Die Aussendung der Zwölf Apostel

7.2 Die Aussendung der Zwölf Apostel

(Bibeltexte: Mt 10,5-15; Mk 6,7-13; Lk 9,1-6)

 

Alle drei synoptischen Evangelien berichten von der Aussendung der Jünger (Schüler) als Apostel (Gesandte). Für diese Aussendung gibt es mehrere Gründe:

  • Jesu Dienstzeit in Galiläa nähert sich ihrem Ende – Jesus drängt darauf, dass alle galiläischen Städte und Dörfer mit der Frohen Botschaft erreicht werden.
  • Die relativ unerfahrenen Apostel müssen noch unter seiner Anleitung praktische Erfahrungen sammeln.
  • Das ganze Volk Gottes (zunächst die zwölf Stämme Israels Jes 49,1-6) sollen geistlich gesehen gesammelt und unter einem Hirten vereint werden. Ursprünglich war das Volk Gottes nach den Söhnen bzw. Enkeln Jakobs in 12 Stämme eingeteilt. Jesus wählte sich darum auch zwölf Apostel aus.[136] Allerdings kamen im 5. Jahrhundert im wesentlichen nur die Stämme Juda, teilweise Levi und Benjamin aus dem Exil nach Palästina zurück. Dennoch blieb die Zahl 12 – die symbolische Zahl für das ganze Volk Gottes zu dem Jesus sich gesandt weiß.

Jesus betont, dass die Jünger nicht auf die Straßen zu den Heiden gehen sollen, sondern zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Diese Bezeichnung finden wir schon in Jeremia 50,6:

„Mein Volk war eine verlorengehende Schafherde: ihre Hirten leiteten sie irre auf verführerische Berge. Sie gingen von Berg zu Hügel, vergaßen ihre Lagerstätte.“

„Und sie zerstreuten sich, weil sie ohne Hirten waren, und wurden allen Tieren des Feldes zum Fraß. So zerstreuten sich und irrten umher meine Schafe. Auf allen Bergen und auf jedem hohen Hügel und über das ganze Land hin sind meine Schafe zerstreut worden, und da ist niemand, der nach ihnen fragt, und niemand, der sie sucht. (Hes 34,5-6).

Dies macht deutlich, wie sehr Jesus daran gelegen ist, zuerst das alttestamentliche Gottes Volk geistlich zu sammeln, bevor er dann später zur Heidenmission aufruft (Mt 15,24; Jesaja 49,6; Mt 28,19). Gottes Plan sieht vor: …den Juden zuerst (dann) auch den Griechen (Röm 1,16). Jesus beschränkt die Aufgabe der Apostel auf jüdische Siedlungen in Palästina, wohl wissend dass es viele griechische und samaritische Orte in der Nachbarschaft gibt.

Die Namen der Apostel sind:

  1. Simon (Simeon) Petrus (Kephas), Sohn des Johannes (Jonas),
  2. Jakobus des Zebedäus Sohn,
  3. Johannes, Sohn des Zebedäus und Bruder des Jakobus,
  4. Andreas, Bruder des Simon Petrus,
  5. Philippus aus Betsaida,
  6. Bartholomäus (Nathanael aus Kana in Galiläa),
  7. Thomas, genannt Zwilling,
  8. Matthäus (Levi) der Zöllner,
  9. Jakobus der Sohn des Alphäus,
  10. Taddäus, (mit einem weiteren Namen `Judas`, er war Sohn des Jakobus),
  11. Simon der Kanaanäer (der Zelot, Eiferer),
  12. Judas, der Sohn von Simon Iskariot, der Verräter.

Sie alle wurden wohl mehrfach ausgesandt:

Mk 3,14 „Und er setzte zwölf ein, die er auch Apostel nannte, dass sie bei ihm sein sollten und dass er sie aussendete zu predigen

Lk 22,35 „Und er sprach zu ihnen: Als ich euch ausgesandt habe ohne Geldbeutel, ohne Tasche und ohne Schuhe, habt ihr da je Mangel gehabt? Sie sprachen: Niemals“.

Für den evangelistischen Reisedienst gab Jesus seinen Jüngern den Auftrag:

  • die GUTE NACHRICHT zu predigen ( hier: κηρύσσω kēryssō laut proklamieren, öffentlich bekanntmachen, predigen). Dazu gehört das Hingehen, das mutige Auftreten, das laute Reden/Verkünden. Dabei denken wir an die Predigt von Johannes. Die Jünger sollen rufen: „Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen;“
  • alle Arten von Krankheiten zu heilen; nach dem Motto ihr habt gesehen was ich tat, nun geht und setzt dies Werk fort;
  • Tote aufzuwecken, Aussätzige zu reinigen und
  • in Vollmacht unreine Geister (Dämonen) auszutreiben (Mt 10,1. 8).

Jesus gibt bei der Aussendung konkrete Anweisungen und Einschränkungen für ihren Reisedienst:

  • Keine Reisetasche,
  • Kein Gold, Silber, Kupfer (Geld) in den Gürteln,
  • Kein Brot, Lebensmittel,
  • Keinen Stab, (bei Markus jedoch – allein einen Stab – möglicherweise wurde diese Anweisung bei einer nicht erwähnten Aussendung gemacht)
  • Keine Schuhe, (nach Markus – aber Sandalen an euren Füßen – möglich, dass auch  diese Anweisung im Markusevangelium bei einer anderen, nicht erwähnten Aussendung gemacht wurde, vielleicht abhängig von der Jahreszeit.
  • Nicht zwei Hemden

Die Begründung dafür gibt er in Matthäus 10,10 mit den Worten: „Denn ein Arbeiter ist seiner Speise (Lohnes) wert. Die Jünger müssen so lernen täglich in völliger Abhängigkeit von Gott und Menschen zu leben. Jesus möchte sicher gehen, dass seine Jünger sich trennen von Gier, cleveren Geschäften im Zusammenhang mit dem Evangelium, Habsucht und jede Form des Geizes. Alles dürfen sie frei empfangen und alles dürfen sie frei weitergeben. Prediger der Guten Nachricht, die durch ihren Dienst zu relativem Reichtum und Besitz gelangen, sind nach den Worten von Jesus in sich selbst ein Paradoxon.

Wir können uns vorstellen, dass die Zweierteams in eine Ortschaft kommen. Dort predigen sie am Tor, an einer Straßenecke, auf einem Platz oder auf Einladung sogar in der Synagoge. Unter den Zuhörern werden die aufrichtig Interessierten bald zu finden sein. Interessant sind hier die weiteren präzisen Anweisungen von Jesus:

  • Forscht nach einem Haus für die Unterkunft, das άξιος axios wert, würdig, passend ist und kehrt dort ein (Mt 10.11f). Wahrscheinlich werden dies Menschen sein, die auf den Trost Israels (Luk 2,25) oder auf die Erlösung Jerusalems (Lk 2,38) warten.
  • Bleibt in diesem Haus solange, bis ihr weiterzieht. Das heißt, zieht nicht von Haus zu Haus, um überall die anfänglich große Gastfreundschaft auszunutzen.
  • Sprecht diesem Haus den Frieden zu. Dies war zwar die übliche Begrüßung (shalom alechem = Friede auf euch) doch die Jünger wünschen nicht nur Frieden – sie bringen den Frieden als Abgesandte des Messias Jesus Christus. Darunter können wir auch verstehen: macht dieses Haus zu eurem Hauptquartier und Brückenkopf in die Ortschaft hinein. Von diesem Haus aus soll die GUTE NACHRICHT in die anderen Häuser des Ortes gebracht werden, sodass auch dort der Friede von Jesus Raum gewinnt.
  • Sollte dieser Friede nicht gewünscht werden, d.h. sollten die Jünger nicht aufgenommen werden, so wird dieser Friede auch nicht aktiv wirksam sein können. Die Jünger sollen dann das Haus oder gar den Ort verlassen und den Staub des Ortes von ihren Füssen schütteln und weiterziehen. Diese Geste des Staubabschüttelns hatte sich damals bei gesetzestreuen Juden nach der Durchquerung eines griechischen Ortes eingebürgert. So wollten sie alle unreinen Partikel von sich werfen. Diese Geste nach dem Verlassen eines jüdischen Hauses oder einer jüdischen Ortschaft ist die starke Aussage: die Ablehnung der GUTEN NACHRICHT wird wie die rituelle Unreinheit der Heiden betrachtet.

So ziehen die Jünger als Apostel aus und predigen das Reich Gottes, Buße (Sinnesänderung), heilen die Kranken und befreien viele Menschen von unreinen Geistern. Wenn wir bedenken, dass sie als Zweierteams gleichzeitig an sechs verschiedenen Orten sein können, dann hätten sie bei einer Woche Aufenthalt an jedem Ort, in 6 Wochen insgesamt 36 Städte und Dörfer besucht. Wir können bei Jesus ein strategisches Vorgehen erkennen, darum ist vorstellbar, dass er sich auch mit seinen Jüngern abspricht, wohin die Zweierteams gehen und wo und wann sie sich wieder treffen würden. Jesus sieht die Annahme dieser Botschaft – aber auch die massive Ablehnung voraus. Das klassische und sehr bekannte Beispiel für eine himmelschreiende Bosheit sind für jeden Zeitgenossen der Apostel die untergegangenen Orte Sodom und Gomorra. Jesus sieht die Verantwortung für die evangeliums-resistenten Orte noch gravierender. Ihr Gericht wird noch schrecklicher als das Gericht über Sodom und Gomorra sein (Mt 10,15).

 

Fragen / Aufgaben:

  1. Wir fragen uns heute: Welche Anweisungen haben eine universale Gültigkeit und welche muss man in dem jeweiligen Kontext verstehen? Wir lesen u. a. Lk 10,7; 1Tim 5,18; 1Kor 9,14; Phil 4,16; Lk 22,26.
  2. Warum sollten die Jünger zu zweit unterwegs sein?
  3. Warum sollten sie niemand grüßen auf dem Weg?
  4. Warum sollten sie nicht zu den Heiden gehen?
  5. Was sind Häuser des Friedens, die würdig sind, dass die Apostel in ihnen einkehren?  (siehe Mt 10,13). Was sind heute „Häuser des Friedens; Männer/Frauen des Friedens die  als Brückenköpfe für die Verbreitung des Evangeliums dienen können?
  6. Was sollten die Apostel tun?
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