gottes für den Priesterdienst ableitete (2Chr 8,14; 1Chr 24,19). Diese 24 Abteilungen der Priester wurden nach dem Exil und beim Wiederaufbau des Tempels wieder eingesetzt (Esra 6,18). Sie waren noch  im Dienst zur Zeit der Geburt von Johannes und Jesus (Lk 1,5).

Als himmlische Geistwesen repräsentieren die 24 Älteste durch ihre Zahl, ihren Status und Dienst vor Gott das gesamte Volk Gottes aller Zeiten, welches als ein Königreich von Priestern bezeichnet wird (1Petr 2,9 mit Bezug auf 2Mose 19,6). Dabei ist auch der Bezug zu den zwölf Stämmen und den zwölf Aposteln des Lammes erkennbar (Mt 19,28 und Lk 22,30 mit Offb 7,4-8 und 21,12-14).

Drittens: Blitze, Stimmen, Donner

„ Und aus dem Thron gehen hervor Blitze und Stimmen und Donner;“ (Offb 4,5).

Es erinnert an die Offenbarung Gottes am Sinai (2Mose 20,18. An die gewaltige Stimme Gottes aus der Höhe (Jer 25,30). „Und der HERR donnerte im Himmel, und der Höchste ließ seine Stimme erschallen“ (Ps 18,14). „Da kam eine Stimme vom Himmel: Ich habe ihn verherrlicht und will ihn abermals verherrlichen.“ (Joh 12,29). Es sind Ausdrucksformen des Redens Gottes (Offb 8,5.13; 10,3.4; 11,15.19; 14,3; 16,18; 19,6). Dabei kommt etwas Konkretes in Bewegung, denn wenn er spricht, so geschieht`s (Ps 33,9).

Während Donner mit Stimmen die akustische Mitteilungsform Gottes darstellt, sind Blitze die sichtbare und wahrnehmbare Art der Mitteilung Gottes an die Menschen (Offb 8,5; 11,19; 16,18; 2Sam 22,15; Ps 144,6).

 Viertens: Die sieben Feuerfackeln vor dem Thron

„und sieben Feuerfackeln brennen vor dem Thron, welche die sieben Geister Gottes sind.“  (Offb 4,5).

Dieses Bild weist auf den Heiligen Geist Gottes hin und ist uns bereits aus Kapitel 1,4; 3,1; auch 5,6 bekannt. Es ist auch ein Hinweis auf die Allgegenwart des Heiligen Geistes, der alles durchleuchtet und durchdringt (Joh 16,8-11).

Die detaillierte Erklärung dazu kann im ersten Teil nachgelesen werden.

 Fünftens: Das kristallene Meer um den Thron

„Und vor dem Thron war es wie ein gläsernes Meer, gleich Kristall.“ (Offb 4,6).

Das Bild vom gläsernen Meer kommt noch zweimal in Kapitel 15,2 vor. Dort wird es beschrieben als „mit Feuer vermengt“. Die Umschreibung mit `gläsern` weist auf seine Durchsichtigkeit und Reinheit hin, wie die zwei Stellen aus Offenbarung 21,18 und 21,21 erkennen lassen. Auch dafür gibt es eine Entsprechung im Bereich der Stiftshütte und zwar in dem kupfernen Waschbecken zwischen dem Brandopferaltar und dem Eingang in das Heilige. Es kann als ein Abbild des gläsernen Meeres gesehen werden (2Mose 38,8; 30,18-20). Für die Priester war Vorgeschrieben: „Wenn sie in die Stiftshütte gehen, sollen sie sich mit Wasser waschen, dann werden sie nicht sterben, so soll es auch sein, wenn sie an den Altar treten, um zu dienen und ein Feueropfer zu verbrennen für den HERRN.“ (2Mose 30,19-20).

Das dem Kristall ähnliche Meer erstreckt sich rund um den Thron. Das ist ein Hinweis dafür, wer dem Thron nahen will, muss durch dieses Meer hindurch, so wie der Priester, wenn er sich Gott im Heiligtum nahen wollte. Der Hebräerbriefschreiber greift diesen Gedanken auf: „gewaschen am Leib mit reinem Wasser“ (Hebr 10,22; ähnlich auch Eph 5,26: „gereinigt im  Wasserbad des Wortes“; Tit 3,5 „durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung durch den Heiligen Geist“). Zu der grundsätzlichen Reinigung gehört aber auch die Reinigung von Sünden nach 1Joh 1,5-9 und 2,1-2; Mt 5,24; 6,12 um vor Gott mit reinem Gewissen treten zu können.

 Sechstens: Die vier lebendigen Wesen rings um den Thron (zweiter Hymnus)

und inmitten des Thrones und rings um den Thron vier lebendige Wesen, voller Augen vorn und hinten. Und das erste lebendige Wesen war gleich einem Löwen und das zweite lebendige Wesen gleich einem jungen Stier, und das dritte lebendige Wesen hatte das Angesicht wie das eines Menschen, und das vierte lebendige Wesen war gleich einem fliegenden Adler. Und die vier lebendigen Wesen hatten, eines wie das andere, je sechs Flügel und sind ringsum und inwendig voller Augen, und sie hören Tag und Nacht nicht auf zu sagen: Heilig, heilig, heilig, Herr, Gott, Allmächtiger, der war und der ist und der kommt!“ (Offb 4,6b-8).

Das Wesen und die Bestimmung dieser vier lebendigen Wesen zu verstehen ist ebenfalls eine Herausforderung. Wir beginnen auch hier mit den Hinweisen aus der Offenbarung und dann suchen wir nach Parallelen aus den übrigen Schriften.

 Die gr. Bezeichnung für diese vier lebendigen Wesen ist `Zöa – Lebewesen` im Plural. Der Begriff wird für alle Lebewesen verwendet, in denen Odem / Hauch oder Geist des Lebens ist (1Mose 6,17; 7,15.22).

Doch diese vier lebendigen Wesen heben sich deutlich ab von allen irdischen Lebewesen. Sie werden in der Offenbarung als Gruppe oder als Einzelne insgesamt 21 Mal genannt (4,6.7.8.9; 5,6.8.14; 6,1.3.5.6.7; 7,11; 14,3; 15,7; 19,4). Was sie tun, zeugt von ihrem Wesen und Stand.

Der vorrangige Dienst der vier Lebewesen besteht in der ununterbrochenen Anbetung Gottes und des Lammes. So heißt es von ihnen: „und sie hören Tag und Nacht nicht auf zu sagen: Heilig, heilig, heilig, Herr, Gott, Allmächtiger, der war und der ist und der kommt!“ (Offb  4,8; ähnlich auch in  4,9; 5,8.14; 7,11; 19,4). Unwillkürlich werden wir dabei an das drei Mal `heilig` aus Jesaja 6,3 erinnert. Der Herr, Gott ist der Allmächtige (Pantokrator – Allgewaltiger) der immer Seiende und der Kommende (1Mose 21,33; Röm 16,26; 1Tim 6,15-16; Offb 1,4).

Sie haben Augen vorne und hinten und je sechs Flügel. Diese Ausstattung ermöglicht ihnen den Blick sowohl zum Thron hin als auch in den Außenbereich. Die Flügel deuten auf ihre Bewegungsfreiheit und Schnelligkeit für ihren Dienst. Sie sind aufmerksame Wächter der Heiligkeit Gottes. Ungewöhnlich scheint, dass diese vier Lebewesen nicht nur um den Thron stehen, sondern sich auch in der Mitte des Thrones  befinden. Sie haben demnach unmittelbaren Zugang zu Gott und sind mit besonderen Vollmachten ausgestattet. In Kapitel 6,1-8 und auch noch später treten sie in Aktion. Zur weiteren Identifizierung dieser Wesen suchen wir nach Parallelen in den Texten des AT. Beginnen wir ganz am Anfang der Geschichte.

  • Nach der Vertreibung des Menschen aus dem Garten Eden, stellte Gott die Cherubim (im Plural) als Wächter vor den Eingang (1Mose 3,24). Ihr Auftrag war, dem Menschen in seinem Zustand den Zugang zum Baum des Lebens zu verhindern ().
  • Auch der Bau der Stiftshütte wurde nach einem bestimmten Muster gefertigt (2Mose 26,30; 27,8; Hebr 8,5). Dabei geht es uns um die Details, welche sich im Innersten des Heiligtums befanden. Es war die Bundeslade mit dem Sühnedeckel darauf und die beiden Cherubime darüber (2Mose 25,18-22; 26,1.31; 37,7-9; 4Mose 7,89). Es ist ein Abbild für den Thron der Gnade Gottes, die durch Sühnung der Sünden wirksam wird (Eph 2,18; Hebr 4,16; 9,7). Die zwei Cherubime der Herrlichkeit  mit den ausgebreiteten Flügeln, einander zugewandt, jedoch auf den Sühnedeckel blickend, sind ein Abbild von den himmlischen lebendigen Wesen (Hebr 9,5). Es ist die Gruppe der Engel, die ständig um den Thron Gottes sind, auch wenn ihre Anzahl in den verschiedenen Texten variiert. Bemerkenswert ist auch, dass sowohl die Teppiche über der Stiftshütte, als auch die Vorhänge am Eingang zahlreiche Muster von Cherubimen aufwiesen. Ähnliche Parallelen finden wir auch im Tempel Salomos (1Kön 6,23-32; 7,29-32; 8,6-7;  2Kön 19,15; Ps 99,1).

Weitere Parallelen zu den vier Lebewesen aus der Offenbarung finden wir auch in der Vision, die Gott dem Propheten Jesaja gegeben hatte (Jes 6,1-8). Auch hier ist der Herr (HERR) auf dem Thron umgeben von mindestens zwei `Serafimen` mit jeweils sechs Flügeln. Ihr Rufen: „Heilig, heilig, heilig ist der HERR Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll!“ lässt die Parallele zu Offb 4,8 deutlich erkennen (dazu auch Jes 37,16: Cherubim).

Ähnlichkeiten, aber auch Ergänzungen sehen wir in den Visionen des Propheten Hesekiel (Hes 1,1-28; 10,1-20; Hes 41,18). Dies alles lässt eine Kontinuität erkennen in Bezug auf den Auftrag dieser Gruppe himmlischer Geistwesen, welche den Zugang zum Thron Gottes bewachen.

Doch ihr Auftrag ist vielseitig, wie wir ab Kapitel 6 feststellen werden.

Die vergleichende Darstellung der himmlischen Lebewesen im Aussehen wie Löwe, Jungstier, Angesicht wie eines Menschen, fliegender Adler, weist auf die Schöpfung hin.

  • Gleich einem Löwen, dieser kommt etwa 128 Mal in der Bibel vor. Wegen seiner besonderen Stellung unter den Tieren des Feldes und seiner Eigenschaften ist er Sinnbild für den Stamm Juda (1Mose 49,9-10; Offb 5,5). Für das Volk Israel (4Mose 23,24). Er ist bekannt für seine Unerschrockenheit (Jes 31,4). Sinnbild für den Herrn: „Der HERR wird brüllen aus der Höhe und seinen Donner hören lassen aus seiner heiligen Wohnung. Er wird brüllen über seine Fluren hin; wie einer, der die Kelter tritt, wird er seinen Ruf erschallen lassen über alle Bewohner der Erde hin“ (Jer 25,30). Er ist nicht zu überhören: „Der Löwe brüllt, wer sollte sich nicht fürchten? Gott der HERR redet, wer sollte nicht Prophet werden?“ (Am 3,8). Weitere Stellen: Hos 5,14; Mi 5,7). Der Kerngedanke hier ist die absolute Herrschaft, höchste Autorität (Amos 1,2; 2Mose 15,18).  
  • Gleich einem Jungstier. Der Stier kommt etwa 105 Mal vor. in den meisten Texten als Opfertier (2Mose 29,3-11;  3Mose 4,4- 22,27). „Auch sollst du täglich einen Stier zur Sühnung als Sündopfer darbringen und den Altar entsündigen, indem du Sühnung an ihm vollziehst, und du sollst ihn salben, um ihn zu heiligen.“ (2Mose 29,36).  Der Kerngedanke ist hier Erlösung durch Sühnung (2Kor 5,19).
  • Angesicht gleich einem Menschen. Der Mensch, Krone der Schöpfung Gottes wird etwa 931 Mal genannt. So lesen wir in 1Mose 1,26: „Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich!“ Weitere Stellen für die besondere Stellung des Menschen, besonders in der Person des Menschensohnes (Ps 8,5-10; Hebr 2,6-7; Offb 1,11).
  • Gleich einem fliegenden Adler. Der Adler kommt in der Bibel etwa 29 Mal vor. Selbst Gott der Herr und die, welche auf Gott vertrauen, werden wegen seiner besonderen Eigenschaften mit dem Adler verglichen. 5Mose 32,11: „Wie ein Adler ausführt seine Jungen und über ihnen schwebt, so breitete er seine Fittiche aus und nahm ihn und trug ihn auf seinen Flügeln.“ Ps 103,5 – vom Frommen; Jes 40,31: „aber die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.“ Weitere Textstellen zu Adler: Offb. 12,14; Offb 8,13; Hes 1,10 und 10,14. Die Kerngedanken sind: Erhabenheit, Weitblick, Schnelligkeit, Kraft, Fürsorge.

Damit stehen die vier lebendigen Geistwesen repräsentativ für die Schöpfung Gottes. In ihnen werden die zentralen schöpferischen und heilsgeschichtlichen Gedanken Gottes deutlich erkennbar.

Alles, was Odem hat, lobe den HERRN! Halleluja!“ (Ps 150,6).

2.1.2 Die Anbetung Gottes des Schöpfers (dritter Hymnus)

„Und wenn die lebendigen Wesen Herrlichkeit und Ehre und Danksagung geben werden dem, der auf dem Thron sitzt, der da lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit, so werden die vierundzwanzig Ältesten niederfallen vor dem, der auf dem Thron sitzt, und den anbeten, der von Ewigkeit zu Ewigkeit lebt, und werden ihre Siegeskränze niederwerfen vor dem Thron und sagen: Du bist würdig, unser Herr und Gott, die Herrlichkeit und die Ehre und die Macht zu nehmen, denn du hast alle Dinge erschaffen, und deines Willens wegen waren sie und sind sie erschaffen worden.“ (Offb 4,9-11).

Die Anbetung Gottes ist die höchste Form des Gottesdienstes. Die grammatische Form zu Beginn des Hymnus lässt den Schluss zu, dass es sich zunächst um eine Ankündigung der noch folgenden Anbetung handelt. Dabei werden die vier lebendigen Wesen, welche sich in der unmittelbaren Nähe des Thrones befinden, den Anfang machen. Danach steigen die vierundzwanzig Älteste in die Anbetung mit ein. Die Reihenfolge wird sein: Herrlichkeit, Ehre, Danksagung, bzw. Herrlichkeit, Ehre und Macht. Es wird dem zugerufen, der alle Dinge geschaffen hat und durch dessen Willen alles besteht.

2.1.3 Das Lamm ist würdig die sieben Siegel zu lösen (vierter Hymnus)

„Und ich sah in der Rechten dessen, der auf dem Thron saß ein Buch, innen und auf der Rückseite beschrieben, mit sieben Siegeln versiegelt.“ (Offb 5,1).

Es handelt sich um eine Schriftrolle (Buchrolle), die Buchform (Kodex) fand erst später ihre Verbreitung (Offb 6,14; Lk 4,17.20). Dass sie innen und außen beschrieben war, spricht für ihre Vollständigkeit. Diesem Inhalt wird nichts mehr hinzugefügt werden (Offb 22,18; Jes 34,4). Ungewöhnlich ist auch die siebenfache Versiegelung der Schriftrolle,  was sowohl auf den verborgenen Inhalt hinweist, als auch die Unauflösbarkeit derselben durch unbefugte betont.

Grundsätzlich ist das Bild von einer Schriftrolle bereits aus den Propheten bekannt. Es geht darum, dass Gott seinen Willen durch Worte und zwar in schriftlicher Form den Menschen zukommen lässt (Jer 36,1-32). In Kapitel 10 werden wir noch auf die Schriftrolle eingehen.

„Und ich sah einen starken Engel, der mit lauter (starker) Stimme ausrief: Wer ist würdig, das Buch zu öffnen und seine Siegel zu lösen)? Und niemand in dem Himmel, auch nicht auf der Erde, auch nicht unter der Erde konnte das Buch öffnen noch es anblicken (reinschauen).“ (Offb 5,2-3).

Die Tatsache, dass niemand imstande war die Buchrolle zu öffnen und hineinzuschauen betont die Begrenztheit und die Ohnmacht der Geschöpfe (Engel, Menschen, Dämonen) den Plan Gottes von sich aus zu begreifen (Röm 11,33; Eph 3,9; 1Petr 1,12).

Der Löwe aus Juda, die Wurzel Davids

„Und ich weinte sehr, weil niemand für würdig befunden wurde, das Buch zu öffnen noch es anzublicken. Und einer von den Ältesten spricht zu mir: Weine nicht! Siehe, es hat überwunden der Löwe aus dem Stamm Juda, die Wurzel Davids, um das Buch und seine sieben Siegel zu öffnen.“ (Offb 5,4-5).

Nun tritt einer der Ältesten in Aktion und tröstet Johannes mit den Worten: „es hat gesiegt der Löwe aus dem Stamm Juda“. Im himmlischen Bereich weiß man bereits seit der Auferstehung und Thronbesteigung des Menschensohnes, wer der Sieger ist.  Mit dem für Johannes bekannten Bild – Löwe aus dem Stamm Juda – erkennt er seinen Herrn und König (1Mose 43,9; 49,9-10; Ps 78,68; Amos 1,2; 3,8; Micha 5,1; Mt 1,2; 2,6; Hebr 7,14).                            

Der Ausdruck „die Wurzel Davids“ kommt besonders häufig in den Propheten vor und deutet auf die menschliche Herkunft des Messias aus dem Hause Davids, bzw. Jesse, dem Vater von David hin (Offb 22,16; Jes 11,1.10; Röm 15,12;  2Sam 7,11-14a; Ps 2,1-12; Hosea 3,5; Jer 23,5; 30,9; Hes 37,24). Hier verstehen wir, warum im biblischen Kontext die sogenannten Stammbäume eine so wichtige Rolle gespielt haben (Mt 1,1-17; Lk 3,23-38; 1Chr 1-12). Sie bildeten den juristischen Nachweis für den erwarteten Messias aus dem Königshause Davids. Doch wie und wodurch siegte der Löwe aus Juda, der Nachkomme Davids?

„Und ich sah inmitten des Thrones und der vier lebendigen Wesen und inmitten der Ältesten ein Lamm stehen wie geschlachtet, das sieben Hörner und sieben Augen hatte; dies sind die sieben Geister Gottes, ausgesandt über die ganze Erde.“ (Offb 5,6).

Nach der akustischen Information wird der Blick des Johannes wieder auf die Mitte des Thrones gelenkt. Er sieht ein Bild von einem Lamm, man stelle sich ein männliches einjähriges Schaf vor (2Mose 12,1-6). Es sieht aus wie geschlachtet, aber es steht (Tod und Auferstehung). Deutlicher kann es nicht ausgedrückt werden. Zu offensichtlich ist der Hinweis auf Jesus, das Lamm Gottes (Jes 53,4-12; Joh 1,29; Mk 10,45; 1Kor 5,7; Hebr 2,14; 1Petr 1,19; Offb 1,18). Löwe und Lamm vereint in einer Person. Auf zwei Besonderheiten bei seinem Aussehen fällt der Blick des Johannes. Das Lamm hat sieben Hörner, ein Ausdruck seiner Vollmacht und Kraft (1Sam 2,10). Es hat sieben Augen, Hinweis auf Allwissenheit, denn er sieht alles. Die sieben Augen (dazu auch die sieben Hörner) werden auch auf den Geist Gottes gedeutet, der von Jesus ausgeht und überall gegenwärtig wirksam ist (4Mose 23,22; 24,8; Ps 18,3; Ps 132,17; Offb 1,4.14; 3,1; 4,5). Nach der Thronbesteigung wird der Geist Gottes im Auftrag von Jesus in diese Welt gesandt (Mt 3,11-12; Joh 16,7; Lk 24,49; Apg 1,5; 2,33).

2.1.4 Die Anbetung des Lammes auf dem Thron (vierter Hymnus)

„Und es kam und nahm (das Buch) aus der Rechten dessen, der auf dem Thron saß. Und als es das Buch nahm, fielen die vier lebendigen Wesen und die vierundzwanzig Ältesten nieder vor dem Lamm, und sie hatten ein jeder eine Harfe und goldene Schalen voller Räucherwerk; das sind die Gebete der Heiligen.“ (Offb 5,7-8).

Als Jesus noch auf Erden war, sagte er: „Alles, was der Vater hat, das ist mein“ (Joh 16,15). „Denn der Vater hat den Sohn lieb und zeigt ihm alles, was er tut, und wird ihm noch größere Werke zeigen,“ (Joh 5,20). Dies hat sich erfüllt mit der Thronbesteigung.

Zum Zeichen der Anerkennung der Würde und Hoheit des Lammes fallen die vier lebendigen Wesen und die 24 Ältesten anbetend nieder vor dem Lamm. An dieser Stelle ist es wichtig die Bedeutung des Begriffes Anbetung zu erfassen. Der gr. Begriff `epesan – fielen nieder`,  kommt auch bei Knechten gegenüber ihren Herren vor. Doch der Begriff `prosekyn¢san – anbeteten` ist im biblischen Kontext (von Ausnahmen abgesehen) der Anbetung Gottes vorbehalten.

Anmerkung: In der klassischen Literatur beschreibt dieser Begriff die Haltung eines Hundes mit vorgestreckten Vorderbeinen zu seinem Herrn hin.

Den umfassendsten Text zur Anbetung finden wir in Johannes 4,20-24. Im Gespräch mit der Samariterin wird der Anbetungsbegriff 10 Mal gebraucht. Dort ist die anzubetende Person Gott der Vater. In Matthäus 28,17 fallen die Jünger vor Jesus anbetend nieder. (Mt 2,11: die Weisen; Phil 2,9-11: Alle; Hebr 1,6: die Engel; Offb 5,8. 13-14; 7,10-11; 11,16; 19,4; nur Gott ist anbetungswürdig: Offb 19,10; 22,8-9). Es gibt jedoch auch Ausnahmen, wo dieser Begriff in einem anderen Bezug gebraucht wird (Offb 3,9). Und dort, wo Götzenbilder oder Menschen angebetet werden (Offb 9,20-21; 13,4.15; 16,2).

Für den bevorstehenden Lobgesang haben sie Harfen (kitara) und goldene Schalen voll Räucherwerk, ein bekanntes Bild für Gebet und Anbetung (Lk 1,9-21; 18,10; Apg 3,1; Offb 8,3-5).

„Und sie singen ein neues Lied und sagen: Du bist würdig, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen; denn du bist geschlachtet worden und hast durch dein Blut (Menschen) für Gott erkauft aus jedem Stamm und jeder Sprache und jedem Volk und jeder Nation und hast sie unserem Gott zu einem Königtum und zu Priestern gemacht, und sie werden über die Erde herrschen!“ (Offb 5,9-10).

In der Aussage: „du hast erkauft“ ist das gesamte Werk der Erlösung enthalten. Die Opfer während der aaronitischen Priesterordnung als hinweisende Einrichtung und dann das vollgültige Opfer Jesu am Kreuz. Und zu einem  Königreich und zu Priestern gemacht (vergleiche die Kommentare zu Kapitel 1,5-6).

Anmerkung: Anstelle „Menschen“ übersetzen andere mit „uns“. Der Grund dafür liegt darin, dass es im Griechischen verschiedene Lesarten gibt. Dieser Text wird unterschiedlich übersetzt, je nach der griechischen Vorlage. Zum Beispiel die Schlachter Übersetzung stützt sich auf den Textus Receptus, die anderen auf Nestle Aland, welchem ältere Handschriften zugrunde liegen. In Letzteren spricht der Älteste in der 3. Person, d.h. er gehört nicht zu der Schar der Erkauften.

Ausdrücklich wird gesagt: aus jedem Stamm, jeder Sprache (Zunge) jedem Volk und jeder Nation werden Menschen in der Vollendung vor Gott und dem Lamm stehen (Offb 7,9; 14,1-5).

Es ist ein neues Lied, das zunächst die vier lebendigen Wesen und die 24 Ältesten anstimmen. Sie singen einen Lobpreis auf das Lamm und dessen Sühneopfer. Damit bringen sie auch ihr Staunen zum  Ausdruck (1Petr 1,12). Erst später stimmen die unübersehbare Menge der himmlischen Engel in den Lobpreis mit ein, dann zusammen mit allen übrigen Geschöpfen.

Der Auftrag: „Sie werden herrschen auf Erden oder über die Erde“ (1Mose 1,26) kann sich durchaus  auf die neue Erde in der neuen Schöpfung beziehen. Doch die eigentlichen Besitzer dieser Erde sind Kinder Gottes, weil nur sie diese Schöpfung nach dem Willen Gottes und in rechter Beziehung zu ihm verwalten, nutzen, bewahren, jedoch nicht missbrauchen(Ps 8,1ff; Mt 5,7).

„Und ich sah: Und ich hörte eine Stimme vieler Engel rings um den Thron her und um die lebendigen Wesen und um die Ältesten; und ihre Zahl war Zehntausende mal Zehntausende und Tausende mal Tausende, 12 die mit lauter Stimme sprachen: Würdig ist das Lamm, das geschlachtet worden ist, zu nehmen die Macht und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Herrlichkeit und Lobpreis. 13 Und jedes Geschöpf, das im Himmel und auf der Erde und unter der Erde und auf dem Meer ist, und alles, was in ihnen ist, hörte ich sagen: Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm den Lobpreis und die Ehre und die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit (Ewigkeiten im Plural) 14 Und die vier lebendigen Wesen sprachen: Amen! Und die Ältesten fielen nieder und beteten an.“ (Offb 5,11-14).

Welch ein Lobpreis auf das Lamm, bei dem sieben Strophen gesungen werden (vgl. dazu auch Phil 2,9-11). Näheres zu diesem Lobpreis in 2.3.3.

2.2 Die Weltgeschichte im Überblick

Nach dem Einblick in den himmlischen Bereich (Kapitel 4-5) bekommt Johannes gezeigt, was auf Erden geschehen wird. Die sieben Siegel bilden den Gesamtrahmen der Offenbarung. Der Textteil in Offb 6,1-8 enthält die Öffnung der ersten vier Siegel. Unter ihnen erscheinen die vier Reiter. Unter dem fünften Siegel (Offb 6,9-11) bekommt Johannes einen Einblick in das himmlische Heiligtum zu den Seelen der Zeugen Jesu. Da unter dem sechsten Siegel (Offb 6,12-17) bereits der Beginn des Weltgerichts und die Auflösung der materiellen Schöpfung gezeigt und beschrieben wird, kann der gesamte Abschnitt in Kapitel 6 als die Weltgeschichte im Überblick überschrieben werden.

Der Aufbau der ersten sechs Siegel ist 4+2 und umfasst die Kapitel 4-7. Unter dem siebten Siegel werden die Kapitel 8-22 mit all ihren Visionen dargestellt, welche die verschiedenen Perspektiven der Entwicklungen und Abläufe sowohl im Himmlischen als auch im irdischen Bereich zeigen. Damit stellen die ersten sechs Siegel einen Grundriss der Weltgeschichte im Buch der Offenbarung dar

Der Aufbau der sieben Posaunengerichte ist 4+3 und umfasst die Kapitel 8-11.

Die sieben Zornesgerichte umfassen nur Kapitel 16 und diese werden ausdrücklich als die letzten Plagen bezeichnet. Ihr Aufbau ist  wie auch bei den Posaunen 4+3,  dabei geht die vierte nahtlos in die fünfte Zornesschale über. Dem Inhalt nach ähneln diese beiden  in manchen Details.

Besonders in den ersten vier Siegeln sind markante, parallel verlaufende, zum Teil ineinander verwobene Grundlinien von Ereignissen in der Entfaltung der Geschichte zu erkennen. Doch viele der in den sechs Siegeln genannten Aspekte werden unter dem siebten Siegel aufgegriffen und ergänzt.

Einige Details wurden bereits von Jesus in seinen Endzeitreden vorausgesagt. Vom Kontext der Offenbarung beginnen die geschilderten Ereignisse seit der Machtübergabe an den Sohn Gottes Jesus Christus (Mt 28,17-20) und seiner Thronbesteigung (Lk 24,51; Apg 1,9-11; Offb 1,1: „seinen Knechten zu zeigen, was schnell geschehen muss“). Da jedoch viel von dem Bildmaterial  aus der vorchristlichen Zeit stammt, gibt es offensichtliche Parallelen zu Ereignissen aus der Frühgeschichte, die entsprechenden Vorbildcharakter haben.

Einleitung zu den ersten vier Pferden mit ihren Reitern

Das Bild des ersten Reiters bietet Raum für verschiedene Interpretationen. Bei den anderen drei Reitern überwiegen die Übereinstimmungen im Verständnis (der teilweise Entzug der Sicherheit, der Versorgung und Gesundheit ).

Bei den vier Rossen mit ihren Reitern besteht eine Ähnlichkeit zu den Bildern aus Sacharia 1,8-11 und 6,1-7. Dort geht es um Gespanne mit Angabe von Farben, Herkunft und Bestimmung.

  • Die Reihenfolge in Offb 6,1-8: Weißes, feuriges, schwarzes, grünes (grün / gelb).
  • Die Reihenfolge in Sacharia 6,1-7 ist: Feurige, schwarze, weiße, scheckige.
  • In Sacharia 1,8: Feurige,  hellrote, braune, weiße (bei dem zweiten und dritten Gespann sind die Farben wegen unterschiedlicher Übersetzungen nicht eindeutig und die Reihenfolge wechselt, dazu fehlt das Gespann mit den schwarzen Rossen. Diese Gespanne sind dem Herrn der ganzen Erde unterstellt und führen seine Befehle aus (Sach 1,10-11; 6,5). Sie werden mit den vier Winden des Himmels verglichen (vgl. dazu Jer 49,36).

Trotz der Ähnlichkeiten mit den Pferden in Offb 6,1-8 gibt es auch Unterschiede:

  • In Sacharia sind es vier Gespanne, in Offb vier einzelne Rosse und zwar mit Reitern und deren Ausstattung.
  • In Sacharia ist  das vierte Gespann scheckig oder gefleckt, in Offb ist das vierte Pferd grün (grün / gelb).
  • In Sacharia ziehen die Gespanne in die verschiedenen Himmelsrichtungen aus, In Offb wirken die vier Pferde mit Reitern global umfassend.
  • In Sacharia stehen die vier Gespanne für die vier Winde des Himmels, handeln also eindeutig im Auftrag Gottes. In Offb 6,1-8 fehlt zwar dieser Hinweis, doch die Beteiligung der vier lebendigen Wesen kann als eine Entsprechung zu den vier Winden des Himmels angesehen werden. Und im Gegensatz zu der Ausgangsbasis des Drachen, der zwei Tiere und Babylon, handelt es sich hier um eine Initiative, die im himmlischen Bereich ihren Anfang nimmt. Denn die Anweisungen an die Reiter auf den vier Pferden kommen von den vier lebendigen Wesen, welche in unmittelbaren Gegenwart des Thrones Gottes stehen und in seinem Auftrag handeln (Offb 4,6ff; 6,1.3.5.7). Daher sollten die geschilderten Abläufe aus der Perspektive Gottes betrachtet und bewertet werden.

Die Visionen im Buch Sacharia wurden dem Propheten in nachexilischer Zeit gegeben (Sach 1,1; 7,1). Sie sprechen von dem Wiederaufbau des Tempels (520-516) und der Verheißung der Wiederherstellung Jerusalems und dem Ausblick auf das Kommen des messianischen Reiches (Sach 1,12ff; 9,9). In neutestamentlicher Zeit kommt die Errichtung des Reiches Gottes hinzu, bei dem der Bau des geistlichen Tempels (der Gemeinde) im Mittelpunkt steht (Sach 6,12; Mt 16,18). Und dieses geistliche Reich wird durch das Evangelium von Jesus Christus verkündigt (Mt 4,23; 9,35). Dieser zentrale Aspekt darf keinesfalls bei der Betrachtung der Offenbarungstexte zu kurz kommen. Ansonsten gibt es im Alten Testament zwar weitere Texte von Pferden und Gespannen aber ein offensichtlicher Bezug zu Offb 6,1-8 lässt sich durch jene nicht ohne weiteres ableiten. In den Evangelien und den Briefen der Apostel kommen Pferde (außer in Jak 3,3 mit Bezug auf Ps 32,9) nicht vor. Im Buch der Offenbarung kommen Pferde in zwei Texten vor. In Kapitel 9,7ff bilden sie ein Feindesheer (Heuschreckenheer gleich Pferden und in Kapitel 19,11-15 werden Christus und die ihm nachfolgenden himmlischen Heere auf weißen Pferden dargestellt.

2.2.1 Das Lamm öffnet das erste Siegel: Der Reiter auf dem weißen Pferd – was wird durch ihn dargestellt?

„Und ich sah, als das Lamm eins von den sieben Siegeln öffnete, und hörte eins von den vier lebendigen Wesen wie mit einer Donnerstimme sagen: Komm! Und ich sah: Und siehe, ein weißes Pferd, und der darauf saß, hatte einen Bogen; und ihm wurde ein Siegeskranz gegeben, und er zog aus, siegend und um zu siegen.“ (Offb 6,1-2).

Johannes schaut zu, wie das Lamm eins (Zahlwort) von den sieben Siegeln öffnete. Dieses Siegel ist auch das erste von den sieben. Danach dringt an sein Ohr die donnerähnliche Stimme des ersten lebendigen Wesens mit dem Ruf: „komm“. Und nun fällt der Blick des Johannes auf ein weißes Pferd, dessen Reiter einen Bogen hatte, dazu wurde ihm ein Siegeskranz gegeben.

 Eine erste Auffälligkeit, die zum Nachdenken anregt: im Vergleich zu den Posaunen und Zornesschalen, wird Das erste Siegel, welches das Lamm öffnete, mit dem Zahlwort `EINS` bezeichnet und die anderen sechs Siegel sind mit den Ordnungszahlen versehen. Ähnliches Muster zeichnet sich auch in der sieben Tage Woche ab, in welcher der erste Tag mit dem Zahlwort `eins` beziffert wird (1Mose 1,5; Mt 28,1; Mk 16,2;  Lk 24,1; Joh 20,1.19; Apg 20,7; 1Kor 16,2). Somit wird im Tag EINS sowohl ein zeitlicher Rahmen festgelegt, als auch der Bezug zu Christus hergestellt, denn durch ihn ist die Welt geschaffen und durch dessen Auferstehung begann auch die neue Schöpfung (1Mose 1,1ff; Joh 1,1-3; Kol 1,15-18; 2Tim 1,10).

Weil in allen himmlischen Wesen der eine Geist Gottes wirkt, weiß jeder was er zu tun oder zu sagen hat. Die Stimme, welche Johannes hört ist nicht zu überhören. Der Ruf kommt von  einem das heißt vom `ersten` der vier lebendigen Wesen ähnlich einem Löwen. Diese Stimme hört sich an wie die Stimme / Ton des Donners: „Komm“. Doch wem gilt der Ruf? Da Johannes bereits da ist, kann der Ruf nicht ihm gelten, sondern dem Reiter, durch den die von Gott vorgesehenen Ereignisse bildhaft dargestellt werden. Neben Offb 6,1.3.5.7 kommt das gr. Verb `erchou` noch in Mt 8,9; Lk 7,8; Offb 22,17+20 vor. Auch dort ist das „komm“ in der Ruf-Form verwendet, es schwingt aber auch der Akzent der Aufforderung und des Befehls mit. Daraufhin sieht Johannes das Bild von einem weißen Pferd `ippos leukos` mit seinem Reiter, wie im Text beschrieben.

Doch das „Siehe“ gilt besonders auch den Lesern, dass sie aufmerken sollen, was nun gezeigt wird. Bei diesem Bild konnten damals die Leser und Hörer durchaus zunächst an einen Heerführer denken, der nach seiner siegreichen Rückkehr gekrönt wurde. Diese Reihenfolge war auch fester Bestandteil bei den Sportkämpfen.  Doch der Reiter auf dem weißen Pferd in Offb 6,1-2 kehrte nicht von einer Schlacht zurück, sondern er zieht aus und hatte bereits den Siegeskranz auf seinem Haupt. Es ist ein Detail, auf das zu achten ist.

In den biblischen Geschichten kommen Pferde / Rosse oder Gespanne nahezu 180 Mal vor. Sie werden als Kuriere eingesetzt, aber in den meisten Fällen als Kampfrosse oder Gespanne. (Ester 8,10; 2Mose 14,7-28; 2Kön 6,15). Ihre Schnelligkeit eignete sich hervorragend zur Überbrückung großer Distanzen (Jer 4,13).

Wir betrachten Texte in denen Bilder von weißen Pferden (Rossen) von Bogen und von Siegeskränzen vorkommen. Erst danach wagen wir eine Deutung dieses Bildes. Natürlich halten auch wir uns an das Auslegungsprinzip – die Schrift wird mit der Schrift ausgelegt. Und die unklaren Stellen werden im Licht der eindeutig klaren Texte gedeutet. Wir schauen uns zuerst Texte im Buch der Offenbarung an, Danach in den übrigen Schriften.

Das Bild des weißen Pferdes mit seinem Reiter und der ihm nachfolgenden Heere aus Offb 19,11-15 ist für uns die naheliegendste Quelle, in der ähnliche Aspekte zu Offb 6,1-2 enthalten sind.

Abbildung 1 Der Reiter auf dem weißen Pferd. Bewusst ist auf der Zeichnung das Gesicht des Reiters unkenntlich. Doch die gesamte Haltung strahlt Siegesgewissheit aus. (Zeichnung von Joela Schüle 28. März 2021).

Die weiße Farbe des Pferdes

In Kapitel 19,11-15 ist das weiße Pferd (Kampfross) dem gerechten Richter der Welt zugeordnet. Diesem folgen himmlische Heere, die ebenfalls auf weißen Rossen sitzen und mit reiner, weißer (leuchtender) Seide oder Leinen bekleidet sind. Dort lesen wir: „Und ich sah den Himmel aufgetan; und siehe, ein weißes Pferd. Und der darauf saß, hieß: Treu und Wahrhaftig, und er richtet und kämpft mit Gerechtigkeit. Und seine Augen sind wie eine Feuerflamme, und auf seinem Haupt sind viele Kronen (Diademe); und er trug einen Namen geschrieben, den niemand kannte als er selbst. Und er war angetan mit einem Gewand, das in Blut getaucht war, und sein Name ist: Das Wort Gottes. Und ihm folgten die Heere im Himmel auf weißen Pferden, angetan mit weißer, reiner Seide. Und aus seinem Munde ging ein scharfes Schwert, dass er damit die Völker schlage.“ Schauen wir uns die Bilder aus den Kapiteln 19,11-15 und 6,1-2 an und stellen die Übereinstimmungen, die Ähnlichkeiten aber auch Unterschiede fest:

  • Auffallend ist in beiden Texten, dass dem Johannes zuerst Das Aussehen des Pferdes ins Auge fällt und erst danach der darauf Sitzende beschrieben wird. Und dies gilt auch für die Bilder in Offb 6,1-8.
  • Die offensichtliche optische Übereinstimmung ist die weiße Farbe des Pferdes, bzw. der Pferde.
  • Das `weiß` des Pferdes aus Kap. 19 steht in Übereinstimmung mit dem, der auf dem Pferd als gerechter Richter der Welt sitzt und mit der Wahrheit des Wortes Gottes kämpft (Joh 5,27; 12,48; Apg 17,31; Offb 20,11 mit Mt 25,31). Das weiß, die weiße Farbe wird in der Schrift bezogen auf Jesus immer mit positiven Aspekten in Verbindung gebracht: Weiße Kleider (Mt 17,2; Mk 9,3); weißes Haar (Offb 1,14); weißer Thron (Offb 20,11 mit Mt 25,31). Wir sehen, dass die Farbe des Pferdes in Offb 19 sowohl auf die Bestimmung als auch den Charakter des darauf Sitzenden hinweist. Das trifft auch auf die himmlischen Heere auf weißen Pferden zu. Wir können annehmen, dass zwischen der Farbe des Pferdes aus Offb 6,1-2 und seinem Reiter ebenfalls eine Beziehung oder gar Übereinstimmung von Charakter und Funktion besteht. Dies werden wir auch später bei den anderen drei Rossen mit ihren Reitern feststellen.
  • Aus dem Munde des Weltrichters geht ein zweischneidiges Schwert hervor, es ist das  lebendige aber auch richtende Wort Gottes (1Kor 1,18; 1Petr 1,23; Hebr 4,12; Joh 12,48). In Offb 6,2 hat der Reiter einen Bogen (als Waffe) doch wie dieser eingesetzt wird, ist auf den ersten Blick noch nicht erkennbar. Da es im NT dafür keine bildhafte Entsprechung gibt, sind wir auf das AT angewiesen. Später mehr dazu unter dem Stichwort `der Bogen`.
  • Der Richter der Welt trägt auf seinem Haupt viele Kronen (Diademe), priesterliche und königliche Insignien (2Mose 29,6; 39,30; 2Sam 1,10; Jes 62,3; Sach 9,16). Dem Reiter auf dem weißen Pferd in Kap 6,2 wird bereits bei seinem Auszug ein Siegeskranz (Stefanos) gegeben. Doch beides sind herrliche und ehrenvolle Insignien sowohl der Macht als auch des Sieges.
  • Der Richter der Welt kämpft, bzw. richtet mit Gerechtigkeit und siegt, der Reiter auf dem weißen Pferd zieht aus siegreich (kämpfend) und um zu siegen. Eine Niederlage ist bei beiden ausgeschlossen, was von den Herrschern und Heerführern dieser Welt nicht ohne weiteres gesagt werden kann.

Die Parallelen in diesen beiden Bildern und Texten sind zwar bemerkenswert, doch für eine eindeutige Deutung dieses Bildes reichen sie nicht aus. Da wundert es nicht, dass es gerade bei diesem Bild die kontrastvollsten Auslegungen gibt.

Wie bereits weiter oben angemerkt, kommen weiße Pferde nur noch in den Visionen des Propheten Sacharia vor. Inwieweit können diese Bilder unseren Text erhellen? Dort lesen wir: „Und ich hob meine Augen abermals auf und sah, und siehe, da waren vier Wagen, die kamen zwischen den zwei Bergen hervor; die Berge aber waren aus Kupfer. Am ersten Wagen waren rote (feurige) Rosse, am zweiten Wagen waren schwarze Rosse, am dritten Wagen waren weiße Rosse, am vierten Wagen waren scheckige Rosse, allesamt stark. Und ich hob an und sprach zum Engel, der mit mir redete: Mein Herr, wer sind diese? Der Engel antwortete und sprach zu mir: Es sind die vier Winde des Himmels, die hervorkommen, nachdem sie gestanden haben vor dem Herrscher der ganzen Erde. Die schwarzen Rosse zogen in das Land des Nordens, die weißen zogen hinter ihnen her, und die scheckigen zogen in das Land des Südens. Diese starken Rosse also zogen aus und wollten sich aufmachen, um die Lande zu durchziehen. Und er sprach: Geht hin und durchzieht die Lande! Und sie durchzogen die Lande. Und er rief mich an und redete mit mir und sprach: Sieh, die in das Land des Nordens ziehen, lassen meinen Geist ruhen (Fußnote: „stillen meinen Zorn“) im Lande des Nordens.“ (Sach 6,1-8). Nach Sacharia 2,4 verstand man unter dem Land des Nordens auch die Länder im Zweistromland (ähnlich  auch in Jes 14,31; Jer 16,15; 23,8; 25,9.26; 50,9; Dan 11,6). Denn wer von Israel aus nach Nordosten oder Osten ziehen wollte musste die Nordroute über Damaskus nehmen.  

Auf den ersten Blick fällt die Vierer Gruppe der farbigen Gespanne auf, welche vom Text her von Gott in die vier Himmelsrichtungen ausgesandt werden. Auch in Offb 6,1-8 ist es eine farbige Vierergruppe, allerdings mit jeweils einem Pferd und dazu einem Reiter. Trotz optischer Ähnlichkeiten sollten die Gespanne zunächst im Kontext der heilsgeschichtlichen Periode jener Zeit gedeutet werden. Darin kann man folgendes erkennen: Diese vier Gespanne symbolisieren die vier Winde des Himmels (vgl. Sach 6,5 mit Hebr 1,7 mit Bezug auf Ps 104,4: Engel oder Gruppen von Geistwesen). Einige der himmlischen Boten sind zuständig, um Gottes Gerichte an den Völkern aber auch an Israel auszuführen (1Mose 19,22: Gericht über Sodom; Ps 78,49: an Ägypten; 1Chr 21,12 und 2Sam 24,17: an Israel wegen der Sünde von David; 2Kön 19,35: Gericht am Heer der Assyrer).

Die Gespanne aus Sacharia haben zunächst den Auftrag die Lande zu durchziehen, um eine Bestandsaufnahme zu machen. Dann aber auch auf Befehl des Herrn in die Machtbereiche der Herrscher dieser Welt einzugreifen (Sach 1,8-11; 6,8). In diesen Texten wird jedoch nur das Ergebnis des Auftrages für die schwarzen und weißen Gespanne durch eine kurze Bemerkung kommentiert. Diese Eingriffe geschahen auch in der Zeit vor, während und nach dem babylonischen Exil (Visionen des Daniel (Kap. 9-12)und Sacharia etwa 520-516 v.Chr.). Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der Wiederherstellung von Juda und Jerusalem samt dem Tempel, wie folgender Text deutlich macht: „Da hob der Engel des HERRN an und sprach: HERR Zebaoth, wie lange noch willst du dich nicht erbarmen über Jerusalem und über die Städte Judas, über die du zornig gewesen bist diese siebzig Jahre? Und der HERR antwortete dem Engel, der mit mir redete, freundliche Worte und tröstliche Worte. Und der Engel, der mit mir redete, sprach zu mir: Predige und sprich: So spricht der HERR Zebaoth: Ich eifere für Jerusalem und Zion mit großem Eifer.“ (Sach 1,12-14).

Wenn wir die Symbole aus Sacharia für das Verständnis über Offb 6,1-8 heranziehen, dann dürfen wir das zentrale Thema `Gottes Reich und die Gemeinde` nicht aus dem Blickfeld verlieren. Gott ist auf Gerechtigkeit bedacht und er begann mit seinem  Gericht damals an seinem Volk und seinem Haus um sie zur Umkehr zu bewegen. Dadurch sollte der Rest gerettet werden (Sach 3,8; 6,12; 8,11-12; 12,8-9; Jes 10,21; Hes 28,25-26). Danach wendet er sich mit seinen Gerichten den Völkern zu. Weil sie ihre Macht missbraucht haben, wird er sie zur Rechenschaft ziehen (Jer 51,11: Meder gegen Babel;  Sach 2,10-13). Diese Vorgehensweise Gottes ist prinzipiell und könnte auch auf Offb 6,1-8 angewendet werden. Auf dem

Hintergrund der Bestimmung des Gespanns mit den weißen Rossen (Sach 6,6) die eindeutig im Dienst des Herrn stehen und in seinem Auftrag handeln, würde auch dem Reiter auf dem weißen Pferd (Offb 6,1-2) eine von Gott aufgetragene Funktion zukommen. Das könnte bedeuten, dass Gott sein Gericht (in  Gerechtigkeit und Wahrheit) unter die Nationen bringt und zwar in neutestamentlicher Zeit durch das Evangelium von dem Reich Gottes, beginnend in Israel. Eine der zentralen und eindrucksvollsten Aussagen über den Inhalt des Evangeliums ist zweifellos in Johannes 3,15-19 festgehalten worden. Doch im gleichen Zusammenhang erklärt Jesus worin das Gericht besteht. So sagte er: „Das ist aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke waren Böse.“ (Joh 3,19). Und zum Ende seines Dienstes gibt er bekannt: „Jetzt ergeht das Gericht über diese Welt; jetzt wird der Fürst dieser Welt hinausgestoßen werden. 32 Und ich, wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen. 33 Das sagte er aber, um anzuzeigen, welchen Todes er sterben würde.“ (Joh 12,31-33).

 Weitere Stellen, die im Zusammenhang des Auftrages für den Messias als Retter und Richter stehen: Jes 42,1ff mit Mt 12,18-20; Jes 49,6 mit Apg 13,47; Amos 9,11 mit Apg 15,16-17; Mt 28,19-20 und Apg 1,8 mitMt 24,14.

Bis jetzt konnten wir feststellen, dass es (außer von Offb 6,1-2) nur zwei weitere bildhafte Darstellungen gibt, in denen weiße Rosse vorkommen und beide zeigen zentrale Aspekte des Handelns Gottes mit seinem Volk und den Nationen.

Der Bogen des Reiters

Der Reiter auf dem weißen Pferd hatte einen Bogen. Pfeil und Köcher werden in diesem kurzen Text nicht erwähnt. Natürlich sollte ihr Fehlen nicht unbeachtet gelassen werden, denn Bogen als Waffe ohne Pfeil wäre wirkungslos, es sei denn, dass es auf ein Ende des Kampfes hinweist, wie auch einige Ausleger vermerken mit dem Hinweis, dass der Pfeil (durch den einzigartigen Sieg Jesu) bereits abgeschossen wurde. Doch der Hinweis, dass der Reiter auszieht um zu siegen, setzt Kampf voraus. Dazu gibt es viele Textstellen in denen der Bogen als Waffe genannt ist ohne dass der Pfeil erwähnt wurde (Ps 21,13; Jes 13,18; Sach 10,3-6; Neh 4,7). Und oft ist von Pfeilen die Rede, ohne dass der Bogen erwähnt wird (Ps 45,6; Jes 49,2). Im NT kommt der Bogen als Waffe nur in Offb 6,2 vor, die Pfeile einmal und zwar als „feurigen Pfeile des Bösen“ (Eph 6,16). Dies wird gelegentlich als eine Begründung dafür angesehen, dass der Reiter auf dem weißen Pferd im Auftrag des Feindes kämpft. Und natürlich kann auch diese Sichtweise mit bestimmten Textaussagen begründet werden, wie zum Beispiel 2Kor 11,14-15.

Zum Nachdenken: Der erste Reiter hatte einen Bogen, aber der Siegeskranz wurde ihm gegeben. Vom zweiten Reiter heißt es zweimal, dass ihm gegeben wurde. Dem dritten Reiter wurde nichts gegeben, er hatte aber eine Waage. Bei dem vierten Reiter heißt es zusammenfassend: „ihnen wurde gegeben“.

Von den mehr als 70 Stellen im AT in denen der Bogen erwähnt wird (Pfeil mehr als 60 Mal), beschreiben viele von ihnen physische Kampfhandlungen und in anderen werden diese Gegenstände im übertragenen Sinne verwendet.

Zunächst jedoch zum Begriff selbst. Im Griechischen wird für Bogen das Wort `toxon` verwendet, auch für den Regenbogen (1Mose 9,13-17). In der Offenbarung wird der Regenbogen jedoch mit dem Begriff `iris` beschrieben (vgl. Hes 1,28; mit Offb 4,3; 10,1). Zu erklären ist der Unterschied damit, dass von unserer Perspektive aus der Regenbogen immer nur als Halbkreis zu sehen ist. Aus der himmlischen Perspektive gesehen ist er ein Vollkreis, so die Beobachtung aus dem Flugzeug unter einem bestimmten Winkel. Im Gegensatz zu Offb 4,3 und 10,1 handelt es sich in Offb 6,2 um den Bogen als Waffe. Die Frage ist nur, auf welche Weise und in welchem Sinne wurde und wird dieser Bogen eingesetzt?

Ursprünglich wurde mit Pfeil und Bogen Wild gejagt (1Mose 21,20: Ismael; 27,3; Esau). Doch wie bereits erwähnt, wurde (neben dem Schwert) Bogen und Pfeil für Eroberungen bei Kampfhandlungen eingesetzt (1Mose48,22; 2Sam 1,22; Jer 51,11). Es gibt jedoch auch mehrere  Texte, in denen diese Waffe im Dienst Gottes steht, allerdings sinnbildlich (5Mose 32,23.42).

  • Ps 21,13: „Denn du wirst machen, dass sie den Rücken kehren; mit deinem Bogen wirst du auf ihr Antlitz zielen.“
  • Ps 38,3: „Denn deine Pfeile stecken in mir, denn deine Hand drückt mich.“ Und David erkennt, dass es geschieht wegen seiner Sünde und weil er dadurch zur Umkehr geführt wird.
  • Und in Psalm 45 lesen wir vom Messias: „Du bist der Schönste unter den Menschenkindern, / holdselig sind deine Lippen; darum hat dich Gott gesegnet ewiglich. 4 Gürte dein Schwert an die Seite, du Held, / und schmücke dich herrlich! 5 Es soll dir gelingen in deiner Herrlichkeit. Zieh einher für die Wahrheit / in Sanftmut und Gerechtigkeit, so wird deine rechte Hand Wunder vollbringen. 6 Scharf sind deine Pfeile, dass Völker vor dir fallen; sie dringen ins Herz der Feinde des Königs. Gott, dein Thron bleibt immer und ewig; das Zepter deines Reichs ist ein gerechtes Zepter. Du liebst Gerechtigkeit und hassest Frevel; darum hat dich Gott, dein Gott, gesalbt mit Freudenöl wie keinen deiner Gefährten.“ (vgl. mit Hebr 1,8 wo diese Prophetie auf den Sohn Gottes bezogen wird). Hier werden die Waffen Schwert und Pfeil dem Messias zugeordnet, die er natürlich in seinem Sinne einsetzen wird.
  • In Jesaja 49,2 spricht der Messias von Gott in der 3. Person: „Er hat meinen Mund wie ein scharfes Schwert gemacht, mit dem Schatten seiner Hand hat er mich bedeckt. Er hat mich zum spitzen (auserlesenem) Pfeil gemacht und mich in seinem Köcher verwahrt.“ Hier kann die bildhafte Anwendung des Schwertes und Pfeils im Köcher durch den Messias gesehen werden. Waffen, die er in seinem Sinne einsetzen wird, um seinen Auftrag (die Sammlung Israels und Licht und Rettung für die Nationen ) zu erfüllen (Jes 49,6; Lk 2,32-34; Joh 10,16).
  • Und durch den Propheten Sacharia sagt der Herr: „Denn ich habe mir Juda zum Bogen gespannt und Ephraim darauf gelegt und will deine Söhne, Zion, aufbieten gegen deine Söhne, Griechenland, und will dich zum Schwert eines Helden machen.“ (Sach 9,13). Gott verwendet sein Volk (unter dem Bild von Bogen, Pfeil  und Schwert) für den Kampf gegen die Feinde.
  • Im Propheten Habakuk wird von Gott gesagt: „Du ziehst deinen Bogen hervor, legst die Pfeile auf deine Sehne. Du spaltest das Land, dass Ströme fließen.“ (Hab 3,9). Auch hier sind Bogen und Pfeile als eine spezifische Waffenart in Gottes Hand zweckbestimmt verwendet.

Diese Texte machen deutlich, dass Gott die Waffe Bogen und Pfeil (wie auch das Schwert) in seinem Sinne einsetzt. Und nur in der Hand des Herrn (und seiner auserwählten Zeugen) werden die genannten Waffen im richtigen Sinne und zweckmäßig eingesetzt. Da Jesus in seinem Dienst nie physische Waffen verwendete und auch in der Zukunft niemals  verwenden wird, sind diese geistlich zu deuten, wie es mit dem Schwert des Geistes als dem Worte Gottes geschieht und zwar in neutestamentlicher Zeit (dazu auch Mt 10,34 mit Lk 12,51f).

Anmerkung: In Ps 64,4-5gibt es eine Erklärung darüber, was ein Pfeil im übertragenem aber negativen Sinne bedeutet: „die ihre Zunge schärfen wie ein Schwert, mit ihren giftigen Worten zielen wie mit Pfeilen, 5 dass sie heimlich schießen auf den Frommen; plötzlich schießen sie auf ihn ohne alle Scheu.“ Und in Sprüche 25,18 lesen wir:

Wer wider seinen Nächsten falsch Zeugnis redet, der ist wie ein Streithammer, Schwert und scharfer Pfeil.“ Wie treffend wird hier unter anderem auch das Schwert und der Pfeil im Sinne der Verletzung durch falsche Aussage, also Verleumdung beschrieben.

Beispiele für positive Verwendung der Worte der Wahrheit finden wir in Mt 22,46; 23,13ff; Lk 20,39; Joh 18,4-6: „als Jesus sagte: ich bin`s, fielen sie zu Boden“; Apg 2,37a: „es ging ihnen durchs Herz“ (stach sie ins Herz); 3,14; 5,4-10; 5,33; 7,52-54; 8,20ff; 9,3-4; 13,10; 22,7; 24,25).

Darum kann in Offb 6,2 der Bogen auch als geistliche Waffe gesehen werden, der für geistliche Eroberungen eingesetzt wird, ähnlich wie das Bild vom scharfen zweischneidigen Schwert (Offb 1,16; Jes 49,2 und Ps 45,4-6). Es bedeutet, dass dieser Bogen niemals zerbrechen wird und seine Pfeile treffsicher sind, sie verfehlen nie das Ziel, denn sie sind Wahrheit und entlarven jede Art von Lüge und Ungerechtigkeit.

Anmerkung: Auffallend ist der Vergleich der Pfeile mit Blitzen (plötzlich, unerwartet, schnell), so in 2Sam 22,15: „Er schoss seine Pfeile und zerstreute die Feinde, er sandte Blitze und erschreckte sie.“ (ähnlich auch Ps 38,3; 77,18; 144,6; Sach 9,14; 5Mose 32,23). Dies lenkt unsere Aufmerksamkeit auf die Aussagen in der Offenbarung, in denen Blitze von Gottes Thron ausgehen und Gerichte ankündigen oder einleiten (Offb 4,5; 8,5; 11,19; 16,18). Gott wendet diese Waffen als Werkzeuge auf seine Weise an.

Aufgrund dieser Textaussagen ließe sich bei  dem Bild des Reiters mit dem Bogen der Einsatz im Auftrag Gottes begründen. Es bedeutet Rettung für die, welche mit Umkehr darauf reagieren und Gericht für die, welche sich seinem Wirken widersetzen (Joh 3,16-19).

Anmerkung: Auf der anderen Seite sagt Gott Entwaffnung voraus: „Denn ich will die Wagen vernichten in Ephraim und die Rosse in Jerusalem, und der Kriegsbogen soll zerbrochen werden. Denn er wird Frieden gebieten den Völkern, und seine Herrschaft wird sein von einem Meer bis zum andern und vom Strom bis an die Enden der Erde.“ (Sach 9,10; auch Ps 46,10; Hes 39,3; Hos 1,5). Ob diese Prophetien sich in buchstäblichem Sinne erfüllen werden, ist unwahrscheinlich. Eher bezieht sich diese Art von Abrüstung auf den Bereich des Reiches Gottes, in dem bereits seit Christus Frieden und Gerechtigkeit regieren (Jes 9,5-6; 11,1ff; Lk 2,14; Joh 14,27; Röm 14,17).

Der Kranz (Siegeskranz) auf dem Haupt des Reiters

Dem Reiter wurde ein Kranz (auf sein Haupt) gegeben. In der Offenbarung wird unterschieden zwischen Diadem – eine Art Stirnband mit goldenem Blattwerk oder Edelsteinen verziert und dem Stefanos – Siegeskranz aus Lorbeerblätter oder auch aus Gold angefertigt. In diesem Text wird der Begriff `stefanos – Siegeskranz` verwendet.

Anmerkung: Mit Siegeskränzen wurden weltliche Herrscher bekränzt. Ebenfalls auch siegreiche Heerführer, wenn diese von einem Kampf siegreich zurückkehrten. Dem Reiter aus Offb 6,1-2 wurde ein Siegeskranzgegeben bereits bei seinem Auszug in den Kampf. Und für solch einen Siegeszug geben biblische Texte wichtige Hinweise.

Zunächst betrachten wir Texte zum Siegeskranz in der Offenbarung:  

  • Als `goldene Kränze`, die 24 Ältesten tragen sie (Offb 4,4.10).
  • Ebenso der himmlische Bote, gleich einem Menschensohn (Offb 14,14).
  • Den Gläubigen der Gemeinde in Smyrna verheißt Jesus den Siegeskranz des Lebens (Offb 2,10).
  • Und die Gläubigen in Philadelphia ermutigt Jesus festzuhalten was sie haben, damit niemand ihren Siegeskranz wegnimmt (Offb 3,11).
  • Einmal werden goldene Siegeskränze ausdrücklich auf ein feindliches Heer bezogen, allerdings mit dem vergleichendem Zusatz `wie`.  Zitat: „und auf ihren Köpfen (war es) wie Siegeskränze dem Gold gleich (ähnlich)“  (Offb 9,7). Diese Siegeskränze sind eine Fälschung, sie täuschen durch ihre äußere Erscheinung und daher werden sie durch den Wortlaut des Textes entlarvt.

Kränze (Siegeskränze) sind seit dem Altertum bekannt: Hiob 31,36; Spr 1,9; 4,9; Jes 28,5. In den Texten des NT wird der Kranz meistens mit einem Zusatz versehen:

  • `Kranz aus Dornen` also `Dornenkranz` (Mk 15,17; Mt 27,29; Joh 19,2-5). Dieser wurde Jesus zur Verspottung und Entwürdigung aufgesetzt. Doch er wurde zum größten Sieger aller Zeiten, denn er gab den Kampf nicht auf bis in den Tod und siegte dadurch. Von ihm heißt es: „Du hast ihn ein wenig unter die Engel erniedrigt; mit Herrlichkeit und Ehre hast du ihn gekrönt; Wir sehen aber den, der ein wenig unter die Engel erniedrigt war, Jesus, wegen des Todesleidens mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt, damit er durch Gottes Gnade für jeden den Tod schmeckte.“ (Hebr 2,7 und 9 mit Bezug auf Ps 8,6). Dem „gekrönt“ (wörtlich: bekränzt) liegt im Griechischen und zwar in allen drei Texten der Siegeskranz der Ehre und Herrlichkeit zu Grunde. Durch seinen Sieg legte er den Grund für den wahren und unvergänglichen Siegeskranz für alle, die ihm vertrauen.
  • Paulus entnahm das Bild vom Kranz aus dem Sportkampf der Athleten im Stadion. An die Korinther schreibt er: „Wisst ihr nicht: Die im Stadion laufen, die laufen alle, aber nur einer empfängt den Siegespreis? Lauft so, dass ihr ihn erlangt. Jeder aber, der kämpft, enthält sich aller Dinge; jene nun, damit sie einen vergänglichen Kranz empfangen, wir aber einen unvergänglichen.“ (1Kor 9,24-25; dazu auch 2Tim 2,5).
  • Als `Kranz der Gerechtigkeit` (2Tim 4,8). Dieser ist bereitet allen, die wie Paulus den guten Kampf bis zum Ende kämpfen.
  • Als `Kranz des Lebens` (Jak 1,12). Der Kranz des Lebens ist das geistliche Leben aus Gott durch den Glauben an Jesus Christus (Joh 5,24-25).
  • Als `unvergänglicher Kranz der Herrlichkeit` (1Petr 5,4; verheißen den treuen Hirten).
  • Als `Ruhmeskranz` (1Thes 2,19; Phil 4,1).
  • Einmalig als `Kranz aus 12 Sternen` (Offb 12,1). Die Frau mit der Sonne bekleidet (Bild für die Gemeinde) trägt diesen Ehrenkranz.

Kränze (Siegeskränze) werden in der Schrift mindesten zwanzig Mal erwähnt und nur einmal ausdrücklich als Fälschung bezogen auf ein feindliches Heer (Offb 9,7). Doch bei dem Siegeskranz aus Offb 6,2 können wir davon ausgehen, dass er dem Reiter von Gott verliehen wurde, um seinen Auftrag zu erfüllen oder gerade weil er seinen Auftrag siegreich erfüllen wird.

Wofür steht der siegende Reiter?

Von diesem Reiter wird gesagt, dass er auszog „siegend und um zu siegen“. Da ihm auch noch bei seinem Auszug der Siegeskranz gegeben wurde, ist eine Niederlage ausgeschlossen. Doch womit oder mit wem lässt sich dieser Sieger identifizieren? Unter den Auslegern sind die Positionen zum Teil gegensätzlich. Die Sichtweisen reichen von Christus (Joh 16,33) bis zum Antichristen, mit all den Pseudopropheten (Mt 24,4-5). Oder weltliche Herrscher durch ihre Eroberungen und triumphalen Krönungen (Offb 11,7; 13,1-7).

Seit dem Sündenfall scheint das Böse sich immer wieder durchzusetzen. Der Stärkere besiegt den Schwächeren (1Mose 4; 6; 10-11; 14; 19). Die Lügenpropheten hatten und haben  ebenfalls in allen Kulturen und Epochen Hochkonjunktur. Die Gesetzlosigkeit nimmt hier und da immer mehr zu. Ja, der Drache und das Tier erringen unter dem Einfluss von Babylon und der Unterstützung des falschen Propheten anscheinend immer mehr Siege. So lesen wir in Offb 13,7-8: „Und es wurde ihm (dem Tier) gegeben, mit den Heiligen Krieg zu führen und sie zu überwinden (besiegen); und es wurde ihm Macht gegeben über jeden Stamm und jedes Volk und jede Sprache und jede Nation. Und alle, die auf der Erde wohnen, werden ihn anbeten, (jeder) dessen Name nicht geschrieben ist im Buch des Lebens des geschlachteten Lammes von Grundlegung der Welt.“ (ähnlich auch Offb 11,7). Aber ist das schon eine Begründung für den Sieg des Tieres und aller finsterer Mächte an allen Fronten? Kosten doch ihre Siege unzählige Menschenleben. Wurden nicht alle Sieger letztlich auch zu Besiegten? Dem scheinbaren Sieg der Mächte der Finsternis steht der Sieg des Christus gegenüber, beginnend in der Verheißung (1Mose 3,15) über seinen Sieg durch Tod und Auferstehung, so wie abschließend im Endgericht (Offb 17,14; 19,11-21; 20,10-15).

In dem Bild des Reiters auf dem weißen Pferd (Offb 6,1-2) sehen wir den siegreichen Beginn, die Entfaltung  und Vollendung des Reiches Gottes in dieser Welt durch die Kraft des Evangeliums von Jesus Christus (Röm 1,16-17).

Anders als in Offb 19,11-15, wo Jesus als Weltrichter für alle sichtbar einher zieht, muss in dem Bild des Reiters aus Offb 6,2 Christus nicht zwingend als Person gesehen werden. Das ist auch verständlich, regiert er doch von seinem Thron aus, doch hier auf Erden hat er sein Volk, das geleitet und ausgestattet ist mit seinem Wort und dem Heiligen Geist (Joh 14-16; Apg 1,5.8; 2,1-4; 2Kor 10,4-5). Jesus legte die Grundlage für diesen siegeszug. Er sagte seinen Jüngern: „Dies habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Bedrängnis; aber seid getrost, ich habe die Welt besiegt.“ (Joh 16,33). Und in Offb 5,5 sagt einer der Ältesten zu Johannes: „Weine nicht! Siehe, es hat überwunden (gesiegt) der Löwe aus dem Stamm Juda“.

Das Bild des Reiters auf dem weißen Pferd beinhaltet auch den Siegeszug des Evangeliums (Mt 28,18-20; Lk 24,47; Apg 1,8; 2,37-41; 6,1-6; 13,28; Röm 1,17; 15,19; Mt 24,14). Für die Glaubenden dient es zur Rettung, für die, welche es ablehnen, zum Gericht. „Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, denn er hat nicht geglaubt an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes.“ (Joh 3,18).

Der Reiter auf dem weißen Pferd kann auch für alle stehen, die durch den Glauben an Jesus Christus und durch die Kraft des Heiligen Geistes siegend voranschreiten im Kampf gegen Sünde und die finsteren Mächte des Satans. „Denn unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Gewalten, gegen die Mächte, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die geistigen Mächte der Bosheit in der Himmelswelt.“ (Eph 6,12). Johannes schreibt: „Denn alles, was aus Gott geboren ist, überwindet (besiegt) die Welt; und dies ist der Sieg, der die Welt überwunden hat: unser Glaube.“ (1Joh 5,4). Oder: „Wer aber ist es, der die Welt überwindet, wenn nicht der, der glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist?“ (1Joh 5,5). Und in 1Kor 15,57 schreibt Paulus: „Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus!“ Und in Röm 8,37 steht: „Aber in diesem allen sind wir mehr als Überwinder durch den, der uns geliebt hat.“ (dazu auch 2Kor 2,14).

Seit Beginn des Kampfes zwischen Gott und dem Feind, dem Satan, dem Drachen, der alten Schlange (1Mose 3,15) steht der Sieg durch den Retter, König und Richter Jesus Christus fest. Und mit ihm siegen die Gläubigen aller Zeiten. Zu diesen zählen auch alle Überwinder und Blutzeugen seit Abel (Lk 11,51). Es ist die Schar der Überwinder, deren Namen im Buch des Lebens stehen und die das Tier nicht angebetet haben. „Und sie haben ihn (den Drachen) überwunden (besiegt) wegen des Blutes des Lammes und wegen des Wortes ihres Zeugnisses, und sie haben ihr Leben nicht geliebt bis zum Tod!“ (Offb 12,11). Ja, die Verfolgungen und das Märtyrertum der Gläubigen ist in diesem Kampf und geistlichen Siegeszug eingeschlossen (Mt 5,11; 10,23; 23,34; Lk 21,12; Apg 8,1; 11,19; Offb 2,10; 3,10; 6,9-11; 11,7; 13,10; 20,4-5). Ja, der Kampf ist zwar noch nicht zu Ende, doch der Siegende (die Siegenden) stehen bei Gott bereits fest: „und das Lamm wird sie überwinden (besiegen); denn es ist der Herr der Herren und König der Könige, und die mit ihm sind, sind Berufene und Auserwählte und Treue.“ (Offb 17,14; ebenso 19,11-15). Somit ist die gesamte Heilsgeschichte von zwei ähnlichen Bildern (Offb 6,1-2 und 19,11-15) die einen Siegeszug darstellen, eingerahmt.

2.2.2 Das Lamm öffnet das zweite Siegel: Der Reiter auf dem feuerroten Pferd – was wird durch dieses Bild dargestellt?

 „Und als es das zweite Siegel auftat, hörte ich das zweite Lebewesen sagen: Komm! Und es kam heraus ein zweites Pferd, das war feuerrot. Und dem, der darauf saß, wurde Macht gegeben, den Frieden von der Erde zu nehmen, dass sie sich untereinander umbrächten, und ihm wurde ein großes Schwert gegeben.“ (Offb 6,3-4).

Nach der Öffnung des zweiten Siegels durch das Lamm, tritt das zweite lebendige Wesen (ähnlich einem Stier) in Aktion und ruft: „Komm“. Und sogleich sieht Johannes ein zweites Pferd. Während das erste (weiße) Pferd durch eine eindeutige  Farbbezeichnung beschrieben wird, wird das zweite Pferd als feurig charakterisiert. Die farbliche Komponente `rot, gr. `kokkino` kommt hier im Text nicht vor. Im griechischen steht hier `pyrros – feurig`, abgeleitet von `pyr – Feuer`. Beispiele für `feurig`: Offb 9,17: feurige Panzer; 12,3: feuriger Drache; 19,20 und 20,14: feuriger See; 4Mose 14,14: feurige Säule; 21,6 und 5Mose 8,15: feurige Schlangen; 2Kön 2,11: feuriger Wagen; 2Kön 6,17: feurige Rosse; Sach 1,8: feuriges Pferd; 2,9: feurige Mauer. Dass das Feuer verschiedene Rottöne zeigt, ist ein anderes Thema.

Abbildung 2 Der Reiter auf dem feurigen Pferd, mit einem großen Schwert in der Hand (Zeichnung von Joela Schüle am 25. April 2021).

Feuer kommt in der Bibel mehr als 400 Mal vor und zwar in verschiedenen Zusammenhängen und Bestimmungen.

  • Feuer steht für Gott, seine Herrlichkeit und auch für seinen Zorn (2Mose 24,17; 5Mose 4,24mit Hebr 12,27; Jes 30,27; 33,14ff; Joel 2,3).
  • Gottes Wort wird mit Feuer verglichen (Jer 5,13-14; 23,29).
  • Feuer steht auch für Gericht (1Mose 19; mit Lk 17,29; Lk 3,17; Offb 20,9-10).
  • Feuer steht aber auch gelegentlich für Läuterung (Jes 48,10).

Das feurige Pferd kann für etwas Bedrohliches stehen, Verzehrendes und Vernichtendes. Mit Feuer wurden Häuser, Städte und Getreidefelder verbrannt (1Mose 19,24; 2Mose 9,23; Ri 15,5; 18,27; Jes 1,7; Mt 22,7).

Das Aussehen des Pferdes lässt auf den Reiter und dessen Funktion schließen, denn wie auch bei den anderen Pferden mit ihren Reitern bilden diese sowohl eine charakterliche als auch funktionelle Einheit. Diesem Reiter wurde „Macht gegeben, den Frieden von der Erde zu nehmen, dass sie sich untereinander umbrächten. und ihm wurde ein großes Schwert gegeben.“ Zweimal wird betont, dass ihm gegeben wurde.

Durch das große Schwert wird verdeutlicht, womit sie einander umbringen und dass auf diese Weise der Friede genommen wird. Aber von wem wurde diesem Reiter Macht verliehen? Die Frage nach der Macht erinnert uns an die grundsätzliche Aussage von Jesus an Pilatus: „Du hättest keine Macht über mich, wenn es dir nicht von oben gegeben wäre.“ (Joh 19,11). Gott verleiht oder gewährt Macht (Jes 46,11), doch er ist nicht der Urheber und Förderer der Ungerechtigkeit (vergleiche dazu auch: Hiob 1,8ff; 2,3ff; Dan 2,21; 7,25; Lk 22,53; Röm 13,1ff; Jak 1,13). Der Frieden wurde von der Erde genommen, die Ursachen dafür liegen in der verdorbenen Natur des Menschen (Jak 4,1; 1Joh 4,12). Neid, Habgier führt zum Streit und weil keiner nachgibt, kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Und dies geschah unter anderem durch den Einsatz der Waffe `Schwert` (gr. machaira). Betont wird, dass dem Reiter ein Großes Schwert gegeben wurde. Es gab verschiedene Arten, Formen und Größen dieser Waffenart.

Anmerkung: Anfang September 2023 wurde ein Fund bekannt gegeben. In einer Höhle bei En-Gedi entdeckten Forscher in einem Holzbeschlag vier noch gut erhaltene Schwerter aus der Zeit des Bar Kochba Aufstandes (135 n.Chr.). Drei davon waren in der Größe von 60-65 cm und eines war 45 cm  lang.

Hier einige Stellen in denen diese Waffe im buchstäblichen Sinne gemeint ist und auch eingesetzt wurde: Offb 13,10.14; Hebr 11,34.37; Röm 13,4; 8,35; Apg 12,1-2; 16,27; Lk 22,36-38. 49-52; Mt 26,47.51-55.

Wenn das Schwert zum Einsatz kommt, ist es mit dem Frieden vorbei. Das Römische Reich rühmte sich mit ihrem `pax romana` (Apg 24,2). Doch der Blutzoll dafür war sehr hoch. Und die Geschichte spottet jener Bezeichnung.

Die gr. Formulierung `allelous sfaxousin` heißt eigentlich `einander schlachteten, abschlachteten. Das gr. Verb `sfaxousin ` wird häufig im liturgischen Bereich (schlachten der Opfertiere) verwendet (2Mose 12,6 u.a.m.) und auch bezogen auf das Lamm Gottes (Offb 5,6.12; 13,8; Jes 53,7; Apg 8,32). Der Begriff wird auch für das Abschlachten der Zeugen von Jesus verwendet (Offb 6,9). Der Tötungsbegriff `schlachten` wird auch bei Kriegshandlungen mit dem Einsatz von Schwert verwendet (Hes 21,15.20.33). In 2Sam 11,25 und Jer 12,12 wird vom Schwert gesagt, dass es frisst (gr. fagetai). Es handelt sich um die gleiche Wortwurzel wie auch in den oben genannten Stellen von Offb 6,4. Dazu heißt es, dass sie einander schlachteten, man kann sogar sagen, einander (mit dem Schwert) auffraßen (vgl. dazu Sach 8,10). Das dieses Verb sogar im Wort `sarkofagos – Fleischfresser` seinen Niederschlag fand, zeigt seine breite Verwendung.

Anmerkung: Doch wie steht es mit der Aussage von Jesus: „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“ (Mt 10,34f; und Lukas ergänzt in 12,51f: Zwietracht, Enzweihung). Wir verstehen, dass es sich hier um eine ganz andere Ebene der Bedeutung von Schwert handelt trotz des ähnlichen Wortlauts. Diese Aussage hebt den geistlichen Kampf hervor, samt der Teilung in zwei Lager, welche mit der Verkündigung des Evangeliums im Zusammenhang steht. Während auf der Seite der Menschen das physische Schwert eingesetzt wird, kämpfen Christus und seine Nachfolger mit dem Schwert des Geistes, dem Wort Gottes

(Hebr 4,12; Eph 6,17). Für die Waffe Schwert gibt es auch eine andere Bezeichnung `romfaia`, welches unter anderem auch im übertragenen Sinne verwendet wird (Offb 1,16; 2,16; 19,15.21; Lk 2,35). Doch auch diese Schwertart ist ursprünglich als Waffe zum physischen töten geschaffen worden wie der Vergleich von Offb 6,4 mit 6,8 nahelegt. Hier wird noch mal deutlich wie wichtig es ist, den Kontext zu beachten. Und wie gefährlich es werden kann, wenn die Schrift nur buchstäblich ausgelegt wird.

Im Bild vom Reiter auf dem feurigen Pferd geht es um Kriege, Blutvergießen, Brände und Zerstörung  aller Art, wie sie bereits seit Kain gab, in alter Zeit durch Eroberungen im großen Stil und wie sie Jesus vorausgesagt hat in seiner Ölbergrede (Jes 37,26; Jer 12,12; Mt 24,7-9; Mk 13; Lk 21). Damit geht einher, dass der natürliche Friede genommen wird sowohl im lokalen als auch im globalen Umfang.

Unter dem Bild der ersten Posaune werden Zerstörungen beschrieben, welche unter anderem auch durch Feuer entstehen (Offb 8,7).

Aus den Mäulern der Rosse aus Offb 9,17-18 ging Feuer, Rauch und Schwefel hervor, doch durch sie wird uns eine Perspektive gezeigt welche sich auf einer anderen, einer geistigen Ebene abspielt.

Obwohl durch das Bild des zweiten Reiters eindeutig zerstörerische, also negative Geschehnisse dargestellt werden, geschieht es unter der Zulassung und Kontrolle dessen, der auf dem Thron ist. Und was für uns heute nicht mehr im Blickfeld ist, dass Gott in der Geschichte Israels unter anderem selbst Kriege angeordnet hatte oder als Züchtigungsrute für sein Volk kommen ließ (Jos 1ff). Aber auch Gericht angekündigt hat im Falle von Ungehorsam: 3Mose 26,33; 5Mose 4,27;  7,15; 28,60-64; 32,35; Hab 1,5-8; Jes 45,7; 46,11).

Nun wenden wir uns den Texten aus dem Alten Testament zu, die auf irgend eine Weise das Bild in Offb 6,3-4 noch mehr erhellen könnten.

Unter den Gespannen in den Visionen des Propheten Sacharia kommen auch feurige Pferde vor. „Ich sah in dieser Nacht, und siehe, ein Mann saß auf einem roten (feurigen) Pferde, und er hielt zwischen den Myrten in der Tiefe, und hinter ihm waren rote (feurige) braune und weiße Pferde.“ (Sach 1,8 ähnlich auch in 6,2: feuriges Pferdegespann). Wie bereits in dem Abschnitt 2.2.1 beschrieben, stellen diese Gespanne bildhaft die vier Winde des Himmels (himmlische Geistwesen) dar, die vor dem Herrn der Erde stehen und in seinem Auftrag ausziehen. Der genaue Auftrag für das Pferdegespann mit den feurigen Rossen ist nicht beschrieben. Doch von den Engeln heißt es: „Er macht seine Engel zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen.“ (Hebr 1,7 mit Bezug auf Ps 104,4; dazu auch Offb 14,8: Engel, der die Macht über das Feuer hatte). Der Reiter auf dem einzelnen feurigen Pferd (Sach 1,8) hat eine besondere Funktion im Zusammenhang der vier Gespanne. Vom Gesamtkonzept des Buches Sacharia  ist jedoch ersichtlich, dass der Herr durch Gericht und Gnade die Wiederherstellung Israels (Jerusalem, Tempel) im Auge hat, gleichzeitig aber die Völker durch Gericht zur Rechenschaft ziehen wird, um auch diese zur Umkehr zu rufen (Dan 3,26-31; Sach 1,13-17; 2,1-17; 8,20-22). Und diese Perspektive sollte im Bild des Reiters aus Offb 6,3-4 nicht aus dem Auge verloren gehen.

Aber da gibt es noch eine Geschichte, in der eine kriegerische Auseinandersetzung mit den Syrern beschrieben wird. So lesen wir im 2. Könige 6: „ Da sandte er hin Rosse und Wagen und ein großes Heer. Und als sie bei Nacht hinkamen, umstellten sie die Stadt. 15 Und der Diener des Mannes Gottes stand früh auf und trat heraus, und siehe, da lag ein Heer um die Stadt mit Rossen und Wagen. Da sprach sein Diener zu ihm: O weh, mein Herr! Was sollen wir nun tun? 16 Er sprach: Fürchte dich nicht, denn derer sind mehr, die bei uns sind, als derer, die bei ihnen sind! 17 Und Elisa betete und sprach: HERR, öffne ihm die Augen, dass er sehe! Da öffnete der HERR dem Diener die Augen, und er sah, und siehe, da war der Berg voll feuriger Rosse und Wagen um Elisa her. 18 Und als die Aramäer zu ihm herabkamen, betete Elisa und sprach: HERR, schlage dies Volk mit Blindheit! Und er schlug sie mit Blindheit nach dem Wort Elisas.“ (2Kön 6,14-18).

Durch diese Geschichte wird uns Einblick gewährt in die Welt hinter dem Vorhang der physisch/visuellen Wahrnehmung. Dies bedeutet, dass hinter menschlich feindlichen Unternehmungen auch eine größere göttliche oder stärkere Engel-Macht steht (Dan 10,13). Denken wir an die Aussage von Jesus an Petrus, wonach ihm 12 Legionen Engel zur Verfügung stünden, wenn er es nur wollte (Mt 26,53). In einer späteren Situation, bei der es Petrus nicht eingefallen wäre zum Schwert zu greifen, holte ein einziger Engel ihn aus dem Gefängnis heraus (Apg 12,1ff; Hebr 1,14).

Auch dieser Aspekt sollte in all den kriegerischen Auseinandersetzungen, welche durch das Bild des Reiters auf dem feurigen Pferd dargestellt werden, im Blick behalten werden.

Schauen wir uns auch noch Texte aus den Büchern Jeremia und Hesekiel an, denn sie werfen Licht auf die Bilder aus Offb 6,3-8.

Noch in der Zeit vor dem babylonischen Exil war der Tenor der von Gott berufenem Propheten Jeremia und Hesekiel, dass das Gericht über Jerusalem durch Schwert, Hunger und Pest (einschließlich durch wilde Tiere) bevorsteht. Mehr als 20 Mal werden diese ersten drei Gerichts Geiseln allein durch diese beiden Propheten für Juda und Jerusalem angekündigt, wobei sie sich auf frühere Prophezeiungen gründeten (3Mose  26,22ff; 5Mose 28,21ff; 32,22ff; Jer 14,11-17; 16,4; 21,6-9; 24,10; 27,8-10; 29,18; 32,24.36; 34,17; 38,2; 42,17.22; 44,13;  Hes 5,12.17; 6,11-12; 7,15; 12,16; 14,14-21; 33,27ff). Dadurch wird klar, die Plage durch Schwert war damals zunächst gegen das sündige Israel gerichtet. Dass Viele Städte auch noch mit Feuer verbrannt wurden, ist Teil der Gerichte Gottes über sein Volk durch feindliche Heere (Jes 1,7; Jer 38,23; 52,13; Neh 1,3). Es ist geradezu auffallend, dass Jesus gleiches sagt wie die früheren Propheten wenn er über Jerusalem Krieg, Zerstörung, große Not einschließlich Gefangenschaft voraussagt (Mt 24,15: Gräuel der Verwüstung; Lk 19,41-44; 21,20-22; dazu auch die Voraussage in Dan 9,26). Und ebenso im globalen Ausmaß: „Ihr werdet hören von Kriegen und Kriegsgeschrei; seht zu und erschreckt nicht. Denn es muss geschehen. Aber es ist noch nicht das Ende. Denn es wird sich ein Volk gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere.“ (Mt 24,6-7).

Die Kette der Kriegerischen Auseinandersetzungen allein in den hinter uns liegenden zweitausend Jahren scheint nicht abzureißen und geht in die Tausende.

Unter dem Kaiser Hadrian (117-138) wurden die Eroberungskriege weitgehend gestoppt. Doch der jüdische Aufstand unter Bar-Kochba in den Jahren 132-135 kostete Hunderttausenden Menschen das Leben. Tausende gerieten in Gefangenschaft und wurden versklavt. Durch die Völkerwanderungen in den folgenden Jahrhunderten kam es zu unvorstellbar vielen und grausamen Kriegen, die jahrhundertelang nicht abzureißen schienen.

Und viele kriegerische Auseinandersetzungen wurden durch das sündige Verhalten der Kirchenführung mitverursacht. Die Kreuzzüge des Mittelalters zählen zu den schlimmsten, weil diese von und durch die Kirche gefördert wurden. Auch im Spätmittelalter sah es nicht besser aus, ganz zu schweigen von dem Blutgetränkten zwanzigsten Jahrhundert. Und dass Kriege in unserer Zeit seitens christlicher Führungen mitunterstützt werden ist offensichtlich – welch eine Verleugnung des Namens Jesu!.

Bereits hier erkennen wir eine Kontinuität, indem Gott aufgrund seiner Heiligkeit und Gerechtigkeit in die Geschichte seines Volkes und der Nationen eingreift. Sein Zorn äußert sich in der Rache, das heißt in gerechter Vergeltung. Damit wird aber auch der Entfaltung des Bösen Einhalt geboten bis das Ziel durch das Evangelium vom Reich Gottes erreicht sein wird.

Diese Gerichte Gottes werden auf unterschiedliche Weise durchgeführt:

  • Gott greift direkt ein (1Mose 6-8: Sintflut über die ganze Welt; 1Mose 19: Feuer und Schwefel über Sodom und Gomorra, Adma und Zeboim).
  • Durch seine Engel (2Mose 12,23.29 mit Ps 78,49: Gericht über Ägypten; 2Sam 24,15 mit 1Chr 21,12: Gericht durch Pest in Israel wegen der Sünde von David; 2Kön 19,35: Gericht am assyrischen Heer ).
  • Durch Weltherrscher (Jes 46,11; Jer 25,9: Gericht an Israel durch Nebukadnezar; Jes 44,28; 2Chr 36,22ff: Gericht an Babylon durch den Perserkönig Kyrus, der den Juden die Rückkehr erlaubte und den Wiederaufbau des Tempels förderte).
  • Durch einen Herrscher, der nicht direkt von Gott gerufen wurde, den er aber gewähren ließ (Dan 9,26 mit Mt 24,15; Lk 21,20-22: Gericht über Jerusalem durch die Römer). Wenn Gott seine Gegenwart zurückzieht, ist ein Volk der Bosheit und Willkür von Menschen ausgeliefert. Dies gilt auch für den einzelnen Menschen (Röm 1,18ff).

Dass die wahren Kinder Gottes unter all diesen Umständen litten , ist Teil ihres treuen Zeugnisses für Christus (Offb 6,9-11; 13,5-8). Auch in diesem Kontext kann Offb 6,3-4 gesehen werden. Doch um des Reiches Gottes willen und der Verbreitung des Evangeliums, erlebten Gläubige auch besonderen Schutz. Beispiele: Durch die rechtzeitige Flucht aus Jerusalem und Judäa, entgingen viele von ihnen der notvollen Belagerung durch die Römer in den Jahren 68-70 n.Chr., der Hungersnot, dem physischen Tod oder der Gefangenschaft. Selbst Jesus mied in der Regel Gefahrenzonen (Joh 7,1). Ebenso seine Nachfolger (Apg 12,16; 17,20).

Mit dem Kommen des Reiches Gottes in diese Welt durch Jesus Christus kommt noch eine weitere Ebene des Gerichtes hinzu (Dan 7,13-14.27; Lk 1,31-33 mit 2Sam 7,11-13). Gegen dieses neue Reich Gottes stellten sich nicht nur die Könige der Erde, sondern auch die Führung Israels (Ps 2,1ff mit Apg 4,24ff). Diese Haltung hält bis heute an. In der Person von Jesus kam dieses himmlische Gottesreich auf die Erde. Bereits die Predigt des Evangeliums war Gericht für die Menschen (Joh 3,18-19).

Jesus ist demnach der Richter der Welt, der seine richterliche Funktion ausüben wird (Joh 5,27; 12,48). Und Petrus schreibt: „welcher ist zur Rechten Gottes, aufgefahren gen Himmel, und es sind ihm untertan die Engel und die Gewalten und die Mächte.“ (1Petr 3,22). Dabei beginnt er wie damals so auch heute an seinem Volk und in seiner Gemeinde (Jer 25,29; 1Petr 4,17; Offb 2,16; 2,23). Und damit verbunden steht immer die Reinigung und Heiligung durch Läuterung seines Volkes im Vordergrund (Offb 3,19).

Aber Gottes übergeordnetes Ziel ist, durch seine Gerichte auch die Völker zur Umkehr zu bewegen. Dies ist auch einer der Grundtöne in der Offenbarung und wird bestätigt durch das Evangelium von Jesus Christus (Offb 10,11; 11,3ff; 14,8; Dan 3,26-31).

  Schlussfolgerung: Durch das Bild des Reiters mit dem großen Schwert auf dem feurigen Ross wird auf dramatische Weise gezeigt, dass den Menschen ein wesentlicher Bestandteil für ihre Existenz  und zwar die Sicherheit für Leib und Leben entzogen wird. Und wie wir feststellen werden, wird unter den folgenden Bildern der Entzug der Versorgung und Gesundheit weggenommen allerdings nur zum vierten Teil.

2.2.3 Das Lamm öffnet das dritte Siegel: Das schwarze Pferd mit seinem Reiter – was wird durch ihn dargestellt?

Und als es das dritte Siegel öffnete, hörte ich das dritte lebendige Wesen sagen: Komm! Und ich sah: Und siehe, ein schwarzes Pferd, und der darauf saß, hatte eine Waage in seiner Hand. Und ich hörte etwas wie eine Stimme inmitten der vier lebendigen Wesen, die sagte: Ein Maß Weizen für einen Denar und drei Maß Gerste für einen Denar! Und dem Öl und dem Wein füge keinen Schaden zu! (Ofb 6,5-6).

Das Lamm auf dem Thron öffnet das dritte Siegel und gibt damit einen weiteren Einblick in den Verlauf der Menschheitsgeschichte. Nun kommt das dritte lebendige Wesen (dessen Antlitz wie ein Mensch aussah) zum Einsatz und ruft „komm“. Da erscheint vor den Augen des Johannes ein schwarzes Pferd. Und der darauf saß hatte eine Waage in seiner Hand.

Die gr. Bezeichnung für die Farbe schwarz ist `melas`. In einigen Texten ist die Farbe schwarz neutral:

  • 1Mose 30,33-35: schwarzhaarige Schafe oder Ziegen;
  • 3Mose 13,31.37: schwarzes Haar als Zeichen der Genesung;
  • Hl 5,11 und Mt 5,36: schwarzes Haar;
  • 2Joh 1,12: schwarze (gemeint ist Tinte).

Abbildung 3 Schwarzes Pferd und sein Reiter mit der Waage in der Hand. (Zeichnung: Joela Schüle 24. Oktober 2021).

In anderen Texten weist das schwarze auf etwas Unheilbringendes hin:

  • Offb 6,12: die Sonne wurde schwarz wie ein härener Sack.
  • Joel 2,1ff: finsterer, dunkler Tag.

Für das Bild mit dem Reiter auf dem schwarzen Pferd gibt es auch eine Vorlage in Sacharia 6,6-8: „Die schwarzen Rosse zogen in das Land des Nordens, die weißen zogen hinter ihnen her, und die scheckigen zogen in das Land des Südens. 7 Diese starken Rosse also zogen aus und wollten sich aufmachen, um die Lande zu durchziehen. Und er sprach: Geht hin und durchzieht die Lande! Und sie durchzogen die Lande. 8 Und er rief mich an und redete mit mir und sprach: Sieh, die in das Land des Nordens ziehen, lassen meinen Geist ruhen (Schlachter Üs.: lassen meinen Zorn nieder) im Lande des Nordens.“ Im Kontext jener Zeit kann der Zug des schwarzen Gespannes mit einer Vergeltungsaktion gegen die, welche sich im Übermaß von Gewalt gegen das Volk Israel versündigten gesehen werden (Sach 1,15 und in der Voraussage Jes 47,6ff). Der Bezug zu Offb 6,5 ist in gewissem Sinne gegeben und es ist neben Sach 1,8-11 der einzige Text, der von schwarzen Rossen spricht.

Der eindrucksvollste Text jedoch stammt aus dem wenig bekannten Buch der Klagelieder Jeremias. Dort lesen wir: „Dem Säugling klebt seine Zunge an seinem Gaumen vor Durst; die kleinen Kinder verlangen nach Brot und niemand ist da, der’s ihnen bricht. 5 Die früher leckere Speisen aßen, verschmachten jetzt auf den Gassen; die früher auf Purpur getragen wurden, die müssen jetzt im Schmutz liegen. 6 Die Missetat der Tochter meines Volks ist größer als die Sünde Sodoms, das plötzlich unterging und keine Hand kam zu Hilfe. 7 Ihre Fürsten waren reiner als der Schnee und weißer als Milch; ihr Leib war rötlicher als Korallen, ihr Aussehen war wie Saphir. 8 Nun aber ist ihre Gestalt so dunkel vor Schwärze, dass man sie auf den Gassen nicht erkennt; ihre Haut hängt an den Knochen, und sie sind so dürr wie ein Holzscheit. 9 Den durchs Schwert Erschlagenen ging es besser als denen, die vor Hunger starben, die verschmachteten und umkamen aus Mangel an Früchten des Ackers. 10 Es haben die barmherzigsten Frauen ihre Kinder selbst kochen müssen, damit sie zu essen hatten in dem Jammer der Tochter meines Volks. 11 Der HERR hat seinen Grimm austoben lassen, er hat seinen grimmigen Zorn ausgeschüttet; er hat in Zion ein Feuer angesteckt, das auch ihre Grundfesten verzehrt hat. 12 Es hätten’s die Könige auf Erden nicht geglaubt noch alle Leute in der Welt, dass der Widersacher und Feind zum Tor Jerusalems einziehen könnte. 13 Es ist aber geschehen wegen der Sünden ihrer Propheten und wegen der Missetaten ihrer Priester, die dort der Gerechten Blut vergossen haben.“ (Klag 4,4-13).

In diesem Text wird die Dramatik der Hungersnot in der belagerten Stadt Jerusalem in aller Schwärze beschrieben. Somit weißt das Aussehen dieses Pferdes auf das Thema hin, welches unter diesem Siegel behandelt wird. Was Israel an Hungersnot erlebte, wird sich auch in neutestamentlicher Zeit im christlich/kirchlichen Bereich ereignen und es kommt auch auf die Völker zu: „Denn siehe, bei der Stadt, welche nach meinem Namen genannt ist fange ich mit dem Unheil an und ihr sollt ungestraft bleiben? Ihr sollt nicht ungestraft bleiben, denn ich rufe das Schwert über alle herbei, die auf Erden wohnen, spricht der HERR Zebaoth.“ (Jer 25,29).

Der Reiter mit der Waage ist der Einzige von den vier Reitern, bei dem nicht gesagt wurde, „ihm wurde gegeben“. Durch dieses Bild wird sozusagen ein Sachverhalt bildhaft und anschaulich dargestellt. Demnach ist er nicht der aktiv Eingreifende oder Verursachende einer Entwicklung, wie sein Vorgänger es war. Er zeigt durch die Waage in seiner Hand lediglich die Dramatik der entstandenen Situation an, denn Hunger ist häufig Folge kriegerischer Auseinandersetzungen, wenn auch andere Phänomene wie Erdbeben, Vulkanausbrüche und klimatische Unregelmäßigkeiten dazu beitragen.

Die gr. Bezeichnung für Waage ist `zygon`. Dieses Wort kommt im Substantiv ungefähr 77 Mal vor, 19 Mal als Waage und 58 Mal als Joch.

  1. Als Waage: 1Mose 23,16; 3Mose 19,36; Jes 46,6; Jer 32,9-10: „Und ich schrieb einen Kaufbrief und versiegelte ihn und nahm Zeugen dazu und wog das Geld dar auf der Waage.“
  2. Als Joch: 1Mose 27,40; 4Mose 19,2. In den Texten des NT jedoch wird der Begriff (außer von Offb 6,5) durchweg mit Joch übersetzt: Mt 11,29+30; Apg 15,10; Gal 5,1; 2Kor 6,14; 1Tim 6,1.

Dass den beiden Gegenständen dasselbe griechische Wort zugrunde liegt, hat wohl mit deren Beschaffenheit und Bestimmung zu tun. Wie bei einer Waage das Gewicht bestimmt wird, so kann auch bei einem Joch die  Last  gleich verteilt werden. Im jeweiligen Kontext wird klar, was gemeint ist. Da es in Offenbarung 6,5-6 um Verkauf und Kauf  von Nahrungsmitteln geht (Weizen und Gerste) ist es verständlich, dass `zygon` mit Waage übersetzt wird.

Anscheinend wurde im Altertum nicht das Getreide, sondern nur das Geld (Gold, Silber, Kupfer) mit der Waage abgewogen (1Mose 23,16; Jes 46,6; Jer 32,10). Das Getreide jedoch wurde mit einem Hohlmaß gemessen. Der Verkauf von alltäglichen, notwendigen Lebensmitteln zum hohen Preis (1 Maß Weizen und 3 Maß Gerste = 1 Denar = Tageslohn) ist ein Hinweis für Mangel an diesen wichtigen Grundnahrungsmitteln. Der Begriff für die Maßeinheit im Text ist `choinix`, er kommt  nur an dieser Stelle des NT vor. Dieses Hohlmaß variiert je nach Landschaft und Periode. Das (kleinste) Choinix = etwa 1 Liter, wäre ein realistischer Anhaltspunkt. Einige Ausleger nehmen an, dass es sich dabei um eine achtfache (oder mehr) Verteuerung dieser Grundnahrungsmittel handeln könnte.

Die Geschichte aus 2Kön 7,1 bei der man für einen Scheckel etwa 7 (13) Liter Hohlmaß (gr. metron) feinstes Weizenmehl kaufen konnte spricht dagegen für Überfluss.

Die äußeren Ursachen für den Mangel an den genannten Grundnahrungsmitteln sind neben Kriegen auch Dürre, Heuschreckenplagen, Hagel, Feuerbrände (1Mose 12,10; 26,1; 41-47; 2Mose 9,25; 2Sam 21,1; 1Kön 18,2; 2Kön 6,25; Hes 14,13; Apg 11,28). Aber die eigentlichen Gründe für Hunger liegen tiefer, wie folgende Textstellen nahe legen (Ri 6,1-6; 1Chr 21,12; Jer 12,9; 14,11-17; 16,4; 21,6-9; 24,10; 27,8-10; 29,18; 32,24.36; 34,17; 38,2; 42,17.22; 44,13;  Hes 2,14; 4,16-17; 5,12.17; 6,11-12; 7,15; 12,16; 14,14.21; 33,27ff; 34,28). 

Hungersnöte waren neben Kriegen häufig Auslöser für Völkerwanderungen und dies nicht nur in der Antike, sondern auch im 19. Und 20. Jahrhundert. Und auch in unserer Zeit sind Millionen Menschen auf der Flucht und der Suche nach besseren Lebensbedingungen.

Mit dem Begriff `limoi` (im Plural) sagt Jesus in seinen Endzeitreden Hungersnöte voraus (Mt 24,7; Mk 13,8;  Lk 21,11). Unter dem Kaiser Klaudius (41-54 n.Chr.) traf eine große Hungersnot ein (Apg 11,28). Diese traf auch die Gläubigen in Judäa und Jerusalem. Wie Jesus, so ermutigt auch Paulus zur Furchtlosigkeit in solchen Zeiten aber auch zur Unterstützung der Notleidenden Geschwister (Mt 24,6; Röm 8,35; Apg 11,28ff; Gal 2,10; 2Kor 9-10).

Dem Öl und dem Wein soll kein Schaden zugefügt werden. Diese sind von der Teuerung ausgespart. Diese beiden Produkte wurden unter anderem auch im medizinischen Bereich verwendet. Einige Ausleger sehen in ihnen Luxusprodukte, welche in erster Linie den Reichen zugänglich waren.

Doch Ölbäume und die Reben wachsen dauerhaft und ohne besondere Pflege, sie sind auch nicht derart auf das Wetter (Frühregen und Spätregen) angewiesen wie es das Getreide war, welches immer wieder neu ausgesät werden musste. Auch in den Dürreperioden tragen sie Früchte. Was das bedeuten kann? Gott nimmt nicht alles weg. Bis zum Endgericht ist in den Zwischengerichten immer auch noch die Barmherzigkeit Gottes erkennbar. Während durch das vorangegangene Bild gezeigt wird, wie den Menschen teilweise die Sicherheit für Leib und Leben entzogen wird, erleben Menschen durch dieses Bild einen deutlichen Einschnitt in der Versorgung durch Nahrungsmittel.

 Gottes Ziel ist, dass die Menschen sich ihm zuwenden. Dass die Gläubigen  vor solchen Notzeiten verschont bleiben, hat Jesus nicht versprochen. Doch sie lernen dabei mit Wenigem auszukommen und noch mit anderen zu teilen (Mt 25,35; Apg 11,28; 2Kor 9-10). Wo geschieht dies auch in unserer Zeit. 

Welche Hungersnöte sind uns aus den letzten 2 Jahrhunderten bekannt und welche Ursachen waren dafür verantwortlich? Wie schätzen wir die gegenwärtige Situation was die Hungersnöte betrifft  in der Welt ein und wo sind die Gläubigen herausgefordert Not zu lindern?

2.2.4 Das Lamm öffnet das vierte Siegel – Das fahle Pferd und sein Reiter

Und als es das vierte Siegel öffnete, hörte ich die Stimme des vierten lebendigen Wesens sagen: Komm! Und ich sah: Und siehe, ein fahles Pferd, und der darauf saß, dessen Name ist Tod; und der Hades folgte ihm. Und ihnen wurde Macht gegeben über den vierten Teil der Erde, zu töten mit dem Schwert und mit Hunger und mit Tod und durch die wilden Tiere der Erde.“ (Offb 6,7-8).

Der Wortlaut zum Einstieg in die vierte Szene ist der gleiche wie auch bei den drei vorhergehenden, nur dass der Ruf `komm` jetzt vom vierten lebendigen Wesen (das einem fliegenden Adler ähnlich war) erschallt. Auch hier wird unsere Aufmerksamkeit zunächst auf das Pferd gelenkt. Das vierte Pferd wird in den meisten Übersetzungen als fahl bezeichnet, Der gr. Begriff im Text ist `chloros – grün`. Nach Wikipedia ist das Chlorophyll die grüne Substanz im Gras und `chloros` wird mit `gelblich-grün` übersetzt. Nach Offb 8,7; 9,4 und Mk 6,39; 1Mose 1,30; 2Mose 10,15 wird `chloros` mit grün übersetzt und zwar im Zusammenhang mit Gras. In Ps 37,2 werden die Gottlosen (Menschen) mit der Kurzlebigkeit des grünen Grases verglichen: „Denn wie das Gras werden sie bald (schnell) verdorren, und wie das grüne Kraut werden sie verwelken.“ (ähnlich auch 2Kön 19,26; Jes 37,27; Jer 14,6; und allgemein für die Vergänglichkeit des Menschen: Mt 6,30; Jak 1,11; 1Petr 1,24). Damit würde durch die optische Erscheinung des Pferdes die Anfälligkeit für Krankheiten, Kurzlebigkeit und Vergänglichkeit des Menschen zum Ausdruck gebracht. Die Farbe des Pferdes kann jedoch auch auf eine der schlimmsten Krankheiten `der Pest` hinweisen, welche besonders häufig durch Kriege und Hungersnöte ausbrechen. Es ist in gewissem Sinne eine Folgeerscheinung, die unter dem zweiten und dritten Siegel beschrieben wurde. Die Todespest wird aber auch als eine besonders harte und direkte Strafe Gottes beschrieben (2Mose 5,3; 9,3.15; 2Sam 24,13-15 mit 1Chr 21,12-14; Ps 78,50; Jer 21,6-7). Dies passt zu seinem Reiter, dem Tod und Feind des Lebens. Er reitet sozusagen auf dem anfälligem, kurzem und vergänglichem Leben des Menschen, denn der Übergang von grün zu gelb dauert oft nur kurze Zeit. Menschen, die von der Pest befallen wurden, starben oft innerhalb weniger Tage. Die Geschichtsschreiber schildern oft in dramatischen Beschreibungen die unsichtbare und doch so schrecklich verlaufende Krankheit.

  • Denken wir an die sogenannte Justinianische Pest in den Jahren 542-550, die das Reich sehr geschwächt hatte und in den folgenden Jahrhunderten immer wieder aufgetreten war.
  • oder die sogenannte Pest `der schwarze Tod` in den Jahren 1346-50, welcher etwa ein Drittel der Bevölkerung in Europa anheimgefallen war.
  • Oder die sogenannte Spanische Grippe, die im Jahre 1918 in den USA ausgebrochen ist und nach Europa eingeführt wurde. Dieser fielen noch mehr Menschen zum Opfer als durch den 1. Weltkrieg bereits gefallen waren.

Abbildung 4 Der Reiter auf dem fahlen Pferd

Nahezu 300 Mal kommt der Begriff `Tod` in der Bibel vor, Er ist kein personelles Wesen, er ist sozusagen eine Machtgröße, ein Prinzip (Offb 2,10.11.23; 6,8; 9,6; 18,8; 20,6.13.14; 21,4.8; 1Kor 15,21.26.54). Sein Name ist Tod, doch über sein Aussehen wird nichts gesagt, nur das ihm der Hades (Totenreich) wie im Schlepptau folgt.

Bei dem ersten Reiter heißt es: „ihm wurde ein Siegeskranz gegeben“.

Bei dem zweiten Reiter heißt es zum einen: „ihm wurde gegeben den Frieden zu nehmen von der Erde“ und zum anderen: „ihm wurde ein großes Schwert gegeben, damit sie sich hinschlachteten“. Nicht der Reiter schlachtet, sondern er steht als Bild für Mord und Totschlag, an dem sich viele Beteiligen.

Bei dem dritten Reiter fehlt das „ihm wurde gegeben“. Doch durch ihn wird ein Sachverhalt deutlich gemacht. Es sind größtenteils Folgen, welche durch den zweiten Reiter oder durch gewaltige Naturereignisse entstehen.

Bei dem vierten Reiter dem der Hades folgte heißt es entsprechen den zwei genannten Machtgrößen: „ihnen wurde Macht gegeben über den vierten Teil der Erde; zu töten mit dem Schwert, mit Hunger, mit dem Tod (Todespest) und durch die wilden Tiere der Erde“. Das „ihnen wurde Macht gegeben“ macht deutlich, dass es nicht in ihrem Ermessen liegt eigenmächtig zu handeln, denn Christus hat dem Tod die Macht genommen (2Tim 1,10; Offb 1,18). Wegen der Weigerung umzudenken, droht Jesus die Kinder der Isebel mit dem Tode zu schlagen (Offb 2,23).

Fällt uns da auf, dass die Waffe `Bogen` nicht erwähnt ist?

Anmerkung: Nach einer Auslegungsvariante wird das „ihnen wurde gegeben“ auf alle vier Reiter bezogen und die `wilden Tiere` dem Bild des ersten Reiters zugeordnet und zwar im übertragenen Sinne als Verführer (2Kor 11,14; Mt 24,4-5).

In der Tat vergleicht Jesus Verführer mit reisenden Wölfen (Mt 7,15). Auch bei Paulus finden wir diese Vergleiche (Apg 20,29). Diesen Vergleich gab es auch schon in Israel (Hes 22,27). Doch ist dieser Vergleich auch für Offb 6,2 und 6,8 anwendbar? Oder anders gefragt, kann man ohne weiteres die wilden Tiere aus Offb 6,8 mit dem weißen Pferd aus Vers 6,2  gleichsetzen? Pferde, Rosse oder Gespanne kommen in biblischen Texten etwa 167 Mal vor. Sie lassen sich zähmen und werden zu verschiedenen Zwecken eingesetzt. Aber werden sie auch als Bild für Verführungen verwendet? Und kann man ohne Weiteres das Schwert, den Hunger und die Todespest wörtlich nehmen, aber im gleichen Zug die wilden Tiere im übertragenen Sinne deuten?  

Der Satzbau legt es eher nahe, dass sich das „ihnen wurde gegeben“ auf den Tod und den ihm nachfolgenden Hades bezieht. In Offb  1,18 und 20,13-14 werden Tod und Hades im Gespann als zwei Machtgrößen genannt. Auch vom Hadesch spricht Jesus als einer realen Machtgröße (Matthäus 16,18). Doch ihre Macht ist von einem Stärkeren begrenzt, in diesem Fall nur über den vierten Teil der Erde (vgl. auch mit Offb 9,17-20).

Noch einmal: Da jedoch im Text das Schwert, Hunger und tödliche Pest ausdrücklich zum physischen töten eingesetzt werden, warum nicht auch buchstäblich durch wilde Tiere? Auch diese sind für Menschen eine reale und lebensbedrohliche Gefahr. In der Natur ist dies zu beobachten. Jährlich sterben tausende Menschen durch Skorpione, Schlangenbisse und durch die verschiedenen wilden Tiere. Und die biblische Geschichte bestätigt, welche Gefahren von wilden und kriechenden Tieren ausgeht. Hier einige Beispiele:

  • 1Mose 9,4-5: wilde Tiere stellen eine reale Gefahr für den Menschen dar, daher die Schutzmaßnahme Gottes.
  • 2Mose 23,29: wilde Tiere bilden eine reale Gefahr für den Menschen besonders bei spärlicher Besiedelung.
  • Zu den Gefahren durch wilde Tiere werden auch kriechende Tiere gezählt (3Mose 26,22; 5Mose 8,15; 32,24: Schlangen und Skorpione).
  • Es gibt einige Geschichten, in denen wilde Tiere in Aktion beschrieben werden (Ri 14,5: ein Löwe greift Simson an; 1Sam 17,34: Bären und Löwen greifen die Schafherde von David an; 1Kön 13,24: ein Löwegreift einen Propheten an und tötet ihn; 2Kön 2,24: zwei Bären greifen 42 Kinder an und zerreißen sie; Jes 13,22: wilde Tiere bewohnen das entvölkerte Babylon; 31,4: der furchtlose Löwe über seinem Raub erschreckt nicht vor den Hirten.

Neben den realen Gefahren durch wilde Tiere, werden in der Geschichte Israels auch noch weitere drei Plagen genannt, welche in engem Zusammenhang unseres Textes stehen:

  • Hes 5,12-17: Pest, Hunger, Schwert; böse Tiere.
  • Hes14,14-21: „Denn so spricht Gott der HERR: Wenn ich meine vier schweren Strafen, Schwert, Hunger, wilde Tiere und Pest, über Jerusalem schicken werde, um darin auszurotten Menschen und Vieh.“ Dies sind genau die vier Plagen (Bogen nicht erwähnt), die auch in Offb 6,3-8 eingesetzt werden. Hier jedoch nur den vierten Teil aller Bewohner der Erde betreffend.

In anderen Texten werden diese Plagen im Einzelnen genannt oder zum Teil unterschiedlich kombiniert. Hier eine Auflistung:

  • 2Mose 9,15: tödliche Pest gegen Pharao in Ägypten und sein Volk.
  • 4Mose 21,6: Tödliche Plage durch Schlangen, welche das murrende Volk bissen.
  • 5Mose 32,24-25: Angedrohte Plagen durch das Schwert und Feuer bei Ungehorsam.
  • 1Kön 8,37ff: Hungersnot, Getreidebrand, Krankheit, Heuschrecken.
  • 1Chr 21,12: 7 Jahre Hunger oder drei Monate Schwert oder 3 Tage Pest. David wählte 3 Tage Pest, obwohl diese Plage die schlimmste war, denn er sagte: lieber in die Hände Gottes fallen als in die Hände der Feinde.
  • Jer 14,15-16: Schwert, Hunger; Jer 16,4: böse Krankheiten, Schwert, Hunger;
  • Schwert, Hunger, Pest: Jer 21,6-9; 24,10; 27,8-10; 29,18; 32,24.36; 34,17; 38,2; 42,17.22; 44,13; Hes 6,11-12; 7,15; 12,16.
  • Hes 33,27: „So sprich zu ihnen, so spricht Gott der Herr: So wahr ich lebe, sollen alle, die in den Trümmern wohnen, durchs Schwert fallen, und die auf freiem Felde sind, will ich den Tieren zum Fraß geben, und die in den Festungen und Höhlen sind, sollen an der Pest sterben.“

Wenn Gott sich gegenüber seinem Volk in solch einer Strenge verhielt mit dem Ziel sie zur Umkehr zu bewegen, wird er sich anders verhalten gegenüber den andere Nationen? Wie verliefen die hinter uns liegenden 20 Jahrhunderte? Jesus hat Plagen für diese Welt vorausgesagt:

  • Mt 24,7: Kriege (Schwert) Hungersnöte, Erdbeben.
  • Lk 21,9-11: Schwert (Kriege, Aufstände) große Erdbeben, Hungersnöte, Seuchen.
  • Lk 21,20-22: Große Not, Schwert, Gefangenschaft.

Unübersehbar scheinen diese Aussagen die Texte von Offb 6,3-8 zu erhellen.

Doch gegenüber den letzten drei Reitern steht das weiße Pferd in einem deutlichen Kontrast, aber auch seine Bestimmung kann durch Matthäus 24,14 begründet werden, nämlich Weltmission. Obwohl Jesus sie erst in Matthäus 24,14 nennt, steht sie immer am Anfang des Handelns Gottes (Mt 4,17; Lk 24,44ff; Mt 28,18-20; Apg 1,8).

Gott beginnt niemals mit seinem Gericht bevor er den Menschen über die Möglichkeit der Rettung informiert hatte. Und dies kann unter dem ersten Siegel gesehen werden.

Der Tod und das Totenreich machen reiche Beute durch die verschiedenen Werkzeuge, natürlich sind dabei auch immer Menschen beteiligt  und betroffen. Diese Texte geben Einblick in das aktive, aber auch in das zulassende Handeln Gottes. Sein Ziel war es damals das Volk Israel durch Gerichte zur Umkehr zu bewegen und gleichzeitig  seine Gerechtigkeit unter den Völkern zu offenbaren. Dies setzt er konsequent im Verlauf der Geschichte fort. Gott allein weiß genau, wie viele Menschen (auch Unschuldige und Zeugen Jesu) täglich, jährlich und im Laufe der Jahrtausende eines unnatürlichen, oft sehr frühen Todes gestorben sind, bzw. umgebracht wurden. Dabei handelt es sich (im Vergleich zu 1Mose 6-8) nur um den vierten Teil.

Durch diese vier Pferde mit ihren Reitern bekamen wir einen ersten Überblick über die Weltgeschichte bis zu Beginn der Wiederkunft Jesu und dem damit verbundenem Gerichtstag. Soweit die Bibelstudie zu Offb 6,1-8 nach dem aktuellen Erkenntnisstand.

Nun erwartet Johannes ein Blick in das himmlische Heiligtum.

2.2.5 Das Lamm öffnet das fünfte Siegel – Die Seelen der Zeugen unter dem Altar

Und als es das fünfte Siegel öffnete, sah ich unter dem Altar die Seelen derer, die geschlachtet worden waren um des Wortes Gottes und um des Zeugnisses willen, das sie hatten. Und sie riefen mit lauter Stimme und sprachen: Bis wann, heiliger und wahrhaftiger Herrscher, richtest und rächst du nicht unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen? Und es wurde ihnen einem jeden ein weißes Gewand gegeben; und es wurde ihnen gesagt, dass sie noch eine kurze Zeit abwarten sollten, bis auch ihre Mitknechte und ihre Brüder vollendet seien, die ebenso wie sie getötet werden sollten.“ (Offb 6,9-11).

Nach der Öffnung des fünften Siegels sieht Johannes ein ungewöhnliches Bild. Es wird eine Szene gezeigt, die sich im Himmel in unmittelbarer Nähe Gottes abspielt. Was er sieht sind die Seelen derer, die um des Wortes Gottes und des Zeugnisses willen das sie hatten, umgebracht worden sind. Dieser Text stellt an uns mehrere Fragen, auf  die wir nacheinander eingehen wollen.

Erste Frage: Wie ist die Bezeichnung Seelen zu verstehen?

Die deutsche Bezeichnung `Seele` ist nicht ganz einfach zu definieren. Der Grund liegt darin, weil durch das griechische Wort `psych¢` verschiedene Aspekte des menschlichen Wesens beschrieben werden.

  1. Mit `psych¢`, wird ein (lebendiges) Wesen, eine lebendige Person beschrieben (1Mose 2,7: der Mensch wurde zu einem lebendigen Wesen; 5Mose 10,22: „Siebzig Seelen gleich siebzig (lebendige) Menschen oder Personen; Apg 2,41: dreitausend Seelen, gemeint sind ,Menschen, Personen.
  2. Mit `psych¢` wird auch (physisches) Leben des Menschen beschrieben (1Mose 9,3f; und 3Mose 17,11: „denn im Blut ist das Leben“; Joh 10,11: „der gute Hirte gibt sein Leben hin“ (dazu auch Joh 10,17); Apg 20,24: ich achte mein Leben nicht wert“; Offb 12,11: „und haben ihr Leben nicht geliebt bis in den Tod“). Jesus sagte: „Wer sein Leben lieb hat, der verliert es; und wer sein Leben auf dieser Welt hasst, der wird’s bewahren zum ewigen Leben.“ Auf das physische und damit vergängliche Leben des Gläubigen folgt das geistliche, eben das ewige Leben. Damit sind mit `tas psychas` Menschen / Personen bezeichnet, denen Ihr physisches Leben auf der Erde genommen wurde.
  3. Die Begriffe Seele und Geist können bei Gläubigen auch noch nach ihrem physischen Tod in einem engen Zusammenhang gesehen werden. So sagte Jesus in Lk 23,46: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist“ (damit zitierte er Ps 31,6); Stephanus betete in Apg 7,59: „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf“ Und in Hebr 12,23 wird gesagt: „wir sind gekommen zu den Geistern der vollendeten Gerechten“. Die Seelen unter dem Altar sind eben auch die Geister der vollendeten Gerechten.

Zweite  Frage: Wie endete ihr physisches Leben auf Erden?

Von diesen Seelen heißt es, dass sie geschlachtet wurden. Die Tötungsbezeichnung: `esfagmenön` (hier im Plural) ist die gleiche wie sie auch für Jesus, das Lamm Gottes verwendet wird (Offb 5,6.8; 13,8; Jes 53,7; Apg 8,32). Allerdings wird der Tötungsbegriff `schlachten` auch bei Kriegshandlungen mit dem Einsatz von Schwert verwendet (Hes 21,15.20.33; Offb 6,3-4). In 2Sam 11,25 und Jer 12,12 wird vom Schwert gesagt, dass es frisst (gr. fagetai), es handelt sich um die gleiche Wortwurzel wie auch in den oben genannten Stellen von Offb 6,4. Dazu heißt es, dass sie einander schlachteten, man kann sogar sagen einander (mit dem Schwert) auffraßen (vgl. dazu Sach 8,10). Das dieses Verb sogar im Wort `sarkofagos – Fleischfresser` seinen Niederschlag fand, zeigt seine breite Verwendung (Daher kommt auch das deutsche Wort Schlachtfeld). Auch hier entscheidet der Kontext über die Verwendung dieses Begriffes. Doch nach den Worten von Jesus werden nicht alle seine Nachfolger buchstäblich getötet. Denn das Martyrium kann auch andere Formen haben (Lk 11,49f).

Dritte Frage: Wo und in welchem Zustand befinden sich diese Seelen?

Von diesen Seelen wird gesagt, dass sie sich unter dem Altar befinden. Der Altar kommt in der Bibel mehr als 300 Mal vor, davon sieben Mal in der Offenbarung. In der Stiftshütte und dem Tempel gab es zwei Altäre – der mit Kupfer überzogene BrandopferAltar im Vorhof und der mit Gold überzogene Räucheropferaltar, welcher im Heiligtum stand und zwar vor dem Vorhang zum Allerheiligsten. In Offb 8,3-5 werden Details genannt, die eindeutig auf den goldenen Räucheraltar hinweisen. Dort heißt es: „Und ein anderer Engel kam und trat an den Altar und hatte ein goldenes Räuchergefäß; und ihm wurde viel Räucherwerk gegeben, dass er es darbringe mit den Gebeten aller Heiligen auf dem goldenen Altar vor dem Thron. Und der Rauch des Räucherwerks mit den Gebeten der Heiligen stieg von der Hand des Engels hinauf vor Gott. Und der Engel nahm das Räuchergefäß und füllte es mit Feuer vom Altar und schüttete es auf die Erde.“ Auch in Offb 9,13 heißt es: „ich hörte eine Stimme aus den vier Ecken des goldenen Altars vor Gottes Thron“. Auch in Offb 14,18; 16,7 ist aufgrund des Textzusammenhangs derselbe Altar gemeint. Ebenso weist das Räucherwerk aus Offb 5,8 auf diesen Altar hin. Damit können wir davon ausgehen, dass auch in Offb 6,9-11 dieser goldene Altar gemeint ist. Dieser Altar ist nicht mehr durch einen Vorhang vom Thron Gottes im Allerheiligsten getrennt. Weitere Stellen zu dem goldenen Räucheraltar: Hebr 9,3: das Räuchergefäß; Lk 1,10-11: Räucheraltar; 2Mose 30,1.27; 31,8; 35,15; 37,24; 40,5; 3Mose 4,7). Der große kupferne Brandopferaltar wird zum jetzigen Zeitpunkt im (bzw. außerhalb   des) himmlischen Heiligtums  nicht erwähnt, denn Jesus hat durch sein einmaliges Opfer am Kreuz alle Sünden gesühnt ( Offb 1,5; 5,9; Hebr 10,10; 13,10).

Die Verortung der Seelen `unter` dem Räucheraltar, gr. `ypokatö – darunter`, ist nicht einfach nur eine räumliche, sondern eine dem jetzigen Zustand der Seelen entsprechende Beschreibung. Sie dürfen sich ausruhen von ihren physischen Leiden. Das gr. Verb `anapausontai – sie sollen ausruhen`, ist das gleiche wie auch in Offb 14,13: „sie ruhen aus von ihren Mühen“. Diese Art von Ruhe verspricht Jesus denen, die bereits hier zu ihm kommen (Mt 11,28-30). Dieses Ruhen ist jedoch kein unbewusster Zustand, denn sie nehmen wahr, was geschieht, bzw. fragen, warum etwas noch nicht geschieht. Jesus, der am besten Bescheid wusste sagte: „Gott aber ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden; denn ihm leben sie alle“ (Lk 20,38). Was für eine Aussicht für jeden, der im Glauben an Jesus Christus aus dem physischen Leben in die Ewigkeit hinübergeht.

Vierte Frage: An wen wenden sich die Seelen mit dem Ruf nach Vergeltung?

Sie rufen (schreien) mit lauter Stimme indem sie sich an den wenden, der auf dem Thron ist und nennen ihn Herrscher gr. `despot¢s` „du Heiliger und Wahrhaftiger, bis wann richtest du nicht und rächst unser Blut an denen die auf Erden sind?“ Zunächst fällt uns die ungewöhnliche Anrede `despot¢s` auf, weil er in der Umgangssprache so negativ besetzt ist. Dieser Herrscherbegriff wird noch an folgenden Stellen verwendet und meistens auf Gott und auch den Herrn Jesus angewandt (Judas 1,4: „Herrn und Herrscher Jesus Christus“; 2Petr 2,1: „und verleugnen den Herrn, der sie losgekauft hat“; 2Tim 2,21: „der wird ein Gefäß sein zu ehrenvollem Gebrauch, geheiligt, für den Hausherrn brauchbar und zu allem guten Werk bereitet.“; Apg 4,24: „Herr, du hast Himmel und Erde gemacht“; Lk 2,29: „Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast“. Diese Herrschaftsbezeichnung wird aber auch auf Herren dieser Welt in ihrer Stellung gegenüber ihren Sklaven verwendet: 1Petr 2,18: „Ihr Sklaven, ordnet euch in aller Furcht den Herren unter“, so auch Tit 2,9; 1Tim 6,1-2). Diese Hoheitsbezeichnung unterstreicht auf besondere Weise den Stand des Herrschers gegenüber seinen Knechten / Sklaven) was in der Offenbarung deutlich zum Ausdruck kommt. Mit höchster Ehrerbietung und doch völlig angstfrei und vertrauensvoll wenden sich diese Seelen an ihren Herrn und Gebieter mit den Worten: „Bis wann, heiliger und wahrhaftiger Herrscher, richtest und rächst du nicht unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen?

Auf die Formulierung: „die auf der Erde wohnen“ gehen wir im 3. Teil näher ein. Und dies ist die Antwort aus dem Thron: „Und jedem von ihnen wurde ein weißes Kleid gegeben.“ Die weiße `stol¢` ist ein sehr wertvolles, langes Festgewand, Festbekleidung (Lk 15,22; Mk 16,5). Das bedeutet doch, dass ihre durch den Glauben an Jesus Christus zugesprochene Gerechtigkeit  bestätigt wurde (Offb 7,13; Offb 19,8).

Sie sollten ruhen eine kleine Zeit (mikron chronon). Anscheinend empfanden sie keine Zeit mehr, als ob die Zeit still steht. Nur Gott hat ein absolutes Bewusstsein für Zeitspannen, Zeiträume und deren Inhalte, bzw. Abläufe.

Immer wieder wird die Frage gestellt, ob der Ruf nach Vergeltung berechtigt ist? Man denkt dabei an die Grundaussage Gottes aus 5Mose 32,35 und die Zitate der Apostel: „Rächt euch nicht selbst, Geliebte, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben (5. Mose 32,35): »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.«  (Röm 12,19; so auch Hebr 10,30; ebenso Jesus in Mt 5,39).

Jene Gläubigen (Seelen) rächten sich nicht als sie auf Erden waren, genauso wie Jesus stellten sie es dem anheim „der da recht richtet“(1Petr 2,23). Weiter schreibt Paulus: „Alexander, der Schmied, hat mir viel Böses angetan; der Herr wird ihm vergelten nach seinen Werken.“ (2Tim 4,14). Das Unrecht kann und soll genannt werden, doch Selbstjustiz kommt für Kinder Gottes nicht in Frage. Genau dies taten auch die Seelen unter dem Altar, eben nur in Form einer Frage. Der Ruf nach Vergeltung durch Gott war nichts Unrechtes. Denken wir an die Ermordung Abels. Gott sagte zu Kain: „Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde.“ (1Mose 4,10). Denn auch Abel befand sich unter dem Altar. Und Jesus sagte voraus: „auf dass über euch komme all das gerechte Blut, das vergossen ist auf Erden, vom Blut Abels, des Gerechten, bis zum Blut Secharjas, des Sohnes Berechjas, den ihr getötet habt zwischen Tempel und Altar.“ (Mt 23,35). Das Gott jedoch sein Gericht zurückhält spricht für seine Weisheit und Langmut, die alles menschliche bei weitem übertrifft (Röm 11,33; 2Petr 3,9).

Die Aussage: „die auch noch getötet werden sollen“ ist wahrscheinlich im allgemeinen Sinne gemeint, denn Jesus selbst sagte: „und etliche werden sie töten“, das heißt alle werden leiden müssen auf verschiedene Weise. Denn oft ist ein Leben in ständiger Verfolgung genauso ein Martyrium wie ein gewaltsamer aber schneller Tod. Denken wir auch an den Hass, der als Mord definiert wird (1Joh 3,15)

Fünfte Frage: Welche indirekte Botschaft wird den Gläubigen auf der Erde vermittelt?

Die Gläubigen hier auf Erden sollen sich auf eine von Leiden gezeichnete Existenz einstellen. So sagten Paulus und Barnabas den Gläubigen im Pisidischen Antiochia: „Wir müssen durch viele Bedrängnisse in das Reich Gottes eingehen.“ (Apg 14,22; Offb 7,13). Doch die Kinder Gottes  sind nach ihrem physischen Tod in Gottes Umgebung in Sicherheit und werden getröstet (Lk 16,25; Offb 14,13). 

Sechste Frage: Was meint Gott mit `noch eine kleine Zeit`?

Die Zeitangabe: `chronos mikron eös– Zeit kleine bis` kommt noch in Offb 20,3 vor, dort wird damit der Geschichtsabschnitt eingeschränkt, in dem der Satan noch einmal auf dieser Erde frei agieren kann (Offb 20,7-9). Hier bezieht sich diese Zeitangabe auf die Situation der Seelen im Himmel. Einerseits wird es nicht mehr lange dauern, andererseits dauert es noch so lange

 „bis die anderen hinzugekommen sind, welche auch noch getötet werden sollen“. Damit erübrigt sich der Versuch einer zeitlichen Berechnung. Auf jeden Fall ist das Zeitempfinden in der Sphäre Gottes ein anderes als bei denen hier auf der Erde.

2.2.6 Das Lamm öffnet das sechste Siegel: Die erste Beschreibung des Weltgerichts

Und ich sah, als es das sechste Siegel öffnete: Und es geschah ein großes Erdbeben; und die Sonne wurde schwarz wie ein härener Sack, und der ganze Mond wurde wie Blut, und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde, wie ein Feigenbaum, geschüttelt von einem starken Wind, seine Feigen abwirft. Und der Himmel schwand dahin wie ein Buch, das zusammengerollt wird, und jeder Berg und jede Insel wurden von ihren Stellen gerückt. Und die Könige der Erde und die Großen und die Obersten und die Reichen und die Mächtigen und jeder Sklave und Freie verbargen sich in die Höhlen und in die Felsen der Berge; und sie sagen zu den Bergen und zu den Felsen: Fallt auf uns und verbergt uns vor dem Angesicht dessen, der auf dem Thron sitzt, und vor dem Zorn des Lammes! Denn gekommen ist der große Tag ihres Zorns. Und wer vermag zu bestehen?“ (Offb 6,12-17).

Johannes sieht wie das Lamm das sechste Siegel öffnet. Was ihm jetzt gezeigt wird, weist auf das Endgericht hin. Diese Details müssen ihm bereits aus den Endzeitreden von Jesus bekannt gewesen sein, denn dazu stellt er keine Fragen (Mt 24,24-33; Lk 21,25-28; 34-36; Mk 13,24-32). Wir werden sehen, dass im Buch der Offenbarung noch an weiteren Stellen das Endgericht beschrieben wird und dabei auch weitere Aspekte des Gerichtes gezeigt werden (Offb 11,15-19; 14,14-20; 19,15-21; 20,10-15). Und nun die einzelnen Details aus diesem Textabschnitt.

Zeichen auf der Erde: Ein großes Erdbeben

Das Erste was Johannes wahrnimmt ist ein großes Erdbeben. Wir dürfen uns durchaus vorstellen, dass die gewaltigen Naturereignisse Johannes in einer Art Audio-Videoformat gezeigt wurden. Die griechische Bezeichnung für Erdbeben ist `seismos`, daher das Fachwort Seismologie. In den biblischen Berichten werden Erdbeben mehr als zwanzig Mal erwähnt (1Kön 19,11-12; Hes 3,12-13; 38,19; Am 1,1; Sach 14,5; Mt 27, 51.54; 28,2; Mk 13,8; Apg 16,26). Und Jesus hat weitere Erdbeben vorausgesagt (Mt 24,7; Mk 13,8; Lk 21,11). Dieses Naturphänomen hat Menschen seit je her in Angst und Schrecken versetzt (Ps 68,9; 77,19; Mt 27,51,54). Viele Bauwerke und ganze Städte sind durch Erdbeben zerstört worden. Von 1900 bis 2015 sind mehr als 2 Millionen Menschen durch Erdbeben ums Leben gekommen.

Im Buch der Offenbarung sind Erdbeben Begleiterscheinungen sowohl der vorläufigen Gerichte Gottes als auch des Endgerichtes (Offb 6,12; 8,5; 11,13.19; 16,18; dazu auch Jes 13,13). Im Text wird betont, dass es ein großes (starkes) Erdbeben war mit globalen Auswirkungen. In unserer Zeit werden jährlich Hunderttausende kleinere und größere Erdbeben registriert. Häufig sind Erdbeben mit Vulkanausbrüchen verbunden.  So faszinierend diese aus der Ferne aussehen, so verheerende Auswirkungen haben sie in ihrer unmittelbaren Umgebung. Sie machen die Ohnmacht des Menschen offensichtlich. Eines Tages wird die Neugier der Schaulustigen ein Ende haben. So lesen wir in Hebr 12,26-27: „Seine Stimme hat zu jener Zeit die Erde erschüttert, jetzt aber verheißt er und spricht (Haggai 2,6): »Noch einmal will ich erschüttern nicht allein die Erde, sondern auch den Himmel.« 27 Dieses »Noch einmal« aber zeigt an, dass das, was erschüttert wird, weil es geschaffen ist, verwandelt werden soll, auf dass bleibe, was nicht erschüttert wird.“ Daher sollte jedes Erdbeben die Menschen an den Großen Tag des Gerichtes Gottes erinnern.

Zeichen am Himmel: An Sonne, Mond und Sternen

„und die Sonne wurde schwarz wie ein härener Sack, und der ganze Mond wurde wie Blut und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde, wie ein Feigenbaum, geschüttelt von einem starken Wind, seine Feigen abwirft.“ (Offb 6,12-13).

Diese Beschreibungen wecken in uns Erinnerungen an Geschichten aus der biblischen Offenbarung. Sie erinnern auch an Voraussagen in Bezug auf dramatische Phänomene an Himmelskörpern (Joel 3,1ff; Jes 13,10). Zunächst jedoch zu der einmaligen Formulierung „schwarz, wie ein härener Sack“. Bekannt ist, dass Teppiche für das Zelt des Zeugnisses aus Ziegenhaar hergestellt wurden (2Mose 31,20). Sehr wahrscheinlich wurden auch Mäntel und Säcke daraus gewoben (2Kön 1,8; Jes 20,2; Sach 13,4). Bis heute sind schwarzhaarige Ziegenherden im Orient ein häufiges Bild (1Mose 30,32-35). In solch grobes, aber auch stabiles Sacktuch hüllte man sich zum Zeichen der Trauer. Häufig setzte man sich dabei in Asche zum Zeichen der Demütigung und auch der Buße vor Gott (Est 4,1; Dan 9,3; Jona 3,6; 2Kön 19,1; 2Sam 3,31; Mt 11,21; Lk 10,13). Demnach wäre der Ausdruck: „schwarz, wie ein härener Sack“ ein passender Vergleich für die Verdunkelung der Sonne. Die Reaktion wird sein, große Trauer und Entsetzen, vorbei mit dem Leben in Luxus (Amos 8,10; Offb 18,10.17.19). Der Vergleich „und der ganze Mond wurde wie Blut“ kommt auch in anderen Texten vor und steht immer im Zusammenhang mit den Veränderungen an der Sonne.

Die erste Erwähnung einer partiellen Sonnenfinsternis während drei Tagen in Ägypten wirft zwar Fragen für die Astronomen auf, nicht aber für die Glaubenden an den Schöpfer Gott (2Mose 10,21-23). Auch während der letzten drei Lebensstunden von Jesus wurde es finster über dem ganzen Land, so alle drei synoptischen Evangelisten (Mt 27,45; Mk 15,33; Lk 23,44-45). Die Aussagen der Propheten über Verdunkelung der Sonne und des Mondes sind zahlreich. In der Regel werden Sonne, Mond und Sterne als die von Gott geschaffenen Lichter zusammen genannt.  

  • In Hiob 9,7 steht: „Er gebietet der Sonne, und sie geht nicht auf; er verschließt die Sterne mit einem Siegel.
  • Und in Jesaja 13,10 steht: „Ja, die Sterne des Himmels und seine Sternbilder werden nicht mehr glänzen; die Sonne wird sich bei ihrem Aufgang verfinstern und der Mond sein Licht nicht leuchten lassen.“ Der Kontext weist auf das Gericht Gottes hin und zwar über den Erdkreis (Jes 13,11).
  • Jesaja 24,23: „Da wird der Mond erröten und die Sonne schamrot werden; denn der HERR der Heerscharen herrscht dann als König auf dem Berg Zion und in Jerusalem, und vor seinen Ältesten ist Herrlichkeit.“ Auch hier ist im Kontext vom Gericht über diese Erde die Rede und zwar mit dem Ausblick auf die neue Schöpfung (Jes 24,20ff).
  • Joel 3,4: „die Sonne soll verwandelt werden in Finsternis und der Mond in Blut, ehe der große und schreckliche Tag des HERRN kommt.“ (so auch Joel 4,15; Apg 2,20; ähnlich auch Amos 8,9).
  • Die eindrucksvollste Aussage stammt von Jesus selbst: „Bald (sofort) aber nach der Drangsal jener Tage wird die Sonne verfinstert werden, und der Mond wird seinen Schein nicht geben, und die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels erschüttert werden.“ (Mt 24,29; Mk 13,24).

Ob es jemand aufgefallen war, dass im Text der Offb 6,13 die Sterne auf die Erde fallen und Jesus sagt lediglich, dass die Sterne vom Himmel fallen werden. Im Text der Offenbarung wird diese Aussage gemacht und dabei mit Feigen verglichen, die auf den Boden fallen, wenn der Baum von einem starken Wind geschüttelt wird. Es geht um einen Vergleich, denn nach den Worten von Jesus werden die Kräfte des Himmels ins Wanken geraten, also ihre Stellung oder ihre Bahnen verlassen. Und Petrus ergänzt, dass die Elemente vor Hitze zerschmelzen und aufgelöst werden.

Die Zusammenhänge zwischen den partiellen Naturereignissen mit der Sonne, dem Mond und den Sternen in der Geschichte als vorläufige Hinweise, dann auch die Voraussagen der Propheten und des Herrn Jesus Christus in Bezug auf das Endgericht, sind offensichtlich.

Der Himmel entschwand wie eine Schriftrolle

Und der Himmel schwand dahin wie ein Buch (Schriftrolle), das zusammengerollt wird. (Offb 6,13).

Auch dafür gibt es bereits im Alten Testament Voraussagen:

  •  Jes 34,4: „Und alles Heer des Himmels wird dahinschwinden, und der Himmel wird zusammengerollt werden wie eine Buchrolle, und all sein Heer wird hinwelken, wie ein Blatt verwelkt am Weinstock und wie ein dürres Blatt am Feigenbaum.“ (dazu auch Ps 102,26-27; Hebr 1,10-11).
  • Jesus bestätigte: „Himmel und Erde werden vergehen“ (Mt 24,35; Mk 13,31; Lk 21,33).
  • Lk 21,26: „und die Menschen werden vergehen vor Furcht und in Erwartung der Dinge, die kommen sollen über die ganze Erde; denn die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen.“
  • Und Petrus präzisiert, wie sie vergehen werden: „Es wird aber des Herrn Tag kommen wie ein Dieb; dann werden die Himmel zergehen mit großem Krachen; die Elemente aber werden vor Hitze schmelzen, und die Erde und die Werke, die darauf sind, werden nicht mehr zu finden sein.“ (2Petr 3,10; Jes 65,17).

Wie bereits oben erwähnt, wird in der Offenbarung der Gerichtstag mindestens vier(5)mal beschrieben. Bei der letzten Beschreibung des Gerichtes lesen wir: „Und ich sah einen großen, weißen Thron und den, der darauf saß; vor seinem Angesicht flohen die Erde und der Himmel, und es wurde keine Stätte für sie gefunden.“ (Offb 20,10). Diese Beschreibung enthält ähnliche Aspekte wie auch in Offb 6,12-17 aber sie beschreibt auch die letzten Ereignisse des Gerichtstages.

Der Schrei nach Hilfe: Ihr Berge verbergt uns

„und alle Berge und Inseln wurden wegbewegt von ihren Orten. Und die Könige der Erde und die Großen und die Obersten und die Reichen und die Mächtigen und jeder Sklave und Freie verbargen sich in die Höhlen und in die Felsen der Berge; 16 und sie sagen zu den Bergen und zu den Felsen: Fallt auf uns und verbergt uns vor dem Angesicht dessen, der auf dem Thron sitzt, und vor dem Zorn des Lammes! 17 Denn gekommen ist der große Tag ihres Zorns.“ (Offb 6,15-17a).

Nun werden einige Details im Ablauf dieses Gerichtstages beschrieben. Das Schreien  nach Hilfe geht ins Leere, weil ihnen der scheinbare Schutz der Berge entzogen wird. Das große Erdbeben bringt auf der Erde alles aus den Fugen. Über diesen Ruf in der Verzweiflung gibt es auch Aussagen in den Propheten und von Jesus.

  • Hosea 10,8: „Die Höhen des Frevels werden verwüstet, auf denen sich Israel versündigte; Dornen und Disteln wachsen auf ihren Altären. Dann werden sie sagen zu den Bergen: Bedeckt uns!, und zu den Hügeln: Fallt über uns!“ (vgl. dazu auch Jes 2,10.19.21).
  • Jesus zitiert auszugsweise die Prophezeiung aus dem Propheten Hosea auf seinem Weg nach Golgatha und bestätigt deren Erfüllung in der Zukunft: „Jesus aber wandte sich um zu ihnen und sprach: Ihr Töchter von Jerusalem, weint nicht über mich, sondern weint über euch selbst und über eure Kinder. Denn siehe, es wird die Zeit kommen, in der man sagen wird: Selig sind die Unfruchtbaren und die Leiber, die nicht geboren haben, und die Brüste, die nicht genährt haben! Dann werden sie anfangen zu sagen zu den Bergen: Fallt über uns!, und zu den Hügeln: Bedeckt uns! Denn wenn man das tut am grünen (feuchten) Holz, was wird am dürren werden?“ (Lk 23,28-31). Auch wenn einige Aspekte dieser Voraussage sich zunächst auf die Zeit der Zerstörung Jerusalems bezogen werden können, so ist doch der Kern jener Prophetie auch auf die noch folgenden Tragödien anzuwenden.

In dieser ersten Darstellung des Gerichtstages wird nur die Situation und das Schicksal der Ungläubigen aus allen sozialen Schichten der Gesellschaft beschrieben. Was mit den Erlösten geschieht, wird in den Visionen von Offb 7,1-17 beschrieben. Bereits im 1. Kapitel Vers 7 lesen wir: „Siehe, er kommt mit den Wolken, und es werden ihn sehen alle Augen und alle, die ihn durchbohrt haben, und es werden wehklagen um seinetwillen alle Stämme der Erde. Ja, Amen.“ (lies dazu auch Mt 24,30 wo Jesus ähnliches voraussagte).

Der Tag des Zornes Gottes und des Lammes

Dieses Thema und diese Realität werden oft ausgeblendet in der Verkündigung. Was wäre aber, wenn es keine gerechte Vergeltung geben würde? Der gr. Begriff `org¢ – Zorn` kommt in der Bibel mehr als dreihundert Mal vor, sowohl vom Menschen ausgehend als auch von Gott. Was für viele ungewöhnlich erscheint ist, dass auch der Sohn Gottes als das Lamm Zorn empfindet und entsprechend reagiert. Während seiner Dienstzeit zeigte Jesus nur einmal seinen Zorn, wobei er nicht mit Vergeltung reagierte (Mk 3,5). Doch nur Gott der Vater und der Sohn Gottes Jesus Christus sind imstande ihr Gerechtigkeitsempfinden angemessen auszudrücken und anzuwenden. Mit anderen Worten, der Zorn Gottes und des Lammes äußert sich in der gerechten Vergeltung an denen, die Unrecht tun.

  • Zef 2,2: „ehe denn das Urteil ergeht – wie Spreu verfliegt der Tag –, ehe denn des HERRN grimmiger Zorn über euch kommt, ehe der Tag des Zorns des HERRN über euch kommt!
  • Lk 3,7: „Da sprach Johannes zu der Menge, die hinausging, um sich von ihm taufen zu lassen: Ihr Otterngezücht, wer hat euch gewiss gemacht, dass ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet.“
  • Röm 1,18: „Denn Gottes Zorn wird vom Himmel her offenbart über alles gottlose Leben und alle Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten.“
  • Röm 2,5: „Du aber, mit deinem verstockten und unbußfertigen Herzen, häufst dir selbst Zorn an für den Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes.
  • 1Thes 1,10: „und zu warten auf seinen Sohn vom Himmel, den er auferweckt hat von den Toten, Jesus, der uns errettet von dem zukünftigen Zorn.“ (Weitere Stellen: Offb 14,10; 15,1; 16,19; 18,25; 19,15-21).

Dies ist die erste visionäre Beschreibung des großen Tages Gottes, der als großer Tag des Zorns, d.h. der Vergeltung beschrieben wird. Das ist auch der Tag des Gerichtes Gottes durch den Menschensohn Jesus Christus.

Es folgen noch weitere vier ausführliche Beschreibungen dieses Tages in den Kapiteln 11; 14; 19 und 20. Dort werden einige Aspekte bezüglich des Gerichtstages wiederholt und weitere kommen hinzu. In der Wiederholung dieser Thematik erkennen wir auch die Konzeption des Buches, bei der die gesamte Entwicklung der Geschichte mehrmals aus verschiedenen Perspektiven bis zum Ende gezeigt wird. 

Kapitel 6 endet mit der Frage: „Wer kann bestehen?“  Diese Frage wird in Offb 7,1-17 beantwortet.

2.3 Die Versiegelung der Knechte Gottes und die Vollendung der Erlösten

In den Visionen von Kapitel 7,1-17 bekommt Johannes Einblick in den Verlauf der Versiegelung der 144000 welche hier auf Erden an dem Glaubenden vorgenommen wird, so wie der unzählbaren Schar derer, welche das Ziel in der Vollendung erreichen werden. Solch ein Ausblick ist eine Ermutigung für die bedrängte und leidende Gemeinde auf Erden, sich in dieser Vision  als das versiegelte und damit auch erlöste Volk Gottes bereits am Endziel zu sehen.

In diesen Visionen wird die Antwort gegeben, welche am Ende von Kapitel 6 gestellt wurde, nämlich: „und wer vermag zu bestehen“?

2.3.1 Die Einleitung zu den Visionen von den 144000 Versiegelten und der unzählbaren Schar vor dem Thron

„Nach diesem sah ich vier Engel auf den vier Ecken der Erde stehen; die hielten die vier Winde der Erde fest, damit kein Wind wehe auf der Erde noch auf dem Meer noch über irgendeinen Baum. Und ich sah einen anderen Engel von Sonnenaufgang heraufsteigen, der das Siegel des lebendigen Gottes hatte; und er rief mit lauter Stimme den vier Engeln zu, denen gegeben worden war, der Erde und dem Meer Schaden zuzufügen, und sagte: Schadet nicht der Erde noch dem Meer noch den Bäumen, bis wir die Knechte unseres Gottes an ihren Stirnen versiegelt haben.“ (Offb 7,1-3).

Johannes beginnt mit den Worten: „Nach diesem sah ich“. Diese einleitenden Worte kommen mehrmals in den Visionen der Offenbarung vor (Offb 4,1; 7,1; 7,9; 15,5; 18,1). Natürlich sieht Johannes diese Visionen nacheinander, doch dies bedeutet nicht zwingend, dass sich das Geschaute immer chronologisch auf das vorhergehende aufbaut. Feststellen lässt sich dies immer nur im Kontext. Die Ereignisse in der Vision aus Kapitel 7,1-8 können nicht chronologisch nach dem Gericht stattfinden, welches bereits in Kapitel 6,12-17 geschaut wurde. Anders verhält es sich mit der Vision aus Kapitel 7,9-17. Diese baut in der Tat auf die vorhergehende Vision in (Offb 7,1-8 auf. In den beiden Visionen aus Kapitel sieben wird in symbolischen Zahlen zusammengefasst wer und wie viele Menschen im Laufe der Geschichte als Gottes Volk hier auf Erden versiegelt sein werden. Demnach wird diese Versiegelung bis zum Endgericht abgeschlossen sein. Bis dahin gilt die Anweisung an die vier Engel: „schadet der Erde und dem Meer nicht“. In Kapitel 7,9-17 sieht Johannes aus himmlischer Perspektive das gesamte Volk Gottes bereits in seinem vollendeten Zustand als am Ziel angekommen. Was für eine Ermutigung für die bedrängte und verfolgte Gemeinde in dieser Welt.

Doch nun zu den Details dieser ersten Vision. Wer sind die vier Engel, welche an den vier Ecken der Erde stehen? In Hebräer 1,7 lesen wir etwas Grundsätzliches über die Engel: „Und von den Engeln zwar spricht er: „Der seine Engel zu Winden macht und seine Diener zu einer Feuerflamme.“ (vgl. mit Ps 104,4; Hebr 1,14). In Sacharia 1,8-11 und 6,1-8 stehen die vier Gespanne symbolisch für die vier Winde des Himmels. Sie sind ausgesandt für bestimmte Dienste, nachdem sie vor dem Herrn der ganzen Erde gestanden haben. Da jene vier Winde (Gespanne) bereits auf Erden in der Geschichte eingesetzt wurden, können sie nicht gleichgesetzt werden mit den vier Engeln aus Offb 7,1. Die Aussage „vier Enden (Ecken) der Erde“ kommt noch in Offenbarung 20,8 vor. An anderen Stellen der Bibel  werden diese mit den jeweiligen Himmelsrichtungen beschrieben, so zum Beispiel in 1Mose 28,14, 4Mose 35,5; 5Mose 3,27; 1Chr 9,24; Ps 107,3; Jes 11,12; Lk 13,29. Diese vier Engel sind ausgestattet mit der Macht über Erde, Meer und Vegetation. Auffallend bei diesen Engeln ist, obwohl sie bereit sind, handelt keiner von ihnen eigenmächtig.

Und nun tritt ein anderer Engel vom Sonnenaufgang her auf, ausgestattet mit dem Siegel des lebendigen Gottes. Sonnenaufgang steht für den Tagesbeginn. Er zeigt aber auch eine segensvolle Zuwendung Gottes an (Mal 3,16-20). Die Anweisung an die vier Engel lautet:  Die Erde, das Meer und die Bäume nicht zu beschädigen „bis wir versiegelt haben die Knechte unseres Gottes an ihren Stirnen.“. Mit dem „wir“ wird hervorgehoben, der  Engel ist nicht allein bei der Ausführung der Versiegelung. Die Bezeichnung „Knechte Gottes“ für die Gläubigen ist typisch im Buch der Offenbarung (Offb 1,1; 2,20; 6,11; 10,7; 11,18; 19,2.5; 22,3.6). Seine Aussage erinnert uns auch

An eine ähnliche Handlung die in Hesekiel 9,3-6 beschrieben wird. „Und die Herrlichkeit des Gottes Israels erhob sich von dem Cherub, über dem sie war, zu der Schwelle des Tempels, und er rief dem, der das leinene Gewand anhatte und das Schreibzeug an seiner Seite. Und der HERR sprach zu ihm: Geh durch die Stadt Jerusalem und zeichne mit einem Zeichen an der Stirn die Leute, die da seufzen und jammern über alle Gräuel, die darin geschehen. Zu den andern Männern aber sprach er, sodass ich es hörte: Geht ihm nach durch die Stadt und schlagt drein; eure Augen sollen ohne Mitleid blicken und nicht verschonen. “ Die Gerechten werden bewahrt bleiben und fallen nicht unter das Gericht zur Verdammnis.

  • Aufschlussreich ist auch die Aussage von Jesus in Matthäus 13,27-30: „Da traten die Knechte des Hausherrn hinzu und sprachen zu ihm: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher hat er denn das Unkraut? Er sprach zu ihnen: Das hat ein Feind getan. Da sprachen die Knechte: Willst du also, dass wir hingehen und es ausjäten? Er sprach: Nein, auf dass ihr nicht zugleich den Weizen mit ausrauft, wenn ihr das Unkraut ausjätet. Lasst beides miteinander wachsen bis zur Ernte; und um die Erntezeit will ich zu den Schnittern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, damit man es verbrenne; aber den Weizen sammelt in meine Scheune.“

Weitere Stellen, welche von der Zurückhaltung des Gerichtes sprechen: Mk 13,27;  Mt 28,14; Röm 11,25; 2Petr 3,7-9; Offb 6,11.

Vielleicht müssen wir unterscheiden zwischen den Gerichten Gottes im Laufe der Geschichte, die den Zweck haben Menschen zum Umdenken zu bewegen und der Endgerichtsphase, bei dem es keine Umkehr mehr geben wird. Mehr dazu im dritten Teil, in dem es unter anderem um die Posaunengerichte gehen wird.

Das Zeichen an der Stirn und Hand im Alten Testament

Die Stirn des Menschen wird gelegentlich mit seinem Herzen in Verbindung gebracht. Harte Stirn gleich verstocktes Herz (Hes 3,7; Jes 48,4). Hand steht in der Regel für das Handeln des Menschen, aber auch für das Handeln Gottes (1Mose 5,29; Ps 102,26; 128,2; 1Kor 4,12).  Im AT finden wir einige Hinweise zu einem Zeichen an Hand und Stirn:

  • 2Mose 39,30: „Sie machten auch das Stirnblatt, den heiligen Kronreif, aus feinem Gold und schrieben darauf wie in ein Siegel geschnitten: »Heilig dem HERRN«.“ Dem Herrn geweiht, den Herrn gehörend.
  • 2Mose 13,9: „Darum soll es dir wie ein Zeichen sein auf deiner Hand und wie ein Merkzeichen zwischen deinen Augen, damit des HERRN Gesetz in deinem Munde sei; denn der HERR hat dich mit mächtiger Hand aus Ägypten geführt.“ (2Mose 13,16).
  • 5Mose 6,4-8: „Höre, Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR ist einer. 5 Und du sollst den HERRN, deinen Gott, lieb haben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft. 6 Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du zu Herzen nehmen 7 und sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Hause sitzt oder unterwegs bist, wenn du dich niederlegst oder aufstehst. 8 Und du sollst sie binden zum Zeichen auf deine Hand, und sie sollen dir ein Merkzeichen zwischen deinen Augen sein.“ (so auch in 5Mose 11,18).

Bedeutungen solcher Merkzeichen:

  • Als Bekenntnis der Zugehörigkeit zu Gott.
  • Als Gedächtnisstütze zur Erinnerung an den EINEN wahren Gott.
  • Erinnerung an das erste und höchste Gebot.
  • Erinnerung an die wunderbare Rettung und Erlösung aus ägyptischer Sklaverei.
  • Als Zeichen und Zeugnis für die Kinder.

Dabei ist dieses äußere Zeichen nur ein Hilfsmittel um Gottes Wort im Herzen zu bewahren und bewegen = Stirn und anzuwenden = Hand.

 Doch wenn diese äußeren Zeichen bei den Israeliten auch eingehalten wurden, so sind sie doch mit ihrem Herzen immer wieder von Gott abgefallen und anderen Göttern nachgelaufen. Zur Zeit des Propheten Hesekiel griff Gott hart durch. Er brachte Gericht über die Bewohner Jerusalems und die Priesterschaft (Hes 9,5-6). Doch einen gläubigen Rest verschonte er.  So lesen wir: „Und der HERR sprach zu ihm: Geh durch die Stadt Jerusalem und zeichne mit einem Zeichen an der Stirn die Leute, die da seufzen und jammern über alle Gräuel, die darin geschehen.“ (Hes 9,4).

Aber in jener Zeit verhieß Gott sein Gesetz in die Herzen zu schreiben. Dazu versprach er ein neues Herz und einen neuen Geist. „und ich will reines Wasser über euch sprengen, dass ihr rein werdet; von all eurer Unreinheit und von allen euren Götzen will ich euch reinigen. Und ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben und will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Ich will meinen Geist in euch geben und will solche Leute aus euch machen, die in meinen Geboten wandeln und meine Rechte halten und danach tun.“  (Hes 36,25-27). Und durch den Propheten Jeremia verhieß Gott einen Neuen Bund (Jer 31,31-34). Dieser wurde von Jesus gestiftet (Mt 26,26ff). Spätestens jetzt wird klar, dass mit der Stirn der unsichtbare, innere und doch so reale Geist des Menschen gemeint ist. Die Stirn, dahinter das Gehirn, als physisch materielles Werkzeug für den Geist. Das Herz, nicht als Blutpumpe, sondern als Schaltzentrale unseres Empfindens , Denkens und Willens. Dementsprechend werden auch die Handlungen sein.

Das Zeichen der Versiegelung im Neuen Testament

Jesus und die Apostel verwendeten die äußeren Zeichen an Stirn und Hand nicht, doch sie predigten Umkehr im Denken und Handeln (Mt 4,17; Lk 8,15; Apg 2,37-38; 3,19; Röm 12,1-2; Phil 2,5).

Es gibt einige Hinweise im Neuen Testament zur Versiegelung durch den Heiligen Geist. Bereits Johannes der Täufer sagte von dem Messias: „der wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.“ (Mt 3,11). Jesus verhieß den Heiligen Geist seinen Jüngern (Joh 14-16). Und vor seiner Himmelfahrt sagte Jesus: „denn Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber werdet mit dem Heiligen Geist getauft werden.“ (Apg 1,5). Das erlebten die Jünger auch am Pfingsttag in Jerusalem und zwar in einem Privathaus. Damit begann die Versiegelung der Gläubigen im Rahmen des Neuen Bundes. Und nach ihnen auch etwa 3000 Menschen jüdischer Herkunft unter ihnen auch Proselyten (Apg 2,1-18; 37-41). Doch auch Menschen aus den Nationen wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und damit versiegelt (Apg 8: in Samaria; Apg 10-11: in Hause des Kornelius in Cesarea; Apg 19:in Ephesus; Gal 3,1-14: in Antiochien, Ikonium, Lystra und Derbe).

Paulus schreibt an die Gläubigen in Ephesus, einer Gemeinde, die sich aus Juden und Nichtjuden zusammensetzte: „In ihm seid auch ihr, die ihr das Wort der Wahrheit gehört habt, nämlich das Evangelium von eurer Rettung – in ihm seid auch ihr, als ihr gläubig wurdet, versiegelt worden mit dem Heiligen Geist, der verheißen ist.“ (Eph 1,13).  Oder: „Und betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes, mit dem ihr versiegelt seid für den Tag der Erlösung.“ (Eph 4,30; und in Römer 8,16 schreibt er: „Der Heilige Geist bezeugt unserem Geist, dass wir Gottes Kinder sind.“ Es ist also auch ein Merkmal der Zugehörigkeit zu Gottes Familie. Übrigens ist auch den Gläubigen des AT ihre Zugehörigkeit zu Gott bezeugt worden (Hebr 11,1.4.39). Dies entspricht der Versiegelung der Knechte Gottes in Offenbarung 7,1-8. Diese Versiegelung wird an jedem Menschen vollzogen, der durch den Glauben an Jesus Christus Vergebung seiner Sünden empfängt, erlöst wird und dadurch die Wiedergeburt erlebt (Joh 3,3-7; 2Kor 3,3; Tit 3,5). Sie wird abgeschlossen sein, wenn das Evangelium vom Reich Gottes allen Völkern verkündigt sein wird (Mt 24,14; Mk 13,13). Weitere Stellen zu der Versiegelung und den Versiegelten:

  • Offb 9,4: „Und es wurde ihnen gesagt, sie sollten nicht Schaden tun dem Gras auf Erden noch allem Grünen noch irgendeinem Baum, sondern allein den Menschen, die nicht das Siegel Gottes haben an ihren Stirnen.“ Doch die Versiegelten stehen unter Gottes Schutz.
  • Offb 3,12: „Wer überwindet, den will ich machen zum Pfeiler in dem Tempel meines Gottes, und er soll nicht mehr hinausgehen, und ich will auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen der Stadt meines Gottes, des neuen Jerusalem, das vom Himmel herniederkommt von meinem Gott, und meinen Namen, den neuen.“
  • Offb 14,1: „Und ich sah, und siehe, das Lamm stand auf dem Berg Zion und mit ihm hundertvierundvierzigtausend, die hatten seinen Namen und den Namen seines Vaters geschrieben auf ihrer Stirn.“
  • Offb 22,4: „und sein Angesicht sehen, und sein Name wird an ihren Stirnen sein.“ Was für eine Auszeichnung und Aussicht!
  • Paulus ermutigt seinen Mitarbeiter Timotheus: „Dieses kostbare Gut, das dir anvertraut ist, bewahre durch den Heiligen Geist, der in uns wohnt.“ (2Tim 1,14)

2.3.2 Die Aufzählung der Versiegelten aus den 12 Stämmen der Kinder Israels

„Und ich hörte die Zahl der Versiegelten: 144 000 Versiegelte, aus jedem Stamm der Söhne Israels. Aus dem Stamm Juda 12 000 Versiegelte, aus dem Stamm Ruben 12 000, aus dem Stamm Gad 12 000, aus dem Stamm Asser 12 000, aus dem Stamm Naftali 12000, aus dem Stamm Manasse 12 000, aus dem Stamm Simeon 12 000, aus dem Stamm Levi 12 000, aus dem Stamm Issaschar 12 000, aus dem Stamm Sebulon 12 000, aus dem Stamm Josef 12 000, aus dem Stamm Benjamin 12 000 Versiegelte. (Offb 7,4-8).

Nun hört Johannes die Zahl der Versiegelten. Während die erste Vision (1-3) eine Video / Audio Botschaft war, ist diese zweite nur eine Audiobotschaft. Wir gehen davon aus, dass es sich bei diesen Zahlen um symbolische Zahlen handelt, denn jede Deutung im mathematisch / buchstäblichen Sinne, scheint weder logisch noch im Einklang des Neuen Testamentes zu sein. Bei der Zahl 12 handelt es sich zunächst um die zwölf Stämme (nicht um die Stammväter als einzelne Personen) der Kinder Israel, aber auch um die zwölf Apostel des Lammes. Die Zahl Tausend kommt sehr oft in der Bibel vor und an einigen Stellen geht es einfach um eine nicht buchstäblich zu nehmende große Zahl (5Mose 7,9; 1Chr 16,15; Ps 50,10; 105,8; Jes 60,22; Dan 7,10).

Die vorhandenen Namenslisten der Söhne Jakobs zeigen Unterschiede auf, die keineswegs willkürlich sind. Nach menschlichen Kriterien hatte der Erstgeborene, aber auch der Erstgenannte in der Regel Vorrang. Die Kinder der rechtmäßigen Frauen von Jakob hatten auch Vorrang vor den Kindern der Nebenfrauen. Anders ist es bei Gott, der nach seinen eigenen Kriterien bewertet, beurteilt und festlegt (siehe die 5. Spalte in der Tabelle).

1.Mose 29-30                 1.Mose 49              2.Mose 1               1.Chr 2                    Offb 7,4-8
1. Ruben (Lea)                1. Ruben                1. Ruben                1. Ruben                 1. Juda
2. Simeon (Lea)              2. Simeon              2. Simeon              2. Simeon               2. Ruben
3. Levi (Lea)                    3. Levi                    3. Levi                    3. Levi                     3. Gad
4. Juda (Lea)                   4. Juda                   4. Juda                  4. Juda                    4. Asser
5. Dan (Bilha)                  5. Dan                     5. Isaschar           5. Isaschar              5. Naftali
6. Naftali (Bilha)             6. Naftali                6. Sebulon           6. Sebulon             6. Manasse
7. Isaschar (Lea)              7. Isaschar             7. Benjamin          7. Dan                    7. Simeon
8. Sebulon (Lea)              8. Sebulon              8. Dan                    8. Josef                  8. Levi
9. Josef (Rahel)                9. Josef                   9. Naftali               9. Benjamin          9. Isaschar
10. Gad (Silpa)                 10. Gad                   10. Gad                 10. Naftali            10. Sebulon
11. Asser (Silpa)                11. Asser                 11. Asser               11. Gad                  11. Josef
12. Benjamin (Rahel)      12. Benjamin          12. Josef                12. Asser           12. Benjamin

Einige Beobachtungen zu den Stammeslisten und mögliche Schlussfolgerungen. 

  • Nicht Ruben der Erstgeborene, sondern Juda führt in Offenbarung 7,4-8 die Stammesliste an. Dies wurde bereits von Jakob in seiner Segnung vorausgesagt (1Mose 49,1-4; 8-12). Diese führende Aufgabe des Stammes Juda zeigte sich bereits während der Wüstenwanderung, ebenso bei der Landverteilung (4Mose 2,3; Jos 15). Aus dem Stamm Juda kam der König David von dem Gott sagte: „er soll meinen Willen tun“ (1Sam13,14)  Diese führende Rolle des Stammes Juda mündet letztlich in der Person von Jesus als Messias / König (Mt 1; Lk 3; Hebr 7,14; Offb 5,5). In Betracht kommt noch der besondere Einsatz von Juda als Bürge für den jüngsten Sohn Benjamin. Auch Jesus ist Bürge geworden, allerdings bezahlte er mit seinem Leben für die Schuld aller Menschen (vgl. 1Mose 43,9; 44,32 mit Hebr 7,22).
  • Der Stamm Ruben rückt auf den zweiten Platz. Wegen seiner gräulichen Tat wurde ihm die Führende Aufgabe in Israel entzogen (1Mose 49,1-3). So spielte dieser Stamm in der Geschichte Israels keine besondere Rolle.
  • Die Stämme Gad und Asser, geboren von Silpa, Leas Magd, rücken in der letzten Liste nach oben (1Mose 49,19-20; 5Mose 33,20). Die Magd musste herhalten für den Ehrgeiz von Lea. Gott erhöht die Niedrigen. Auch ist der Stamm Asser im NT im Zusammenhang mit der Prophetin Hanna genannt (Lk 2,36).
  • Es folgt der Stamm Naftali, geboren von Bilha, Rahels Magd. Auch er wird in der letzten Liste den leiblichen Söhnen Rahels vorgezogen (1Mose 49,21; Jes 8,23; Mt 4,15). Beachten wir, dass die beiden Mägde von Lea und Rahel nicht aus dem Familienklan Terachs stammten, doch in der letzten Liste werden sie von Jesus einigen Söhnen von Lea und beiden Söhnen von Rahel vorgezogen. Seit Jakob (dritte Generation) sind Frauen aus anderen Volksgruppen im israelitischen Familienkreis aufgenommen. Und in der vierten Generation nahmen elf Söhne Jakobs Frauen aus kanaanitischen Stämmen und Josef sogar eine Priestertochter aus Ägypten.   
  • Manasse ist der erstgeborene Sohn von Josef. Seine Mutter Asenat ist Priestertochter in Ägypten (1Mose 41,51; 48,5.15.20; Jos 17,7ff).
  • Es folgen die beiden Söhne von Lea, Simeon und Levi (1Mose 34,25-30; 49,5-7). Simeon bekam sein Erbteil im südlichen Teil des Stammesgebiets von Juda (Jos 19,1; 21,4). Er war aber auch zerstreut in Israel (2Chr 15,9). Der Stamm Levi hatte in Israel kein Erbteil bekommen. Er sollte am Heiligtum Dienst versehen, anstelle aller Erstgeborener in Israel (1Mose 49,4-7; 5Mose 10,8; 18,1; 4Mose 3,12). Doch im Reiche Gottes bekommt er sein Erbteil. Auch er ist im NT im Hebräerbrief genannt (Hebr 7,14). Barnabas war Mitarbeiter des Paulus aus dem Stamm Levi (Apg 4,36).
  • Isaschar und Sebulon, ebenfalls Söhne von Lea (1Mose 49,13-15; Jes 8,23; Mt 4,15).
  • Die Liste wird von Josef und Benjamin, den beiden Söhnen von Rahel, der Lieblingsfrau von Jakob abgeschlossen (1Mose 49,22-26;. 27). Josef, dessen Leben viele Parallelen zu Jesus aufweist und auch er ist im NT erwähnt (Apg 7,9-22). Benjamin an letzter Stelle in den meisten Listen. Doch auch im NT ist der Stamm Benjamin in der Person des Ap. Paulus erwähnt (Phil 3,5). So wird diese in der Offenbarung von Jesus festgelegte Reihenfolge von den Stämmen Juda und Benjamin flankiert. Beide Stämme hatten ihre Stammesgebiete nebeneinander, Jerusalem und der Zionsberg verbanden die beiden miteinander.

Bei genauerem Hinsehen stellen wir fest, dass zwei Stämme fehlen. Efraim,  der jüngere Sohn von Josef, wurde doch bei der Segnung durch Jakob seinem älterem Bruder Manasse vorgezogen (1Mose 48,18-19). Und warum fehlt er in der Liste in Offenbarung, was könnten die Gründe dafür sein? Ist es weil Gott gesagt hat: „Denn das Haupt von Aram ist Damaskus, und das Haupt von Damaskus ist Rezin – und in fünfundsechzig Jahren soll es mit Ephraim aus sein, dass sie nicht mehr ein Volk seien“ (Jes 7,8)? Lag es an Jerobeam, der als erster König des Nordreiches den Götzendienst eingeführt hatte (1Kön 11-14)? Doch bereits in der Richterzeit wurde in diesem Stamm der Götzendienst eingeführt (Richter 17). Aber auch der König Salomo hat zum Götzendienst in Israel beigetragen und dies hatte Auswirkungen auf den Stamm Ephraim (Neh 13,26; 1Kön 11,1ff).

Und warum fehlt der Stamm Dan, der Sohn von Bilha, Rahels Magd? Hat es damit zu tun, wie Rahel zu diesem Sohn kam, was ging dem voraus (1Mose 30,1ff)? Was bekam er von Jakob mit auf seinen Lebensweg? Jakob sagte seinem Sohn Dan  nichts Gutes voraus (1Mose 49,16-18). Als der Stamm Dan sein Erbteil ganz im Norden des Landes in Besitz nahm, führte er zeitgleich den Götzendienst ein und zwar lange vor der Reichsteilung (Richter 18,1-30). Dies bedeutet jedoch nicht, dass es in diesen beiden Stämmen niemand gab, der Gott die Treue gehalten hätte (2Mose 31,6; 35,34; Ri 13,2; 1Kön 18,4; Röm 11,4).

Doch wir erkennen, dass das Verhalten der Väter und Mütter Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen hatte. Sicher bezieht Gott alle diese menschlichen Schwachpunkte mit ein. Doch letztlich handelt er nicht nach Verdienst der Werke, sondern nach der Gnade dessen der beruft (2Tim 1,9). Unter diesen Gesichtspunkten kann die Stammesliste in Offb 7,4-8 gesehen werden. Sicher ist, dass die Versiegelten nicht nach menschlichen Kriterien (Fleisch und Blut) zu der auserwählten Schar gehören. Ebenso ist die Zahl nicht buchstäblich, sondern symbolisch zu deuten. Hatte doch Gott zu jeder Zeit seine 7000, welche ihre Knie nicht gebeugt hatten vor dem Baal. So klärt Gott den Propheten Elia darüber auf.

Und Paulus zitiert Gottes Worte in Röm 11,2-6: „Gott hat sein Volk nicht verstoßen, das er zuvor erwählt hat. Oder wisst ihr nicht, was die Schrift sagt von Elia, wie er vor Gott tritt gegen Israel und spricht (1. Könige 19,10): 3 »Herr, sie haben deine Propheten getötet, deine Altäre haben sie niedergerissen. Ich bin allein übrig geblieben, und sie trachten mir nach dem Leben«? 4 Aber was sagt ihm die göttliche Antwort? (1. Könige 19,18): »Ich habe mir übrig gelassen siebentausend Mann, die ihre Knie nicht gebeugt haben vor Baal.« 5 So geht es auch jetzt zu dieser Zeit: Ein Rest ist geblieben, der erwählt ist aus Gnade. 6 Ist’s aber aus Gnade, so ist’s nicht aufgrund von Werken; sonst wäre Gnade nicht Gnade.“

Schlussfolgerungen

  • Abraham ist Vater aller Glaubenden“ (Röm 4,1-17). Nach Röm 11,17-27 werden die Gläubigen aus den Nationen in den jüdischen Ölbaum eingepfropft und bilden am Ende zusammen mit den Gläubigen aus den Juden das ganze Israel (Röm 11,25-26). Vergleiche dazu auch Eph 2,11-21: „Christus hat aus zwei eins gemacht“; Eph 3,6: „ihr seid miteinverleibt und Teilhaber der Verheißung“; Gal 3,26-29: „da ist weder Jude noch Grieche …, sondern ihr seid einer in Christus. … Gehört ihr aber Christus an, so seid ihr ja Abrahams Nachkommen und nach der Verheißung Erben.“. Auch Petrus erinnert an Gottes Plan mit seinem Volk indem er aus 2Mose 19,6 zitiert: „Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, das heilige Volk, das Volk des Eigentums“ (1Petr 2,9). Denken wir daran, was Jesus in Johannes 10,16 gesagt hat: „Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden.“ Auf diese Weise wird erfüllt, was Gott durch seinen Messias verheißen hat (Jes 49,6: „er spricht: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern ich habe dich auch zum Licht der Völker gemacht, dass mein Heil reiche bis an die Enden der Erde.“ Und in Mt 8,10-12 sagt Jesus: „Als das Jesus hörte, wunderte er sich und sprach zu denen, die ihm nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch: Solchen Glauben habe ich in Israel bei keinem gefunden! 11 Aber ich sage euch: Viele werden kommen von Osten und von Westen und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen; 12 aber die Kinder des Reichs werden hinausgestoßen in die äußerste Finsternis; da wird sein Heulen und Zähneklappern.“
  • Das Bild in Offb 14,1-5 zeigt die gleiche Schar der Versiegelten, wie auch in Kap. 7,3-8. Hier aber bereits auf dem Berg Zion: „144000 auf dem Berg Zion, die erkauft sind von den Menschen oder von der Erde“). Demnach steht die Zahl 144000 für die Vollständigkeit und Vollzähligkeit der Erlösten aus Israel und allen Nationen. Denn wenn es ein Israel nach dem Fleisch gibt, dann gibt es auch ein Israel nach dem Geist und zu diesem zählen auch alle Glaubenden aus den Nationen (Gal 6,16; Röm 3-4; 11,25).
  • Schauen wir noch die Bilder an, welche diese Gemeinde in der Neuen Schöpfung aus Offb 21,10-17 zeigen.  Die Heilige Stadt, das neue Jerusalem ist die Braut des Lammes. Sie besitzt höchste Qualität und hat bestimmte Maße. In ihr sind sowohl die 12 Stämme Israels (Tore) als auch die 12 Apostel des Lammes (Grundsteine) integriert. (Eph 2,19-21; Hebr 11,14-16).

2.3.3 Die unzählbare Schar der Erlösten vor dem Thron Gottes und des Lammes

Johannes schreibt: „Nach diesem sah ich: Und siehe, eine große Volksmenge, die niemand zählen konnte, aus jeder Nation und aus Stämmen und Völkern und Sprachen, stand vor dem Thron und vor dem Lamm, bekleidet mit weißen Gewändern und Palmen in ihren Händen.“ (Offb 7,9).

Die einleitenden Worte: „Nach diesem sah ich“ sind uns bereits bekannt. Während die Versiegelung der Knechte Gottes hier auf Erden vollzogen wird, bekommt Johannes Einblick in den himmlischen Bereich und darf die erlöste Schar in ihrer Vollendung voraussehen. Diese Schar wird wie folgt beschrieben:

  1. Aufs allen Nationen, Stämmen, Völkern und Sprachen. Diese Auflistung ist typisch im Buch der Offenbarung, wenn auch die Reihenfolge variiert (Offb 5,9; 7,9; 11,9; 13,7; 17,15). Angedeutet ist es bereits im Alten Testament (1Mose 17,5; 22,18; Jes 49,6). Und es begann sich zu erfüllen zur Zeit der Apostel (Apg 15,17).
  2. Sie ist unzählbar, auch diese Beschreibung für das Volk Gottes ist bereits vorausgesagt worden (1Mose 15,5; 22,17-18; 26,4; 2Mose 32,13; 5Mose 10,22; Jes 40,26; Mt 8,11; Lk 13,29; Hebr 11,12).
  3. Sie standen (im Kreis) vor dem Thron und vor dem Lamm (vgl. auch mit Offb 14,1-5; 15,2-4).
  4. Sie waren bekleidet mit weißen Gewändern (Offb 7,13; dazu auch 3,4.18). Die Bedeutung dieser Bekleidung wird in Offb 19,8 mit „die Gerechtigkeit der Heiligen“ beschrieben (vgl. auch mit Jes 61,10; Röm 4,11ff; 5,1). 
  5. In ihren Händen hielten sie Palmzweige. Auch dieses Bild ist bekannt als Verzierung im Heiligtum (4Mose 33,9; 3Mose 33,40; 1Kön 6,29; Hes 41,18). Dass Jesus als der König Israels beim Einzug in Jerusalem ebenfalls mit Palmwedeln begrüßt wurde, erklärt zusätzlich die Freude der Erlösten über ihren König und Erlöser (Joh 12,13; 1Petr 1,8).

Was macht diese unzählbare Schar?

Und sie rufen mit lauter Stimme und sagen: Das Heil (die Rettung) ist bei unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm!“ Das ist das Bekenntnis der erlösten Schar, denn sie haben diese Rettung erlebt.

Danach stimmen die um den Thron stehenden Engel ihren Hymnus der Anbetung Gottes an. „Und alle Engel standen rings um den Thron und die Ältesten und die vier lebendigen Wesen, und sie fielen vor dem Thron auf ihre Angesichter und beteten Gott an und sagten: Amen Den Lobpreis und die Herrlichkeit und die Weisheit und die Danksagung und die Ehre und die Macht und die Stärke unserem Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit[ Amen.“ Diesen Hymnus mit seinen sieben Strophen sprechen die Engel in einer demütigen und ehrerbietenden Haltung aus.

  1. Die Lobpreisung, das gr. Wort `¢ eulogia`. Von Gott ausgesprochen ist es eine Segnung, von Menschen Gott zugerufen, ist es ein Lobpreis
  2. Die Herrlichkeit `¢ döxa` die Doxologie, eine konkrete Aussage oder Hymnus zur Verherrlichung Gottes.
  3. die Weisheit, `¢ sofia` Durch diesen Zuruf wird deutlich, dass wahrgenommen wird, wie Gott alles wunderbar durchdacht und geschaffen hat  
  4. die Danksagung, `¢ eucharistia`  Es ist ein Ausruf mit Bewunderung. Es ist eine Beschreibung oder Wertung, `die gute Gnadengabe`.
  5. die Ehre, `¢ tim¢`. Den Blick auf Gott gerichtet, das Gelingen, den Erfolg Gott zuschreiben.
  6. die Kraft,ὶ `¢  dynamis`.  In diesem Wort liegt Dynamik,die Kraft, das Vermögen, welches nicht versiegt, nicht erlahmt. das unbegrenzte Ausmaß der Möglichkeiten.
  7. die Stärke, `ischys`. die Festigkeit und Stabilität, die Gott unbegrenzt zur Verfügung steht.  

Alle sieben Attribute sind jeweils mit dem `und` verbunden und enden in der Zuordnung zu Gott. Er hat sie, er ist so und dies wird von den Engeln wahrgenommen und öffentlich anerkannt und ihm zugerufen (ähnlich auch in Kapitel 5,11-12). Welch eine himmlische Vorausschau für Johannes.

Doch nun wird er einbezogen mitzudenken durch die zwei Fragen eines der Ältesten. „Und einer von den Ältesten begann und sprach zu mir: Diese, die mit weißen Gewändern bekleidet sind – wer sind sie, und woher sind sie gekommen? Die Antwort des Johannes erstaunt einerseits, doch bereits vor ihm haben andere Propheten Engelboten auf diese Weise angeredet (Sach 1,9; Dan 10,19; 12,8). „Und ich sprach zu ihm: Mein Herr, du weißt es. Und er sprach zu mir: Diese sind es, die aus der großen Bedrängnis kommen, und sie haben ihre Gewänder gewaschen und sie weiß gemacht im Blut des Lammes.“

Was ist mit der großen Bedrängnis gemeint?

Der griechische Begriff `thlypseös`, wird in den deutschen Übersetzungen mit Trübsal, Drangsal oder Bedrängnis wiedergegeben. Es handelt sich dabei um Druck von außen, der ganz unterschiedliche Formen annehmen kann und in unterschiedlicher Intensität erlebt wird. Sehr viele Texte sprechen von Bedrängnis, doch für die Antwort auf unsere Frage suchen wir zunächst nach Texten, welche wörtlich und inhaltlich von großer Bedrängnis des Volkes Gottes sprechen.

  • In Daniel 12,1-2 wird gesagt: „Zu jener Zeit wird Michael auftreten, der große Engelfürst, der für dein Volk einsteht. Denn es wird eine Zeit so großer Trübsal sein, wie sie nie gewesen ist, seitdem es Völker gibt, bis zu jener Zeit. Aber zu jener Zeit wird dein Volk errettet werden, alle, die im Buch geschrieben stehen. 2 Und viele, die im Staub der Erde schlafen, werden aufwachen, die einen zum ewigen Leben, die andern zu ewiger Schmach und Schande.“ Aus dieser Prophezeiung geht hervor, dass die Generation, welche vor der allgemeinen Auferstehung noch hier auf Erden lebt durch diese große Bedrängnis hindurch gehen muss. Für diese hat diese Bedrängnis den Zweck der Prüfung, Reinigung  und Läuterung (Dan 12,10).
  • Und in Matthäus 24,21 lesen wir von Jesus: „Denn es wird dann eine große Bedrängnis sein, wie sie nicht gewesen ist vom Anfang der Welt bis jetzt und auch nicht wieder werden wird. 22 Und wenn jene Tage nicht verkürzt würden, so würde kein Mensch (kein Fleisch) gerettet werden; aber um der Auserwählten willen werden diese Tage verkürzt.“ Die Ähnlichkeit mit Daniel 12,1-2 scheint hier offensichtlich zu sein (so auch in Mk 13,19-24). Allerdings wird dort zunächst von der großen Bedrängnis gesagt, die im Zusammenhang der Zerstörung Jerusalems beschrieben wird. Lukas beschreibt dies mit „große Not und Zorn über dies Volk`“. Die Ergänzungen bei Lukas machen deutlich, dass diese große Bedrängnis sich zunächst auf die jüdischen Menschen in der Stadt Jerusalem aber auch auf das gesamte jüdische Volk bezieht. Dass Jesus diese Bedrängnis auch mit der Bedrängnis vor seinem Kommen verbindet ist auffällig: „Aber in jenen Tagen, nach jener Bedrängnis, wird die Sonne sich verfinstern und der Mond seinen Schein verlieren.“ (Mt 24,29). Doch Jesus scheint zu unterscheiden zwischen Bedrängnissen, welche seine Nachfolger in der Zwischenzeit treffen werden und der oben genannten großen Bedrängnis, welche über Israel gehen soll und am Ende der Zeit das gesamte Volk Gottes treffen wird.

Die große Bedrängnis  in Offenbarung 7,13 umfasst allerdings auch alle gläubigen aller Zeiten.

Nun schauen wir nach Texten, die von Bedrängnissen sprechen, welche Gottes Volk in der gesamten Zeit treffen werden:

  • Mt 5,10-11: “Glückselig die um Gerechtigkeit willen verfolgt werden“.
  • Mt 10,22: „Und ihr werdet von allen gehasst werden um meines Namens willen.“
  • Mt 24,9: „Dann werden sie euch in Bedrängnis überliefern und euch töten; und ihr werdet von allen Nationen gehasst werden um meines Namens willen.“ (Mk 13,13; Lk 21,12).
  • Joh 15,20-21: „Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen.“
  • Joh 16,2: „Sie werden euch aus der Synagoge ausschließen; es kommt sogar die Stunde, dass jeder, der euch tötet, meinen wird, Gott einen Dienst zu tun.“
  • Joh 16,33: „In der Welt habt ihr Bedrängnis, aber seid guten Mutes ich habe die Welt besiegt.“
  • Apg 8,1: „An jenem Tag entstand aber eine große Verfolgung gegen die Gemeinde in Jerusalem“ (dazu auch 11,19).
  • Röm 5,3: „Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch in den Bedrängnissen, da wir wissen, dass die Bedrängnis Ausharren bewirkt“ (dazu auch Röm 8,35; 12,12).
  •  2Kor 1,4: „der uns tröstet in all unserer Bedrängnis, damit wir die trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind.“ (2Kor 2,4; 4,17; 6,4).
  • 2Thes 1,4-5: „sodass wir selbst uns euer rühmen in den Gemeinden Gottes wegen eures Ausharrens und Glaubens in allen euren Verfolgungen und Bedrängnissen, die ihr erduldet; 5 ⟨sie sind⟩ ein Anzeichen des gerechten Gerichts Gottes, dass ihr des Reiches Gottes gewürdigt werdet.“
  •  Offb 1,9: „Ich, Johannes, euer Bruder und Mitteilhaber an der Bedrängnis und am Königtum und am Ausharren in Jesus, war auf der Insel, die Patmos genannt wird, um des Wortes Gottes und des Zeugnisses Jesu willen.“

Offb 2,10: „Fürchte dich nicht vor dem, was du leiden wirst! Siehe, der Teufel wird einige von euch ins Gefängnis werfen, damit ihr versucht werdet, und ihr werdet in Bedrängnis sein zehn Tage. Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir den Siegeskranz des Lebens geben.„ (dazu auch Offb 6,9-11; 12,11; 20,4-6).

Schlussfolgerung: Dies kann bedeuten, dass alle Gläubigen zu ihrer Zeit ein von Gott zugemessenes und begrenztes Maß an Bedrängnis erleiden werden. Die `große` Bedrängnis scheint demnach eine umfassende globale zu sein, welche am Ende der Weltzeit das gesamte noch lebende Volk Gottes treffen wird, ähnlich wie jene große Bedrängnis das gesamte jüdische Volk traf und sich über viele Jahrhunderte fortsetzte.

Sie haben ihre Gewänder hell gemacht im Blut des Lammes

Für diese Bekleidung steht im Griechischen das Wort `Stolas`  (Offb 6,11; 7,9.13.14; 22,14). Eine Stola ist ein langes Festgewand. Auffallend ist die Wirkung des Blutes, es macht weiß.

So schreibt Johannes in seinem ersten Brief: „Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander, und das Blut Jesu, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde.“ (1Joh 1,7). Weitere Stellen: Eph 2,13; Hebr 9,13-14; 10,19; 13,12; Offb 1,6; 1Petr 1,2. 

„Darum sind sie vor dem Thron Gottes und dienen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel“ Eigentlich gibt es dort keinen Tag / Nachtwechsel. Der Dienst wird ununterbrochen ausgeübt. „und der auf dem Thron sitzt, wird über ihnen wohnen (zelten). 16 Sie werden nicht mehr hungern, auch werden sie nicht mehr dürsten, noch wird die Sonne auf sie fallen noch irgendeine Glut; 17 denn das Lamm, das in der Mitte des Thrones ist, wird sie hüten und sie leiten zu Wasserquellen des Lebens, und Gott wird jede Träne von ihren Augen abwischen.“

Was erwartet dort die Überwinder und was gibt es dort nicht mehr?

  • Tränen: Jes 25,8: „Er wird den Tod verschlingen auf ewig. Und Gott der HERR wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen und wird aufheben die Schmach seines Volks in allen Landen; denn der HERR hat’s gesagt“ (dazu auch Ps 126,5; Jes 25,8; Lk 7,38; Apg 20,19; Hebr 5,7).
  • Wasserquellen: Jes 49,10: „Sie werden weder hungern noch dürsten, sie wird weder Hitze noch Sonne stechen; denn ihr Erbarmer wird sie führen und sie an die Wasserquellen leiten.“ (Ps 23,1ff; Offb 21,6; 22,1.17).
  • Manna: „Unsre Väter haben Manna gegessen in der Wüste, wie geschrieben steht (Psalm 78,24): »Brot vom Himmel gab er ihnen zu essen.« Joh 6,32: „Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel.“ (Ps 17,15; Offb 2,17).
  • Keine Hitze: Jes 49,10: „Sie werden weder hungern noch dürsten, sie wird weder Hitze noch Sonne stechen; denn ihr Erbarmer wird sie führen und sie an die Wasserquellen leiten.“ Jes 35,10: „Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen.“  (dazu auch Jes 4,6; Jer 17,8).

Welch eine Ermutigung für die bedrängte Gemeinde hier auf Erden!                                          Damit schließt der zweite Teil dieser Bibelstudie über die Offenbarung.                                      Der folgende dritte Teil erstreckt sich von Kapitel 8,1-11,19.

Aktualisiert am 01. Juli 24

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Christ und Karriere – geht das?

Ja, das geht, aber! Hör dir das Video an und du wirst feststellen, was die Bibel dazu zu sagen hat.

Die Prinzipien:

 

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Wer ist der FELS – Petrus oder Jesus?

Abbildung 1 Felsmassiv in Petra der sogenannten Felsenstadt im heutigen Südwestjordanien (Foto: 5.11. 2014).

Einleitung

Diese Fragestellung ergibt sich aus der nicht leicht verständlichen Aussage von Jesus in Matthäus 16,18: „Aber auch ich sage dir: Du bist Petrus, und auf diesem Felsen werde ich meine Gemeinde bauen, und des Hades Pforten werden sie nicht überwältigen.“ Diese Aussage steht in einem bestimmten Zusammenhang. Jesus befindet sich mit seinen Jüngern in der Gegend von Cäsarea Philippi. So lesen wir in Matthäus 16,13-20:

„Als aber Jesus in die Gegenden von Cäsarea Philippi gekommen war, fragte er seine Jünger und sprach: Was sagen die Menschen, wer der Sohn des Menschen ist? Sie aber sagten: Einige: Johannes der Täufer; andere aber: Elia; und andere wieder: Jeremia oder einer der Propheten. Er spricht zu ihnen: Ihr aber, was sagt ihr, wer ich bin? Simon Petrus aber antwortete und sprach: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Glückselig bist du, Simon, Bar Jona; denn Fleisch und Blut haben es dir nicht offenbart, sondern mein Vater, der in den Himmeln ist. Aber auch ich sage dir: Du bist Petrus, und auf diesem Felsen werde ich meine Gemeinde bauen, und des Hades Pforten werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Reiches der Himmel geben; und was immer du auf der Erde binden wirst, wird in den Himmeln gebunden sein, und was immer du auf der Erde lösen wirst, wird in den Himmeln gelöst sein. Dann gebot er den Jüngern, dass sie niemand sagten, dass er der Christus sei.“

Es gibt grundsätzlich zwei Erklärungen dazu mit den entsprechenden Auswirkungen. Die eine, welche sich im Laufe der Kirchengeschichte für viele Jahrhunderte (besonders in der Westkirche) durchgesetzt hatte, ist die, dass Petrus der von Jesus genannte Fels wäre, auf dem die Gemeinde aufgebaut wird. Die zweite Deutung ist, dass Jesus auf den Inhalt des Petrusbekenntnisses Bezug genommen hat und damit (wenn auch nur indirekt) auf sich selbst. Er ist der Fels auf dem er seine Gemeinde aufbauen wird. Petrus (zusammen mit den anderen Aposteln) ist in diesen Bau an einer bestimmten Stelle eingefügt und mitbeteiligt.

1. Die Bedeutung des Begriffes Fels

Im Hebräischen: „Die beiden Wörter צוּר ṣûr und סֶלַע sæla‘, die in der Hebräischen Bibel 74- bzw. 56-mal vorkommen, bedeuten „Fels“ im Sinne von Felsmassiv, Felsblock und Felsgestein (vgl. צר ṣor „Kiesel / Steinmesser“). חַלָּמִישׁ challāmîš (5-mal), meint einen Kiesel oder harten Stein. Schließlich bedeutet auch כֵּף kef (2-mal) „Fels“. (Fels – Lexikon :: bibelwissenschaft.de).

Im Griechischen heißt der Fels `η πετρά – ¢ petra (Fem.)`, der Stein `ο λιθος – lithos`. Geologisch besteht der Fels aus Gestein, aber nicht jeder Stein ist gleich Fels. Mit Fels wird in der Regel ein Steinmassiv beschrieben, auch Felsmassiv genannt. Es ist ein Sinnbild für Unverrückbarkeit. So könnte man sagen: „Hart wie ein Stein und unverrückbar wie ein Fels“. Doch wie wir sehen werden, können diese Begriffe gelegentlich auch als Synonyme gebraucht werden.

2. Woher kommt der Name Petrus?

Im neutestamentlichen Kontext ist dieser Name einmalig. Er wurde von Jesus selbst dem Simon, (Bruder des Andreas) bereits bei der ersten Begegnung am Jordan, gegeben. So schreibt der Evangelist Johannes: „Und er (Andreas) führte ihn zu Jesus. Als Jesus ihn sah, sprach er: Du bist Simon, der Sohn des Johannes; du sollst Kephas heißen, das heißt übersetzt: Petros (Fels).“ Das hebräische Wort Kef (Fels) bekommt die Endung `as` und wird so zu dem Beinamen `Kefas, oder Kephas` für Simon. Johannes, der seinen Bericht in Griechisch schrieb, fügt ebenfalls dem griechischen `petra` (Fem.) die männliche Endung `os` hinzu. Petrus ist somit die Übertragung (nicht Übersetzung) des griechischen Namens `Petros` in die lateinische Sprache. Äußerlich betrachtet hört sich `i petra` und `o petros` an wie ein Wortspiel, doch Jesus legt in den Beinamen für Simon einen tiefen Inhalt hinein. Von Natur aus ist Simon eher wankelmütig, mal oben, mal unten, mal hoch begeistert, mal tief frustriert. Doch Jesus macht aus ihm etwas, was ihm von Natur aus nicht eigen war. So sagte Jesus zu ihm: „Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du einst zurückgekehrt bist, so stärke deine Brüder!“ (Lk 22,32). Dies tat Petrus auch in seinem Lebensdienst an seinen Brüdern. Auffallend ist auch, dass er als Person in den Schriften des Neuen Testamentes mehr als 180 Mal genannt wird. Seitdem ist dieser Eigenname in vielen Kulturen verbreitet, sowohl unter Männern als auch unter Frauen.

3. Fels – im Alten Testament bezogen auf Gott den Herrn

Es ist erstaunlich, wie oft und wie eindeutig `Fels`  auf Gott den Herrn bezogen wird. Hier einige Beispiele:

  • Im Zusammenhang der Segnungen, mit denen Jakob seine 12 Söhne segnete, fällt besonders der Segen für Josef auf (1 Mose 49,22-26). So heißt es in Vers 24: „so bleibt doch sein Bogen fest und seine Arme und Hände stark durch den Mächtigen in Jakob. Von dort kommt der Hirte, der Fels Israels.“ Gott ist der Fels Israels. Denn er hat seine Treue dem Josef gehalten.
  • Und Mose bezeugt von Gott in 5 Mose 32,4: „Er ist der Fels. Seine Werke sind vollkommen; denn alle seine Wege sind recht. Treu ist Gott und kein Böses an ihm,“ Ein Fels steht für Stärke, Stabilität und Treue, Zuverlässigkeit.
  • Und Mose sagt prophetisch voraus, dass Israel seinen Gott gering schätzen wird. So lesen wir in 5 Mose 32,15: „Als aber Jeschurun fett ward, wurde er übermütig. Er ist fett und dick und feist geworden und hat den Gott verworfen, der ihn gemacht hat. Er hat den Fels seines Heils gering geachtet.
  • In Psalm 18,3 listet David bildhaft verschiedene Eigenschaften Gottes auf: „HERR, mein Fels, meine Burg, mein Erretter; mein Gott, mein Hort, auf den ich traue, mein Schild und Horn meines Heils und mein Schutz!
  • In Psalm 31,4 begründet David seine Zuversicht zu Gott mit den Worten: „Denn du bist mein Fels und meine Burg, und um deines Namens willen wollest du mich leiten und führen.“
  • In Psalm 62,3 steht: „Denn er ist mein Fels, meine Hilfe, mein Schutz, dass ich gewiss nicht wanken werde.“                                                                               Psalm 62,8: „Bei Gott ist mein Heil und meine Ehre, / der Fels meiner Stärke, meine Zuversicht ist bei Gott.
  • In Psalm 92,16 wird aufgefordert „das sie verkündigen, dass der HERR gerecht ist; er ist mein Fels und kein Unrecht ist an ihm.
  • Auch der Prophet Habakuk stellt hoffnungsvoll die Frage: „Aber du, HERR, bist du nicht mein Gott, mein Heiliger, von Ewigkeit her? Lass uns nicht sterben; sondern lass sie uns, o HERR, nur eine Strafe sein, und lass sie, o unser Fels, uns nur züchtigen.“ (Hab 1,12).

Damit wird Gott der Herr allgemein und konkret  oft mit dem Felsen verglichen. Eigenschaften wie: Stabilität, Zuverlässigkeit, Treue, Unwandelbarkeit, Festigkeit, Unverrückbarkeit kommen dadurch zum Ausdruck. Auf Ihn ist Verlass, auf Ihn kann man bauen, bei Ihm kann man sich bergen.

4. Fels – bereits im Alten Testament bezogen auf den Messias

Was Gott dem Vater eigen ist, wird auch im Sohn erkennbar. Der Messias wird zum Felsen der Entscheidung. Folgende Texte aus dem Alten Testament werden auf Ihn, den Christus bezogen.

  • In Jesaja 8,14-15 wird von dem Messias gesagt: „Und er wird ein Heiligtum sein und ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses für die beiden Häuser Israel, ein Fallstrick und eine Schlinge für die Bewohner Jerusalems, dass viele von ihnen sich daran stoßen, fallen, zerschmettern, verstrickt und gefangen werden.“ Der Ap. Paulus sieht diese Aussagen erfüllt durch den Dienst von Jesus (Röm.9,33). Er zitiert: „wie geschrieben steht (Jesaja 8,14; 28,16): „Siehe, ich lege in Zion einen Stein des Anstoßes und einen Fels des Ärgernisses; und wer an ihn glaubt, der soll nicht zuschanden werden.“
  • Auch Jesus selbst bezieht Psalm 118,22-23 in der Diskussion mit den Schriftgelehrten und Pharisäern eindeutig auf sich: „Jesus sprach zu ihnen: Habt ihr nie gelesen in der Schrift (Psalm 118,22-23): »Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden. Vom Herrn ist das geschehen, und er ist ein Wunder vor unsern Augen«?“ (Mt 21,42; vgl. Mk 12,10). Und er kündigt die Folgen an für die, welche diesen Stein verwerfen werden, bzw. sich gegen diesen auflehnen werden. „Und wer auf diesen Stein fällt, der wird zerschellen; auf wen aber er fällt, den wird er zermalmen.“ (Mt 21,44).

In 2 Mose 17,6 wird uns von einer wunderbaren Versorgung Israels mit Wasser berichtet. Da sagte Gott zu Mose: „Siehe, ich will dort vor dir stehen auf dem Fels am Horeb. Da sollst du an den Fels schlagen, so wird Wasser herauslaufen, dass das Volk trinke. Und Mose tat so vor den Augen der Ältesten von Israel.“ Die Versorgung des Volkes Israel in der Wüste mit Wasser, wäre für uns nur eine Geschichte über einen wunderbaren Eingriff Gottes zur Rettung seines Volkes, wenn der Ap. Paulus in ihr nicht  eine  tiefere geistliche Bedeutung sehen würde. So schreibt er in 1Kor 10,4: „und haben alle denselben geistlichen Trank getrunken; denn sie tranken von dem geistlichen Felsen, der ihnen folgte; der Fels aber war Christus.“ (vgl. auch 4Mose 20,8+10-11; Jes 48,21).

Jesus selbst weißt auf sich als den Felsen hin, wenn auch indirekt, so sagt er: : „Darum, wer diese meine Rede hört und tut sie, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf Fels baute. Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, fiel es doch nicht ein; denn es war auf Fels gegründet.“ (Mt 7,24-25). Bereits hier ist die Zuordnung des Felsens auf Christus eindeutig.

Doch lassen wir noch mal Petrus selbst zu Wort kommen, wenn er die Prophetie aus Jesaja 14 und 28 in Verbindung mit Psalm 118,22-23 auf Christus bezieht. So schreibt er in seinem ersten Brief:

Zu ihm kommt als zu dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen ist, aber bei Gott auserwählt und kostbar. Und auch ihr als lebendige Steine erbaut euch zum geistlichen Hause und zur heiligen Priesterschaft, zu opfern geistliche Opfer, die Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus. Darum steht in der Schrift (Jesaja 28,16): »Siehe, ich lege in Zion einen auserwählten, kostbaren Eckstein; und wer an ihn glaubt, der soll nicht zuschanden werden.« Für euch nun, die ihr glaubt, ist er kostbar. Für die aber, die nicht glauben, ist er »der Stein, den die Bauleute verworfen haben; der ist zum Eckstein geworden« (Psalm 118,22) und »ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses« (Jesaja 8,14). Sie stoßen sich an ihm, weil sie nicht an das Wort glauben, wozu sie auch bestimmt sind.(1Petr 2,4-8).

Damit wird klar: Der von den Bauleuten verworfene Stein ist in der Person von Jesus als dem verworfenen Messias zu sehen. Für die Glaubenden ist er zum Fels des Heils, der Rettung und Auferstehung, für die Ungläubigen zum Ärgernis und Fall geworden ( Lk 2,34; Röm 9-11).

5. Auf den Grund der Apostel und Propheten, bei dem Jesus der Eckstein ist

Zunächst schreibt der Ap. Paulus in 1Kor 3,10-11: „Nach Gottes Gnade, die mir gegeben ist, habe ich den Grund gelegt als ein weiser Baumeister; ein anderer baut darauf. Ein jeder aber sehe zu, wie er darauf baut. Einen andern Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“ Paulus bezeichnet sich als einen weisen Baumeister (gr. ἀρχιτέκτων –  architektön), der durch das Evangelium den Grund (θεμέλιον – themelion) gelegt hat. Dieser Grund oder Fundament ist Jesus Christus. Doch derselbe Apostel schreibt in Eph 2,19-21: „So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen, erbaut auf den Grund (themeliö) der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein (gr. ἀκρογωνιαίου – akrögoniou) ist, auf welchem der ganze Bau ineinandergefügt wächst zu einem heiligen Tempel in dem Herrn. Durch ihn werdet auch ihr mit erbaut zu einer Wohnung Gottes im Geist.“  Damit bilden die Apostel und Propheten  zusammen mit Christus die unterste Schicht – das Fundament (Apg 2,42; Offb 21,14).

Die Gläubigen sind mit Steinen verglichen und zwar mit lebendigen Steinen (vgl. auch  Lk 3,8; 1Petr 2,3ff).

 

6. Schlussfolgerung

Von keinem Autor des NT wird Petrus Fels genannt, er selbst nennt sich auch nicht so. Das er vom Herrn besondere Verantwortung für seine Mitjünger und die erste Gemeindegeneration übertragen bekam, ist unstrittig (Lk 22,32;Joh 21,1; Gal 2,9 ), doch diese Verantwortung endete mit seinem Tod. Das Petrus und  die anderen Apostel weitere Mitarbeiter berufen haben, ist ebenso bekannt, doch gibt es im NT keinen Hinweis dafür, dass das Apostelamt an die nächste Generation von Leitern übertragen worden wäre.

Die Folgen der Fehlinterpretation von Mt 16,18 sind offensichtlich verheerend für eine gesunde Entfaltung der Gemeinde. Es erstaunt, wie sich jene Lehrauffassung hartnäckig halten konnte.  „So spricht der HERR: Verflucht ist der Mann, der sich auf Menschen verlässt und hält Fleisch für seinen Arm und weicht mit seinem Herzen vom HERRN.“ (Jer 17,5). Bewahre uns Gott, auf Menschen oder Institutionen zu bauen.

Es gibt eine logische Unterscheidung zwischen einem Felsen und dem Haus, das darauf gebaut wird. Jesus ist der Fels auf den das Haus Gottes, die Gemeinde aufgebaut wird. Und er ist auch das Fundament des Hauses, bzw. der Grund- und Eckstein dieses Hauses.

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13. Kapitel: Die Erhöhung von Jesus Christus

  1. Kapitel: Die Erhöhung von Jesus Christus. 1

12.1 Die Erhöhung des Christus wurde vorausgesagt

Die Himmelfahrt ist die letzte Etappe im Werk Christi, das mit der Menschwerdung, also mit dem Verlassen des Himmels begonnen hatte und mit dem sich setzen zur Rechten der Majestät in den Himmeln, abgeschlossen war. Das Ereignis der Himmelfahrt ist durch Augenzeugen bestätigt und in zahlreichen Texten des Neuen Testamentes überliefert worden. In den Schriften des Alten Testamentes ist die Erhöhung des Christus vorhergesagt worden. Neben der Prophetie aus Daniel 7, 13-14 ist die  in Psalm 110,1 wohl die bekannteste: „Der HERR sprach zu meinem Herrn: »Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache«. (vgl. Mt 22,42-44). Im Gespräch mit dem Pharisäer Nikodemus sagte Jesus von sich: „Und niemand ist gen Himmel aufgefahren (anabebhken anabeb¢ken) außer dem, der vom Himmel herabgekommen ist, nämlich der Menschensohn.“ (Joh 3,13). Jesus kam vom Vater und ging wieder zu ihm zurück. Er sprach am Vorabend seines Todes von der Vollendung des Werkes auf der Erde, welches der Vater ihm gegeben hatte, damit er es tue, so lesen wir in Johannes 17,4: „Ich habe dich verherrlicht auf Erden und das Werk vollendet, das du mir gegeben hast, damit ich es tue.“ Er ist vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen und nun verlässt er wieder diese Welt und geht zurück zum Vater (Joh 16.28).

Nach seiner Auferstehung am ersten Tag der Woche, begegnete Jesus der Maria aus Magdala und beauftragte sie seinen Jüngern zu sagen: „Ich fahre auf (anabainw anabainö – steige auf) zu meinem Vater und eurem Vater und meinem Gott und eurem Gott.“ (Joh 20,17). Doch blieb Jesus noch 40 Tage bei seinen Jüngern und erschien ihnen immer wieder an verschiedenen Orten und unter unterschiedlichen Umständen (Apg 1,3-8; Joh 20,1-21,25; Lk 24,1-51; Mt 28,1-20; Mk 16,1-8; 1Kor 15,3ff). Diese Zeit war ausgefüllt mit lehren über das Reich Gottes. Die letzten Anordnungen von Jesus an seine Jünger finden wir aufgeschrieben in Apostelgeschichte 1,4-8; Lukas 24,46-49; Matthäus 28,18-20.

Das für die Jünger sichtbare Ereignis der Himmelfahrt von Jesus ist nur von Lukas festgehalten worden (Lk 24,50-51; Apg 1,9-11). Doch bergen diese Texte in sich wichtige Details, welche wir der Reihe nach betrachten wollen.

 

 

12.2  Der Ort, von wo aus Jesus in den Himmel zurückging

 

Wenn wir dem Text des Matthäus folgen, könnte der Eindruck entstehen, dass Jesus von einem bestimmten Berg in Galiläa in den Himmel gegangen ist (Mt 28,7.10.16). Doch dieser Text sagt nichts aus über die Himmelfahrt von Jesus. Der Berg in Galiläa kann eher der Ort gewesen sein, wo mehr als 500 Brüder den Herrn gleichzeitig sahen (1Kor 15,6). Der historisch interessierte Ev. Lukas, gibt als Ortsangabe für die Himmelfahrt einmal

  • die Nähe zu Betanien an (Lk 24,50 – „Er führte sie aber hinaus bis nach Betanien“) und zum anderen
  • die Nähe zu Jerusalem („Da kehrten sie nach Jerusalem zurück von dem Berg, der heißt Ölberg und liegt nahe bei Jerusalem, einen Sabbatweg entfernt.“ Apg 1,12).

Der Ölberg oder genauer `Berg der Ölbäume` (etwa 816 Meter hoch) liegt zwischen Jerusalem im Westen und Betanien im Osten. Am Westhang des Ölbergs hat sich Jesus oft in einem Garten aufgehalten, der Gethsemane genannt wurde. Und nun wählt er diesen Berg, der etwa 60 Meter höher ist als der Tempelberg, um von dort aus in den Himmel zu seinem Vater zurückzukehren. Im Leben und dem Dienst von Jesus gibt es nichts Zufälliges, auch der Ort des Verlassens dieser Erde (dieser Welt) ist bewusst gewählt worden. Die vier wichtigsten Geschehnisse im Leben von Jesus ergeben ein geographisches Dreieck:

  • Bethlehem: Nur acht Kilometer südlich vom Tempel in Jerusalem ist Jesus geboren worden.
  • Golgatha: ca. ein bis zwei Kilometer nordwestlich des Tempels und zwar außerhalb der damaligen Stadtmauer ist Jesus gestorben, begraben worden und glorreich auferstanden aus den Toten.
  • Ölberg/Betanien: Und nur etwa 2-3 Kilometer östlich des Tempels verließ er diese Welt/Erde, um zu seinem Vater in den Himmel zurückzukehren.

Und all das geschah außerhalb der Heiligen Stadt Jerusalem!

Im Jahre 1910 wurde auf dem Ölberg die so genannte Himmelfahrtskirche eingeweiht, die mit ihrem hohen Glockenturm von weitem sichtbar ist und erinnert die Bewohner der Stadt, sowie die Pilger heute noch an die Erhöhung des Christus.

 

 

12.3 Die Begriffe mit denen die Erhöhung von Jesus beschrieben wird

Es gibt zahlreiche Texte, welche die Erhöhung Christi in den Himmel erwähnen und beschreiben. Dabei stellen wir fest, dass dieses Ereignis durch verschiedene Begriffe beschrieben wird. Diese Begriffe wollen wir in diesem Abschnitt in ihrem jeweiligen Textzusammenhang der Reihe nach kennenlernen.

  • Bereits in seinen Abschiedsreden machte Jesus deutlich, dass er zum Vater zurückgehen werde. So sagte er seinen Jüngern: „Ihr habt gehört, dass ich euch gesagt habe: Ich gehe hin (upagw ypagö) und komme wieder zu euch. Hättet ihr mich lieb, so würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe (pareuomai pareuomai); denn der Vater ist größer als ich.“ (Joh 14,28). Aus diesem Text ist noch nicht erkennbar, wie, auf welche Weise Jesus zu seinem Vater zurückgehen wird.
  • Nach seiner Auferstehung beauftragte der auferstandene Jesus Maria aus Magdala mit den Worten: „Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren (anabebhka anabeb¢ka) zum Vater.  Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf (anabainw anawainö – ich steige auf) zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.“ (Joh 20,17). Jesus steigt aus eigener Kraft/Vollmacht auf in den Himmel.
  • Zum Ende seiner letzten Anweisungen auf dem Ölberg breitete er seine Hände über seine Jünger aus um sie zu segnen. „Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen (diesth diest¢ – er entfernte sich, er trennte sich) und fuhr auf (anefereto anefereto – hinaufgetragen, emporgehoben, hinaufgebracht, hinaufgeführt) gen Himmel.“ (Lk 24,51). Es gab also einen Augenblick in dem er für die Jünger sichtbar und buchstäblich von der Erde abhob. Er verschwand also nicht plötzlich vor ihren Augen, bzw. wurde nicht plötzlich unsichtbar vor ihnen, wie es zum Beispiel im Falle der Emmausjünger geschah. Dort wird der griechische Begriff `afantoj egeneto afantos egeneto – er wurde unsichtbar` verwendet.
  • Und als er das gesagt hatte, wurde er zusehends aufgehoben (epirqh epirth¢ – er wurde emporgehoben).“ (Apg 1,9). Durch dieses Verb in der Passivform wird die Kraftwirkung des Vaters unterstrichen, ähnlich wie auch bei der Auferstehung von Jesus – „er wurde auferweckt“, eben durch seinen Vater. (Apg 2,24; 3,15; 4,10).
  • Lukas schreibt in der Einleitung zur Apostelgeschichte von dem Wirken Jesu in Tat und Wort: „(…) bis zu dem Tag, an dem er aufgenommen wurde (anelhmfqh anel¢mft¢)). Apg 1,2). Auch hier wirkt der Vater beim Aufnehmen seines geliebten Sohnes. Was für ein Augenblick für den Vater im Himmel ! Was für ein Jubeln der Engel in den Himmeln !
  • Die Blicke der Jünger sind nach oben gerichtet: „Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr“ – pareuomenon pareuomenon – hinging, wegging. (Apg 1,10). Sie konnten sein Emporsteigen eine bestimmte Zeit sichtbar mitverfolgen.
  • Auch die beiden himmlischen Boten sprechen von der Kraftwirkung Gottes des Vaters: „Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde (analhmfqeij anal¢mfteis).“ Apg 1,11.
  • Petrus erinnert Jahre später an dieses erstaunliche Ereignis der Erhöhung von Jesus in seinem Brief an die Gläubigen in der Zerstreuung: „(…) welcher ist zur Rechten Gottes, aufgefahren (pareuqeij pareutheis – hingegangen) gen Himmel.“ (1Petr 3,22).

Ein Begriff reichte also nicht aus, um dieses gewaltige Geschehen der Himmelfahrt von Jesus zu beschreiben.

  1. Ich gehe hin (upagw ypagö)
  2. dass ich zum Vater gehe (pareuomai pareuomai)
  3. aufgefahren (anabebhka anawew¢ka) zum Vater.
  4. Ich fahre auf (anabainw anawainö – ich steige auf) zu meinem Vater.
  5. schied er von ihnen (diesth diest¢ – er entfernte sich, er trennte sich)
  6. und fuhr auf (anefereto anefereto – hinaufgetragen, emporgehoben, hinaufgebracht, hinaufgeführt).
  7. aufgehoben (epirqh epirth¢ – er wurde emporgehoben).
  8. er aufgenommen wurde (anelhmfqh anel¢mft¢)).
  9. er gen Himmel fuhr“ – pareuomenon pareuomenon – hinging, wegging.
  10.  aufgefahren (pareuqeij pareutheis – hingegangen).

Die Jünger sind Augenzeugen eines Ereignisses, welches weit über das hinausging, was ihnen aus dem Alten Testament bekannt war – die Aufnahme des Elia oder des Henoch,

 

 

12.4 Begleiterscheinungen bei der Himmelfahrt von Jesus

Der Ev. Lukas schreibt:

(…) und eine Wolke (νεφελη – nefele) nahm ihn auf  vor ihren Augen weg. Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern. Die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen. (Apg 1,9-11).

Gott verwendet immer wieder die gleichen Elemente, in diesem Fall die Wolke, ähnlich auch bei der Verklärung auf einem hohen Berg, oder die Wolkensäule in der Wüste. Es ist ein Bergen und auch Verbergen des Göttlichen, Herrlichen, eine Begrenzung des Einblicks für den Menschen in die göttliche Sphäre. Die beiden Männer in weißen Gewändern sind himmlische Boten. Engel sind dienstbare Geister (Hebr 1,14), die aber bei ihrer Erscheinung immer in männlicher Gestalt auftreten. Ihr Auftrag besteht aus zwei Teilen:

Erstens wollen sie die Blickrichtung der Jünger ändern „was seht ihr gen Himmel?“ Der Auftrag ihres Meisters ist erfüllt, der ihre wird erst beginnen. Sie müssen zurück nach Jerusalem.

Zweitens kündigen die Boten die Wiederkunft von Jesus an: „dieser ‚Jesus wird wiederkommen“ und zwar `so` (ουτος – outos – auf diese Weise, auf eine Weise) wie ihr ihn habt gesehen gen Himmel fahren.“

Hat nicht schon Jesus selbst ähnliche Voraussagen gemacht? Im Rahmen der Antworten auf die Fragen seiner Jünger spricht Jesus von seinem Wiederkommen: „Und dann wird erscheinen das Zeichen des Menschensohns am Himmel. Und dann werden wehklagen alle Geschlechter auf Erden und werden sehen den Menschensohn kommen auf den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit.“ (Mt 24,30). Und auf die Frage des Hohenpriesters Kaiphas: „Bist du der Christus der Sohn des Hochgelobten antwortet Jesus: „Ich bin’s; und ihr werdet sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen mit den Wolken des Himmels.“ (Mk 14,62; vgl. Mk 13,26; auch Dan 7,13-14). Damit alle Geschlechter der Erde Ihn sehen können, werden sie alle zuerst auferweckt werden (Joh 5,28-30).

Auch der Ap. Paulus sagt in 1Thessalonicher 4,17 voraus: „Danach werden wir, die wir leben und übrig bleiben, zugleich mit ihnen (den Auferweckten Gläubigen) entrückt werden auf den Wolken in die Luft, dem Herrn entgegen; und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit.“ Die Aussage des Apostels macht auch deutlich, dass die Begegnung mit dem Herrn in den Wolken des Himmels, also in der Luft stattfinden wird. Das heißt, dass Jesus, um seine Gemeinde abzuholen, nicht mehr auf die Erde (Ölberg) herabkommt wird, sondern sie in der Luft in Empfang nehmen wird.

Ja, Jesus kommt wieder und zwar auf ähnliche Weise wie er von hier gegangen ist.

  • Er kommt als der Menschensohn,
  • Er kommt sichtbar und erkennbar für alle,
  • Er kommt mit oder in den Wolken des Himmels,
  • Er kommt in Begleitung der Engel.

Die Jünger waren so überwältigt von dem was sie sahen, hörten und erlebten, dass es sie in die Anbetung zog, die Anbetung ihres Meisters, den sie als Gottes Sohn und ihren Herrn anerkannten. „Sie aber beteten ihn an (proskunhsantej auton proskyn¢santes auton – kniefällig anbeten) und kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude und waren allezeit im Tempel und priesen Gott.“ (Lk 24,52-53).

 

12.5 Jesus zur Rechten des Vaters – das ist eine Tatsache

 

Die Erhöhung von Jesus zur Rechten des Vaters, ist die letzte Wegstrecke im Heilswerk Christi. Die Himmelfahrt selbst dauerte vielleicht nur wenige Minuten, doch das sich setzen zur Rechten des Vaters hat bis heute gewaltige Auswirkungen.

Die folgenden Textaussagen machen einiges deutlich. Beginnen wir mit der Voraussage des Heiligen Geistes durch den König David aus Psalm 110,1: „Ein Psalm Davids.“ Der HERR sprach zu meinem Herrn: / »Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache.« Und damit kein Zweifel entsteht, wem nun diese Aufforderung gilt, hören wir uns die Auslegung von Jesus selbst und seinen Aposteln an. Zum Ende seines Dienstes, bereits in Jerusalem, fragt Jesus die versammelten Pharisäer:

Was denkt ihr von dem Christus? Wessen Sohn ist er?Sie antworteten: Davids. Da fragte er sie: Wie kann ihn dann David durch den Geist Herr nennen, wenn er sagt (Psalm 110,1): »Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde unter deine Füße lege«? Wenn nun David ihn Herr nennt, wie ist er dann sein Sohn? Und niemand konnte ihm ein Wort antworten. (Mt 22,42-46).

Welche Vollmacht in der Auslegung des Wortes der Prophetie aus dem Alten Testament! So weit dachten die Schriftgelehrten aus der Pharisäerpartei wohl doch nicht. Folgendes wird hier deutlich:

  • Der Christus/Messias ist auch Herr (hebr. adonai, gr. kyrios). Dass mit diesem Begriff sowohl im hebräischen als auch im griechischen Sprachgebrauch allgemein auch geachtete Männer angeredet wurden, ändert nichts an der Tatsache, dass Jesus (wenn auch nur indirekt) mit diesem Titel seine Gottessohnschaft hervorhebt.
  • Wenn der Christus nicht Davids Sohn ist, dann ist er Sohn Gottes, denn im zweiten Psalm sagt Gott vom Messias: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt (γεγεννηκα σε – dich gezeugt, auferweckt).“ (Apg 13,33-37; Kol 1,18) Jesus ist nicht der Geschaffene durch oder mittels des Wortes Gottes, sondern er ist das Wort Gottes selbst, das von Gott ausgeht. (Joh 1,1-2; Kol 1,15).

Diese Stelle muß dem Hohenpriester bekannt gewesen sein, denn: „Da fragte ihn der Hohepriester abermals und sprach zu ihm: Bist du der Christus, der Sohn des Hochgelobten? Jesus aber sprach: Ich bin’s; und ihr werdet sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen mit den Wolken des Himmels.“ (Mk 14,61-62; vgl. Dan 7,13-14).

  • Jesus ist der Christus,
  • Jesus ist der Sohn Gottes,
  • Jesus ist zur Rechten der Kraft (Gottes),
  • Von dort wird er wiederkommen.

In seiner Pfingstbotschaft bezeugt Petrus die Erhöhung des Christus mit dem gleichen Psalmwort und folgt damit der Auslegung seines Meisters: „Da er nun durch die rechte Hand Gottes erhöht ist (υψωθεις – ypsotheis) und empfangen hat den verheißenen Heiligen Geist vom Vater, hat er diesen ausgegossen, wie ihr hier seht und hört, Denn David ist nicht gen Himmel gefahren; sondern er sagt selbst (Psalm 110,1): »Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache.« So wisse nun das ganze Haus Israel gewiss, dass Gott diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zum Herrn und Christus gemacht hat.“ (Apg 2,33-36).

Zum Abschluß der Geschichtspredigt vor dem Hohen Rat sieht Stefanus in einer besonderen Vision Jesus als den erhöhten Herrn und ruft voller Begeisterung aus: „Siehe, ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen.“ (Apg 7,56). Im Augenblick des Märtyrertodes seines treuen und mutigen Dieners steht Jesus vom Thron auf – welche Ermutigung und Ehre für Stefanus den ersten Blut-Zeugen um Jesu Willen!

Jesus ist zur Rechten des Vaters im Himmel – das ist eine Tatsache !

 

Weitere Stellen, welche den erhöhten Christus beschreiben: Phil 2,9-11; Hebr 1,8 (Psalm 45,7-8); Offb 3,21; 20,1.3

12.6 Jesus zur Rechten des Vaters – das bedeutet absolute Vollmacht

 

Es gibt außergewöhnlich viele Textaussagen, welche die hervorragende Stellung des Christus beschreiben. Selbst Jesus betonte gegenüber seinen Jüngern auf dem Berg in Galiläa: „Mir ist gegeben alle Vollmacht (gr. exousi,a exusia) im Himmel und auf Erden.“ (Mt 28,18). Besonders auffällig und inhaltsvoll sind die so genannten Christushymnen der Apostel in denen konkrete Aspekte der Majestät und die erhabene Stellung des Christus hervorgehoben wird.

 

  1. Christushymnus

Der Apostel Petrus verkündigt gegenüber dem gesamten Volk Israel: „Das ganze Haus Israel wisse nun zuverlässig, dass Gott ihn sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht hat.“ (Apg 2,36). Der Titel `HERR oder Herr, hebr. Jachwe oder Adonai, gr. ku,rioj kyrios` bezogen auf Gott und den Gesalbten, kommt im Alten Testament mehr als 6000 mal vor. Wenn Petrus diesen Titel auf Jesus bezieht, dann bedeutet es, dass er die absolute Vollmacht besitzt (Ps 110,1). Er ist der von Gott mit dem Heiligen Geist gesalbte, mit Vollmacht ausgestattete (Jes 42,1ff; 61,1-3).

 

  1. Christushymnus

Der Apostel Paulus hebt die hohe Stellung des Christus hervor wenn er im Brief an die Philipper schreibt:

  • Darum hat ihn auch Gott erhöht
  • und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist,
  • dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel
  • und auf Erden und unter der Erde sind,
  • und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.“ (Phil 2,9-11).

– Auch hier wird der Titel `Herr` für Jesus hervorgehoben.

– Ebenso sein Name, der über allen Namen ist.

– Er ist würdig der Anbetung.

 

  1. Christushymnus

Paulus schreibt an die Epheser und hebt einige weitere Aspekte der Vollmacht des Christus hervor:

  • (…) und was die überragende Größe seiner Kraft (gr. duna,mewj dynameös) an uns, den Glaubenden, ist,
  • nach (gemäß oder entsprechend) der Wirksamkeit (gr. energei,an energeian) der Macht (gr. kra,touj kratus) seiner Stärke (gr. iscu,oj ischyos). Die hat er in Christus wirksam (gr. enh,rghsen en¢rg¢sen) werden lassen, indem er ihn aus den Toten auferweckt und zu seiner Rechten in der Himmelswelt gesetzt hat,
  • hoch über jede Gewalt (gr. arch,j arch¢s)
  • und Macht (gr. exousi,aj exusias)
  • und Kraft (gr. duna,mewj dynameös)
  • und Herrschaft (gr. kurio,thtoj kyriot¢tos)
  • und jeden Namen, der nicht nur in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen genannt werden wird.
  • Und alles hat er seinen Füßen unterworfen
  • und ihn als Haupt über alles der Gemeinde gegeben, 
  • die sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allen erfüllt.“ (Eph 1,19-23 – nach der Elberfelder Übersetzung).

 

  1. Christushymnus

Einen weiteren Lobgesang auf Christus finden wir im Brief an die Hebräer. Er ist der umfassendste und hat zum Hauptinhalt die Gottheit des Christus.

  • Er (Jesus) ist der Abglanz (gr. carakth,r charakt¢r – Charakter, Abdruck) seiner Herrlichkeit
  • und das Ebenbild (gr. eiko,na eikona – Bild) seines Wesens
  • und trägt alle Dinge mit seinem kräftigen Wort
  • und hat vollbracht die Reinigung von den Sünden
  • und hat sich gesetzt zur Rechten der Majestät in der Höhe
  • und ist so viel höher geworden als die Engel, wie der Name, den er ererbt hat, höher ist als ihr Name. Denn zu welchem Engel hat Gott jemals gesagt (Psalm 2,7): »Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt«? Und wiederum (2.Samuel 7,14): »Ich werde sein Vater sein und er wird mein Sohn sein«?
  • Und wenn er den Erstgeborenen wieder einführt in die Welt, spricht er (Psalm 97,7): »Und es sollen ihn alle Engel Gottes anbeten.« 
  • Von den Engeln spricht er zwar (Psalm 104,4): »Er macht seine Engel zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen«, aber von dem Sohn (Psalm 45,7-8):
  • » Dein Thron, Gott, währt von Ewigkeit zu Ewigkeit,
  • und das Zepter der Gerechtigkeit ist das Zepter deines Reiches.
  • Du hast geliebt die Gerechtigkeit und gehasst die Ungerechtigkeit (Gesetzlosigkeit); darum hat dich, Gott, dein Gott gesalbt mit Freudenöl wie keinen deinesgleichen.«
  • Und (Psalm 102,26-28): »Du, Herr, hast am Anfang die Erde gegründet, und die Himmel sind deiner Hände Werk. Sie werden vergehen, du aber bleibst. Sie werden alle veralten wie ein Gewand; und wie einen Mantel wirst du sie zusammenrollen, wie ein Gewand werden sie gewechselt werden. Du aber bist derselbe, und deine Jahre werden nicht aufhören.« (Hebr 1,3-12).
  1. Christushymnus
  • Auch der Apostel Petrus fast die Vollmacht des Christus kurz zusammen mit den Worten:
  • Welcher ist zur Rechten Gottes, aufgefahren gen Himmel,
  • und es sind ihm untertan die Engel (gr. agge,lwn angelön)
  • und die Gewaltigen (gr. exousi,wn exusiön)
  • und die Mächte (gr. duna,mewn dynameön).“ (1Petr 3,22).

 

  1. Christushymnus

An die Korinther schreibt Paulus, dass Christus nach seiner Erhöhung die absolute Herrschaft angetreten hat und sie erfolgreich abschließen wird nach seiner Wiederkunft und dem Endgericht. Der Text beginnt mit der von Gott festgelegten Reihenfolge der Auferstehung.

Ein jeder aber in seiner Ordnung:

  • als Erstling Christus;
  • danach, wenn er kommen wird, die, die Christus angehören;
  • danach das Ende, wenn er das Reich Gott, dem Vater, übergeben wird,
  • nachdem er alle Herrschaft
  • und alle Macht
  • und Gewalt vernichtet hat.

Denn er muss herrschen, bis Gott ihm »alle Feinde unter seine Füße legt« (Psalm 110,1).

Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod. Denn »alles hat er unter seine Füße getan« (Psalm 8,7). Wenn es aber heißt, „alles“ sei ihm unterworfen, so ist offenbar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat. Wenn aber alles ihm untertan sein wird, dann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott sei alles in allem.“ (1Kor 15,23-28).

Jesus zur Rechten der Majestät im Himmel bedeutet – absolute Vollmacht !

 

  1. Christushymnus

Der Apostel Johannes schreibt in der Offenbarung von Jesus und nennt drei seiner Titel: „Die werden gegen das Lamm kämpfen, und das Lamm wird sie überwinden, denn es ist der Herr aller Herren und der König aller Könige, und die mit ihm sind, sind die Berufenen und Auserwählten und Gläubigen.“ (Offb 17,14).

 

Fragen / Aufgaben:

  1. Warum wird so selten von dem erhöhten Christus gesprochen oder gepredigt?
  2. Welche Auswirkungen wird es auf die Gläubigen haben, wenn sie sich der Majestät und Erhabenheit des Christus bewusst werden?
  3. Wo kann heute die Vollmacht des Christus erkannt werden? Wie herrscht er und was oder wen beherrscht er?
  4. Welche seiner Vollmachten werden bei seiner Wiederkunft offenbar?

12.7 Jesus zur Rechten des Vaters – sein Mittlerdienst

(Bibeltexte: )

 

Der Dienst von Jesus ist mit seiner Erhöhung keineswegs zu Ende, denn der Schreiber des Hebräerbriefes hebt hervor: „Das ist nun die Hauptsache bei dem, wovon wir reden: Wir haben einen solchen Hohenpriester (gr. arciere,aarchierea), der da sitzt zur Rechten des Thrones der Majestät (gr. megalosu,nhjmegalosyn¢s – Hoheit, Größe) in den Himmeln.“ (Hebr 8,1). Jesus hat diese höchste Stellung in Gottes Reich nicht zum Selbstzweck eingenommen, sondern um von dort aus seinen vollmächtigen und  alles umfassenden priesterlichen Dienst auszuüben. Damit ist er „ein Diener (gr. leitourgo,jleitourgos – Diener) am Heiligtum und an der wahren Stiftshütte, die Gott aufgerichtet hat und nicht ein Mensch.“ (Hebr 8,2). Erinnern wir uns an das Geschehen im inneren des Tempels beim Tod von Jesus? Matthäus und Markus vermerken: „Und siehe, der Vorhang im Tempel zerriss in zwei Stücke von oben an bis unten aus.“ (Mt 27,51; Mk 15,38). In diesem Augenblick ist Jesus als der wahre Hohepriester mit seinem eigenen Blut als eines unschuldigen und makellosen Lammes (1Petr 1,19) in das himmlische Heiligtum eingegangen, so lesen wir in Hebräer 9,24: „Denn Christus ist nicht eingegangen in das Heiligtum, das mit Händen gemacht und nur ein Abbild (gr. a,nti,tupaantitypa) des wahren Heiligtums ist, sondern in den Himmel selbst, um jetzt für uns vor dem Angesicht Gottes zu erscheinen.“ Ergänzt wird diese Aussage mit: „Er ist auch nicht durch das Blut von Böcken oder Kälbern, sondern durch sein eigenes Blut ein für alle Mal in das Heiligtum eingegangen und hat eine ewige Erlösung erworben.“ (Hebr 9,12). Damit ist die Bestimmung des aaronitischen Priestertums als eine vorläufige Ordnung, zu Ende gekommen, weil Gott nun eine neue Dienstordnung eingeführt hat, so lesen wir weiter: „Nun aber hat er ein höheres Amt (gr. leitourgi,aj leitourgias – Dienst am Heiligtum) empfangen, wie er ja auch der Mittler eines besseren Bundes ist, der auf bessere Verheißungen gegründet ist. Denn wenn der erste Bund untadelig gewesen wäre, würde nicht Raum für einen andern gesucht. Denn Gott tadelt sie und sagt (Jeremia 31,31-34): »Siehe, es kommen Tage, spricht der Herr, da will ich mit dem Haus Israel und mit dem Haus Juda einen neuen Bund schließen, nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloss an dem Tage, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen. Denn sie sind nicht geblieben in meinem Bund; darum habe ich auch nicht mehr auf sie geachtet, spricht der Herr. Denn das ist der Bund, den ich schließen will mit dem Haus Israel nach diesen Tagen, spricht der Herr: Ich will mein Gesetz geben in ihren Sinn (gr. dia,noian dianoian – Denken, Verstand), und in ihr Herz (gr. kardi,ajkardias) will ich es schreiben und will ihr Gott sein und sie sollen mein Volk sein. Und es wird keiner seinen Mitbürger lehren oder seinen Bruder und sagen: Erkenne den Herrn! Denn sie werden mich alle kennen von dem Kleinsten an bis zu dem Größten. Denn ich will gnädig sein ihrer Ungerechtigkeit, und ihrer Sünden will ich nicht mehr gedenken (gr. mnhstw,mn¢stö).« Indem er sagt: »einen neuen Bund«, erklärt er den ersten für veraltet. Was aber veraltet und überlebt ist, das ist seinem Ende nahe.“ (Hebr 8,6-13). Es ist nicht nur zwecklos für die Zukunft die Errichtung des Tempels in Jerusalem zu erwarten mit all den Opferdiensten durch die Nachkommen Aarons, sondern solch eine Erwartung schmälert den gegenwärtigen Dienst von Jesus, als des von Gott eingesetzten wahren und ewigen Hohenpriesters, der mit seinem Dienst für alle Nationen (beginnend mit Israel) und deren Bedürfnisse als Mittler eintritt. Der ewige  Priesterdienst des Messias wurde schon im Alten Testament, also während der aaronitischen Priesterordnung vorausgesagt: „Denn es wird bezeugt (Psalm 110,4): »Du bist ein Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks.« Denn damit wird das frühere Gebot aufgehoben – weil es zu schwach und nutzlos war; denn das Gesetz konnte nichts zur Vollendung bringen -, und eingeführt wird eine bessere Hoffnung, durch die wir uns zu Gott nahen.“ (Hebr 7,17-19). Dieser Dienst beinhaltet seine Mittlerschaft zwischen Gott und den Menschen, so bestätigt der Apostel Paulus es in 1Timotheus 2,5-6: „Denn es ist „ein“ Gott und „ein“ Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gegeben hat für alle zur Erlösung, dass dies zu seiner Zeit gepredigt werde.

Durch die Predigt des Evangeliums kommen Menschen zum Glauben an Jesus und er kann ihnen als Vermittler, die Rettung durch seine Erlösung zuteilen. „Daher kann er auch für immer selig machen (retten), die durch ihn zu Gott kommen; denn er lebt für immer und bittet für sie.“ (Hebr 7,25). Die Betonung: „ein Mittler“ (als Zahlwort) schließt alle weiteren sogenannten Heilsvermittler/Vermittlerinnen aus. Nirgendwo in der Schrift wird ein aktiver Vermittlerdienst von verstorbenen Gläubigen erwähnt, doch die noch lebenden Gläubigen an Christus Jesus haben den Auftrag priesterliche Dienste auszuüben, wie Petrus schreibt: „Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, die königliche Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, dass ihr verkündigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht.“ (1Petr 2,9).

Genau dies tat der Apostel Paulus, der von sich selbst bezeugt: „damit ich ein Diener Christi Jesu unter den Heiden sei, um das Evangelium Gottes priesterlich auszurichten, damit die Heiden ein Opfer werden, das Gott wohlgefällig ist, geheiligt durch den Heiligen Geist.“ (Röm 15,16). Christus teilt, bzw. bezieht seine Nachfolger in seine (priesterlichen) Dienste ein, so lesen wir auch in Offenbarung 1,4-6: „Johannes an die sieben Gemeinden in der Provinz Asien: Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt, und von den sieben Geistern, die vor seinem Thron sind, und von Jesus Christus, welcher ist der treue Zeuge, der Erstgeborene von den Toten und Herr über die Könige auf Erden! Ihm, der uns liebt und uns erlöst hat von unsern Sünden mit seinem Blut und uns zu Königen und Priestern gemacht hat vor Gott, seinem Vater, ihm sei Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen !“ (Weitere Texte, die den Dienst der Fürbitte der ‚Gläubigen hervorheben: Kol 4,12; 1Joh 5,16; Eph 3,14-21;1Tim 2,1; 2Kor 1,11).

Und der Apostel Petrus bezeugte vor dem Hohen Rat: „(…) Den hat Gott durch seine rechte Hand erhöht zum Fürsten und Heiland, um Israel Buße und Vergebung der Sünden zu geben.“ (Apg 5,31).

 

Christus – zur Rechten des Vaters in Priesterwürde und Priesterdienst und dies für alle Ewigkeit !7

 

Fragen / Aufgaben:

  1. Warum war der aaronitische Priesterdienst begrenzt? Was war ihm nicht möglich?
  2. Warum ist der priesterliche Mittlerdienst von Jesus so wichtig und was schließt er alles ein?
  3. Hat Jesus bereits zu seinen Lebzeiten diesen Mittlerdienst versehen? Wenn ja, wo ist er erkennbar?
  4. Warum suchen Menschen Mittlerdienste von Verstorbenen?
  5. Inwieweit bezieht Christus die lebenden Gläubigen in seinen Priesterdienst mit ein?
  6. Bleibt der Priesterdienst von Jesus in Ewigkeit oder wird er dort überflüssig sein?

 

12.8 Jesus zur Rechten des Vaters – er herrscht als König und Herr

 

Das Königsein des Messias wurde schon im Alten Testament im Rahmen des Segens an Juda angekündigt, so lesen wir in 1Mose 49,10: „Nicht weicht das Zepter von Juda noch der Herrscherstab zwischen seinen Füßen weg, bis dass der Schilo kommt (der Herrscher kommt, dem der Stab gehört), dem gehört der Gehorsam der Völker.“ (4Mose 24,17; Mt 2,1-2).

Und dem König David (Nachkommen von Juda) ließ der Herr sagen:

Und der HERR verkündigt dir, dass der HERR dir ein Haus bauen will. Wenn nun deine Zeit um ist und du dich zu deinen Vätern schlafen legst, will ich dir einen Nachkommen erwecken, der von deinem Leibe kommen wird; dem will ich sein Königtum bestätigen. Der soll meinem Namen ein Haus bauen, und ich will seinen Königsthron bestätigen ewiglich. (2Sam 7,11-13; vgl. Jes 9,5-6; Jer 23,5; 30,9; Hes 34,23; 37,24-25; Hos 3,5; Micha 5,1; Mt 2,5-6).

Bei der Ankündigung der Geburt von Jesus verkündigte der Engel Gabriel der Maria:

Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben. Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben. (Lk 1,31-33).

Doch während Jesus seinen Dienst auf dieser Erde versah, vermied er sorgfältig seinen Anspruch auf das Königtum, wahrscheinlich wegen der falschen Erwartung Israels. In nur wenigen Fällen wird der Königstitel offen erwähnt, so nennt ihn Nathanael aus Kana schon bei seiner ersten Begegnung am Jordan: „Rabbi, Du bist Gottes Sohn, du bist der König von Israel.“ (Joh 1,49). Jesus lehnt weder das eine, noch das andere ab in diesem so spontanem wie auch aufrichtigem Bekenntnis. Nach der Speisung der Fünftausend östlich des Sees von Genezaret, als die Menge ihn zum König küren wollte, wich er dem entschieden aus (Joh 6,14-15). Doch fünf Tage vor seinem Todespassah erfüllte sich die Prophetie des Propheten Sacharia, der da spricht: „Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.“ (Sach 9,9). Dabei konnte ganz Israel seinen König erkennen, denn Jesus ließ die Ehrung zu und nahm die Huldigung vom Volk bewusst an: „Sie nahmen Palmzweige und gingen hinaus ihm entgegen und riefen: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn, der König von Israel!“ (Joh 12,13).

Und im Prozess vor Pilatus bekennt sich Jesus zu seinem Status als König: „da fragte ihn Pilatus: So bist du dennoch ein König? Jesus antwortete: Du sagst es, ich bin ein König.“ (Joh 18,35). Und Jesus fügt hinzu: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ (Joh 18,36). Aber auch die Schuldtafel am Kreuz über dem Haupt Jesu bezeugte ihn als den König Israels (König der Juden – Lk 23,38). Seine Königsherrschaft drückte sich aus im Sieg

  • über den Satan und seine Dämonen,
  • über die Sünde,
  • über das Böse in jeder Form und Áusprägung,
  • über Krankheiten aller Art,
  • über den Tod !

So gesehen, bestieg Jesus, als der Nachkomme Davids, dessen Thron, allerdings nicht um ein weltliches Reich aufzurichten, sondern das Reich Gottes, das himmlische Königreich und zwar hier und jetzt im inneren des menschlichen Herzens (Lk 17,20-21) welches jedoch große Auswirkungen auf das alltägliche Leben hat.

Mit seiner Erhöhung zur Rechten des Vaters übt er seither uneingeschränkte Herrschaft aus und wird wie auch Gott der Vater „König aller Könige und Herr aller Herren“ genannt (1Tim 6,15-16: – „welche uns zeigen wird zu seiner Zeit der Selige und allein Gewaltige, der König aller Könige und Herr aller Herren, der allein Unsterblichkeit hat, der da wohnt in einem Licht, zu dem niemand kommen kann, den kein Mensch gesehen hat noch sehen kann. Dem sei Ehre und ewige Macht! Amen.“

Und von dem Sohn heißt es: „Die werden gegen das Lamm kämpfen und das Lamm wird sie überwinden (besiegen), denn es ist der Herr aller Herren und der König aller Könige, und die mit ihm sind, sind die Berufenen und Auserwählten und Gläubigen.“ (Offb 17,14).

Und in Offenbarung 19,16 wird von ihm gesagt: „und (er) trägt einen Namen geschrieben auf seinem Gewand und auf seiner Hüfte: König aller Könige und Herr aller Herren.“

Jesus bezieht seine Nachfolger in seine Vollmachten mit ein, wenn von ihnen gesagt wird: „(…) und von Jesus Christus, welcher ist der treue Zeuge, der Erstgeborene von den Toten und Herr über die Könige auf Erden! Ihm, der uns liebt und uns erlöst hat von unsern Sünden mit seinem Blut und uns zu Königen und Priestern gemacht hat vor Gott, seinem Vater, ihm sei Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“ (Offb 1,4-6).

 

Fragen / Aufgaben:

  1. In welchen Texten des Alten Testamentes wird das Königtum des Messias vorausgesagt?
  2. Stelle die Verknüpfung von Prophetie und Erfüllung in Bezug auf die Königsherrschaft des Christus her.
  3. Wie sah die Herrschaft des Christus während seines Menschseins aus?
  4. Was und wen beherrscht der Christus heute, während er zur rechten des Vaters ist?
  5. Wie und inwieweit bezieht Jesus seine Nachfolger in seine Herrschaft mit ein?

 

12.9 Jesus zur Rechten des Vaters – die Schöpfung betet an

 

Sechster Christushymnus

Ein sehr bewegender Hymnus auf Christus das Lamm Gottes hat Johannes im Buch der Offenbarung aufgeschrieben.

Und ich sah mitten zwischen dem Thron und den vier Gestalten und mitten unter den Ältesten ein Lamm stehen, wie geschlachtet; es hatte sieben Hörner und sieben Augen, das sind die sieben Geister Gottes, gesandt in alle Lande. Und es kam und nahm das Buch aus der rechten Hand dessen, der auf dem Thron saß. Und als es das Buch nahm, da fielen die vier Gestalten und die vierundzwanzig Ältesten nieder vor dem Lamm, und ein jeder hatte eine Harfe und goldene Schalen voll Räucherwerk, das sind die Gebete der Heiligen, und sie sangen ein neues Lied:

Du bist würdig, zu nehmen das Buch und aufzutun seine Siegel; denn du bist geschlachtet und hast mit deinem Blut Menschen für Gott erkauft aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen und hast sie unserm Gott zu Königen und Priestern gemacht, und sie werden herrschen auf Erden. Und ich sah, und ich hörte eine Stimme vieler Engel um den Thron und um die Gestalten und um die Ältesten her, und ihre Zahl war vieltausendmal tausend; die sprachen mit großer Stimme: Das Lamm, das geschlachtet ist, ist würdig,

  • zu nehmen Kraft
  • und Reichtum
  • und Weisheit
  • und Stärke
  • und Ehre
  • und Preis (Verherrlichung)
  • und Lob.

Und jedes Geschöpf, das im Himmel ist und auf Erden und unter der Erde und auf dem Meer und alles, was darin ist, hörte ich sagen: Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm

  • sei Lob
  • und Ehre
  • und Preis (Verherrlichung)
  • und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Und die vier Gestalten sprachen: Amen! Und die Ältesten fielen nieder und beteten an.“ (Offb 5,6-14).

 

12.10 Jesus zur Rechten des Vaters – Er kommt als Weltrichter

 

Den ersten Hinweiß zum Richteramt Christi finden wir im Judasbrief (14-15), dort wird Bezug genommen auf die Zeit des Henoch und dessen Weissagung:

Es hat aber auch von diesen geweissagt Henoch, der Siebente von Adam an, und gesprochen: Siehe, der Herr kommt mit seinen vielen tausend Heiligen, Gericht zu halten über alle und zu strafen alle Menschen für alle Werke ihres gottlosen Wandels, mit denen sie gottlos gewesen sind, und für all das Freche, das die gottlosen Sünder gegen ihn geredet haben.

Im Zusammenhang der Begegnung Abrahams mit dem HERRN in 1Mose 18,25 und der klärenden Aussage von Jesus dazu in Joh 8,56-58 wird deutlich, dass der dem Abraham erschienene HERR, Jesus selbst war in einer Menschengestalt. Dort tritt Abraham vor den Herrn und sagt: „Das sei ferne von dir, dass du das tust und tötest den Gerechten mit dem Gottlosen, sodass der Gerechte wäre gleich wie der Gottlose! Das sei ferne von dir! Sollte der Richter aller Welt nicht gerecht richten?“

Von dem Messias heißt es in Jesaja 2,4: „Und er wird richten unter den Heiden und zurechtweisen viele Völker.

In Jes 42,1 spricht Gott dem Christus richterliche Aufgaben zu: „Siehe, das ist mein Knecht – ich halte ihn – und mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat. Ich habe ihm meinen Geist gegeben; er wird das Recht (das Gericht) unter die Heiden bringen.

Weitere Stellen aus dem Alten Testament: Psalm 7,9; 9,9; 96,13; 98,9; Jes 33,22.

 

Gerechtigkeit liegt im Wesen Gottes und Gott hat zu verschiedenen Zeiten auf verschiedene Weise seine Gerechtigkeit durch Urteilen und Richten hergestellt.

 

Die Hinweise auf das Richteramt von Jesus im Neuen Testament:

  • Joh 5,22-24 „Denn der Vater richtet niemand, sondern hat alles Gericht dem Sohn übergeben, damit sie alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren. Wer den Sohn nicht ehrt, der ehrt den Vater nicht, der ihn gesandt hat. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen.
  • Joh 5,27 „und er hat ihm Vollmacht gegeben, das Gericht zu halten, weil er der Menschensohn ist.
  • Mt 25,31-46 „Wenn aber der Menschensohn kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm, dann wird er sitzen auf dem Thron seiner Herrlichkeit, und alle Völker werden vor ihm versammelt werden. Und er wird sie voneinander scheiden, wie ein Hirt die Schafe von den Böcken (Ziegenböcke) scheidet, und wird die Schafe zu seiner Rechten stellen und die Böcke (Ziegenböcke) zur Linken.
  • Apg 17,31 „Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis richten will mit Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und hat jedermann den Glauben angeboten, indem er ihn von den Toten auferweckt hat.
  • 2Tim 4,1 „So ermahne ich dich inständig vor Gott und Christus Jesus, der da kommen wird zu richten die Lebenden und die Toten, und bei seiner Erscheinung und seinem Reic.“ (Vergleiche dazu auch 1Petr 4,5).

 

Die Jünger/Apostel Jesu werden in besonderer Weise auch in den Richterdienst des Christus einbezogen:

  • Mt 19,28 „Jesus aber sprach zu ihnen: „Wahrlich, ich sage euch: Ihr, die ihr mir nachgefolgt seid, werdet bei der Wiedergeburt, wenn der Menschensohn sitzen wird auf dem Thron seiner Herrlichkeit, auch sitzen auf zwölf Thronen und richten die zwölf Stämme Israels.

 

In sein richterliches Handeln bezieht Christus auch seine Gemeinde mit ein. Es ist geradezu auffällig, dass die Nachfolger Jesu sogar in diese hohe und verantwortungsvolle Aufgabe miteinbezogen werden, natürlich in einem durch Christus überwachten Rahmen.

  • 1Kor 6,2-3 „Wisst ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden? Wenn nun die Welt von euch gerichtet werden soll, seid ihr dann nicht gut genug, geringe Sachen zu richten? Wisst ihr nicht, dass wir über Engel richten werden? Wie viel mehr über Dinge des täglichen Lebens.“ Doch Vorsicht und Zurückhaltung sind für diese Zeit geboten, denn in 1Kor 4,5 schreibt Paulus:
  • Darum richtet nicht vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch ans Licht bringen wird, was im Finstern verborgen ist, und wird das Trachten der Herzen offenbar machen. Dann wird einem jeden von Gott sein Lob zuteil werden.
  • 2Kor 5,10 „Denn wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi, damit jeder seinen Lohn empfange für das, was er getan hat bei Lebzeiten, es sei gut oder böse.

 

Jesus, als Richter der Welt,- für die einen ist es Trost, weil ihr Recht hergestellt wird, für die anderen Furcht, weil sie ihre gerechte Strafe erhalten werden.

 

Fragen / Aufgaben:

  1. Suche nach Hinweisen im Alten Testament, die sich auf den Richterdienst des Christus beziehen.
  2. Woher wissen wir, dass der Richterdienst im Kompetenzbereich des Christus ist?
  3. Inwieweit sind die Apostel, aber auch die Gemeinde in den Richterdienst einbezogen?
  4. Warum ist Gericht unbedingt notwendig?
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12. Kapitel: Die Erhöhung von Jesus Christus

Vorwort

12.1 Die Erhöhung des Christus wurde vorausgesagt

 

Die Himmelfahrt ist die letzte Etappe im Werk Christi, das mit der Menschwerdung, also mit dem Verlassen des Himmels begonnen hatte und mit dem sich setzen zur Rechten der Majestät in den Himmeln, abgeschlossen war. Das Ereignis der Himmelfahrt ist durch Augenzeugen bestätigt und in zahlreichen Texten des Neuen Testamentes überliefert worden. In den Schriften des Alten Testamentes ist die Erhöhung des Christus vorhergesagt worden, so zum Beispiel in Psalm 110,1: „Der HERR sprach zu meinem Herrn: »Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache«. (vgl. Mt 22,42-44). Im Gespräch mit dem Pharisäer Nikodemus sagte Jesus von sich: „Und niemand ist gen Himmel aufgefahren (anabebhken anawew¢ken) außer dem, der vom Himmel herabgekommen ist, nämlich der Menschensohn.“ (Joh 3,13). Jesus kam vom Vater und ging wieder zu ihm zurück. Er sprach am Vorabend seines Todes von der Vollendung des Werkes auf der Erde, welches der Vater ihm gegeben hatte, damit er es tue, so lesen wir in Johannes 17,4: „Ich habe dich verherrlicht auf Erden und das Werk vollendet, das du mir gegeben hast, damit ich es tue.“ Er ist vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen und nun verlässt er wieder diese Welt und geht zurück zum Vater (Joh 16.28).

Nach seiner Auferstehung am ersten Tag der Woche, begegnete Jesus der Maria aus Magdala und beauftragte sie seinen Jüngern zu sagen: „Ich fahre auf (anabainw anawainö – steige auf) zu meinem Vater und eurem Vater und meinem Gott und eurem Gott.“ (Joh 20,17). Doch blieb Jesus noch 40 Tage bei seinen Jüngern und offenbarte sich ihnen immer wieder an verschiedenen Orten und unter unterschiedlichen Umständen (Apg 1,3-8; Joh 20,1-21,25; Lk 24,1-51; Mt 28,1-20; Mk 16,1-8; 1Kor 15,3ff). Diese Zeit war ausgefüllt mit lehren über das Reich Gottes. Die letzten Anordnungen von Jesus an seine Jünger finden wir aufgeschrieben in Apostelgeschichte 1,4-8; Lukas 24,46-49; Matthäus 28,18-20.

Das für die Jünger sichtbare Ereignis der Himmelfahrt von Jesus ist nur von Lukas festgehalten worden (Lk 24,50-51; Apg 1,9-11). Doch bergen diese Texte in sich wichtige Details, welche wir der Reihe nach betrachten wollen.

 

 

12.2  Der Ort, von wo aus Jesus in den Himmel zurückging

 

Wenn wir dem Text des Matthäus folgen, könnte der Eindruck entstehen, dass Jesus von einem bestimmten Berg in Galiläa in den Himmel gegangen ist (Mt 28,7.10.16). Doch dieser Text sagt nichts aus über die Himmelfahrt von Jesus. Der Berg in Galiläa kann eher der Ort gewesen sein, wo mehr als 500 Brüder den Herrn gleichzeitig sahen (1Kor 15,6). Der historisch interessierte Evangelist Lukas, gibt als Ortsangabe für die Himmelfahrt einmal

  • die Nähe zu Betanien an (Lk 24,50 – „Er führte sie aber hinaus bis nach Betanien“) und zum anderen
  • die Nähe zu Jerusalem („Da kehrten sie nach Jerusalem zurück von dem Berg, der heißt Ölberg und liegt nahe bei Jerusalem, einen Sabbatweg entfernt.“ Apg 1,12).

Der Ölberg oder genauer `Berg der Ölbäume` (etwa 816 Meter hoch) liegt zwischen Jerusalem im Westen und Betanien im Osten. Am Westhang des Ölbergs hat sich Jesus oft in einem Garten aufgehalten, der Getsemane genannt wurde. Und nun wählt er diesen Berg, der etwa 60 Meter höher ist als der Tempelberg, um von dort aus in den Himmel zu seinem Vater zurückzukehren. Im Leben und dem Dienst von Jesus gibt es nichts Zufälliges, auch der Ort des Verlassens dieser Erde (dieser Welt) ist bewusst gewählt worden. Die drei wichtigsten Geschehnisse im Leben von Jesus ergeben ein geographisches Dreieck:

  • Bethlehem: Nur acht Kilometer südlich vom Tempel in Jerusalem ist Jesus geboren worden.
  • Golgatha: ca. ein bis zwei Kilometer nordwestlich des Tempels und zwar außerhalb der damaligen Stadtmauer ist Jesus gestorben, begraben worden und glorreich auferstanden aus den Toten.
  • Ölberg/Bethanien: Und nur etwa 2-3 Kilometer östlich des Tempels verließ er diese Welt/Erde, um zu seinem Vater in den Himmel zurückzukehren.

Und all das geschah außerhalb der Heiligen Stadt Jerusalem!

Im Jahre 1910 wurde auf dem Ölberg die sogenannte Himmelfahrtskirche eingeweiht, die mit ihrem hohen Glockenturm von weitem sichtbar ist und erinnert die Bewohner der Stadt, sowie die Pilger heute noch an die Erhöhung des Christus.

 

 

12.3 Die Begriffe mit denen die Erhöhung von Jesus beschrieben wird

Es gibt zahlreiche Texte, welche die Erhöhung Christi in den Himmel erwähnen und beschreiben. Dabei stellen wir fest, dass dieses Ereignis, bzw. dieser Vorgang auch durch verschiedene Begriffe beschrieben wird. Diese Begriffe wollen wir in diesem Abschnitt in ihrem jeweiligen Textzusammenhang der Reihe nach kennenlernen.

  • Bereits in seinen Abschiedsreden machte Jesus deutlich, dass er zum Vater zurückgehen werde. So sagte er seinen Jüngern: „Ihr habt gehört, dass ich euch gesagt habe: Ich gehe hin (upagw ypagö) und komme wieder zu euch. Hättet ihr mich lieb, so würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe (pareuomai pareuomai); denn der Vater ist größer als ich.“ (Joh 14,28). Aus diesem Text ist noch nicht erkennbar, wie, auf welche Weise Jesus zu seinem Vater zurückgehen wird.
  • Nach seiner Auferstehung beauftragte der auferstandene Jesus Maria aus Magdala mit den Worten: „Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren (anabebhka anawew¢ka) zum Vater.  Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf (anabainw anawainö – ich steige auf) zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.“ (Joh 20,17). Jesus steigt aus eigener Kraft/Vollmacht auf in den Himmel.
  • Zum Ende seiner letzten Anweisungen auf dem Ölberg breitete er seine Hände über seine Jünger aus um sie zu segnen. „Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen (diesth diest¢ – er entfernte sich, er trennte sich) und fuhr auf (anefereto anefereto – hinaufgetragen, emporgehoben, hinaufgebracht, hinaufgeführt) gen Himmel.“ (Lk 24,51). Es gab also einen Augenblick in dem er für die Jünger sichtbar und buchstäblich von der Erde abhob. Er verschwand also nicht plötzlich vor ihren Augen, bzw. wurde nicht plötzlich unsichtbar vor ihnen, wie es zum Beispiel im Falle der Emmausjünger geschah. Dort wird der griechische Begriff `afantoj egeneto afantos egeneto – er wurde unsichtbar` verwendet.
  • Und als er das gesagt hatte, wurde er zusehends aufgehoben (epirqh epirth¢ – er wurde emporgehoben).“ (Apg 1,9). Durch dieses Verb in der Passivform wird die Kraftwirkung des Vaters unterstrichen, ähnlich wie auch bei der Auferstehung von Jesus – „er wurde auferweckt“, eben durch seinen Vater. (Apg 2,24; 3,15; 4,10).
  • Lukas schreibt in der Einleitung zur Apostelgeschichte von dem Wirken Jesu in Tat und Wort: „(…) bis zu dem Tag, an dem er aufgenommen wurde (anelhmfqh anel¢mft¢)). Apg 1,2). Auch hier wirkt der Vater beim Aufnehmen seines geliebten Sohnes. Was für ein Augenblick für den Vater im Himmel ! Was für ein Jubeln der Engel in den Himmeln !
  • Die Blicke der Jünger sind nach oben gerichtet: „Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr“ – pareuomenon pareuomenon – hinging, wegging. (Apg 1,10). Sie konnten sein Emporsteigen eine bestimmte Zeit sichtbar mitverfolgen.
  • Auch die beiden himmlischen Boten sprechen von der Kraftwirkung Gottes des Vaters: „Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde (analhmfqeij anal¢mfteis).“ Apg 1,11.
  • Petrus erinnert Jahre später an dieses erstaunliche Ereignis der Erhöhung von Jesus in seinem Brief an die Gläubigen in der Zerstreuung: „(…) welcher ist zur Rechten Gottes, aufgefahren (pareuqeij pareutheis – hingegangen) gen Himmel.“ (1Petr 3,22).

Ein Begriff reichte also nicht aus, um dieses gewaltige Geschehen der Himmelfahrt von Jesus zu beschreiben.

  1. Ich gehe hin (upagw ypagö)
  2. dass ich zum Vater gehe (pareuomai pareuomai)
  3. aufgefahren (anabebhka anawew¢ka) zum Vater.
  4. Ich fahre auf (anabainw anawainö – ich steige auf) zu meinem Vater.
  5. schied er von ihnen (diesth diest¢ – er entfernte sich, er trennte sich)
  6. und fuhr auf (anefereto anefereto – hinaufgetragen, emporgehoben, hinaufgebracht, hinaufgeführt).
  7. aufgehoben (epirqh epirth¢ – er wurde emporgehoben).
  8. er aufgenommen wurde (anelhmfqh anel¢mft¢)).
  9. er gen Himmel fuhr“ – pareuomenon pareuomenon – hinging, wegging.
  10.  aufgefahren (pareuqeij pareutheis – hingegangen).

Die Jünger sind Augenzeugen eines Ereignisses, welches weit über das hinausging, was ihnen aus dem Alten Testament bekannt war – die Aufnahme des Elia oder des Henoch,

 

 

12.4 Begleiterscheinungen bei der Himmelfahrt von Jesus

Der Evangelist Lukas schreibt:

(…) und eine Wolke (νεφελη – nefele) nahm ihn auf  vor ihren Augen weg. Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern. Die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen. (Apg 1,9-11).

Gott verwendet immer wieder die gleichen Elemente, in diesem Fall die Wolke, ähnlich auch bei der Verklärung auf einem hohen Berg, oder die Wolkensäule in der Wüste. Es ist ein Bergen und auch Verbergen des Göttlichen, Herrlichen, eine Begrenzung des Einblicks für den Menschen in die göttliche Sphäre. Die beiden Männer in weißen Gewändern sind himmlische Boten. Engel sind dienstbare Geister (Hebr 1,14), die aber bei ihrer Erscheinung immer in männlicher Gestalt auftreten. Ihr Auftrag besteht aus zwei Teilen:

Erstens wollen sie die Blickrichtung der Jünger ändern „was seht ihr gen Himmel?“ Der Auftrag ihres Meisters ist erfüllt, der ihre wird erst beginnen. Sie müssen zurück nach Jerusalem.

Zweitens kündigen die Boten die Wiederkunft von Jesus an: „dieser ‚Jesus wird wiederkommen“ und zwar `so` (ουτος – outos – auf diese Weise, auf eine Weise) wie ihr ihn habt gesehen gen Himmel fahren.“

Hat nicht schon Jesus selbst ähnliche Voraussagen gemacht? Im Rahmen der Antworten auf die Fragen seiner Jünger spricht Jesus von seinem Wiederkommen: „Und dann wird erscheinen das Zeichen des Menschensohns am Himmel. Und dann werden wehklagen alle Geschlechter auf Erden und werden sehen den Menschensohn kommen auf den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit.“ (Mt 24,30). Und auf die Frage des Hohenpriesters Kaiphas: „Bist du der Christus der Sohn des Hochgelobten antwortet Jesus: „Ich bin’s; und ihr werdet sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen mit den Wolken des Himmels.“ (Mk 14,62; vgl. Mk 13,26). Damit alle Geschlechter der Erde Ihn sehen können, werden sie alle zuerst auferwekt werden (Joh 5,28-30).

Auch der Apostel Paulus sagt in 1Thessalonicher 4,17 ähnliches voraus: „Danach werden wir, die wir leben und übrig bleiben, zugleich mit ihnen (den Auferweckten Gläubigen) entrückt werden auf den Wolken in die Luft, dem Herrn entgegen; und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit.“ Die Aussage des Apostels macht auch deutlich, dass die Begegnung mit dem Herrn in den Wolken des Himmels, also in der Luft stattfinden wird. Das heißt, dass Jesus, um seine Gemeinde abzuholen, nicht mehr auf die Erde (Ölberg) herabkommt wird, sondern sie in der Luft in Empfang nehmen wird.

JA, Jesus kommt wieder und zwar auf ähnliche Weise wie er von hier gegangen ist.

  • Er kommt als der Menschensohn,
  • Er kommt sichtbar und erkennbar für alle,
  • Er kommt mit oder in den Wolken des Himmels,
  • Er kommt in Begleitung der Engel.

Die Jünger waren so überwältigt von dem was sie sahen, hörten und erlebten, dass es sie in die Anbetung zog, die Anbetung ihres Meisters, den sie als Gottes Sohn und ihren Herrn anerkannten. „Sie aber beteten ihn an (proskunhsantej auton proskyn¢santes auton – kniefällig anbeten) und kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude und waren allezeit im Tempel und priesen Gott.“ (Lk 24,52-53).

 

12.5 Jesus zur Rechten des Vaters – das ist eine Tatsache

 

Die Erhöhung von Jesus zur Rechten des Vaters, ist die letzte Wegstrecke im Heilswerk Christi. Die Himmelfahrt selbst dauerte vielleicht nur wenige Minuten, doch das sich setzen zur Rechten des Vaters hat bis heute gewaltige Auswirkungen.

Die folgenden Textaussagen machen einiges deutlich. Beginnen wir mit der Voraussage des Heiligen Geistes durch den König David aus Psalm 110,1: „Ein Psalm Davids.“ Der HERR sprach zu meinem Herrn: / »Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache.« Und damit kein Zweifel entsteht, wem nun diese Aufforderung gilt, hören wir uns die Auslegung von Jesus selbst und seinen Aposteln an. Zum Ende seines Dienstes, bereits in Jerusalem, fragt Jesus die versammelten Pharisäer:

Was denkt ihr von dem Christus? Wessen Sohn ist er?Sie antworteten: Davids. Da fragte er sie: Wie kann ihn dann David durch den Geist Herr nennen, wenn er sagt (Psalm 110,1): »Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde unter deine Füße lege«? Wenn nun David ihn Herr nennt, wie ist er dann sein Sohn? Und niemand konnte ihm ein Wort antworten. (Mt 22,42-46).

Welche Vollmacht in der Auslegung des Wortes der Prophetie aus dem Aten Testament! So weit dachten die Schriftgelehrten aus der Pharisäerpartei wohl doch nicht. Folgendes wird hier deutlich:

  • Der Christus/Messias ist auch Herr (hebr. adonai, gr. kyrios). Dass mit diesem Begriff sowohl im hebräischen als auch im griechischen Sprachgebrauch allgemein auch geachtete Männer angeredet wurden, ändert nichts an der Tatsache, dass Jesus (wenn auch nur indirekt) mit diesem Titel seine Gottessohnschaft hervorhebt.
  • Wenn der Christus nicht Davids Sohn ist, dann ist er Sohn Gottes, denn im zweiten Psalm sagt Gott vom Messias: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt (γεγεννηκα σε – dich gezeugt).“ Jesus ist nicht der Geschaffene durch oder mittels des Wortes Gottes, sondern er ist das Wort Gottes selbst, das von Gott ausgeht. (Joh 1,1-2).

Diese Stelle muß dem Hohenpriester bekannt gewesen sein, denn: „Da fragte ihn der Hohepriester abermals und sprach zu ihm: Bist du der Christus, der Sohn des Hochgelobten? Jesus aber sprach: Ich bin’s; und ihr werdet sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen mit den Wolken des Himmels.“ (Mk 14,61-62).

  • Jesus ist der Christus,
  • Jesus ist der Sohn Gottes,
  • Jesus ist zur Rechten der Kraft (Gottes),
  • Von dort wird er wiederkommen.

In seiner Pfingstbotschaft bezeugt Petrus die Erhöhung des Christus mit dem gleichen Psalmwort und folgt damit der Auslegung seines Meisters: „Da er nun durch die rechte Hand Gottes erhöht ist (υψωθεις – ypsotheis) und empfangen hat den verheißenen Heiligen Geist vom Vater, hat er diesen ausgegossen, wie ihr hier seht und hört, Denn David ist nicht gen Himmel gefahren; sondern er sagt selbst (Psalm 110,1): »Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache.« So wisse nun das ganze Haus Israel gewiss, dass Gott diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zum Herrn und Christus gemacht hat.“ (Apg 2,33-36).

Zum Abschluß der Geschichtspredigt vor dem Hohen Rat sieht Stefanus in einer besonderen Vision Jesus als den erhöhten Herrn und ruft voller Begeisterung aus: „Siehe, ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen.“ (Apg 7,56). Im Augenblick des Märtyrertodes seines treuen und mutigen Dieners steht Jesus vom Thron auf – welche Ermutigung und Ehre für Stefanus den ersten Blut-Zeugen um Jesu willen !

Jesus ist zur Rechten des Vaters im Himmel – das ist eine Tatsache !

 

Weitere Stellen, welche den erhöhten Christus Beschreiben: Phil 2,9-11; Hebr 1,8 (Psalm 45,7-8); Offb 3,21; 20,1.3

12.6 Jesus zur Rechten des Vaters – das bedeutet absolute Vollmacht

 

Es gibt außergewöhnlich viele Textaussagen, welche die hervorragende Stellung des Christus beschreiben. Selbst Jesus betonte gegenüber seinen Jüngern auf dem Berg in Galiläa: „Mir ist gegeben alle Vollmacht (gr. exousi,a exusia) im Himmel und auf Erden.“ (Mt 28,18). Besonders auffällig und inhaltsvoll sind die sogenannten Christushymnen der Apostel in denen konkrete Aspekte der Majestät und die erhabenen Stellung des Christus hervorgehoben wird.

 

  1. Christushymnus

Der Apostel Petrus verkündigt gegenüber dem gesamten Volk Israel: „Das ganze Haus Israel wisse nun zuverlässig, dass Gott ihn sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht hat.“ (Apg 2,36). Der Titel `HERR oder Herr, hebr. Jachwe oder Adonai, gr. ku,rioj kyrios` bezogen auf Gott und den Gesalbten, kommt im Alten Testament mehr als 7000 mal vor. Wenn Petrus diesen Titel auf Jesus bezieht, dann bedeutet es, dass er die absolute Vollmacht besitzt (Ps 110,1). Er ist der von Gott mit dem Heiligen Geist gesalbte, mit Vollmacht ausgestattete (Jes 42,1ff; 61,1-3).

 

  1. Christushymnus

Der Apostel Paulus hebt die hohe Stellung des Christus hervor wenn er im Brief an die Philipper schreibt:

  • Darum hat ihn auch Gott erhöht
  • und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist,
  • dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel
  • und auf Erden und unter der Erde sind,
  • und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.“ (Phil 2,9-11).

– Auch hier wird der Titel `Herr` für Jesus hervorgehoben.

– Ebenso sein Name, der über allen Namen ist.

– Er ist würdig der Anbetung.

 

  1. Christushymnus

Paulus schreibt an die Epheser und hebt einige weitere Aspekte der Vollmacht des Christus hervor:

  • (…) und was die überragende Größe seiner Kraft (gr. duna,mewj dynameös) an uns, den Glaubenden, ist,
  • nach (gemäß oder entsprechend) der Wirksamkeit (gr. energei,an energeian) der Macht (gr. kra,touj kratus) seiner Stärke (gr. iscu,oj ischyos). Die hat er in Christus wirksam (gr. enh,rghsen en¢rg¢sen) werden lassen, indem er ihn aus den Toten auferweckt und zu seiner Rechten in der Himmelswelt gesetzt hat,
  • hoch über jede Gewalt (gr. arch,j arch¢s)
  • und Macht (gr. exousi,aj exusias)
  • und Kraft (gr. duna,mewj dynameös)
  • und Herrschaft (gr. kurio,thtoj kyriot¢tos)
  • und jeden Namen, der nicht nur in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen genannt werden wird.
  • Und alles hat er seinen Füßen unterworfen
  • und ihn als Haupt über alles der Gemeinde gegeben, 
  • die sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allen erfüllt.“ (Eph 1,19-23 – nach der Elberfelder Übersetzung).

 

  1. Christushymnus

Einen weiteren Lobgesang auf Christus finden wir im Brief an die Hebräer. Er ist der umfassendste und hat zum Hauptinhalt die Gottheit des Christus.

  • Er (Jesus) ist der Abglanz (gr. carakth,r charakt¢r – Charakter, Abdruck) seiner Herrlichkeit
  • und das Ebenbild (gr. eiko,na eikona – Bild) seines Wesens
  • und trägt alle Dinge mit seinem kräftigen Wort
  • und hat vollbracht die Reinigung von den Sünden
  • und hat sich gesetzt zur Rechten der Majestät in der Höhe
  • und ist so viel höher geworden als die Engel, wie der Name, den er ererbt hat, höher ist als ihr Name. Denn zu welchem Engel hat Gott jemals gesagt (Psalm 2,7): »Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt«? Und wiederum (2.Samuel 7,14): »Ich werde sein Vater sein und er wird mein Sohn sein«?
  • Und wenn er den Erstgeborenen wieder einführt in die Welt, spricht er (Psalm 97,7): »Und es sollen ihn alle Engel Gottes anbeten.« 
  • Von den Engeln spricht er zwar (Psalm 104,4): »Er macht seine Engel zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen«, aber von dem Sohn (Psalm 45,7-8):
  • » Dein Thron, Gott, währt von Ewigkeit zu Ewigkeit,
  • und das Zepter der Gerechtigkeit ist das Zepter deines Reiches.
  • Du hast geliebt die Gerechtigkeit und gehasst die Ungerechtigkeit (Gesetzlosigkeit); darum hat dich, Gott, dein Gott gesalbt mit Freudenöl wie keinen deinesgleichen.«
  • Und (Psalm 102,26-28): »Du, Herr, hast am Anfang die Erde gegründet, und die Himmel sind deiner Hände Werk. Sie werden vergehen, du aber bleibst. Sie werden alle veralten wie ein Gewand; und wie einen Mantel wirst du sie zusammenrollen, wie ein Gewand werden sie gewechselt werden. Du aber bist derselbe, und deine Jahre werden nicht aufhören.« (Hebr 1,3-12).
  1. Christushymnus
  • Auch der Apostel Petrus fast die Vollmacht des Christus kurz zusammen mit den Worten:
  • Welcher ist zur Rechten Gottes, aufgefahren gen Himmel,
  • und es sind ihm untertan die Engel (gr. agge,lwn angelön)
  • und die Gewaltigen (gr. exousi,wn exusiön)
  • und die Mächte (gr. duna,mewn dynameön).“ (1Petr 3,22).

 

  1. Christushymnus

An die Korinther schreibt Paulus, dass Christus nach seiner Erhöhung die absolute Herrschaft angetreten hat und sie erfolgreich abschließen wird nach seiner Wiederkunft und dem Endgericht. Der Text beginnt mit der von Gott festgelegten Reihenfolge der Auferstehung.

Ein jeder aber in seiner Ordnung:

  • als Erstling Christus;
  • danach, wenn er kommen wird, die, die Christus angehören;
  • danach das Ende, wenn er das Reich Gott, dem Vater, übergeben wird,
  • nachdem er alle Herrschaft
  • und alle Macht
  • und Gewalt vernichtet hat.

Denn er muss herrschen, bis Gott ihm »alle Feinde unter seine Füße legt« (Psalm 110,1).

Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod. Denn »alles hat er unter seine Füße getan« (Psalm 8,7). Wenn es aber heißt, „alles“ sei ihm unterworfen, so ist offenbar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat. Wenn aber alles ihm untertan sein wird, dann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott sei alles in allem.“ (1Kor 15,23-28).

Jesus zur Rechten der Majestät im Himmel bedeutet – absolute Vollmacht !

 

  1. Christushymnus

Der Apostel Johannes schreibt in der Offenbarung von Jesus und nennt drei seiner Titel: „Die werden gegen das Lamm kämpfen, und das Lamm wird sie überwinden, denn es ist der Herr aller Herren und der König aller Könige, und die mit ihm sind, sind die Berufenen und Auserwählten und Gläubigen.“ (Offb 17,14).

 

Fragen / Aufgaben:

  1. Warum wird so selten von dem erhöhten Christus gesprochen oder gepredigt?
  2. Welche Auswirkungen wird es auf die Gläubigen haben, wenn sie sich der Majestät und Erhabenheit des Christus bewusst werden?
  3. Wo kann heute die Vollmacht des Christus erkannt werden? Wie herrscht er und was oder wen beherrscht er?
  4. Welche seiner Vollmachten werden bei seiner Wiederkunft offenbar?

12.7 Jesus zur Rechten des Vaters – sein Mittlerdienst

(Bibeltexte: )

 

Der Dienst von Jesus ist mit seiner Erhöhung keineswegs zu Ende, denn der Schreiber des Hebräerbriefes hebt hervor: „Das ist nun die Hauptsache bei dem, wovon wir reden: Wir haben einen solchen Hohenpriester (gr. arciere,aarchierea), der da sitzt zur Rechten des Thrones der Majestät (gr. megalosu,nhjmegalosyn¢s – Hoheit, Größe) in den Himmeln.“ (Hebr 8,1). Jesus hat diese höchste Stellung in Gottes Reich nicht zum Selbstzweck eingenommen, sondern um von dort aus seinen vollmächtigen und  alles umfassenden priesterlichen Dienst auszuüben. Damit ist er „ein Diener (gr. leitourgo,jleitourgos – Diener) am Heiligtum und an der wahren Stiftshütte, die Gott aufgerichtet hat und nicht ein Mensch.“ (Hebr 8,2). Erinnern wir uns an das Geschehen im inneren des Tempels beim Tod von Jesus? Matthäus und Markus vermerken: „Und siehe, der Vorhang im Tempel zerriss in zwei Stücke von oben an bis unten aus.“ (Mt 27,51; Mk 15,38). In diesem Augenblick ist Jesus als der wahre Hohepriester mit seinem eigenen Blut als eines unschuldigen und makellosen Lammes (1Petr 1,19) in das himmlische Heiligtum eingegangen, so lesen wir in Hebräer 9,24: „Denn Christus ist nicht eingegangen in das Heiligtum, das mit Händen gemacht und nur ein Abbild (gr. a,nti,tupaantitypa) des wahren Heiligtums ist, sondern in den Himmel selbst, um jetzt für uns vor dem Angesicht Gottes zu erscheinen.“ Ergänzt wird diese Aussage mit: „Er ist auch nicht durch das Blut von Böcken oder Kälbern, sondern durch sein eigenes Blut ein für alle Mal in das Heiligtum eingegangen und hat eine ewige Erlösung erworben.“ (Hebr 9,12). Damit ist die Bestimmung des aaronitischen Priestertums als eine vorläufige Ordnung, zu Ende gekommen, weil Gott nun eine neue Dienstordnung eingeführt hat, so lesen wir weiter: „Nun aber hat er ein höheres Amt (gr. leitourgi,aj leitourgias – Dienst am Heiligtum) empfangen, wie er ja auch der Mittler eines besseren Bundes ist, der auf bessere Verheißungen gegründet ist. Denn wenn der erste Bund untadelig gewesen wäre, würde nicht Raum für einen andern gesucht. Denn Gott tadelt sie und sagt (Jeremia 31,31-34): »Siehe, es kommen Tage, spricht der Herr, da will ich mit dem Haus Israel und mit dem Haus Juda einen neuen Bund schließen, nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloss an dem Tage, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen. Denn sie sind nicht geblieben in meinem Bund; darum habe ich auch nicht mehr auf sie geachtet, spricht der Herr. Denn das ist der Bund, den ich schließen will mit dem Haus Israel nach diesen Tagen, spricht der Herr: Ich will mein Gesetz geben in ihren Sinn (gr. dia,noian dianoian – Denken, Verstand), und in ihr Herz (gr. kardi,ajkardias) will ich es schreiben und will ihr Gott sein und sie sollen mein Volk sein. Und es wird keiner seinen Mitbürger lehren oder seinen Bruder und sagen: Erkenne den Herrn! Denn sie werden mich alle kennen von dem Kleinsten an bis zu dem Größten. Denn ich will gnädig sein ihrer Ungerechtigkeit, und ihrer Sünden will ich nicht mehr gedenken (gr. mnhstw,mn¢stö).« Indem er sagt: »einen neuen Bund«, erklärt er den ersten für veraltet. Was aber veraltet und überlebt ist, das ist seinem Ende nahe.“ (Hebr 8,6-13). Es ist nicht nur zwecklos für die Zukunft die Errichtung des Tempels in Jerusalem zu erwarten mit all den Opferdiensten durch die Nachkommen Aarons, sondern solch eine Erwartung schmälert den gegenwärtigen Dienst von Jesus, als des von Gott eingesetzten wahren und ewigen Hohenpriesters, der mit seinem Dienst für alle Nationen (beginnend mit Israel) und deren Bedürfnisse als Mittler eintritt. Der ewige  Priesterdienst des Messias wurde schon im Alten Testament, also während der aaronitischen Priesterordnung vorausgesagt: „Denn es wird bezeugt (Psalm 110,4): »Du bist ein Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks.« Denn damit wird das frühere Gebot aufgehoben – weil es zu schwach und nutzlos war; denn das Gesetz konnte nichts zur Vollendung bringen -, und eingeführt wird eine bessere Hoffnung, durch die wir uns zu Gott nahen.“ (Hebr 7,17-19). Dieser Dienst beinhaltet seine Mittlerschaft zwischen Gott und den Menschen, so bestätigt der Apostel Paulus es in 1Timotheus 2,5-6: „Denn es ist „ein“ Gott und „ein“ Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gegeben hat für alle zur Erlösung, dass dies zu seiner Zeit gepredigt werde.

Durch die Predigt des Evangeliums kommen Menschen zum Glauben an Jesus und er kann ihnen als Vermittler, die Rettung durch seine Erlösung zuteilen. „Daher kann er auch für immer selig machen (retten), die durch ihn zu Gott kommen; denn er lebt für immer und bittet für sie.“ (Hebr 7,25). Die Betonung: „ein Mittler“ (als Zahlwort) schließt alle weiteren sogenannten Heilsvermittler/Vermittlerinnen aus. Nirgendwo in der Schrift wird ein aktiver Vermittlerdienst von verstorbenen Gläubigen erwähnt, doch die noch lebenden Gläubigen an Christus Jesus haben den Auftrag priesterliche Dienste auszuüben, wie Petrus schreibt: „Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, die königliche Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, dass ihr verkündigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht.“ (1Petr 2,9).

Genau dies tat der Apostel Paulus, der von sich selbst bezeugt: „damit ich ein Diener Christi Jesu unter den Heiden sei, um das Evangelium Gottes priesterlich auszurichten, damit die Heiden ein Opfer werden, das Gott wohlgefällig ist, geheiligt durch den Heiligen Geist.“ (Röm 15,16). Christus teilt, bzw. bezieht seine Nachfolger in seine (priesterlichen) Dienste ein, so lesen wir auch in Offenbarung 1,4-6: „Johannes an die sieben Gemeinden in der Provinz Asien: Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt, und von den sieben Geistern, die vor seinem Thron sind, und von Jesus Christus, welcher ist der treue Zeuge, der Erstgeborene von den Toten und Herr über die Könige auf Erden! Ihm, der uns liebt und uns erlöst hat von unsern Sünden mit seinem Blut und uns zu Königen und Priestern gemacht hat vor Gott, seinem Vater, ihm sei Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen !“ (Weitere Texte, die den Dienst der Fürbitte der ‚Gläubigen hervorheben: Kol 4,12; 1Joh 5,16; Eph 3,14-21;1Tim 2,1; 2Kor 1,11).

Und der Apostel Petrus bezeugte vor dem Hohen Rat: „(…) Den hat Gott durch seine rechte Hand erhöht zum Fürsten und Heiland, um Israel Buße und Vergebung der Sünden zu geben.“ (Apg 5,31).

 

Christus – zur Rechten des Vaters in Priesterwürde und Priesterdienst und dies für alle Ewigkeit !7

 

Fragen / Aufgaben:

  1. Warum war der aaronitische Priesterdienst begrenzt? Was war ihm nicht möglich?
  2. Warum ist der priesterliche Mittlerdienst von Jesus so wichtig und was schließt er alles ein?
  3. Hat Jesus bereits zu seinen Lebzeiten diesen Mittlerdienst versehen? Wenn ja, wo ist er erkennbar?
  4. Warum suchen Menschen Mittlerdienste von Verstorbenen?
  5. Inwieweit bezieht Christus die lebenden Gläubigen in seinen Priesterdienst mit ein?
  6. Bleibt der Priesterdienst von Jesus in Ewigkeit oder wird er dort überflüssig sein?

 

12.8 Jesus zur Rechten des Vaters – er herrscht als König und Herr

 

Das Königsein des Messias wurde schon im Alten Testament im Rahmen des Segens an Juda angekündigt, so lesen wir in 1Mose 49,10: „Nicht weicht das Zepter von Juda noch der Herrscherstab zwischen seinen Füßen weg, bis dass der Schilo kommt (der Herrscher kommt, dem der Stab gehört), dem gehört der Gehorsam der Völker.“ (4Mose 24,17; Mt 2,1-2).

Und dem König David (Nachkommen von Juda) ließ der Herr sagen:

Und der HERR verkündigt dir, dass der HERR dir ein Haus bauen will. Wenn nun deine Zeit um ist und du dich zu deinen Vätern schlafen legst, will ich dir einen Nachkommen erwecken, der von deinem Leibe kommen wird; dem will ich sein Königtum bestätigen. Der soll meinem Namen ein Haus bauen, und ich will seinen Königsthron bestätigen ewiglich. (2Sam 7,11-13; vgl. Jes 9,5-6; Jer 23,5; 30,9; Hes 34,23; 37,24-25; Hos 3,5; Micha 5,1; Mt 2,5-6).

Bei der Ankündigung der Geburt von Jesus verkündigte der Engel Gabriel der Maria:

Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben. Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben. (Lk 1,31-33).

Doch während Jesus seinen Dienst auf dieser Erde versah, vermied er sorgfältig seinen Anspruch auf das Königtum, wahrscheinlich wegen der falschen Erwartung Israels. In nur wenigen Fällen wird der Königstitel offen erwähnt, so nennt ihn Nathanael aus Kana schon bei seiner ersten Begegnung am Jordan: „Rabbi, Du bist Gottes Sohn, du bist der König von Israel.“ (Joh 1,49). Jesus lehnt weder das eine, noch das andere ab in diesem so spontanem wie auch aufrichtigem Bekenntnis. Nach der Speisung der Fünftausend östlich des Sees von Genezaret, als die Menge ihn zum König küren wollte, wich er dem entschieden aus (Joh 6,14-15). Doch fünf Tage vor seinem Todespassah erfüllte sich die Prophetie des Propheten Sacharia, der da spricht: „Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.“ (Sach 9,9). Dabei konnte ganz Israel seinen König erkennen, denn Jesus ließ die Ehrung zu und nahm die Huldigung vom Volk bewusst an: „Sie nahmen Palmzweige und gingen hinaus ihm entgegen und riefen: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn, der König von Israel!“ (Joh 12,13).

Und im Prozess vor Pilatus bekennt sich Jesus zu seinem Status als König: „da fragte ihn Pilatus: So bist du dennoch ein König? Jesus antwortete: Du sagst es, ich bin ein König.“ (Joh 18,35). Und Jesus fügt hinzu: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ (Joh 18,36). Aber auch die Schuldtafel am Kreuz über dem Haupt Jesu bezeugte ihn als den König Israels (König der Juden – Lk 23,38). Seine Königsherrschaft drückte sich aus im Sieg

  • über den Satan und seine Dämonen,
  • über die Sünde,
  • über das Böse in jeder Form und Áusprägung,
  • über Krankheiten aller Art,
  • über den Tod !

So gesehen, bestieg Jesus, als der Nachkomme Davids, dessen Thron, allerdings nicht um ein weltliches Reich aufzurichten, sondern das Reich Gottes, das himmlische Königreich und zwar hier und jetzt im inneren des menschlichen Herzens (Lk 17,20-21) welches jedoch große Auswirkungen auf das alltägliche Leben hat.

Mit seiner Erhöhung zur Rechten des Vaters übt er seither uneingeschränkte Herrschaft aus und wird wie auch Gott der Vater „König aller Könige und Herr aller Herren“ genannt (1Tim 6,15-16: – „welche uns zeigen wird zu seiner Zeit der Selige und allein Gewaltige, der König aller Könige und Herr aller Herren, der allein Unsterblichkeit hat, der da wohnt in einem Licht, zu dem niemand kommen kann, den kein Mensch gesehen hat noch sehen kann. Dem sei Ehre und ewige Macht! Amen.“

Und von dem Sohn heißt es: „Die werden gegen das Lamm kämpfen und das Lamm wird sie überwinden (besiegen), denn es ist der Herr aller Herren und der König aller Könige, und die mit ihm sind, sind die Berufenen und Auserwählten und Gläubigen.“ (Offb 17,14).

Und in Offenbarung 19,16 wird von ihm gesagt: „und (er) trägt einen Namen geschrieben auf seinem Gewand und auf seiner Hüfte: König aller Könige und Herr aller Herren.“

Jesus bezieht seine Nachfolger in seine Vollmachten mit ein, wenn von ihnen gesagt wird: „(…) und von Jesus Christus, welcher ist der treue Zeuge, der Erstgeborene von den Toten und Herr über die Könige auf Erden! Ihm, der uns liebt und uns erlöst hat von unsern Sünden mit seinem Blut und uns zu Königen und Priestern gemacht hat vor Gott, seinem Vater, ihm sei Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“ (Offb 1,4-6).

 

Fragen / Aufgaben:

  1. In welchen Texten des Alten Testamentes wird das Königtum des Messias vorausgesagt?
  2. Stelle die Verkmüpfung von Prophetie und Erfüllung in Bezug auf die Königsherrschaft des Christus her.
  3. Wie sah die Herrschaft des Christus während seines Menschseins aus?
  4. Was und wen beherrscht der Christus heute, während er zur rechten des Vaters ist?
  5. Wie und inwieweit bezieht Jesus seine Nachfolger in seine Herrschaft mit ein?

 

12.9 Jesus zur Rechten des Vaters – die Schöpfung betet an

 

Sechster Christushymnus

Ein sehr bewegender Hymnus auf Christus das Lamm Gottes hat Johannes im Buch der Offenbarung aufgeschrieben.

Und ich sah mitten zwischen dem Thron und den vier Gestalten und mitten unter den Ältesten ein Lamm stehen, wie geschlachtet; es hatte sieben Hörner und sieben Augen, das sind die sieben Geister Gottes, gesandt in alle Lande. Und es kam und nahm das Buch aus der rechten Hand dessen, der auf dem Thron saß. Und als es das Buch nahm, da fielen die vier Gestalten und die vierundzwanzig Ältesten nieder vor dem Lamm, und ein jeder hatte eine Harfe und goldene Schalen voll Räucherwerk, das sind die Gebete der Heiligen, und sie sangen ein neues Lied:

Du bist würdig, zu nehmen das Buch und aufzutun seine Siegel; denn du bist geschlachtet und hast mit deinem Blut Menschen für Gott erkauft aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen und hast sie unserm Gott zu Königen und Priestern gemacht, und sie werden herrschen auf Erden. Und ich sah, und ich hörte eine Stimme vieler Engel um den Thron und um die Gestalten und um die Ältesten her, und ihre Zahl war vieltausendmal tausend; die sprachen mit großer Stimme: Das Lamm, das geschlachtet ist, ist würdig,

  • zu nehmen Kraft
  • und Reichtum
  • und Weisheit
  • und Stärke
  • und Ehre
  • und Preis (Verherrlichung)
  • und Lob.

Und jedes Geschöpf, das im Himmel ist und auf Erden und unter der Erde und auf dem Meer und alles, was darin ist, hörte ich sagen: Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm

  • sei Lob
  • und Ehre
  • und Preis (Verherrlichung)
  • und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Und die vier Gestalten sprachen: Amen! Und die Ältesten fielen nieder und beteten an.“ (Offb 5,6-14).

 

12.10 Jesus zur Rechten des Vaters – Er kommt als Weltrichter

 

Den ersten Hinweiß zum Richteramt Christi finden wir im Judasbrief (14-15), dort wird Bezug genommen auf die Zeit des Henoch und dessen Weissagung:

Es hat aber auch von diesen geweissagt Henoch, der Siebente von Adam an, und gesprochen: Siehe, der Herr kommt mit seinen vielen tausend Heiligen, Gericht zu halten über alle und zu strafen alle Menschen für alle Werke ihres gottlosen Wandels, mit denen sie gottlos gewesen sind, und für all das Freche, das die gottlosen Sünder gegen ihn geredet haben.

Im Zusammenhang der Begegnung Abrahams mit dem HERRN in 1Mose 18,25 und der klärenden Aussage von Jesus dazu in Joh 8,56-58 wird deutlich, dass der dem Abraham erschienene HERR, Jesus selbst war in einer Menschengestalt. Dort tritt Abraham vor den Herrn und sagt: „Das sei ferne von dir, dass du das tust und tötest den Gerechten mit dem Gottlosen, sodass der Gerechte wäre gleich wie der Gottlose! Das sei ferne von dir! Sollte der Richter aller Welt nicht gerecht richten?“

Von dem Messias heißt es in Jesaja 2,4: „Und er wird richten unter den Heiden und zurechtweisen viele Völker.

In Jes 42,1 spricht Gott dem Christus richterliche Aufgaben zu: „Siehe, das ist mein Knecht – ich halte ihn – und mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat. Ich habe ihm meinen Geist gegeben; er wird das Recht (das Gericht) unter die Heiden bringen.

Weitere Stellen aus dem Alten Testament: Psalm 7,9; 9,9; 96,13; 98,9; Jes 33,22.

 

Gerechtigkeit liegt im Wesen Gottes und Gott hat zu verschiedenen Zeiten auf verschiedene Weise seine Gerechtigkeit durch Urteilen und Richten hergestellt.

 

Die Hinweise auf das Richteramt von Jesus im Neuen Testament:

  • Joh 5,22-24 „Denn der Vater richtet niemand, sondern hat alles Gericht dem Sohn übergeben, damit sie alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren. Wer den Sohn nicht ehrt, der ehrt den Vater nicht, der ihn gesandt hat. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen.
  • Joh 5,27 „und er hat ihm Vollmacht gegeben, das Gericht zu halten, weil er der Menschensohn ist.
  • Mt 25,31-46 „Wenn aber der Menschensohn kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm, dann wird er sitzen auf dem Thron seiner Herrlichkeit, und alle Völker werden vor ihm versammelt werden. Und er wird sie voneinander scheiden, wie ein Hirt die Schafe von den Böcken (Ziegenböcke) scheidet, und wird die Schafe zu seiner Rechten stellen und die Böcke (Ziegenböcke) zur Linken.
  • Apg 17,31 „Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis richten will mit Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und hat jedermann den Glauben angeboten, indem er ihn von den Toten auferweckt hat.
  • 2Tim 4,1 „So ermahne ich dich inständig vor Gott und Christus Jesus, der da kommen wird zu richten die Lebenden und die Toten, und bei seiner Erscheinung und seinem Reic.“ (Vergleiche dazu auch 1Petr 4,5).

 

Die Jünger/Apostel Jesu werden in besonderer Weise auch in den Richterdienst des Christus einbezogen:

  • Mt 19,28 „Jesus aber sprach zu ihnen: „Wahrlich, ich sage euch: Ihr, die ihr mir nachgefolgt seid, werdet bei der Wiedergeburt, wenn der Menschensohn sitzen wird auf dem Thron seiner Herrlichkeit, auch sitzen auf zwölf Thronen und richten die zwölf Stämme Israels.

 

In sein richterliches Handeln bezieht Christus auch seine Gemeinde mit ein. Es ist geradezu auffällig, dass die Nachfolger Jesu sogar in diese hohe und verantwortungsvolle Aufgabe miteinbezogen werden, natürlich in einem durch Christus überwachten Rahmen.

  • 1Kor 6,2-3 „Wisst ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden? Wenn nun die Welt von euch gerichtet werden soll, seid ihr dann nicht gut genug, geringe Sachen zu richten? Wisst ihr nicht, dass wir über Engel richten werden? Wie viel mehr über Dinge des täglichen Lebens.“ Doch Vorsicht und Zurückhaltung sind für diese Zeit geboten, denn in 1Kor 4,5 schreibt Paulus:
  • Darum richtet nicht vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch ans Licht bringen wird, was im Finstern verborgen ist, und wird das Trachten der Herzen offenbar machen. Dann wird einem jeden von Gott sein Lob zuteil werden.
  • 2Kor 5,10 „Denn wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi, damit jeder seinen Lohn empfange für das, was er getan hat bei Lebzeiten, es sei gut oder böse.

 

Jesus, als Richter der Welt,- für die einen ist es Trost, weil ihr Recht hergestellt wird, für die anderen Furcht, weil sie ihre gerechte Strafe erhalten werden.

 

Fragen / Aufgaben:

  1. Suche nach Hinweisen im Alten Testament, die sich auf den Richterdienst des Christus beziehen.
  2. Woher wissen wir, dass der Richterdienst im Kompetenzbereich des Christus ist?
  3. Inwieweit sind die Apostel, aber auch die Gemeinde in den Richterdienst einbezogen?
  4. Warum ist Gericht unbedingt notwendig?

 

 

 

 

Anhänge

Anhang

 

Beschnedung

 

Die Details einer Beschneidung heute:

Die Beschneidung muss am 8. Tag nach der Geburt des Jungen stattfinden, auch wenn Sabbat oder Jom Kippur ist, denn sie gilt als das wichtigste aller Gebote.

Rabbiner erklären im Talmud, dass die Beschneidung Vorrang vor allen anderen Geboten der Tora hat, dabei ist keine Ausnahme erlaubt. Während der Zeremonie müssen 10 jüdische Männer als Vertreter der Gemeinde anwesend sein. Der Prophet Elia ist als unsichtbarer Ehrengast dabei. Wenn der Junge nicht gesund oder eine Frühgeburt ist, wird die Beschneidung verschoben und am 8. Tag nach der Gesundung vollzogen. Nicht nur Säuglinge, sondern auch erwachsene Männer, die zum Judentum übertreten, müssen beschnitten werden. Bei der Beschneidung wird die Vorhaut des männlichen Gliedes entfernt.

Die Zeremonie beginnt, wenn der festlich gekleidete Knabe in die Synagoge getragen wird. Wenn dieser angekommen ist, erheben sich alle Anwesenden und rufen:

„Gesegnet, der da kommt!”

Der Mohel (religiöser und medizinischer Beschneidungsspezialist) legt das Kind auf den „Elias-Stuhl” und sagt:

„Dies sei der Stuhl für Elia, zum Guten sei seiner gedacht. – Auf deine Hilfe hoffe ich, Ewiger. Ich harre auf deine Hilfe, Ewiger, deine Gebote erfülle ich. Elia, des Bundes Engel, auf ihn sind wir vorbereitet. Er stehe zu meiner Rechten und stütze mich. Ich harre auf deine Hilfe, Ewiger. Ich freue mich über dein Wort wie einer, der reiche Beute gefunden. Reicher Friede denen, die deine Tora lieben, sie straucheln nicht. Heil dem, den du erwählst und dir nahen lässt, dass er in deinen Höfen wohne.”

Die Anwesenden antworten:

„Mögen wir erquickt werden mit der Seligkeit deines Hauses, der Heiligkeit deines Tempels.”

Danach übernimmt die Kvaterin (Patin) das Kind von der Mutter und übergibt es dem Kvater (Pate). Dieser reicht den Knaben dem Vater und er gibt den Jungen dem Sandak (2. Pate), der auf einen für ihn bereitgestellten Stuhl sitzt. Der Ehemann darf das Kind nicht unmittelbar aus den Händen der Mutter nehmen, da diese noch von der Geburt her als religiös/rituell unrein gilt.

Der Mohel spricht daraufhin:

„Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der uns geheiligt durch deine Gebote und uns die Beschneidung befohlen.”

Dann entfernt er die Vorhaut am Penis des Knaben. Dazu verwendet er ein Beschneidungsmesser; einen Kamm zur Ablösung der Vorhaut von der Eichel und den Schild (Magen), der die Eichel vor Verletzungen schützt.
Nach der Beschneidung spricht der Vater des Kindes:

„Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der uns geheiligt durch deine Gebote und uns befohlen, den Sohn in den Bund unseres Vaters Abraham aufzunehmen.”

Die Anwesenden sprechen dann:

„Wie er in den Bund eingeführt worden, so möge er in der Tora, in die Ehe und die Ausübung guter Werke eingeführt werden.”

Danach wird der hebräische Name des Knaben laut verkündet und das Pflichtmahl vollzogen. Hierbei wird das Neugeborene beschenkt und gesegnet mit dem Spruch:

„Er wachse heran zur Tora, zur Chuppa (dem „Traubaldachin” = die Hochzeit) und zu guten Werken.”

Dieser Spruch wird auf den Torawimpel gestickt oder gemalt. Der Wimpel wird aus der Beschneidungswindel hergestellt. Der Junge stiftet diesen bei seinem ersten Synagogenbesuch der Gemeinde.

 

Gebet

„Erhoben und geheiligt werde sein großer Name auf der Welt, die nach seinem Willen von Ihm erschaffen wurde – sein Reich erstehe in eurem Leben in euren Tagen und im Leben des ganzen Hauses Israel, schnell und in nächster Zeit, sprecht: Amen! Sein großer Name sei gepriesen in Ewigkeit und Ewigkeit der Ewigkeiten. Gepriesen und gerühmt, verherrlicht, erhoben, erhöht, gefeiert, hocherhoben und gepriesen sei der Name des Heiligen, gelobt sei er, hoch über jedem Lob und Gesang, jeder Verherrlichung und Trostverheißung, die je in der Welt gesprochen wurde, sprecht Amen.

Fülle des Friedens und Leben möge vom Himmel herab uns und ganz Israel zuteil werden, sprecht Amen.

Der Frieden stiftet in seinen Himmelshöhen, er stifte Frieden unter uns und ganz Israel, sprecht Amen.“

 

Hier möchten wir auch auf das bekannte 18-Bitten-Gebet der jüdischen Tradition sehen:

1.     Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott und Gott unserer Väter, Gott Abrahams, Gott Isaaks und Gott Jakobs, großer starker und furchtbarer Gott, der du beglückende Wohltaten erweisest und Eigner des Alls bist, der du der Frömmigkeit der Väter gedenkst und einen Erlöser bringst ihren Kindeskindern um deines Namens willen in Liebe. König, Helfer, Retter und Schild! Gelobt seist du, Ewiger, Schild Abrahams!

2.     Du bist mächtig in Ewigkeit, Herr, belebst die Toten, du bist stark zum Helfen. Du ernährst die Lebenden mit Gnade, belebst die Toten in großem Erbarmen, stützest die Fallenden, heilst die Kranken, befreist die Gefesselten und hältst die Treue denen, die im Staube schlafen. Wer ist wie du, Herr der Allmacht, und wer gleichet dir, König, der du tötest und belebst und Heil aufsprießen lässt. Und treu bist du, die Toten wieder zu beleben. Gelobt seist du, Ewiger, der du die Toten wieder belebst!

3.     Du bist heilig, und dein Name ist heilig, und Heilige preisen dich jeden Tag. Sela! Gelobt seist du, Ewiger, heiliger Gott!

4.     Du begnadest den Menschen mit Erkenntnis und lehrst den Menschen Einsicht, begnade uns von dir mit Erkenntnis, Einsicht und Verstand. Gelobt seist du, Ewiger, der du mit Erkenntnis begnadest!

5.     Führe uns zurück, unser Vater, zu deiner Lehre, und bringe uns, unser König, deinem Dienst nahe und lass uns in vollkommener Rückkehr zu dir zurückkehren. Gelobt seist du, Ewiger, der du an der Rückkehr Wohlgefallen hast!

6.     Verzeihe uns, unser Vater, denn wir haben gesündigt, vergib uns, unser König, denn wir haben gefrevelt, denn du vergibst und verzeihst. Gelobt seist du, Ewiger, der du gnädig immer wieder verzeihst!

7.     Schaue auf unser Elend, führe unseren Streit und erlöse uns rasch um deines Namens willen, denn du bist ein starker Erlöser. Gelobt seist du, Ewiger, der du Israel erlösest!

8.     Heile uns, Ewiger, dann sind wir geheilt, hilf uns, dann ist uns geholfen, denn du bist unser Ruhm, und bringe vollkommene Heilung allen unseren Wunden, denn Gott, König, ein bewährter und barmherziger Arzt bist du. Gelobt seist du, Ewiger, der du die Kranken deines Volkes Israel heilst!

9.     Segne uns, Ewiger, unser Gott, dieses Jahr und alle Arten seines Ertrages zum Guten, gib Segen der Oberfläche der Erde, sättige uns mit deinem Gute und segne unser Jahr wie die guten Jahre. Gelobt seist du, Ewiger, der du die Jahre segnest!

10.   Stoße in das große Schofar zu unserer Befreiung, erhebe das Panier, unsere Verbannten zu sammeln, und sammle uns insgesamt von den vier Enden der Erde. Gelobt seist du, Ewiger, der du die Verstoßenene deines Volkes Israel sammelst!

11.   Bringe uns unsere Richter wieder wie früher und unsere Ratgeber wie ehedem, entferne uns von Seufzen und Klage, regiere über uns, Ewiger, allein in Gnade und Erbarmen und rechtfertige uns im Gericht. Gelobt seist du, Ewiger, König, der du Gerechtigkeit und Recht liebst!

12.   Den Verleumndern sei keine Hoffnung, und alle Ruchlosen mögen im Augenblick untergehen, alle mögen sie rasch ausgerottet werden, und die Trotzigen schnell entwurzle, zerschmettre, wirf nieder und demütige sie schnell in unseren Tagen. Gelobt seist du Ewiger, der du die Feinde zerbrichst und die Trotzigen demütigst!

13.   Über die Gerechten, über die Frommen, über die Ältesten deines Volkes, des Hauses Israel, über den Überrest ihrer Gelehrten, über die frommen Proselyten und über uns sei dein Erbarmen rege, Ewiger, unser Gott, gib guten Lohn allen, die auf deinen Namen in Wahrheit vertrauen, und gib unseren Anteil mit dem ihrigen zusammen in Ewigkeit, dass wir nicht zuschanden werden, denn auf dich vertrauen wir. Gelobt seist du, Ewiger, Stütze und Zuversicht der Frommen!

14.   Nach deiner Stadt Jerusalem kehre in Erbarmen zurück, wohne in ihr, wie du gesprochen, erbaue sie bald in unseren Tagen als ewigen Bau, und Davids Thron gründe schnell in ihr. Gelobt seist du, ewiger, der du Jerusalem erbaust!

15.   Den Sprößling deines Knechtes David lass rasch emporsprießen, sein Horn erhöhe durch deine Hilfe, denn auf deine Hilfe hoffen wir den ganzen Tag. Gelobt seist du, Ewiger, der das Horn der Hilfe emporsprießen lässt!

16.   Höre unsere Stimme, Ewiger, unser Gott, schone und erbarme dich über uns, nimm mit Erbarmen und Wohlgefallen unser Gebet an, denn Gott, der du Gebete und Flehen erhörst, bist du, weise uns, unser König, nicht leer von dir hinweg. Denn du erhörst das Gebet deines Volkes Israel in Erbarmen. Gelobt seist du, Ewiger, der du das Gebet erhörst!

17.   Habe Wohlgefallen, Ewiger, unser Gott, an deinem Volke Israel und ihrem Gebete, und bringe den Dienst wieder in das Heiligtum deines Hauses, und die Feueropfer Israels und ihr Gebet nimm in Liebe auf mit Wohlgefallen, und zum Wohlgefallen sei beständig der Dienst deines Volkes Israel. Und unsere Augen mögen schauen, wenn du nach Zion zurückkehrst in Erbarmen. Gelobt seist du, Ewiger, der seine Majestät nach Zion zurückbringt!

18.   Wir danken dir, denn du bist der Ewige, unser Gott und der Gott unserer Väter, immer und ewig, der Fels unseres Lebens, der Schild unseres Heils bist du von Geschlecht zu Geschlecht. Wir wollen dir danken und deinen Ruhm erzählen für unser Leben, das in deine Hand gegeben, und unsere Seelen, die dir anvertraut, und deine Wunder, die uns täglich zuteil werden, und deine Wundertaten und Wohltaten zu jeder Zeit, abends, morgens und mittags. Allgütiger, dein Erbarmen ist nie zu Ende, Allbarmherziger, deine Gnade hört nie auf, von je hoffen wir auf dich. Für alles sei dein Name gepriesen und gerühmt, unser König, beständig und immer und ewig. Alle Lebenden danken dir, Sela, und rühmen deinen Namen in Wahrheit, Gott unserer Hilfe und unseres Beistandes, Sela! Gelobt seist du, Ewiger, Allgütiger ist dein Name, und dir ist schön zu danken!

19.   Verleihe Frieden, Glück und Segen, Gunst und Gnade und Erbarmen uns und ganz Israel, deinem Volke, segne uns, unser Vater, uns alle vereint durch das Licht deines Angesichts, denn im Lichte deines Angesichtes, gabst du uns, Ewiger, unser Gott, die Lehre des Lebens und die Liebe zum Guten, Heil und Segen, Barmherzigkeit, Leben und Frieden, und gut ist es in deinen Augen, dein Volk Israel zu jeder Zeit und jeder Stunde mit deinem Frieden zu segnen. Gelobt seist du, Ewiger, der du dein Volk Israel mit Frieden segnest! Das Gebet hat 19 Bitten, da die 14. Bitte auf zwei Bitten verteilt wurde – ohne den Titel des Gebets zu ändern.

Aus: Sidur Sefar Emet (Jüdisches Gebetsbuch), Basel 1964, S.40ff

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9. Kapitel: Jesus in Jerusalem und Judäa

Vorwort

In diesen Abschnitten begleiten wir Jesus auf seiner Reise nach Jerusalem zum Laubhüttenfest

9.1 Jesus kommt auf dem Laubhüttenfest in Jerusalem an

(Bibeltext: Joh 7,10-53)

Im Herbst des Jahres 32, als das Laubhüttenfest (3Mose 23,34) schon im Gange war, es ging eine Woche lang, kommt Jesus auf dem Weg durch Samarien mit seinen Jüngenr in Jerusalem an und geht sofort in den Tenpel (Joh 7,10f). Jesus kommt sozusagen in der Mitte des Festes ganz überraschend an. Im folgenden Text fällt auf, das das Hauptgesprächsthema auf dem Fest die Person Jesu ist. Die Menge der Festpilger setzt sich aus Menschen zusammen, die unterschiedliche, ja zum Teil gegensätzliche Positionen in Bezug auf die Person Jesu beziehen. Folgende Gruppen werden im Text genannt:

  • Die Juden allgemein,
  • Die Schriftgelehrten,, die kamen meist aus der Partei der Pharisäer,
  • Die Pharisäer,- fromme und strenggläubige Juden,
  • Die Ältesten aus dem Rat der siebzig,
  • Die Hohenpriester,- sie waren haptsächlich aus der Partei der Sadduzäer, also mehr eine politische und theologisch diesseits bezogene liberale Gruppeierung,
  • Die Diener oder Tempelwache,- sie unterstanden dem Hohenpriester,
  • Die Gruppe der Beführworter Jesu aus dem Volk,
  • Die Gruppe der Gegner Jesu aus dem Volk,
  • Nikodemus, frommer Pfarisäer und Ratsmitglied, der für Jesus eintritt,
  • Die Jünger Jesu und seine Brüder treten nicht in Erscheinung, bzw. beteiligen sich nicht an der Diskussion, werden gar nicht genannt, sie sind jedoch dabei.

Dass dieser Auftritt von Jesus während eines jüdischen Festes und dazu noch im Tempel in Jerusalem stattfindet, macht das Ganze zu einer öffentlichen und sogar offiziellen Veranstaltung.

Im Grunde geht es um die Frage: Wer ist dieser Jesus von Nazaret? Weil Jesus in Nazaret aufgewachsen ist, bestand die allgemeine Ansicht im Volk, er wäre auch dort geboren worden. Es gab wohl niemand, der sich noch an die Geburt dieses Jesus in Betlehem vor 32 Jahren erinnern konnte, oder wollte. Es gibt auch keinen Hinweiss in den Evangelien darüber, dass Jesus seinen Geburtsort aufgesucht hätte. Und auch Jesus selbst unternimmt keinen Versuch, seine (Geburtsurkunde) vorzuzeigen um vor aller Augen den Beweiß seiner messianischen Herkunft aus Betlehem zu belegen.

So endet die Debatte im höchsten jüdischen Gremium mit der Unklarheit über die Herkunft von Jesus sozusagen ergebnislos (Joh 7,53).

Bei diesem öffentlichem Auftreten von Jesus heißt es, dass Jesus lehrte. Und er lehrte aus den Schriften des Alten Testamentes. Damit löste er Verwunderung beim Volk aus über seine Kenntnisse, Erkenntnisse und die Weisheit, welche bei der Deutung der Schriften deutlich wurden (Joh 7,15).

Während er lehrt, unterhalten sich die Leute, stellen Fragen, reagieren, kurzum es geht sehr lebhaft zu. Jesus muss sich zum Teil laut rufend Gehör verschaffen (Joh 7,37).

Folgende Fragen helfen uns bei der Betrachtung des Textes:

  1. Warum suchten die Juden Jesus auf dem Fest (Vers 11)?
  2. Welche Meinungen vertraten die Menschen über Jesus (Vers 12)?
  3. Wie wird die Furcht der Menschen vor den Juden begründet (Vers 13)? Ist freie Menungsbildung nicht erlaubt?
  4. Warum geht Jesus erst zur Mitte der Festtage in den Tempel hinauf (Vers 14)?
  5. Auch wir fragen, woher hat Jesus solche Weisheit, wo hat er gelernt (Vers 15)?
  6. Jesu Lehre ist eng mit dem Verbunden, der ihn gesandt hat (Verse 16-17).
  7. Warum ist das Erkennen vom Tun des Willens Gottes abhängig?
  8. Wer sucht seine eigene Ehre, wer die Ehre dessen, der ihn gesandt hat? Welches Prinzip liegt dem Zugrunde (Vers 18)?

Jesus steht in einer Diskussion mit den Juden. Er bleibt beim Thema und geht zum Angriff über. Die Juden selbst, als Gesetzestreue (Bibeltreue) übertreten ständig das Gesetz mit dem sie sich rühmen. Ja, Jesus bescheinigt ihnen sogar, dass sie alle Gesetzesübertreter sind. Doch sie sind keine fäire Diskussionspartner, sie werden ausfällig mit ihrem groben und unberechtigtem Vorwurf. Doch Jesus bleibt ruhig, er lässt sich nicht provozieren (Vers 20). Es fällt auf, dass diese unbegründete Behauptung vom Volk ausgesprochen wird (du hast einen Dämon).

Vers 21 – Jesus wird nun konkret. Er verweist auf die Heilung eines Menschen (am Sabbat) und betont, dass eieser Mensch ganzheitlich gesund wurde. Die Juden beschneiden aber jeden Jungen wenn er acht Tage alt ist, ohne Rücksicht auf den Sabbat, an dem doch keine Arbeit erlaubt ist. Und Jesus fragt mit Recht, wo bleibt die Logik, wo bleibt das gerechte Urteil. Warum werden zweierlei Maß angelegt.

Nun wirkt sich diese offene Diskusion für Jesus positiv aus, denn einige Jerusalemer-Bürger fragen sich untereinander, warum denn die Oberen nicht eingreifen, kommt vielleicht doch die Erkenntnis durch, dass dieser der Christus sei? Doch sie geben sich selbst die Antwort: „Woher dieser ist, wissen wir, wenn aber der Christus kommen wird, wird niemand wissen, woher er kommt“.

Welche Vorstellung von Christus hatten diese Jerusalemer? Kannten sie nicht die Schriften über den Messias? Warum haben sie nicht nachgeforscht?

Jesus wird laut, er rief laut: „ihr kennt mich und wisst woher ich komme.? Und von mir selber bin ich nicht gekommen, sondern es ist ein Wahrhaftiger, der mich gesandt hat, den ihr nicht kennt.“ Was! Die Menschen, die vor ihm stehen kennen Gott nicht?

Ein weiterer Versuch ihn zu greifen misslingt, vielleicht weil seine Stunde noch nicht gekommen war. Gott wacht über das Geschehen, es entgleitet ihm nichts aus der Hand.

Vers 31 Die Reaktion auf die Lehre (in Form eines Dialoges, Diskussion und Argumentation) bleibt nicht aus, sie fällt positiv aus, viele aus dem Volk öffnen sich und glauben an ihn als den Messias trotz der Gefahr von den Ältesten der Juden in den Bann getan zu werden. Die Wunderwerke Jesu und seine überzeugende Art in der Lehre weckte Glauben in ihnen.

Die Priester bekommen es mit, dass sich das Blatt wendet und viele vom Volk sich zu Jesus bekennen. Dies wollen sie mit allen Mitteln verhindern. Die Hohenpriester  schicken Diener mit dem klaren Auftrag Jesus zu ergreifen. Doch Jesus flieht nicht, er zieht sie in weitere geheimnisvolle Äußerungen ein. „Es dauert nicht mehr lange (kleine Zeit) dann gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat.“ „Ihr werdet mich suchen und nicht finden“.

Mit ihrem natürlichen Denken begreifen sie nicht, was Jesus meint. Es fällt geradezu auf, dass Jesus immer wieder rätzelhaft redet, für seine Zuhörer nicht eindeutig klar, verständlich. Sie müssen nachdenken, überlegen, was sagt er, wie meint er das, wie soll man ihn verstehen?

Nun wendet sich Jesus dieser neuen Gruppe von Gläubigen zu

Ich will Wasserbäche auf den Höhen öffnen und Quellen mitten auf den Feldern und will die Wüste zu Wasserstellen machen und das dürre Land zu Wasserquellen“ (Jes 41,18). „Denn ich will Wasser gießen auf das Durstige und Ströme auf das Dürre: ich will meinen Geist auf deine Kinder gießen und meinen Segen auf deine Nachkommen“ (Jes 44,3),

 

9.2 Was kostet das ewige Leben und wer ist mein Nächster?

(Lk 10,25-37)

Diese Geschichte ist nicht zu verwechseln mit der aus Lukas 18,18 in der ebenfalls die Frage nach dem ewigen Leben gestellt wurde

9.2.1 Was muß ich tun, dass ich das ewige Leben ererbe?

Und siehe, da stand ein Schriftgelehrter auf, versuchte ihn und sprach: Meister, was muss ich tun, dass ich das ewige Leben ererbe? Er aber sprach zu ihm: Was steht im Gesetz geschrieben? Was liest du? Er antwortete und sprach: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüt, und deinen Nächsten wie dich selbst« (5.Mose 6,5; 3.Mose 19,18).

Er aber sprach zu ihm: Du hast recht geantwortet; tu das, so wirst du leben“ (Lk 10,25-30).

9.2.2 Wer ist denn mein Nächster?

Er aber wollte sich selbst rechtfertigen und sprach zu Jesus: Wer ist denn mein Nächster? 30 Da antwortete Jesus und sprach: Es war ein Mensch, der ging von Jerusalem hinab nach Jericho und fiel unter die Räuber; die zogen ihn aus und schlugen ihn und machten sich davon und ließen ihn halb tot liegen.

31 Es traf sich aber, dass ein Priester dieselbe Straße hinabzog; und als er ihn sah, ging er vorüber.

32 Desgleichen auch ein Levit: Als er zu der Stelle kam und ihn sah, ging er vorüber.

33 Ein Samariter aber, der auf der Reise war, kam dahin; und als er ihn sah, jammerte er ihn;

34 und er ging zu ihm, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie ihm, hob ihn auf sein Tier und brachte ihn in eine Herberge und pflegte ihn.

35 Am nächsten Tag zog er zwei Silbergroschen heraus, gab sie dem Wirt und sprach: Pflege ihn; und wenn du mehr ausgibst, will ich dir’s bezahlen, wenn ich wiederkomme.

36 Wer von diesen dreien, meinst du, ist der Nächste gewesen dem, der unter die Räuber gefallen war?

37 Er sprach: Der die Barmherzigkeit an ihm tat. Da sprach Jesus zu ihm: So geh hin und tu desgleichen!

Fragen:

1.

2.dd

3.

4.

5.

 

9.3 Jesus im Haus der Martha in Bethanien

(Bibeltext: Lk 10,38-42)

Der Evangelist Lukas schreibt:

Es geschah aber, als sie ihres Weges zogen, dass er in ein Dorf kam; und eine Frau mit Namen Marta nahm ihn auf. Und diese hatte eine Schwester, genannt Maria, die sich auch zu den Füßen Jesu niedersetzte und seinem Wort zuhörte. Marta aber war sehr beschäftigt mit vielem Dienen; sie trat aber hinzu und sprach: Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester mich allein gelassen hat zu dienen? Sage ihr doch, dass sie mir helfe! Jesus aber antwortete und sprach zu ihr: Marta, Marta! Du bist besorgt und beunruhigt um viele Dinge; eins aber ist nötig. Maria aber hat das gute Teil erwählt, das nicht von ihr genommen werden wird. (Lk 10,38-42)

Diese Begebenheit zählt zu dem sogenannten Sondergut des Lukas. Während die Evangelisten Matthäus, Markus und Johannes auch noch von der Salbung in Bethanien durch Maria berichten, hat Letzterer auch noch das Wunder der Auferweckung des Lazarus in seinem  Bericht aufgezeichnet. Auch in diesem Fall ergänzen die Evangelisten einander so dass wir einen gewissen Einblick in die Familiensituation von Martha bekommen können.

Das Dorf Bethanien (heute Al-Eizariva) liegt am Weg, der hinab nach Jericho führt, etwa fünfzehn Stadien = 2,8 Kilometer südöstlich von Jerusalem entfernt (Joh 11,18; 12,1; Lk 19,29).

Wir ordnen diesen ersten Besuch in Bethanien in den Herbst 32 n. Chr. ein, also nach dem Laubhüttenfest (Joh 7,1ff), obwohl sich diese Geschichte auch bei einem der früheren Jerusalembesuchen ereignet haben könnte.

Von dem familiären Kontext der drei Geschwister in Bethanien erfahren wir wenig. Folgende Einzelheiten jedoch sind erkennbar:

  • Die Familie hatte wahrscheinlich keine Bediensteten im Haus, ihr sozialer Status erlaubte es ihnen nicht eine Magd als Haushaltshilfe anzustellen.
  • Martha ist wahrscheinlich die Älteste der drei Geschwister und organisiert den Haushalt.
  • Möglich oder sogar wahrscheinlich ist, dass Martha verheiratet war, denn Lukas bezeichnet sie als Frau gr. ´gunh`gyn¢`.
  • Die Evangelisten Matthäus und Markus notieren, dass die Salbung durch Maria im Hause Simons des Aussätzigen stattfand. Dieser Simon war früher aussätzig, den hat Jesus gesund gemacht/gereinigt und nun stellt er sein Haus Jesus und seinen Jüngern zur Verfügung (Mt 26,6;  Mk 14,3). Es wäre undenkbar gewesen, dass sich ein Aussätziger im Dorf und einem Haus hätte aufhalten können. Es geht hier also um eine frühere Heilungstat von Jesus an Simon, die jedoch nicht beschrieben wurde. Die Zusatzbezeichnung ´Simon der Aussätzige´ bekam er noch zur Zeit seiner Krankheit und er behielt sie wohl zur Erinnerung an seine frühere Geschichte und zur Unterscheidung von vielen anderen Männern gleichen Namens.
  • Es besteht also ein enger Zusammenhang zwischen dem Simon, der in Bethanien ein Haus besitzt und Martha, die bei den Jesusbesuchen in Bethanien immer die Dienende Hausfrau ist (Vgl. Mt 26,6; Mk 14,3 mit Joh 12,1-2;  Lk 10,38-40). Der griechische Begriff ´diakoni`a – diakonia´, meint in erster Lienie den Tischdienst. Vielleicht war Martha mit Simon sogar verheiratet? Überhaupt kam es eher selten vor, dass eine Frau in Israel unverheiratet blieb.
  • Maria ist vermutlich die jüngere Schwester, doch auch sie wird von Johannes als Frau bezeichnet.

Es geht aber Lukas nicht so sehr um die gesamte familiäre Verknüpfung, sondern vorrangig um die beiden Schwestern und deren Beziehung zu Jesus und auch zu einander. Dabei geht es ihm keineswegs darum, die eine gegen die andere auszuspielen. Folgende Einzelheiten im Ablauf des Besuches von Jesus können genannt werden:

  • Jesus ist mit seinen Jüngern und anderen Männern der Familie im Gastzimmer. Sie sitzen (halb liegend) im Kreis auf Polstern und Jesus spricht, erzählt, lehrt oder beantwortet Fragen.
  • Maria setzt sich sozusagen im zweiten äußeren Kreis zu den Füßen von Jesus. Sie sitzt also nicht vor ihm zu seinen Füßen, sondern hinter ihm, denn die Füße der zu Tisch Liegenden im damaligen Kontext sind nicht nach innen, sondern nach außen gerichtet. Und doch ist das Verhalten der Maria ungewöhnlich im kulturellen Kontext der jüdischen Gesellschaft.

Für Jesus hingegen stellt die Nähe der Frauen zu ihm kein Problem dar, im Gegenteil, es gibt mehrere Berichte, die davon sprechen, dass er Frauen, die bei ihm Hilfe suchten, in ihrer Würde stärkte und dies oft im Beisein von Männern. Damit stellt er auch ganz bewusst die Weichen für die zukünftige Kultur des Verhaltens und Vertrauens zwischen Männern und Frauen in der Familie und Gemeinde. In seiner Versammlung dürfen Männer und Frauen gemeinsam auf Gottes Wort hören. Maria tut es unauffällig, ihre Motive sind lauter/rein. Jesus bescheinigt Maria das gute Teil erwählt zu haben, welches von ihr nicht weggenommen werden soll. Beachten wir die Betonung auf: „Sie hat das gute Teil erwählt“. Im neutestamentlichen Konzept von Jesus können Frauen ebenso frei wählen, auswählen wie die Männer es tun. Sie haben die gleiche Fähigkeit und den freien Willen in Eigenverantwortung für sich selbst Entscheidungen zu treffen. Das `gute Teil` meint hier nicht einfach nur auf Gottes Wort zu hören im Gegensatz zum Tischdienst der Martha, sondern es definiert die innere Haltung und Beziehung der Maria zu Jesus.

Im Gegensatz zu Marias Schlichtheit und Zurückhaltung, setzt sich ihre (ältere) Schwester Martha sozusagen in Szene und offenbart damit einige ihrer Charakterschwächen.

Martha: „Herr, bemerkst du nicht (macht es dir nichts aus) dass meine Schwester mich allein gelassen hat mit dem dienen? Sage ihr doch, dass sie mir helfen soll.“ Was offenbart sie durch ihr Verhalten, ihre Aussagen und sogar durch den Ton?

  • Sie stellt sich vor Jesus hin und zieht damit die Aufmerksamkeit aller Anwesenden Männer auf sich.
  • Sie unterbricht Jesus in seiner Rede, weil sie meint, etwas Wichtigeres sagen zu müssen – das ist überheblich und respektlos.
  • Indem sie nicht ihre Schwester direkt und unaufällig anspricht, sondern sich laut und vorwurfsvoll an Jesus wendet, lenkt sie die gesamte Aufmerksamkeit, die bis dahin allein Jesus galt, nun ganz auf  sich, – das ist Egoismus – bewusste Suche nach Anerkennung.
  • Durch ihren Vorwurf demütigt und verletzt sie zutiefst ihre eigene Schwester vor allen Anwesenden Männern.
  • Sie hebt lobend ihre eigene Leistung hervor.
  • Sie stellt ihren Dienst der Verpflegung über den Dienst von Jesus mit dem Wort Gottes, – das sind falsche Wertvorstellungen.
  • In ihrem Beschäftigtsein übersieht sie völlig den heilsamen (therapeutischen) Dienst von Jesus durch das Wort an den Anwesenden – das ist mindere Wertschätzung des Wortes Gottes.
  • Es mangelt ihr an gesundem Selbstbewustsein, sie fühlt sich übersehen, damit zeigt sie (für Jesus offensichtlich) ihre innere wunden Stellen.

Jesus nutzt diese Situation zur Korrektur und damit zur Therapie (Heilung). Dies tut er aus Liebe – „Jesus aber hatte Marta lieb und ihre Schwester und Lazarus.“ (Joh 11,5).

Er schiebt das Problem nicht auf später nach der Stubenversammlung (Gottesdienst). Was öffentlich falsch gesagt oder getan wird, soll auch öffentlich geklärt werden. Er bescheinigt ihr ein übertriebenes Maß an Sorge und Mühe mit ihrem Dienen. Natürlich hat Jesus nichts gegen gutes Essen einzuwenden, doch es muß nicht übertrieben werden. Wenn der Aufwand für die natürlichen Mahlzeiten so hoch ist und einen so breiten Raum einnimmt, dass das Geistliche zu kurz kommt oder gar verdrängt wird, dann meldet sich Jesus zu Wort und bringt seine Korrekturen an. Hier stellt sich die Frage nach der Priorität und der Ausgewogenheit der Versorgung von Leib und Geist.

Dass Jesus Martha zweimal bei ihrem Namen nennt, ist nicht ohne Grund und macht den Ernst der Lage deutlich. Es gibt zwei weitere Situationen, bei denen Jesus einmal Petrus (Lk 22,31) und später Paulus (Apg 9,4) mit der Doppelung ihres Namens anspricht. Jedes mal ist es mit einem großen Nachdruck ausgesprochen worden – die Lage ist sehr ernst.

Martha hat ein grundsätzliches Problem – die Frage nach dem „Wer bin ich?“ und was macht meinen Wert aus?“ war bis dahin nicht geklärt.

Und Jesus will ihr helfen, die Schwachpunkte in ihrem Charakter, die in ihrem Verhalten deutlich zum Vorschein kommen, zu erkennen und zu beheben.

Hat Martha Jesus verstanden, hat sie von ihm gelernt und sich verändern lassen? Ganz gewiß ja, denn später als Jesus sich ihrem Ort nähert wegen Lazarus, ist sie die erste, die unbemerkt und unaufgefordert Jesus entgegen geht (Joh 11,21f). Die theologischen Erkenntnisse und Einsichten, die sie dort äußert, machen deutlich, dass sie sehr genau hinhörte, was Jesus lehrte. Dagegen blieb Maria bei dieser Gelegenheit in ihre Trauer gehüllt und vielleicht auch gegenüber Jesus verärgert, zu Hause sitzen. So schreibt Johannes: „Als Marta nun hörte, dass Jesus kommt, geht sie ihm entgegen; Maria aber blieb daheim sitzen.“ (Joh 11,20). Sie hat willentlich zugelassen, dass Ärger und Frustration gegenüber Jesus in ihrem Herzen Raum gewannen. Und so versank sie in ihrer Traurigkeit. Dadurch wurde zeitweise ihre bewusste Wahl des `Guten Teils` überdeckt.

Jesus musste sie ausdrücklich rufen, ja sogar herausrufen aus ihrer Verzagtheit, aus ihrer Verärgerung und Enttäuschung über das späte Eintreffen von Jesus. Aber auch sie hat es gelernt, Jesus wieder ganz neu zu vertrauen, denn die Salbung bei einem weiteren Besuch Jesu in Bethanien, macht dies sehr deutlich (Joh 12,1-6).

So hat Jesus durch seine Anwesenheit, sein heilsames Wort und die konkreten Korrekturen, der ganzen Familie zu einer gesunden Glaubensbeziehung zu sich selbst und auch der Geschwister untereinander verholfen.

Fragen / Aufgaben:

  1. Warum besucht Jesus bestimmte Orte, Häuser und Familien besonders gerne?
  2. Trage zusammen, was die vier Evangelisten über diese Familie berichten.
  3. Wie sind die Aufgaben (Rollen) in dieser Familie verteilt, beachte dabei den Kontext der damaligen Kultur? Inwieweit konnten sie sich selbst aussuchen, was sie gerne machen würden?
  4. Ist es für uns heute sinnvoll, dass jeder sich vielseitig ausprobiert und entfaltet?
  5. Neigen auch wir dazu wie Martha, andere in unsere Aufgabe hineinzuzwängen und dies nicht immer aus lauteren Motiven?
  6. Bist du mehr Martha oder Maria, oder gar Lazarus? Welche dieser Rollen passt mehr auf dich? Oder hast du von allen etwas?
  7. Bist du mit deinem Lebensstand, Lebensaufgabe zufrieden?
  1. Wie sind die Prioritäten bei den zwei Schwestern gesetzt? Was ist wichtiger, was kommt zuerst dran, was danach, was könnte man auf ein sinnvolles Maß reduzieren? Wie werten und ordnen wir sogenannte geistliche und natürliche Bereiche in unserem Alltag ein?
  2. Die Aufgaben in der Familie und Gemeinde, – sind sie gut und richtig den jeweiligen Personen zugeordnet?
  3. Wie greifen wir ein oder welche Hilfestellung geben wir Mitarbeitern bei deren  Unzufriedenheit in ihren Diensten?

 

 

9.4 Jesus macht frei (PS)

         (Joh 7,31-36)

Noch in Arbeit

 

9.5 Jesus ist das Wasser des Lebens

(Bibeltext: Joh 7,37-53)

 

 

9.6 Jesus vergibt der Ehebrecherin

(Bibeltext: Joh 8,1-11)

Es ist Herbst in Jerusalem, etwa Oktober 32 n.Chr. Die Feierlichkeiten zum Laubhüttenfest sind vorüber, aber in Jerusalem und besonders auf dem Tempelgelände versammeln sich täglich viele Menschen. Einige sind mit ihren Opfern beschäftigt und suchen die Nähe zu den Pristern, andere sind da weil sie hoffen Jesus anzutreffne, der seit dem Fest sich in Jerusalem und Umgebung aufhält.

Zu dieser Jahreszeit sucht Jesus mit seinen Jüngern den Ölberg a zur Übernachtung auf. Noch später heißt es, dass sich Jesus oft mit seinen Jüngern dort aufhielt (Joh 18,2). Am nächsten Morgen kommt Jesus wieder in den Tempel und setzte sich hin um zu lehren. Das Volk zu lehren empfand er als eine seiner wichtigen Aufgaben. Doch dann wird er  unterbrochen, denn schon aus der Ferne hört man wie eine Gruppe von Pharisäern und Schriftgelehrter eine Frau vor sich her führen. Sie kommen zu Jesus, stellen die Frau in die Mitte und tragen ihre Anklage vor:

  • Lehrer, diese Frau ist auf frischer Tat beim Ehebruch ergriffen worden. In dem Gesetz aber hat uns Mose geboten, solche zu steinigen. Du nun, was sagst du? Dies aber sagten sie, ihn zu versuchen, damit sie etwas hätten, um ihn anzuklagen. Jesus aber bückte sich nieder und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie aber fortfuhren, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sprach zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie. Und wieder bückte er sich nieder und schrieb auf die Erde. Als sie aber dies hörten, gingen sie, einer nach dem anderen, hinaus, angefangen von den Älteren; und er wurde allein gelassen mit der Frau, die in der Mitte stand. Jesus aber richtete sich auf und sprach zu ihr: Frau, wo sind sie? Hat niemand dich verurteilt? Sie aber sprach: Niemand, Herr. Jesus aber sprach zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht. Geh hin und sündige von jetzt an nicht mehr“ (Joh 8,4-11)!

Nach dem Buchstaben des Gesetzes waren die Kriterien zu einer Verurteilung der Frau nicht erfüllt.

  1. Der mitbeteiligte Mann fehlte,
  2. Wo waren die Zeugen? Eventuell der rechtmäßige Ehemann dieser Frau?

Der Wortlaut des Gesetzes war: „Wenn ein Mann mit einer Frau Ehebruch treibt, wenn ein Mann Ehebruch treibt mit der Frau seines Nächsten, müssen der Ehebrecher und die Ehebrecherin getötet werden“ (3Mose 20,10).

Doch wurde solch ein Urteil in der Geschichte Israels selten vollstreckt. In dem Zusammenhang werden wir erinnert an den so tückischen Sündenfall von König David (2Sam 12,5-10). Die Tat war schlimm Genug und auch mit Folgen für die Nachkommen des Königs, doch wie handelte Gott mit David?

Fragen:

  1. Wo übernachtet Jesus am liebsten mit seinen Jüngern in der Zeit seiner Jerusalemaufenthalte?
  1. Was ist seine Hauptbeschäftigung am Tag, wenn er sich im Tempel in Jerusalem aufhält? Welchen Stellenwert hat für uns gesunde, biblische Lehre heute?
  1. Welche Gruppe von Menschen kümmerten sich um die Einhaltung des Mosaischen Gesetzes und der Aufsätze der Ältesten?
  1. Wie haben oder konnten sie die frische Tat des Ehebruchs bei dieser Frau feststellen? Und warum führen sie nicht auch den an der Tat beteilgten Mann vor Jesus?
  1. Welches Maß an Strafe ordnet das Gesetz Moses an für solche sexuellen Vergehenl?
  1. Worin bestand die Versuchung der Pharisäer?
  1. Was schrieb Jesus auf die Erde mit dem Finger? Von wem lesen wir im AT, der auch mit dem Finger geschrieben hat (2Mose 31,18; 5Mose 9,10)

„Wer unter euch ohne Sünde ist, der …. Wer unter euch noch nie die Ehe gebrochen hat …

  1. Alle hatten ein belastetes Gewissen, keiner war ohne Sünde. Wie steht es heute mit den Christen?.
  1. Warum verurteilte Jesus nicht. Wie geht er vor? Was ist wirksamer, Gesetz oder Gnade, um den Menschen zur Buße und Umkehr zu bewegen?
  1. Sündige nicht mehr, heißt hier – gib deinen sündigen Lebensstil auf, ändere deine Gesinnung und dein Verhalten.

 

9.7. Jesus  – das Licht der Welt

(Joh 8,12-30)

ffffffffffffff

 

9.8 Die wahre Freiheit – Wer sind Abrahams Kinder? (Noch in Arbeit)

(Bibeltext: Joh 8,31-59)

 

9.9 Jesus heilt den Blindgeborenen

(Joh 9,1-41)

9.9.1 Meister, wer hat gesündigt?

(Bibeltext: Joh 9,39-41)

Auch diese Heilungstat Jesu beschreibt nur der Evangelist Johannes. Es gehört zu den sogenannten 7 Wunder-Zeichen des Messias im Johannesevangelium. Dafür verwendet der Evangelist ein ganzes Kapitel. Viele Personen sind in die Geschichte einbezogen:

  • Jesus und seine Jünger,
  • der Blindgeborene,
  • die Nachbarn und Bekannten,
  • die Eltern des Geheilten,
  • die Pharisäer.
  • Das Volk, welches jedoch nicht aktiv an der Geschichte teilnimmt,

Wenn wir bedenken, dass an diesem Tag Sabbat war (V. 14), wird uns einiges leichter verständlich, denn nicht zum erstenmal vollbringt er am Sabbat Heilungen, nein er tut dies bewusst oft und immer öffentlich. Damit will er bestimmte Zeichen setzen. Doch später gehen wir noch näher darauf ein.

Jesus ist immer sehr aufmerksam in seiner Umgebung und merkt Dinge oder Personen, die anderen entgehen oder nicht so wichtig erscheinen. Für viele Jerusalemer ist der Bettkler ein alltäglicher und daher gewohnter Anblick (V. 8). Doch für Jesus gehört er zu denen, die Gott in seinen Plan als aktiven Teilnehmer und Zeugen einbezogen hat.

Das Schicksal eines Blindgeborenen damals war von sehr vielen äußeren Einschränkungen gezeichnet. Aus der Frage der Jünger und auch der Beurteilung der Pharisäer geht ferner hervor, dass Menschen mit Behinderungen dazu noch unter dem Urteil standen von Gott bestraft worden zu sein (V. 2. 34). Doch der Mann konnte überleben, denn das Gesetz forderte auch die soziale Fürsorge von den Menschen gegenüber Schwachen und so konnte er täglich mit Almosen rechnen. Jesus verfolgt mehrere Ziele bei seiner Handlung:

  1. Er hat Erbarmen mit dem Blindgeborenen. Beim Vorübergehen sieht Jesus diesen Menschen. Sicher konnte er im Heiligen Geist die Geschichte des Bettlers wissen, doch genau so gut möglich ist auch, dass er nachgefragt hat (Vgl. dazu Joh 5,6).
  1. Daneben bietet sich für Jesus die Gelegenheit, eine einseitige Bewertung der Jünger in Bezug auf Krankheit zu korrigieren.
  1. Da er an einem Sabbat in aller Öffentlichkeit nicht nur heilt, sondern auch noch eine Arbeit verrichtet, ist ihm die Aufmerksamkeit und Konfrontation der Pharisäer sicher. Nicht dass er Konfrontation sucht, sondern er will bei ihnen konsequent das falsche Verständnis der Sabbatbestimmung korrigieren. Und gibt ihnen damit die Chance ihn als den Messias zu erkennen.
  1. Die gleiche Chance bekommen an diesem Tag die Eltern des Geheilten, die Nachbarn, die Bekannten und das übrige Volk.

Der Geheilte ist der Einzige, der bewusst Jesus als den Menschensohn und damit als den Messias angenommen hat. Welch ein Aufwand und was für ein Ergebnis!

9.9.2 Jesus das Licht (Gericht) der Welt. (Noch in Arbeit)

(Bibeltext: Joh 9,39-41)

Noch in Arbeit

Fragen / Aufgaben:

  1. Was war das Schicksal eines Blindgeborenen damals?
  1. Jesus wird aufmerksam auf einen Bettler. Wohin schaut er, was fällt ihm auf?
  1. Welche Zusammenhänge sahen die Jünger zwischen Krankheit und Sünde?
  1. Wie lautet Jesu Bewertung hier? Warum sagt Jesus in Joh 5,14 was anderes?
  1. Warum macht Jesus die Heilung so umständlich und nicht wie zum Beispiel in Lk 18,42.einfach durch ein machtvolles Wort?
  1. Welche Rolle spielen die Nachbarn und Bekannte in dieser Geschichte?
  1. Wie bewerten die Pharisäer diese Heilung? Zu welchem Ergebnis kommen sie? Sind alle Pharisäer der gleichen Meinung?
  1. Es handelt sich um eine Art geistlichen Gerichtsprozess. Welche Position nehmen die Eltern des Geheilten ein und warum?
  1. Welchen theologischen Standpunkt nimmt der Geheilte ein?
  1. Welches Ziel erreicht Jesus durch diese Heilungstat8?

 

9.10  Jesus ist der gute und wahre Hirte

(Bibeltext: Joh 10,1-39)

Abbildung 1 Eine Schafherde bei Jericho (Foto am 24. Januar 2019).

Gott hatte es vorausgesehen, dass Jesus, sein Sohn als der gute Hirte (gr. ο ποιμένος) sein Volk weiden wird. Diese Gedanken Gottes werden verständlich auf dem Hintergrund der Tatsache, dass der Hirtenberuf, das Hirte-Sein sich wie ein roter Faden durch die Heilige Schrift und die Geschichte des Volkes Gottes im Alten Testament hindurchzieht.

Abel war Hirte (1Mose 4,2),

Die Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob waren Hirten,

Die Israeliten, alle 12 Stämme waren ein Hirtenvolk (1Mose 46,34; 47,3),

Mose weidete die Schafe seines Schwiegervaters in Midian 40 Jahre lang, bevor er das Volk Israel ebenfalls vierzig Jahre lang anführte (2Mose 3,1),

David war Hirte, bevor ihn Gott von der Schafherde wegholte, um sein Volk Israel zu weiden (2Samuel 7,8),

  • In Psalm 23 bezeichnet David seinerseits den Herrn als seinen fürsorgenden Hirten.

Die Nachfolger Davids auf dem Thron sollten das Volk Israel weiden, führen, schützen, bewahren, für sie sorgen, doch die meisten von ihnen haben sozusagen sich selbst geweidet, also ihren eigenen Vorteil gesucht und die ihnen anvertrauten Menschen vernachlässigt.

Auf dem Hintergrund der vielen falschen und treulosen Hirten des Volkes Israels zu seiner Zeit, verspricht Gott durch den Propheten Hesekiel einen einzigartigen guten Hirten zu erwecken (Hesekiel 34,1-31):

  • Und ich will ihnen einen einzigen Hirten erwecken, der sie weiden soll, nämlich meinen ´Knecht David´. Der wird sie weiden und soll ihr Hirte sein, und ich, der HERR, will ihr Gott sein, aber mein Knecht David soll der Fürst unter ihnen sein; das sage ich, der HERR“ (Hes 34,23-24).

Doch dieser Hirte muß durch das Leiden des Todes gehen, wie durch Sacharia vorausgesagt wurde:

  • Schwert, mach dich auf über meinen Hirten, über den Mann, der mir der nächste ist!, spricht der HERR Zebaoth. Schlage den Hirten, dass sich die Herde zerstreue“ (Sacharia 13,7).

In seiner Rede an die Juden in Jerusalem nennt Jesus das Hauptmerkmal des wahren und guten Hirten:

  • Der aber zur Tür hineingeht, der ist der Hirte der Schafe“ (Joh 10,2).

Und was es bedeutet, zur ´Tür hineingehen´, erklärt er mit den folgenden Worten:

  • Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe“ (Joh 10,11.14.15).

Was nun Gott durch den Propheten Sacharia in Bezug auf den wahren Hirten vorausgesagt hatte, wendet Jesus auf sich an:

  • Da sprach Jesus zu ihnen: In dieser Nacht werdet ihr alle Ärgernis nehmen an mir. Denn es steht geschrieben“ (Sacharja 13,7): »Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe der Herde werden sich zerstreuen.« (Mt 26,31).

In Anlehnung an Hesekiel 34 will Jesus als der wahre Hirte alle Zerstreuten Schafe aus dem Volk Israel und auch die aus den Völkern sammeln:

  • Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird „eine“ Herde und „ein“ Hirte werden“ (Joh 10,16).

Jesus als Hirte, hat Vollmacht vom Vater sein Leben für die Schafe hinzugeben und auch die Vollmacht es wieder zu nehmen:

  • Niemand nimmt es von mir, sondern ich selber lasse es. Ich habe Macht, es zu lassen, und habe Macht, es wieder zu nehmen. Dies Gebot habe ich empfangen von meinem Vater“ (Joh 10,18).

Im Hebräerbrief wird Jesus als der `große Hirte der Schafe` bezeichnet:

  • Der Gott des Friedens aber, der den großen Hirten der Schafe, unsern Herrn Jesus, von den Toten heraufgeführt hat durch das Blut des ewigen Bundes“ (Hebr 13,20).

Und dieser Jesus als ´der Erzhirte´ (gr. o άρχιποιμένος), erscheint bei seiner Wiederkunft um seine Herde (sein Volk) zu sich in sein herrliches Reich zu nehmen.

  • So werdet ihr, wenn erscheinen wird ´der Erzhirte´, die unvergängliche Krone der Herrlichkeit empfangen“ (1Petr 5,4;  vgl. dazu auch Mt 25,31ff).

Sogar in der Ewigkeit bleibt Jesus unser guter und treuer fürsorgender Hirte:

  • Denn das Lamm mitten auf dem Thron wird sie weiden und leiten zu den Quellen des lebendigen Wassers, und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen“ (Offb 7,17; vgl. auch Psalm 23,2).

Wie wunderbar und einzigartig, – Jesus ist Hirte und Lamm zugleich und dies für alle Ewigkeit !

Nun, was Jesus ist und was er tut trifft in gewissem begrenzten Maß auch auf seine Jünger zu.

Sie sollen nun in seinem Namen und Auftrag sein Werk fortsetzen.

Dafür hat er sie ausgerüstet

  1. mit seinem Wort,
  2. seinem Geist und
  3. mit seiner Zusage bei ihnen zu sein alle Tage.

Er hat gelehrt, gepredigt, Korrigiert, aufgeklärt, getadelt, unterwiesen, erklärt, getröstet, ermutigt, geheilt, befreit, geeinigt, Wiederhergestellt, Aufgebaut – jetzt sind seine Jünger dran, dasselbe weltweit zu tun.

Und dies alles in seinem Auftrag, seinem Namen, durch die Autorität seines Wortes und durch die Kraft des Heiligen Geistes.

Nicht alle alles, sondern jeder nach seiner Berufung und seiner Befähigung.

  • Die Ältesten für ganze Ortsgemeinden,
  • Die Diakone – Gruppenleiter für ihre Gruppen,
  • Die Eltern für ihre Kinder,
  • Die Älteren für die Jüngeren,
  • Die Geistlichen für die Schwachen.

Doch zuerst gilt – achte auf dich selbst !

9.11 Jesus zieht an den Jordan

(Joh 10,40-42)

Jesus verlässt Jerusalem überquert den Bach Kidron, den Ölberg und geht hinab in das Jordantal. Es war wohl der gleiche Weg, den einst der König David benutzte, als er vor seinem Sohn Absalom floh (2Sam 15-16. Jesus überquert den Jordan und hält sich an dem Ort auf, wo Johannes zuvor taufte. So berichtet der Evangelist Johannes:

Da suchten sie wieder ihn zu greifen, und er entging ihrer Hand. Und er ging wieder weg jenseits des Jordan an den Ort, wo Johannes zuerst taufte, und er blieb dort. Und viele kamen zu ihm und sagten: Johannes tat zwar kein Zeichen; alles aber, was Johannes von diesem gesagt hat, war wahr. Und es glaubten dort viele an ihn. (Joh 10,39-42).

Jesus entgeht dem Zugriff der Juden, verlässt Jerusalem und geht hinab an den Ort, wo Johannes zuvor taufte.

Abbildung 2 Die Gegend auf der Ostseite des Jordan mit ihren vielen Ereignissen aus biblischer Geschichte (Foto: 24. Januar 2019).

Hier an dieser Stelle knüpfen die Evangelisten Matthäus und Markus an, wenn sie schreiben:

  • Jesus kam nach Judäa, jenseits des Jordan Mk 10,1
  • Und es geschah, als Jesus diese Reden beendet hatte, begab er sich von Galiläa hinweg und kam in das Gebiet von Judäa, jenseits des Jordan“ (Mt 19,1)
  • d

Nun folgen wir wieder den Berichten von den Synoptikern:

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Fragen / Aufgaben:

  1. Warum dd dddd
  2. d
    1. d

 

9.12 Jesus weckt Lazarus von den Toten auf

(Joh 11,1-46)

Hier folgen wir wieder der Erzählung von Johannes. Gut, dass er viele Details beschreibt, welche die synoptischen Evangelisten nicht erwähnen. Dieser Abschnitt ist sehr lang und daher soll er bewusst in Form von Fragen und kurzen Anmerkungen erhellt werden.

Fragen / Aufgaben:

  1. In welcher Beziehung standen das Geschwister-Trio zu Jesus?
  2. Es war eine Beziehung der Liebe/Freundschaft,
  3. Beziehung des Vertrauens,
  4. Beziehung des Glaubens.
  1. Von wem ging die Liebe aus? Wer liebte wen?
  1. Wo hält sich Jesus auf, als der Hilferuf aus Betanien kommt?
  1. Warum geht Jesus nicht sofort los als er den Hilferuf hört? Zögert er immer so, oder handelt er individuell situationsbezogen?
  1. Warum verstehen die Jünger ihren Meister nicht in seiner Sprache/Bildrede?
  2. Lazarus schläft,
  3. Wer des Tages wandelt …
  1. Was drückt die Denkweise des Thomas, der Zwilling genannt wurde: „Lasst uns mit ihm gehen, damit wir mit ihm sterben“, aus?
  1. Nach der Meinung der Schwestern Martha und Maria kommt Jesus nicht nur zu spät, sondern er war nicht da, als sie ihn gebraucht hätten?
  1. Welche theologischen Kenntnisse hat Martha über Jesus? Woher hat sie diese Erkenntnisse? Hat sie nicht das Teil als Diakonin (Tischdienst) erwählt?
  1. Aber wo ist jetzt Maria, die doch das Gute Teil (zu den Füßen Jesu sitzen) erwählt hatte?
  2. Sind ihr die Tröster im Haus lieber?
  3. Ist sie von Jesus enttäuscht?
  4. Ist sie vielleicht sogar auf ihn beleidigt, oder verärgert, wie Johannes der Täufer im Gefängnis?
  5. Wäre sie zu Hause bei den hilflosen Tröstern sitzen gebliebne, wenn Jesus sie nicht gerufen hätte?
  6. War sie in der Gefahr ihr Gutes Teil zu verlieren? Ist Jesus schuld daran?
  1. Wie geht Jesus vor bei der Therapie der Schwestern?
  2. Für Jede und Jeden einen besonderen individuellen Zugang.
  3. Er kommt nie zu spät.
  4. Er will das Maximum an Möglichem erreichen.
  5. Er hat immer die Verherrlichung des Vaters im Auge.
  6. Er will Glauben und Vertrauen fördern, nicht nur bei seinen Jüngern.
  7. Die Wunder, die er tut, sind Zeichen.
  1. Wie reagieren die Menschen auf das einzigartige Zeichen der Auferweckung des Lazarus?
  1. Wohin geht Jesus anschließend zu seiner Sicherheit?

 

9.13 Der Beschluss der Hohenpriester Jesus zu töten (PS)

(Joh 11,47-57)

Jesus verlässt Bethanien (Jerusalem) in Richtung judäische Wüste nach Efraim

11,55 Das Passah der Juden naht und viele gehen hinauf nach Jerusalem um sich vor dem Fest reinigen zu lassen. Die Leute reden untereinander: Wird er sohl kommen auf das Fest? Die Hohenpriester haben eine Anordnung erlassen, dass, wer es weiß, wo er ist es melden solle.

9.14 Ehescheidung und Eheverzicht (HUL)

(Mt. 19,2-12; Mk. 10,2-12)

 

Sowohl Matthäus als auch Markus berichten, dass Jesus Galiläa endgültig verlassen hat und nach Judäa zog. Nach Johannes geht er zunähst zum Laubhütenfest, dort in Jerusalem bleibt und wirkt er bis zum Winter 32, danach zieht er wegen immer stärker werdenem Druck und Nachstellungen der Oberen des Volkes, hinab an den Jordan und zwar zum Ostufer,an den Platz, an dem Johannes zuerst taufte. Dieses Gebiet unterstand der Herrschaft des Herodes Antipas. Somit war Jesus hier weit weg vom direkten Zugriff der Juden, welche ihm nach dem Leben trachteten.

Doch dem Volk allgemein konnte sich Jesus keineswegs entziehen. Immer wieder waren darunter auch Pharisäer, die Jesus mit ihren Fragen eine Falle stellen wollten, so auch bei dieser Gelegenheit. Die Frage wird sehr gewählt mehrdeutig formuliert: „Ist es einem Menschen erlaubt, seine Frau zu entlassen wegen jeder Ursache“. Die Antwort Jesu ist zunächst eine Gegenfrage und zwar: „Was hat euch Mose geboten“? Diese Mosaische Regelung ist besonders den Männern bekannt: „Mose hat angeordnet, der Frau einen Scheidebrief in die Hand drücken und sie zu entlassen (Mk 10,3-4; 5Mose 24,1-3; Mt 5,31). Jesus als Gesetzgeber, kennt den Grund, warum diese Regelung gegeben wurde – nämlich die wegen der Hartherzigkeit der Männer.

Doch dann lenkt Jesus das Denken und die Überlegungsfähigkeit der Pharisäer auf die Anfänge der Schöpfung Gottes. Gott hat den Menschen als männlich und weiblich geschaffen und vorgesehen, dass diese sich von ihren Eltern loslösen und eine vollständig neue Einheit bilden sollen und zwar fürs ganze Leben (Verse 4-6; Vgl. 1Mose 2,24; Mt 19,5; Mk 10,8; Eph 5,31). Die Begründung, welche Jesus anführt ist logisch und beeindruckend zugleich: „Was nun Gott zusammengefüht hat, soll der Mensch nicht trennen“ (Mt 19,6). Die Betonung liegt also nicht darauf, wie kann ein Mann sich lösen, sondern wie kann er zusammenhalten, was zusammengehört.

  1. Frage: Wie schätzen wir die Situation in Bezug auf Ehe (Ein-Ehe) heute in unserer Gesellschaft ein?
  2. Frage: Welche Ausnahmeregelung macht Jesus bei der Frage der Ehescheidung?
  3. Frage: Was sollen wir von Eheverzicht halten? Unter welchen Umständen ist es besser nicht zu heiraten?

9.15 Das Gleichnis vom Richter und der Witwe

           (Lk 18,1-8)

Fragen:

  1. Was ist der Grund, warum Jesus dieses Gleichnis erzählt?
  1. Wofür wr der Richter i dr Stadt bkann?
  2. d

9.16 Das Gleichnis vom Gebet des Pharisäers und Zöllners (HUL)

(Lk 18,9-14)

Fragen:

  1. Jesus ist aufmerksam sowohl beim sehen, als auch beim hinhören. Was lehrt es uns?
  1. Die Lehrmethode durch Gleichnisse Wahrheiten ausdrücken, wie wirksam ist sie?
  1. Der Kontrast kann nicht größer sein – Pharisäer und Zöllner, welchen Status und Aufgaben hatten sie in der Bevölkerung?
  1. Beide gehen hinauf zum Hause des Herrn, nebeneinander, hintereinander und mit welchem Ziel?
  1. Die Gebetshaltung der Juden damals, was sagt sie aus über unser Gebetsanliegen?
  1. Der Inhalt der Gebete, was war die Motivation dabei?
  1. Wie bewertet Gott beide Gebete, wo erkennen wir uns?
  1. Schlussfolgerung, was ist die Kernaussage des Gleichnisses?

9.17 Jesus segnet die Kinder (PS)

(Mt. Mt 19,13-15; Mk 10,13-16; Lk 18,15-17)

Alle drei Evangelisten (Matthäus, Markus, Lukas) berichten von der Segnung der Kinder durch Jesus. Hier zunächst die Evangelientexte:

Matthäus 19,13-15                                                       

Darauf wurden Kinder[1] zu ihm gebracht, damit er ihnen die Hände auflege und bete, aber seine Jünger fuhren sie an. Aber Jesus sagte: „Lasst die Kinder und hindert sie nicht, zu mir zu kommen. Denn solchen gehört das Reich der Himmel.“ Und als er ihnen die Hände aufgelegt hatte, ging er weg von dort.“

.

Markus 10,13 – 16                                                              

Und sie brachten Kinder zu ihm, damit er sie berühre; aber die Jünger fuhren sie an. Als Jesus aber dies hörte, wurde er unwillig und sagte zu ihnen: „Lasst die Kinder zu mir kommen und hindert sie nicht! Denn solchen gehört das Reich Gottes. Wahrlich, ich sage Euch: Wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein Kind, der wird keinesfalls hineinkommen.“ Und er schloss sie in die Arme, legte ihnen die Hände auf und segnete sie.“

Lukas 18,15 – 17                                                                   

Sie brachten aber auch zu ihm die Kinder[2]  damit er sie berühre; als aber die Jünger dies sahen, fuhren sie sie an. Aber Jesus rief sie zu sich und sagte: „Lasst die Kinder zu mir kommen und hindert sie nicht! Denn solchen gehört das Reich Gottes. Wahrlich, ich sage Euch: Wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein Kind, wird keinesfalls hineinkommen!“

Mehrere wichtige Wahrheiten werden in diesen Texten angesprochen und auf die soll hier eingegangen werden, doch zunächst der Kontext. In der Regel waren es die Mütter, die ihre Kinder oder Säuglinge zu Jesus brachten. Es waren Mehrere Kinder und zwar in verschiedenem Alter. Jesus war immer umringt von seinen Jüngern und weiteren Zuhörern, so dass der Zugang versperrt war. Jesus befand sich wahrscheinlich im Gespräch oder Lehre, so dass wir uns in diesem Fall eine Unterbrechung derselben durch die Mütter vorstellen können, was die Jünger an völlig unangebracht ansahen.

 

9.17.1 Die Kinder stehen unter besonderer Beachtung von Jesus

Verwehrt den Kindern nicht den Weg zu Jesus! Er hat nicht nur Interesse an Kindern, sondern er nimmt sich auch Zeit für sie. Er ist sogar unwillig über das Verhalten seiner Jünger. Alles andere und auch alle anderen müssen warten – jetzt sind die Kinder dran. Eine wichtige Lektion für die Erwachsenen. Aussagen wie: „Geh weg, lass mich jetzt in Ruhe, beschäftige Dich selbst!“, rächen sich zu oft zu einem späteren Zeitpunkt  und decken sich nicht mit Jesu´ Verhalten.

9.17.2 Das Reich Gottes gehört den Kindern

Bei Kindern, die noch nicht selbst zwischen Gut und Böse unterscheiden und somit noch nicht zur vollen Verantwortung für ihre Taten herangezogen werden können, die also selbst noch nicht fähig sind, ihren sündigen und damit verlorenen Zustand zu erkennen, legt Jesus andere Maßstäbe an, als bei Erwachsenen.

Jesus nimmt die Kinder an. Er freut sich über ihren Gesang im Tempel und rügt die Hartherzigkeit und den Stolz der Schriftgelehrten und Pharisäer. Sie erfüllten mit ihrem Singen und Rufen damals im Tempel, die Prophetie über Jesus und sollten vermehrt auch heute in den Gottesdienst mit einbezogen werden.

9.17.3 Erwachsene müssen werden wie die Kinder

Kinder werden naturgemäß wie Erwachsene. Jesus fordert die Erwachsenen auf gegen die menschliche Natur wie Kinder zu werden. Sicher meint Jesus es nicht im physisch-buchatäblichen Sinne.

„Wer das Reich Gottes nicht annimmt, wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.“ Mit dem „wie ein Kind“ ist die Art und Weise der Annahme des Reiches Gottes gemeint. Wer das Reich Gottes sucht, soll nicht altersmäßig wie die Kinder werden, sondern nach deren Art und Weise (vgl. dazu auch Nikodemus´ falschen Denkansatz in Johannes 3,4:„Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er zum zweiten Mal in seiner Mutter Leib hineingehen, um geboren zu werden?“)

Zu werden wie ein Kind, heißt also:

  • so klein,
  • so niedrig,
  • so hilflos,
  • so abhängig,
  • so führungsbedürftig,
  • so schutzbedürftig und
  • so vertrauensvoll zu werden.

Der Erwachsene jedoch lebt gewöhnlich in der Einstellung, er wüsste alles, er könne alles, er wäre jemand, er käme allein zurecht und bräuchte keine Hilfe, er schaffe es allein. In der Sache geht es um die Erniedrigung seiner Selbst, um einen Zerbruch von Geist und Seele und um das Bekenntnis, es doch nicht allein zu schaffen, sich nicht selbst retten zu können. Letztlich geht es um eine eigene Bankrott – erklärung vor Gott.

9.17.4 Jesus legt ihnen die Hände auf, betet und segnet sie

Wir praktizieren die Kindersegnung im Gottesdienst und auch zu Hause einfach deshalb, weil Jesus dies auch getan hat und weil wir zum Segnen berufen und beauftragt sind. Bei solchen Handlungen werden besonders die Eltern in die Pflicht genommen. Altlasten wie Beschwörungen durch Wahrsagerei, magische Heilungen u.ä. müssen bei und von den Eltern    offengelegt werden, damit die Kinder unter den Segen und Schutz Gottes kommen können.

In Hebräer 7,7 wird ein uraltes biblisches Prinzip für das Segnen deutlich gemacht: das/der Geringere wird von dem Höheren gesegnet.

  • Melchisedek segnete Abraham,
  • Die Priester sollten im Auftrag Gottes das Volk segnen,
  • Die Eltern sollen die Kinder segnen.

Wenn das gesamte Volk Gottes beauftragt wird, seine Feinde zu segnen, wieviel mehr gilt dies dann für die eigenen Hausgenossen!

In der Regel legt ein Stellvertreter aus der Leiterschaft der   Ortsgemeinde im Auftrag der Eltern dem entsprechenden Kind die Hände auf, betet und segnet das Kind im Namen Jesu. Auf Wunsch der Eltern werden auch Freunde der Familie, bzw. Vertrauenspersonen in das Segnungsgebet mit einbezogen.

Wir sehen die Praxis der Kindersegnung als eine in sich eigenständige und sowohl von der Bibel als auch durch das Handeln Jesu gedeckte Vorgehensweise an. Die Kinder gläubiger Eltern haben bestimmte Vorteile (siehe 1. Kor. 7,14: „Der ungläubige Mann ist jedoch geheiligt durch die gläubige Frau und die ungläubige Frau ist geheiligt durch den Bruder, denn sonst wären ja Eure Kinder unrein, nun aber sind sie heilig.“)

9.18 Der reiche Jüngling

           (Mt 19,16-30; Mk 10,17-27; Lk 18,18-30) (HUL)

Mt 19,16-26; Mk 10,17-27; Lukas 18,18-27)

Diese Geschichte erzählen alle drei Evangelisten. Jesus befindet sich noch in Peräa (östlich des Jordan) oder auf dem Weg nach Jericho. Der Mann, welcher auf Jesus zukommt, wird in den Texten als Jüngling, aber auch als Oberster bezeichnet.

Fragen:

  1. Wie bezeichnen die Evangelisten den Mann, der diese wichtige Frage stellt?
  1. Wie redet dieser Mann Jesus an? Warum weißt Jesus diese Anrede zurück?
  1. Kann ein Mensch ewiges Leben ererben durch das Halten des Gesetzes?
  1. Wie gut schneidet der Junge Mann ab? Ist Jesus mit ihm zufrieden?
  1. Warum stellt der Jüngling die Frage: „Was fehlt mir noch?“ Hat er ein schuldiges Gewissen, oder erwartet er noch eine Steigerung der Anerkennug?
  1. Warum fordert Jesus gerade in diesem Fall so viel?
  1. Warum nutzt der Jüngling nicht diese einzigartige Chance – EWIGES LEBEN IST GREIFBAR NAHE!
  1. Beschreibe das Entsetzen der Jünger. Wie viel haben sie verlassen?
  1. Was bedeutet dies alles für uns heute?

9.18. Der Lohn der Nachfolge (HUL)

(Mt.19,27-30; Mk. 10,28-31)

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9.19. Die Arbeiter im Weinberg (HUL)

(Mt 20,1-16)

1 Denn das Himmelreich gleicht einem Hausherrn, der früh am Morgen ausging, um Arbeiter für seinen Weinberg einzustellen.

2 Und als er mit den Arbeitern einig wurde über einen Silbergroschen als Tagelohn, sandte er sie in seinen Weinberg.

3 Und er ging aus um die dritte Stunde und sah andere müßig auf dem Markt stehen

4 und sprach zu ihnen: Geht ihr auch hin in den Weinberg; ich will euch geben, was recht ist.

5 Und sie gingen hin. Abermals ging er aus um die sechste und um die neunte Stunde und tat dasselbe.

6 Um die elfte Stunde aber ging er aus und fand andere und sprach zu ihnen: Was steht ihr den ganzen Tag müßig da?

7 Sie sprachen zu ihm: Es hat uns niemand eingestellt. Er sprach zu ihnen: Geht ihr auch hin in den Weinberg.

8 Als es nun Abend wurde, sprach der Herr des Weinbergs zu seinem Verwalter: Ruf die Arbeiter und gib ihnen den Lohn und fang an bei den letzten bis zu den ersten.

9 Da kamen, die um die elfte Stunde eingestellt waren, und jeder empfing seinen Silbergroschen.

10 Als aber die Ersten kamen, meinten sie, sie würden mehr empfangen; und auch sie empfingen ein jeder seinen Silbergroschen.

11 Und als sie den empfingen, murrten sie gegen den Hausherrn

12 und sprachen: Diese Letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, doch du hast sie uns gleichgestellt, die wir des Tages Last und Hitze getragen haben.

13 Er antwortete aber und sagte zu einem von ihnen: Mein Freund, ich tu dir nicht Unrecht. Bist du nicht mit mir einig geworden über einen Silbergroschen?

14 Nimm, was dein ist, und geh! Ich will aber diesem Letzten dasselbe geben wie dir.

15 Oder habe ich nicht Macht zu tun, was ich will, mit dem, was mein ist? Siehst du scheel drein, weil ich so gütig bin?

16 So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein.

9.20. Vierte Leidensankündungung (PS)

(Mt 20,17-19; Mk 10,32-34; Lk 18,31-34)

Jesus und seine Jünger werden von vielen Menschen auf dem Weg in Richtung Jericho begleitet. Er kennt die Gedanken seiner Jünger und wiederholt den Ausgang seines Dienstes in Jerusalem – es ist die vierte Leidensankündigung.

  • Er nahm aber zu sich die Zwölf und sprach zu ihnen: Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn.Denn er wird überantwortet werden den Heiden, und er wird verspottet und misshandelt und angespien werden, und sie werden ihn geißeln und töten; und am dritten Tage wird er auferstehen. Sie aber begriffen nichts davon, und der Sinn der Rede war ihnen verborgen, und sie verstanden nicht, was damit gesagt war“ (Lk 18,31-34).
  1. Leidensankündigung: Mt 16,21-22;
  2. Leidensankündigung: Mt 17,9-12;
  3. Leidensankündigung: Mt 17,22-23;
  4. Leidensankündigung: Mt 20,17-19;
  5. Leidensankündigung: Mt 26,2

Lukas betont, das die Jünger ihn nicht verstanden haben und der Sinn der Rede ihnen verborgen war.

Fragen:

  1. Wo befand sich Jesus und seine Jünger?
  1. Warum spricht Jesus so oft von seinem Leiden?
  1. Warum verstehen die Jünger ihren Meister nicht?
  1. Warum wollen bis heute viele Menschen keinen leidenden Messias?

9.21. Johannes und Jakobus bitten Jesus um Ehrenplätze (HUL)

(Mt 20,20-28; Mk 10,35-45)

  • Da trat zu ihm die Mutter der Söhne des Zebedäus mit ihren Söhnen, fiel vor ihm nieder und wollte ihn um etwas bitten. Und er sprach zu ihr: Was willst du? Sie sprach zu ihm: Lass diese meine beiden Söhne sitzen in deinem Reich, einen zu deiner Rechten und den andern zu deiner Linken. Aber Jesus antwortete und sprach: Ihr wisst nicht, was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde?2 Sie antworteten ihm: Ja, das können wir“ (Mt 20,20-22).

Zwei der zwölf Jünger, Jakobus und Johannes, machten sich ihre eigenen Gedanken über ihre Zukunft im Reiche Gottes. Sie haben ein bestimmtes, vom Alten Testament geprägtes Verständnis über das kommende Königreich Gottes. Und da sie alles um Jesu Willen aufgegeben haben, meinten sie Anspruch zu haben auf gute und ehrenvolle Posten. Dazu kommt noch hinzu, dass ihre Mutter (Salome) Jesus ebenfalls nachfolgte und diente, vom verwandschaftlichem Bezug ganz zu schweigen, der bei ihnen eventuell auch eine Rolle gespielt hat. Erhellen wir die Geschichte anhand von folgenden Fragen.

Fragen:

  1. Woher kommt das Streben der Menschen (auch der Jesusnachfolger) nach oben, nach

Position, nach Ehrenplätzen?

  1. Welche Rolle spielte die Mutter in dieser Geschichte?
  1. Wie geht Jesus mit diesem Bruderpaar um? Welche Zusage macht er ihnen und wie hat sie sich in deren Leben erfüllt?
  1. Wie schätzt du die Reaktion der zehn übrigen Jünger ein?
  1. Welche Lektion erteilt Jesus seinen Nachfolgern? Er stelt sich uns als Vorbild, was bedeutet es für uns, kommen wir heute damit klar?

 

9.22 Jesus besucht Zachäus den Zöllner in Jericho

(Bibeltext: Lk 19,1-10)

Die folgende Geschichte der Begegnung Jesu mit Zachäus in Jericho wird nur von dem Evangelisten Lukas beschrieben. Sie gehört also zu dem sogenannten Sondergut des Autors.

Abbildung 3 Von einer Anhöhe im Westen der Stadt überblickt man die Palmenstadt Jericho und bis zum dahinter liegendem Jordantal. Die gesamte Gegend in und um Jericho ist reich an biblischen Ereignissen und ebenso an archäologischen Ausgrabungen aus den verschiedenen Epochen (Foto: 13. Juni 2016).

Jesus verließ die ruhige Gegend am Jordan und machte sich auf zum letzten Mal nach Jerusalem hinaufzugehen. Sein Weg führte durch die Stadt Jericho (damals gab es keine Umgehungsstrassen). Diese Stadt lag im Stammesgebiet von Benjamin (Jos 18,21). Zur Zeit von Jesus beherrschte Pontius Pilatus als römischer Statthalter die Provinz Judäa an deren östlichem Rand die Stadt Jericho lag.

Abbildung 4 Blick über die heutige Stadt Jericho von Nord nach Süd. Die Einwohnerzahl liegt bei etwa 22000, meist arabische Palästinenser. Die Häuser der Stadt sind überwiegend ein- oder zweistöckig und umgeben von einem Hof und Garten. Jericho liegt heute etwa sieben Kilometer westlich des Jordan und etwa zehn Kilometer nördlich des Toten Meeres. Die Stadt mit ihrer Selbstverwaltung liegt also im Osten der sogenannten Autonomiegebiten von Palästina. Der größte Teil der Bevölkerung ist moslemischen Glaubens, doch es gibt auch eine Minderheit von koptischen Christen mit ihrer eigenen Kirche. (Foto: 26. Januar 2019).

Die Ursprünge der Stadt gehen zurück in das Altertum. Die erste Erwähnung in der Bibel finden wir in 4Mose 22,1 als die Kinder Israel nach ihrer vierzigjährigen Wanderung am Ostufer des Jordan gegenüber Jericho ihr Lager aufschlugen. Bei der darauffolgenden Landnahme wurde Jericho als erste kanaanitische Stadt erobert und zerstört. Damals überlebte nur Rahab und ihre Familie (Jos 2-6). Die Stadt wurde ungefähr im 9. Jh. durch Hiel von Beth-El wieder aufgebaut (1Kön 16,34). Vier Mal wird Jericho in der Bibel als die Palmenstadt bezeichnet (5Mose 34,3; Ri 1,16; 3,13; 2Chr 28,15), was auf den reichen Bestand von Dattelpalmen hinweist. Der Prophet Elia war hier, bevor ihn der Herr hinwegnahm. Und ebenso sein Nachfolger Elisa, der in der Stadt und Umgebung unter den Prophetenjüngern die dort lebten mehrere Wunder wirkte (2Kön 2,1-22; 4,38-42). Insgesamt wird Jericho in der Bibel mindestens 65 Mal erwähnt und steht damit nach Jerusalem und Hebron an dritter Stelle der am häufigsten genannten Städtenamen. Dies spricht für die Bedeutung der Stadt auch im biblischen Kontext.

Zur Zeit von Jesus muss die Stadt in ihrer Blüte gestanden haben, denn bereits Herodes der Große (36-1 v.Chr.) baute für sich und seinen Hof wegen des milden Klimas in den Wintermonaten, einige Paläste unweit der Stadt am Ausgang des Wadi Kelt. Wir sollten bedenken, dass für Jesus all diese Geschichten vertraut waren und er in den Gesamtzusammenhang ganz neue Akzente setzte. So schreibt der Evangelist Lukas:

Und er (Jesus) ging nach Jericho hinein und zog hindurch. Und siehe, da war ein Mann mit Namen (genannt)  Zachäus, der war Oberzöllner und war reich. Und er suchte (begehrte) Jesus zu sehen, wer er wäre, und konnte es nicht wegen der Menge; denn er war klein von Gestalt (Wuchs). Und er lief voraus und stieg auf einen Maulbeerbaum, um ihn zu sehen; denn dort sollte er durchkommen. (Lk 19,1-4).

Abbildung 5 Eine Kamelkarawane trottet gemächlich durch das Dickicht im Jordantal. Auch wenn die Beduinen heute auf ein Auto oder Jeep nicht mehr auskommen können, bleibt das Kamel für sie ein unverzichtbares Transportmittel (Foto: 7. November 2014).

Die Stadt Jericho lag damals an einer wichtigen Karawanenroute, bzw. Kreuzung. Sie war also Grenz- und Zollstadt für die Händler, welche mit ihren Waren aus dem Ostjordanland nach Judäa herüberkamen. Ebenso waren die Zöllner auch verantwortlich für die regulären jährlichen Steuereinnahmen von den Bewohnern. Auch dieses Geld floss in die römische Staatskasse. Daher gab es hier eine beachtliche Zollstation, die vermutlich Zachäus als Oberzöllner leitete. Dies würde bedeuten, dass er eine ganze Anzahl Mitarbeiter als Zöllner beaufsichtigte und anleitete. Wie wir bereits aus der Berufungsgeschichte des Zöllners Matthäus/Levi wissen, standen die Zollbeamten im Dienst des Römischen Staates. Dadurch waren sie von ihren jüdischen Mitbürgern und besonders der frommen Juden verachtet (Lk 5,27-30; 15,1f; 18,11; 19,7). Doch  die Leitung des Zollamtes ermöglichte es Zachäus zum Wohlstand und Reichtum zu gelangen.

Jesus zieht also vom Jordan kommend in Jericho ein. Es folgen ihm, wie so oft, viele Menschen. Auch in Jericho wird er schon von vielen erwartet, bot doch die Lage der Stadt einen freien und weiten Blick in Richtung Osten zum Jordantal hin.

Ausgehend von dem großen Interesse, ja dem eifrigen Verlangen Jesus zu sehen, „wer er wäre“, können wir durchaus annehmen, dass Zachäus einiges von Jesus gehört hatte. Bereits zur Zeit der Tauftätigkeit des Johannes, erwähnt Lukas ganz bewusst Zöllner. Er schreibt: „Es kamen auch Zöllner, um sich taufen zu lassen, und sprachen zu ihm: Meister, was sollen wir tun?“ (Lk 3,12). Warum könnten es nicht auch Zöllner aus dem nahe gelegenen Jericho gewesen sein, die nach ihrer Umkehr und Taufe ihre Arbeitsweise ordneten und so positives Zeugnis waren für Zachäus? Lukas macht deutlich, dass es Zachäus nicht einfach nur darum ging Jesus zu sehen, sondern „zu sehen wer er wäre“. Sein Verlangen richtete sich hier auf die Person von Jesus. Doch es gibt für ihn einige unüberwindbare Hindernisse, er ist klein von Wuchs und die Menge ist ihm gegenüber nicht gerade wohlgesonnen. In dieser Situation bekommt er eine geniale Idee, er läuft voraus und klettert auf einen Maulbeerbaum.

Abbildung 6 Ein Maulbeerbaum in Jericho, der die Besucher des russisch-orthodoxen Kulturzentrums an die Geschichte mit Zachäus erinnern soll. Der Maulbeerbaum kann bis zu 15 Meter hoch werden und hat ein dichtes Laubwerk. Maulbeerbäume haben bereits im Januar ein dichtes Laub. Die Maulbeeren, in unterschiedlichen Farben und Formen, werden gegen Mitte/Ende Mai reif und ähneln ein wenig den Brombeeren. Diese Bäume kommen im ganzen Land häufig vor und sind in der Bibel auch öfters erwähnt.  (Foto: 13. Juni 2016).

In Jericho wird Jesus von allen Seiten von Menschen umdrängt, so dass ein offener Zugang zu ihm oder in seine Nähe nicht möglich ist. Lukas betont ausdrücklich den Einfallsreichtum des Zachäus. Der hier im Text erwähnte Baum (gr. sukomore,an sykomorean) ist eine sehr große, dichte und verzweigte Maulbeerbaumart. Auf diesem Baum kann sich Zachäus vor neugierigen Menschenaugen gut versteckt halten. Doch Jesus sieht nicht nur das Äußere, sondern bis tief in die Gedanken und Motive des menschlichen Herzens hinein. An vielen Stellen der vier Evangelien wird ausdrücklich betont, dass Jesus Gedanken und Beweggründe von Menschen erkannte (Mt 9,4; Joh 2,25; Mk 12,15). Er bleibt unter dem Baum stehen, schaut hoch und ruft mit lauter Stimme: „Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muss heute in deinem Haus einkehren (wörtl. bleiben).“ (Lk 19,5). Damit wird folgendes deutlich:

  • Jesus nennt Zachäus bei seinem Namen und zwar in der Rufform (Vok.);
  • Alle bekommen es mit, um wen es da oben in dem Versteck geht, denn Jesus nennt seinen Namen;
  • Jesus fordert Zachäus zur Eile auf;
  • Jesus kennt Zachäus und die Sehnsucht seines Herzens;
  • Jesus lädt sich selber bei Zachäus ein in dessen Haus zu kommen und zu bleiben;
  • Das „ich muss“ ist für Jesus absoluter göttlicher Wille und schließt einen Alternativbesuch aus;
  • Das „ich muss heute“ macht deutlich, dass es keinen Aufschub gibt. Es ist die einzige Chance für Zachäus und seine Familie;
  • Dass Jesus sich selbst einlädt, ist nicht ganz ungewöhnlich für die Kultur jenes Volkes, bedeutete es doch für den Gastgeber eine große Ehre, eine Würdigung seines Hauses. Trotzdem beinhaltet diese Selbsteinladung mehr als die gewphnliche bitte um Gastrecht zu gewähren;
  • Und schließlich will Jesus dort nicht nur einkehren, sondern auch bleiben (zumindest für eine bestimmte Zeit) und im übertragenen Sinne für immer.

Zachäus ist überrascht, denn solche Anerkennung hatte er nicht erwartet. Doch er zögert keinen Augenblick, sondern beeilt sich herabzusteigen und Jesus mit Freuden aufzunehmen. Bereits bei vielen Gelegenheiten sahen wir, wie Jesus konträr zu den üblichen und allgemein anerkannten Verhaltensmustern im Judentum handelte. Nun überrascht er erneut die Menge. Die Reaktion von vielen (allen) im Volk ist nicht zu überhören, denn eine Welle der Entrüstung oder Emphörung macht sich breit: „Bei einem sündigen Mann ist er eingekehrt zu herbergen.“ (Lk 19,7). Da die Jünger bereits die Einstellung und Haltung von Jesus zu Sündern und Zöllnern kannten (hatten sie doch in ihren eigenen Reihen einen ehemaligen Zöllner), wird wohl die Unzufriedenheit nicht aus ihren Reihen gekommen sein. Wir suchen die Anstifter des Murrens eher unter den Pharisäern in der Volksmenge, besonders unter denen, welche in Jericho wohnten und Zachäus gut kannten. Denn auch bei anderen Situationen äußern diese sich gegenüber Zöllnern verächtlich (Lk 5,27-30; 15,1-2; 18,11). Dieser Unzufriedenheit hat sich die Menge des Volkes angeschlossen. In der Kultur des Orients, aber auch in Israel war es eher üblich, dass ein Ehrengast, der in eine Stadt kam bei dem `Ortsvorsteher` einkehrte, bzw. von diesem in sein Haus geladen wurde. Doch Jesus lässt sich niemals von der Meinung oder Stimmung von Menschen leiten oder beeiflussen. Er verhält sich mal wieder konträr zu den üblichen Gepflogenheiten seiner Zeitgenossen. Er bestimmt selber die Entwicklung und den Lauf der Ereignisse. Das nennt man Geschichte gestalten.

Hier wollen wir noch auf ein besonderes Wort aufmerksam machen, es geht um den griechischen Begriff `katalu,sai katalysau„, den manche Übersetzungen mit `herbergen` wiedergeben. Er schloss ein übernachten mit ein, so in 1Mose 19,2; 4Mose 22,8. Mit diesem Wort beschrieben die Murrenden ein Herbergen, welches alle Annehmlichkeiten,

  • wie das waschen der Füße,
  • sich auf bequemen Polstern entspannen,
  • reichhaltiges Abendmahl,
  • und natürlich ungestörten Schlaf mit einschloss.

Bei seinen früheren Jerusalembesuchen ist Jesus oft durch Jericho gezogen und höchst-wahrscheinlich hat er auch mal hier bei jemandem übernachtet. Doch dieses Mal bleibt er in Jericho zwei Tage, bzw. zwei Nächte, denn der folgende Tag ist ein Sabbat und so wird er erst am ersten Tag der Woche weiterreisen können um sechs Tage vor dem Passa in Bethanien anzukommen (Joh 12,1). Doch fällt uns auf, dass der Evangelist keinerlei Details zum eigenlichen Aufenthalt von Jesus im Hause des Zachäus nennt. Also liegt der Schwerpunkt im vorhandenen Text.

Zachäus freut sich sehr über die Beachtung und Wertschätzung des Herrn, denn sein Verlangen (Begehren, Suchen) nach Jesus wird nun voll befriedigt werden (Lk 19,3.6). Die Reaktion des Zachäus: „und er nahm ihn auf mit Freuden“ kann umfassend verstanden werden. Doch anscheinend spielte sich die folgende Szene auf der Strasse, bzw. außerhalb des Hauses und in Gegenwart aller Anwesenden ab, Gleich zu Beginn klärt Zachäus seine Angelegenheiten vor Jesus und das in aller Öffentlichkeit und Offenheit. Von einer Art Selbstrechtfertigung erkennen wir keine Spur, dafür wird durch sein Bekenntnis zum ungerechten Verhalten, seine Sinneswandlung deutlich.

  • Die Hälfte der (ehrlich) erworbenen materiellen Güter will er unter Armen verteilen.
  • Das durch Betrug Angesammelte will er den Betroffenen erstatten. Das Gesetz über die Erstattung von Gestohlenem oder Veruntreutem forderte ein `Zweifaches` des Wertes: 2Mose 22,3-8, Doch Zachäus stützt sich wohl auf die Festlegung des Königs David, wonach ein `Vierfaches` erstattet werden sollte: 2Sam 12,6.

Jesus reagiert ungewöhnlich auf das Bekenntnis und den Entschluss des Zachäus mit den Worten: „Heute ist diesem Haus Rettung (gr. swthri,a söt¢ria) geworden denn auch er ist Abrahams Sohn.“ Hier müssen wir sorgfältig hinhören, wie sich Rettung eines Menschen vollzieht, zustande kommt und der neue Status durch den Zuspruch des Herrn besiegelt wird.

Das wichtigste Identitätsmerkmal für die Juden damals wie heute ist – die Zugehörigkeit zu Abraham, bzw. Nachkommen Abrahams zu sein. Dabei wurde und wird in erster Linie an die Blutsmäßige Abstammung von Abraham über Isaak und Jakob gedacht. Selbst bei Jesus war es notwendig, seine menschliche Herkunft auf Abraham zurückführen zu können. So schreibt der Evangelist Matthäus: „Buch der Geschichte von Jesus Christus, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams.“ (Mt 1,1). Zachäus bekommt von Jesus seine wahre Identität mit den Worten zugesprochen: „Denn er ist Abrahams Sohn.“ (Lk 19,9). Damit bestätigt Jesus nicht einfach nur dessen blutsmäßige Abstammung von Abraham, sondenr das viel Wichtigere, nämlich den Glauben an den, welcher dem Abraham als Nachkomme verheißen wurde, das ist Christus (1Mose 22,18; Gal 3,16). Die Tatsache, dass Zachäus Jesus mit Freuden aufnahm, birgt in sich in ihrer Tiefe und Vollkommenheit die Aufnahme Jesu als den Messias/Retter im Glauben in sein Herz und in sein Leben. Das bewirkte in ihm die Rettung und Freispruch von Schuld. Durch die Rettung konnte Jesus ihm seine wahre Identität nun in Wahrheit  als Abrahams Sohn zu gelten zusprechen.

ANMERKUNG: Das gilt auch für Frauen, so sagte Jesus, nachdem er eine verkrüppelte Frau in einer Synagoge heilte zu seinen Gegnern: „Musste dann nicht diese, die doch Abrahams Tochter ist, die der Satan schon achtzehn Jahre gebunden hatte, am Sabbat von dieser Fessel gelöst werden?“ (Lk 13,16).

Dieses Gütesiegel ist von Jesus und vorher schon von Johannes dem Täufer nicht ohne weiteres vergeben worden. Hören wir was Jesus etwa fünf Monate vorher den Schriftgelehrten in Jerusalem bescheinigte, als diese sich auf Abraham als ihren Vater beriefen; „Ich weiß wohl, dass ihr Abrahams Nachkommen seid; aber ihr sucht mich zu töten, denn mein Wort findet bei euch keinen Raum. Ich rede, was ich von meinem Vater gesehen habe; und ihr tut, was ihr von eurem Vater gehört habt. Sie antworteten und sprachen zu ihm: Abraham ist unser Vater. Spricht Jesus zu ihnen: Wenn ihr Abrahams Kinder wärt, so tätet ihr Abrahams Werke.“ (Joh 8,37-39).

Und was sagt der Täufer zu den stolzen Pharisähern: „Seht zu, bringt rechtschaffene Früchte des Umdenkens; und nehmt euch nicht vor zu sagen: „Wir haben Abraham zum Vater“. Denn ich sage euch: Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken.“ (Lk 3,8). Erinnern wir uns, dass zur gleichen Zeit auch viele Zöllner zur Taufe kamen. Waren sie die Steine, die Gott zum Leben erweckte und ihnen die Identität zurückgab, die sie durch ihr Fehlverhalten verloren hatten?

Zachäus: eigennützig, selbstliebend, geldgierig, habgierig, gewissenlos, unbarmherzig, listig. Was machte ihn empfänglich für die Botschaft des Evangeliums von Jesus Christus?

  • Waren es nicht ganz am Anfang die sichtbaren Veränderungen im Lebens- und Arbeitsstil einiger seiner Mitarbeiter, die bereits bei der Predigt des Täufers umdachten und umkehrten?
  • War es nicht der Heilige Geist, der Zachäus von seiner Schuld überführte?
  • War es nicht der Vater im Himmel, der Zachäus offenbarte, dass Jesus der Christus ist?

Und Zachäus war bereit und nutzte die Chance, die Gott ihm gegeben hat. Oft macht Jesus eine theologische Aussage und danach erklärt er diese durch eine Erzählung oder bestimmte Hndlung. Hier gestaltet er eine ungewöhnliche Geschiochte und am Ende begründet er sein Verhalten und sein Handeln mit diesem einprägsamen Wort über die Aufgabe des Messias. „Denn der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und zu retten (gr. zhth,sai kai sw,sai z¢t¢sai kai sösai) das Verlorene.“ (Lk 19,10).

Fragen / Aufgaben:

  1. In welchem lokalen Umfeld spielt sich diese Begegnung ab? Suche diese Gegend auf einer biblischen Landkarte und informiere dich über die Besonderheit dieser Gegend und Landschaft.
  2. Was ist dir über die Stadt Jericho bekannt? Erinnere dich an die biblischen Geschichten, welche sich in Jericho und Umgebung zugetragen haben.
  3. Beschreibe die Situation des Zachäus, wer ist er, welche körperliche Einschränkung hat er und was bewegt ihn?
  4. Beschreibe die Kreativität des Zachäus und wo erkennst du diese besonders bei Menschen mit Behinderungen?
  5. Jesus sieht tief in das Innere des Menschen, was bedeutet es für uns?
  6. Wie ist die Reaktion der (Pharisäer?), der Frommen, warum nehmen sie Anstoß am Verhalten von Jesus?
  7. Welche Menschengruppen sind uns heute unsympatisch?
  8. Jesus lädt sich selbst ein, ist dies normal? Gibt es in unserem Leben Situationen, bei denen wir ähnlich handeln würden?
  9. Was ist hier unter dem Begriff `Haus` gemeint?
  10. Was danach im Hause des Zachäus geschah wird nicht erwähnt, denn das von Lukas beschriebene spielt sich noch auf der Strasse ab.
  11. Die Predigt von Jesus, ist sehr kurz. Wie können wir im Alltag Menschen mit einer Kurzfassung der Evangeliumsbotschaft erreichen?
  12. Was können wir vom Verhalten Jesu für unsere Besuche und Gespräche mit Menschen lernen?
  13. Warum ist Zachäus auch ohne Aufforderung bereit die Hälfte seiner Güter den Armen zu geben und sogar eine vierfache Erstattung des Geraubten (Gestohlenen)? Was bewegt ihn?
  14. Merkst du den Kontrast zum Reichen Jüngling?
  15. Was bekommt Zachäus und seine Familie an diesem Tag?
  16. Erkennst du den Kontrast zwischen der Landnahme unter Josua und der Landnahme unter Jesus?  Welches Land erobert Jesus und wie?
  17. Wie und wo ist Jesus heute auf der Suche, um Verlorene zu retten?

 

9.23. Der blinde Bartimäus und sein Freund (HUL)

(Mt 20,29-34; Mk 10,46-52; Lk 18,35-43)

Jesus wandert mit seiner Jüngerschar weiter zum damaligen Touristenort Jericho. Besonders die milden Winter, die gut ausgebaute Stadt und ihre Attraktivitäten wie Theater, Amphitheater, Villen und Bäder machen den Reiz dieser Stadt im 1. Jhd. aus. Doch wird Jesus hat kaum ein Auge für diese Attraktionen – wendet er sich doch hier hinauf nach Jerusalem (1000 Höhenmeter) wohl wissend was ihn dort erwartet.

Bei Lesen der drei Berichte der Evangelisten fallen uns Unterschiede auf: Warum berichtet Markus nicht von der Heilung eines zweiten Blinden neben Bartimäus? Wo fand die Heilung statt? Auf beide Fragen finden wir keine befriedigende Antwort, außer dass die Evangelisten jeder aus seinem Blickwinkel Material sammelte und Teile davon niederschrieben. Wir erkennen die Unterschiede halten sie aber nicht für wesentlich – ja sie stärken die Einsicht, dass jeder Evangelist in seiner eigenen begrenzten menschlichen Art Berichte verfasste – doch inspiriert vom Heiligen Geist ergeben sie eine Einheit, die wir nicht immer restlos nachvollziehen können.

Jesus zieht von Peräa wahrscheinlich mit einer Schar Passah – Pilger nach Jerusalem. Am Wege ziehen sie an zwei Blinden vorbei (einen ähnlichen Bericht finden wir Mt 9,27f). Die Blinden bekommen schnell mit wer der Mittelpunkt dieser Reisegruppe ist. Auch sind soweit informiert, dass sie Jesus mit einer alttestamentlichen Verheißung in Verbindung bringen. Sie ehren zwar Jesus damit, doch enthält ihr Ausruf auch die Verpflichtung Ihnen zu helfen: „… erbarme dich unser, HERR, Sohn Davids!“(Mt 20,30). Zwar fehlt in einigen wichtigen alten Handschriften des Matthäusevangeliums das Wort „HERR“, aber der Königstitel „Sohn Davids“ wird überall überliefert. Ihre Situation war prekär, da sie als Bettler auf die milden Gaben der Pilger angewiesen sind. Doch diese Pilger verschlimmern ihre Situation erst einmal, in dem sie die unerwünscht lauten Bettler weiter an den Rand drängen und versuchen sie zum Schweigen zu bringen. Die Pilger haben dafür mehrere Gründe: a) Bettler passen nicht zur Würde des Rabbis; b) die Reisegruppe ist auf dem Weg nach Jerusalem und kann nicht dauernd gestoppt werden; c) mancher in der Reisegruppe wird mit der Anrede: Sohn Davids nicht einverstanden gewesen sein. Doch die Blinden geben nicht auf – von wem, wenn nicht von IHM können sie noch Hilfe erwarten.

Jesus blieb stehen. Jetzt ist die Zeit gekommen, wo sein Herrschaftsanspruch an die Öffentlichkeit gebracht wird – typisch Jesus: durch zwei blinde Bettler! In wenigen Tagen wird der Sohn Davids offenbar werden – allerdings am Kreuz. Jesus wendet sich als der erfahrene Seelsorger den Bettlern zu und fragt sie, was er ihnen tun soll? Die Hilfesuchenden müssen jetzt selbst formulieren was sie wollen: eine relative milde Gabe oder das Maximale: die Gabe des Sehens. Es ist wirklich überraschend, nach all den Jahren der Blindheit resignieren sie nicht: sie wollen das Maximale von einem durchreisenden Rabbi: „…HERR, dass unsere Augen geöffnet werden.“ Der Evangelist Matthäus berichtet hier sehr nahe vom Geschehen, denn er fügt einen kleinen Hinweis an, der uns Einblick in das Seelenleben von Jesus ermöglicht: „…Jesus aber, innerlich bewegt, rührte ihre Augen an…“ (Mt 20,34). Jesus rührt in seiner typischen barmherzigen Art die Augen der Bettler an (Mt 8,3; Mt 8,15; Mt 9,29; Mk 1,41; Mk 7,33; Lk 5,13; Lk 22,51) und sie wurden sogleich sehend“ (Mt 20,34). Die spontane und vollständige Heilung stellt ihre Sicht wieder her – um als erstes in das Angesicht von Jesus zu schauen. Diese Heilung wird sicherlich das Gesprächsthema der Reisegruppe bis nach Jerusalem gewesen sein. Die dortige überwältigende Begrüßung mag auch das Erleben dieser Heilung reflektieren.

 

Fragen

  1. Was empfinden wir, wenn Bibeltexte beim Bericht über ein Ereignis Unterschiede aufweisen? Wie wollen wir damit umgehen?
  2. In Mt 8,4; 9,30; 17,9 lesen wir wie Jesus zum Schweigen auffordert. Er will seine Stellung, Autorität und Macht nicht vorschnell in der Öffentlichkeit verbreitet wissen. Warum fordert er die Geheilten hier nicht zum Schweigen auf?
  1. Wie und warum bringen wir Menschen die letztlich zu Jesus um Hilfe schreien, zum Schweigen?
  1. Muss jeder Behinderte lebenslang um Heilung schreien? Ist jeder Behinderte, der zu einem Leben mit seiner Behinderung Frieden fand, gleichzeitig glaubenslos? Dürfen wir ihm ohne Aufforderung ein Heilungsgebet anbieten?
  1. Warum fordert Jesus die Blinden auf, ihren Wunsch zu formulieren?
  1. Wir lesen von der spontanen und vollständigen Heilung der Blinden. Was sind die Kennzeichen einer göttlichen Heilung? Geschehen sie heute noch?

Mt Herr, Sohn Davids, erbarme dich unser

Mk- Sohn Davids, erbarme dich mein

Lk Jesus du Sohn Davids erbarme dich mein.

Anmerkung: Lukas erzählt von der Heilung des Blinden vor Jericho, Matthääus und Markus berichten davon als Jesus Jericho verlässt. Wir folgen in diesem Fall der Chronologie des Matthäus, da dieser Jünger selbst Augenzeuge der Ereignisse um Jericho war, während Lukas es von anderen gehört hat und aus, für uns unbekannten Gründen, die Blindenheilung des Bartimäus voranstellt.

Fragen:

  1. Wo und wann ereignete sich die Heilung des Blinden Bartimäus und seines Freundes?
  1. Wie ordnen wir es ein, dass Markus und Lukas nur von Bartimäus, Matthäus jedoch von zweien Blinden schreibt?
  1. Woher weiss der Blinde, dass Jesus der Sohn Davids ist und was bedeutete oder beinhaltete diese Anrede?
  1. Jesus ist unterwegs nach Jerusalem, doch er wird aufgehalten, was sagt es aus über die Person Jesu?
  1. Sucht Jesus Anhänger oder Jünger?

 

9.24 Das Gleichnis vom König, der sein Reich einnimmt (HUL)

(Lk 19,11-27)

Jesus verlässt die Palmenstadt Jericho am ersten Tag der jüdischen Arbeitswoche (Sonntag) und begibt sich nach Jerusalem. Sicher legen sie unterwegs auch Pausen ein. Und bei solch einer Gelegenheit, nicht weit von Jerusalem entfernt hält es Jesus für wichtig, auf die falschen Erwartungen der Menschen, die ihm nachfolgten, einzugehen.

  • „Während sie aber dies hörten, fügte er noch ein Gleichnis hinzu, weil er nahe bei Jerusalem war, und sie meinten, dass das Reich Gottes sogleich erscheinen sollte. Er sprach nun: Ein hochgeborener (edler) Mann zog in ein fernes Land, um ein Reich4 für sich zu empfangen und wiederzukommen. Er berief aber zehn seiner Knechte und gab ihnen zehn Pfunde und sprach zu ihnen: Handelt damit, bis ich wiederkomme! Seine Bürger aber hassten ihn und schickten eine Gesandtschaft hinter ihm her und ließen sagen: Wir wollen nicht, dass dieser über uns König sei! Und es geschah, als er zurückkam, nachdem er das Reich empfangen hatte, da sagte er, man solle diese Knechte, denen er das Geld gegeben hatte, zu ihm rufen, damit er erfahre, was ein jeder erhandelt habe. Der erste aber kam herbei und sagte: Herr, dein Pfund hat zehn Pfunde hinzugewonnen. Und er sprach zu ihm: Recht so, du guter Knecht! Weil du im Geringsten treu warst, sollst du Vollmacht über zehn Städte haben. Und der zweite kam und sagte: Herr, dein Pfund hat fünf Pfunde eingetragen. Er sprach aber auch zu diesem: Und du, sei über fünf Städte! Und der andere kam und sagte: Herr, siehe, hier ist dein Pfund, das ich in einem Schweißtuch verwahrt hielt; denn ich fürchtete dich, weil du ein strenger Mann bist; du nimmst, was du nicht hingelegt, und du erntest, was du nicht gesät hast. Er spricht zu ihm: Aus deinem Mund werde ich dich richten, du böser Knecht! Du wusstest, dass ich ein strenger Mann bin, der ich nehme, was ich nicht hingelegt, und ernte, was ich nicht gesät habe? Und warum hast du mein Geld nicht auf eine Bank gegeben, und wenn ich kam, hätte ich es mit Zinsen eingefordert? Und er sprach zu den Dabeistehenden: Nehmt das Pfund von ihm und gebt es dem, der die zehn Pfunde hat! Und sie sprachen zu ihm: Herr, er hat ja schon zehn Pfunde! Ich sage euch: Jedem, der da hat, wird gegeben werden; von dem aber, der nicht hat, von dem wird selbst, was er hat, weggenommen werden. Doch jene meine Feinde, die nicht wollten, dass ich über sie König würde, bringt her und erschlagt sie vor mir“ (Lk1,11-27)!

Mehr als drei Jahre verkündigte Jesus das Hereinbrechen des Gottesreiches, doch vermochten seine Nachfolger, einschließlich seiner zwölf Jünger nicht begreifen, dass es sich um ein Reich handelt, welches von seiner Bschaffenheit nicht den Reichen dieser Welt entsprach, auch nicht dem von David errichteten Reich für Israel.

 

Fragen:

1 Wo befand sich Jesus, als er dieses Gleichnis erzählte und warum gerade hier?

  1. Wie viele Pfunde bekam jeder der zehn Knechte und mit welchem Auftrag und Verantwortung? Wie verlief die Abrechnung?
  1. Wo und wann hat sich die Aussage: „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche“ über Jesus als dem König Israels ausgesprochen worden?
  1. Wen spricht Jesus mit diesem Gleichnis an?
  1. Wer ist mit den Feinden im Gleichnis gemeint?

[1]Der griechische Begriff ´παιδια-paidia´ bezeichnet Kinder bis etwa 12 Jahren. Er wird jedoch auch im übertragenen Sinne auf Erwachsene Kinder Gottes angewendet

[2]Der griechische Begriff `βρεφος-brefos` ist die Bezeichnung für einen Säugling und ein noch ungeborenes Kind.

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